TE OGH 1988/11/23 14Os159/88

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Veröffentlicht am 23.11.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23.November 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bogensberger als Schriftführer in der Strafsache gegen Jürgen L*** wegen des Vergehens des fahrlässigen Ansichbringens von Sachen nach § 165 (§ 164 Abs. 1 Z 1) StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom 24.März 1988, GZ 16 U 511/87-14, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Bassler, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

Spruch

Das Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom 24.März 1988, GZ 16 U 511/87-14, verletzt insoweit, als damit zugleich auch gemäß §§ 13 Abs. 2 JGG, 494 a Abs. 1 Z 3 StPO die Strafe zum Schuldspruch des Jürgen L*** vom 27.August 1984, GZ 1 U 183/84-6 des Bezirksgerichtes Wels, festgesetzt wurde, das Gesetz in dem sich aus den Vorschriften des XX.Hauptstücks der Strafprozeßordnung ergebenden Grundsatz, daß in derselben Sache nicht nochmals entschieden werden darf.

Gemäß § 292 StPO wird dieses Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch aufgehoben und in diesem Umfang in der Sache selbst erkannt:

Jürgen L*** wird nach §§ 28, 83 Abs. 1 StGB unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom 8. Feber 1988, GZ 14 U 113/87-8, zu einer Zusatz-Geldstrafe von 70 (siebzig) Tagessätzen, für den Fall der Uneinbringlichkeit 35 (fünfunddreißig) Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt; der Tagessatz wird mit 50 S (fünfzig Schilling) festgesetzt. Der Beschluß des Bezirksgerichtes Wels vom 24.März 1988, GZ 16 U 511/87-14, wird, soweit er den Ausspruch gemäß § 494 a Abs. 1 Z 3 zweiter Halbsatz StPO betrifft (Punkt 1), aufgehoben; im übrigen, nämlich im Ausspruch über den Widerruf der dem Jürgen L*** zu 1 U 113/87 des Bezirksgerichtes Wels gewährten bedingten Strafnachsicht (Punkt 2), bleibt dieser Beschluß aufrecht.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom 27.August 1984, GZ 1 U 183/84-6, wurde der damals jugendliche Jürgen L*** des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 2 StGB schuldig erkannt, wobei gemäß § 13 Abs. 1 JGG der Ausspruch und die Vollstreckung einer Strafe für eine Probezeit von drei Jahren vorläufig aufgeschoben wurden. Dieses Urteil ist am 24.September 1984 in Rechtskraft erwachsen. Nach Ablauf der Probezeit sprach das Beirksgericht Wels mit rechtskräftigem Beschluß vom 30.November 1987, GZ 1 U 183/84-10, gemäß § 46 Abs. 6 JGG aus, daß von der Verhängung einer Strafe endgültig abgesehen wird.

In der Folge wurde Jürgen L*** mit Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom 24.März 1988, GZ 16 U 511/87-14, der Vergehen des fahrlässigen Ansichbringens von Sachen nach § 165 (§ 164 Abs. 1 Z 2) StGB und der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB schuldig erkannt und hiefür nach §§ 28 Abs. 1, 83 Abs. 1 StGB und unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das zwischenzeitig ergangene Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom 8.Feber 1988, GZ 14 U 113/87-8, sowie unter gleichzeitiger Straffestsetzung zu 1 U 183/84 des Bezirksgerichtes Wels zu einer Zusatz-Geldstrafe von 80 Tagessätzen (40 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verurteilt; der Tagessatz wurde mit 50 S bestimmt. Unter einem wurde gemäß § 494 a Abs. 1 Z 3 zweiter Halbsatz StPO ausgesprochen, daß im Verfahren 1 U 183/84 des Bezirksgerichtes Wels, in welchem die bedingte Verurteilung des Jürgen L*** gemäß § 13 Abs. 1 JGG ergangen war, ein nachträglicher Strafausspruch nicht mehr in Betracht kommt (Punkt 1 des Beschlusses vom 24.März 1988, GZ 16 U 511/87-14); weiters wurde gemäß § 494 a Abs. 1 Z 4 StPO die bedingte Nachsicht der mit Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom 8.Feber 1988, GZ 14 U 113/87-8, über Jürgen L*** verhängten Geldstrafe aus dem Grunde des § 55 Abs. 1 StGB widerrufen (Punkt 2 des bezeichneten Beschlusses). Auch diese Entscheidungen sind in Rechtskraft erwachsen; die Geldstrafe wurde noch nicht bezahlt.

Rechtliche Beurteilung

Wie die Generalprokuratur zutreffend geltend macht, steht das Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom 24.März 1988, GZ 16 U 511/87-14, insoweit mit dem Gesetz nicht im Einklang, als damit gemäß § 494 a Abs. 1 Z 3 StPO die Strafe auch unter Berücksichtigung des Schuldspruchs des Jürgen L*** vom 27.August 1988 zu 1 U 183/84 des Bezirksgerichtes Wels bemessen und solcherart in Ansehung dieses Schuldspruchs mit Straffestsetzung vorgegangen wurde. Denn im Verfahren 1 U 183/84 hatte das Bezirksgericht Wels bereits am 30. November 1987 rechtskräftig ausgesprochen, daß von der Verhängung einer Strafe endgültig abgesehen wird (ON 10 in 1 U 183/84). Demnach stand der am 24.März 1988 erfolgten nachträglichen Straffestsetzung die (materielle) Rechtskraft des Beschlusses vom 30.November 1987 im Verfahren 1 U 183/84 und die damit verbundene Sperrwirkung entgegen, mag sich auch herausgestellt haben, daß die Voraussetzungen für ein endgültiges Absehen von der Verhängung einer Strafe zum Zeitpunkt der Beschlußfassung zu Unrecht angenommen wurden (ÖJZ-LSK 1979/137). Das Urteil vom 24.März 1988 zu 16 U 511/87 verstößt somit im bezeichneten Umfang gegen den sich aus dem XX.Hauptstück der Strafprozeßordnung ergebenden, auf der materiellen Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung (hier: des Beschlusses des Bezirksgerichtes Wels vom 30.November 1987) beruhenden Grundsatz des "ne bis in idem" (vgl. 14 Os 156/87 ua), wobei sich die Gesetzesverletzung zum Nachteil des Verurteilten ausgewirkt hat. Es war daher der Strafausspruch aufzuheben und sogleich die Strafe neu zu bemessen. Dabei wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend zwei einschlägige Vorverurteilungen sowie das Zusammentreffen verschiedener strafbarer Handlungen, als mildernd hingegen das Geständnis und das Alter unter 21 Jahren. Ausgehend von diesen Strafzumessungsgründen und unter Bedachtnahme auf das Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom 8.Feber 1988, mit welchem Jürgen L*** wegen § 88 Abs. 1 und Abs. 4 erster Fall StGB zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt wurde, erachtete der Oberste Gerichtshof eine Zusatz-Geldstrafe in dem aus dem Spruch ersichtlichen Ausmaß als schuldangemessen. Das Ausmaß der Ersatzfreiheitsstrafe ergibt sich aus § 19 Abs. 3 StGB. Die Höhe des Tagessatzes war so wie in erster Instanz mit 50 S festzusetzen. Der zufolge der getroffenen Entscheidung gegenstandslos gewordene Ausspruch gemäß § 494 a Abs. 1 Z 3 zweiter Halbsatz StPO (Punkt 1 des Beschlusses vom 24.März 1988) war (ersatzlos) aufzuheben. Hingegen war der verfügte Widerruf der im Verfahren zu 14 U 113/87 gewährten bedingten Strafnachsicht (Punkt 2 des Beschlusses vom 24.März 1988) aufrecht zu erhalten (§ 55 Abs. 1 StGB; § 494 a Abs. 1 Z 4 StPO).

Anmerkung

E15617

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0140OS00159.88.1123.000

Dokumentnummer

JJT_19881123_OGH0002_0140OS00159_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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