TE OGH 1988/11/30 3Ob145/88

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Veröffentlicht am 30.11.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Ö*** S***

B***, gem. reg. Gen. m.b.H., Salzburg, St. Julien-Straße 2, vertreten durch Dr. Peter Raits ua, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die verpflichtete Partei Franz B***, Angestellter, Salzburg, Paracelsusstraße 15/2/5, wegen 23.100 S sA, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 21.Juli 1988, GZ 22 R 8/88-7, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 12. Oktober 1987, GZ 5 E 6218/87-1, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß er zu lauten hat:

Auf Grund des Zahlungsbefehles des Bezirksgerichtes Salzburg vom 12. November 1986, AZ 16 C 1052/86, wird der betreibenden Partei wider die verpflichtete Partei zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 23.100 S samt 10,25 % Zinsen seit 10. Oktober 1986 zuzüglich 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen, der Kosten von 2.123,59 S und der mit 1.438,18 S bestimmten Kosten des Exekutionsantrages (darin 94,38 S Umsatzsteuer und 400 S Barauslagen) die Pfändung der der verpflichteten Partei gegen die Drittschuldnerin Ö*** P*** nach

Kraftloserklärung des PSK-Privatsparbuches Nr 19,049.650 mit einer Einlage von 100.000 S mehr oder weniger zustehenden Forderung auf Auszahlung der Einlage bewilligt.

Der verpflichteten Partei wird jede Verfügung über die gepfändete Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die gänzliche oder teilweise Einziehung dieser Forderung untersagt.

Mit Zustellung dieses Verfügungsanbotes an die verpflichtete Partei ist die bewilligte Pfändung als bewirkt anzusehen und zugunsten der vollstreckbaren Forderung der betreibenden Partei an der oben bezeichneten Forderung ein Pfandrecht erworben. Die Entscheidung über den Überweisungsantrag wird vorbehalten. Als Exekutionsgericht hat das Bezirksgericht Salzburg einzuschreiten.

Das Mehrbegehren, die Exekution auch durch Erlassung eines Zahlungsverbotes an die Drittschuldnerin zu bewilligen, wird abgewiesen."

Die betreibende Partei ist schuldig, der Drittschuldnerin Ö*** P*** binnen 14 Tagen die mit 2.057,60 S

bestimmten Kosten ihres Rekurses an die zweite Instanz zu ersetzen. Die Drittschuldnerin Ö*** P*** ist schuldig,

der betreibenden Partei binnen 14 Tagen die mit 2.719,20 S bestimmten Kosten des Revisionsrekurses (darin 247,20 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die betreibende Partei beantragte, ihr zur Hereinbringung der Forderung von 23.100 S sA die Exekution durch Pfändung und Überweisung der der verpflichteten Partei gegen die Ö*** P*** als Drittschuldnerin angeblich zustehenden Ansprüche auf Auszahlung der Einlage des PSK-Privatsparbuches Nr 19,049.650 im Wert von 100.000 S mehr oder weniger mit der Behauptung, die verpflichtete Partei habe dieses Sparbuch verloren, ohne daß ein Kraftloserklärungsverfahren eingeleitet worden sei. Es wolle der Drittschuldnerin verboten werden, auf Grund der gepfändeten Forderung der verpflichteten Partei eine Auszahlung zu tätigen. Das Erstgericht bewilligte die Exekution.

Das Gericht zweiter Instanz änderte infolge Rekurses der Drittschuldnerin den Beschluß des Erstgerichtes im Sinne einer Abweisung des Exekutionsantrages ab und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Das Gericht zweiter Instanz war der Auffassung, daß ein Postsparbuch der vorliegenden Art gemäß § 17 PSK-Gesetz nur nach § 296 EO durch körperliche Abnahme des Sparbuches durch den Vollstrecker und gerichtlichen Erlag gepfändet werden könne. Die von Heller-Berger-Stix, EO4 2168 für den Fall des Verlustes des Sparbuches vertretene gegenteilige Ansicht werde als dem Gesetz widersprechend abgelehnt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist teilweise berechtigt.

Gemäß § 296 Abs 1 EO wird die Pfändung von Forderungen aus einem Sparbuch durch Abnahme des Papiers bewirkt, was § 17 Abs 1 PostsparkassenG auch für Postsparbücher und Überbringersparbücher der Ö*** P*** bestimmt.

Die Exekution auf ein in Verlust geratenes Sparbuch des Verpflichteten ist hingegen im Gesetz nicht geregelt. Es muß einen Weg geben, auch auf die Forderung aus einem solchen Sparbuch Exekution führen zu können. Die in älteren Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes angeführte Begründung, solange das Sparbuch nicht vorhanden und greifbar sei könne eine Exekution nicht stattfinden (GlUNF 1637; JBl 1936,60; RZ 1936, 294; RZ 1937, 426; EvBl 1958/369), ist unbefriedigend. Den richtigen Weg zeigen Heller-Berger-Stix, EO4 2168 auf, in einem solchen Fall die Forderungspfändung nach § 294 EO vorzunehmen und mit der Überweisung die Ermächtigung zu erteilen, die Kraftloserklärung zu erwirken. Wegen der Besonderheiten einer Exekution auf die in § 296 Abs 1 EO angeführten Forderungen kommt es aber zwangsläufig zu gewissen Modifikationen:

Gemäß § 294 Abs 1 Satz 2 EO kommt die Erlassung eines Zahlungsverbotes an den Drittschuldner hier nicht in Frage. Es muß sein Recht gewahrt bleiben, die Einlage bis zur Sperre durch das Kraftloserklärungsverfahren jedem Überbringer auszahlen zu dürfen. Ein praktisch inhaltsleeres Verbot, an niemanden auszuzahlen, der sich nicht durch die Vorlage des Sparbuches legitimiert, würde nur Verwirrung schaffen (Heller-Berger-Stix aaO). Bis zur Kraftloserklärung ist der Drittschuldner noch zu keiner Leistung an den Verpflichteten verpflichtet, sodaß auch in Anlehnung an die Bestimmung des § 331 Abs 1 EO nur die Erlassung eines Verfügungsverbotes an den Verpflichteten in Betracht kommt, für welches auch in § 294 Abs 1 Satz 3 EO keine Ausnahme für die in § 296 Abs 1 EO genannten Forderungen festgelegt ist. Im Fall der Abnahme des Sparbuches iSd § 296 Abs 1 EO ist dieses Verfügungsverbot freilich entbehrlich, wenn auch nicht unzulässig (Heller-Berger-Stix aaO). Bei Verlust des Sparbuches ist aber die Sicherung durch Abnahme des Sparbuches nicht möglich, sodaß bis zur Sperre im Kraftloserklärungsverfahren auf das Verfügungsverbot nicht verzichtet werden kann.

Nach Vollziehung der Pfändung in der beschriebenen Form hat die Überweisung zur Einziehung der gepfändeten Forderung iSd § 303 EO stattzufinden, welche wiederum der Eigenart der in § 296 Abs 1 EO angeführten Forderungen Rechnung tragen muß. Bei Abnahme und gerichtlicher Hinterlegung des Sparbuches geschieht die Überweisung gemäß § 305 Abs 1 EO durch Übergabe des mit der erforderlichen schriftlichen Übertragungserklärung versehenen Sparbuches an den betreibenden Gläubiger. Ist jedoch das Sparbuch nicht vorhanden, dann scheidet diese Vorgangsweise aus und es kann nur ein schlichter Überweisungsbeschluß gefaßt werden. Diese Überweisung ermächtigt den betreibenden Gläubiger gemäß § 308 Abs 1 EO, namens des Verpflichteten alle zur Erhaltung und Ausübung des Forderungsrechtes notwendigen Handlungen vorzunehmen. Sie schließt die Ermächtigung in sich, namens des Verpflichteten die Kraftloserklärung des Sparbuches zu erwirken. Es mag der Klarstellung diene, den Überweisungsbeschluß ausdrücklich auch als Erteilung der Ermächtigung zur Erwirkung der Kraftloserklärung zu formulieren (wie dies bei Heller-Berger-Stix aaO anklingt). Es kann aber nicht schaden, daß die betreibende Partei im vorliegenden Fall einen solchen Antrag nicht stellte, weil er im Überweisungsantrag mitenthalten ist. Wenn der Gesamtbetrag der gepfändeten Forderung den Betrag der vollstreckbaren Forderung übersteigt, was nach den Angaben im Exekutionsantrag hier naheliegt, ist die Überweisung nur zulässig, wenn die betreibende Partei für die Ausfolgung des Überschusses Sicherheit leistet. Falls diese Sicherheit nicht geleistet wird, ist gemäß § 314 Abs 1 EO statt der Überweisung ein Einziehungskurator zu bestellen. Die Entscheidung über den Überweisungsantrag ist daher vorzubehalten.

Die im Rekurs der Drittschuldnerin an die zweite Instanz erwähnte Vorexekution 5 E 2962/87, welche auf Pfändung der Forderung der verpflichteten Partei a) gegen die Republik Österreich auf Ausstellung und Übergabe eines Kraftloserklärungsbeschlusses und

b) gegen die Österreichische Postsparkasse auf Ausstellung eines neuen Privatsparbuches gerichtet war, war ein entbehrlicher und ins Leere gehender Exekutionsversuch. Es gibt keinen selbständig in Exekution zu ziehenden Anspruch gegen die Republik Österreich, einen Beschluß auf Kraftloserklärung zu treffen und diesen Beschluß der verpflichteten Partei auszufolgen (daß ein solcher Beschluß schon ergangen sei und die verpflichtete Partei ihn der Republik Österreich in Verwahrung gegeben, als Sicherheit erlegt habe usw, wurde nicht geltend gemacht). Nach Erlangung der Kraftloserklärung gibt es zwar iSd § 13 KEG unter gewissen Voraussetzungen einen Anspruch auf Ausfertigung einer neuen Urkunde. Aber die gesonderte Pfändung eines solchen vielleicht einmal in der Zukunft entstehenden Anspruches dient nicht der Befriedigung der betreibenden Partei, weil diese auf jeden Fall auf die im Papier verbriefte Forderung greifen muß. Durch die Exekution 5 E 2962/87 wird daher die vorliegende Exekution nicht berührt.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 74, 78 EO und 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E15964

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0030OB00145.88.1130.000

Dokumentnummer

JJT_19881130_OGH0002_0030OB00145_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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