TE OGH 1988/12/14 3Ob168/88

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.12.1988
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei B*** G*** DER F***

W*** registrierte Genossenschaft m.b.H., Alpenstraße 70, 5020 Salzburg, vertreten durch Dr. Peter R*** ua, Rechtanwälte in Salzburg, und des beigetretenen Masseverwalters im Konkurs über das Vermögen des Ludwig und der Helga Ü***, Dr. Lienhard G***, Rechtsanwalt, Innstraße 1, 6500 Landeck, wider die verpflichteten Parteien 1. Ludwig Ü***, und 2. Helga Ü***, Gastwirte, Riefenal 15, 6511 Zams, wegen S 603.642,04 sA, infolge Revisionsrekurses des Masseverwalters gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 23. September 1988, GZ 3 a R 418/88-48, womit der Meistbotsverteilungsbeschluß des Bezirksgerichtes Landeck vom 16. August 1988, GZ E 49/87-44, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Auf Antrag der betreibenden Pfandgläubigerin bewilligte das Erstgericht zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Geldforderung die Zwangsversteigerung der je zur Hälfte im Miteigentum der Verpflichteten - über deren Vermögen im Jahr 1986 der Konkurs eröffnet worden war - stehenden Liegenschaft EZ 5 II KG Zamserberg mit Gasthof und Landwirtschaft.

Im Versteigerungsedikt wurde der Schätzwert der Liegenschaft einschließlich des Zubehörs des Landwirtschaftsbetriebes (S 170.470,--) und des Gastgewerbebetriebes (S 919.000,--) mit S 5,028.111,-- angegeben. Die Liegenschaft wurde bei der Versteigerung am 4. Feber 1988 der Pfandgläubigerin S***- UND V*** FÜR DEN B*** L*** registrierte

Genossenschaft m.b.H. um das Meistbot von S 3,600.000,-- zugeschlagen.

Am Tag der Verteilungstagsatzung erklärte der Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Verpflichteten, er trete nach § 119 Abs 4 KO in das anhängige Zwangsversteigerungsverfahren ein, und meldete als Sondermassekosten zur Befriedigung aus dem Meistbot vor den Absonderungsgläubigern nach § 49 Abs 1 KO den Betrag der für die Versteigerung des Liegenschaftsinventars zu entrichtenden Umsatzsteuer von S 130.020,-- und den Betrag der infolge der Versteigerung der Liegenschaft während des Konkurses angefallenen Umsatzsteuerberichtigung nach § 12 Abs 10 UStG von S 350.949,27 an. Dieser Anmeldung legte der Masseverwalter zwei für die Ersteherin bestimmte Rechnungsentwürfe und die Ablichtung eines Schreibens des Steuerberaters bei.

Gegen die Berücksichtigung dieser Sondermassekosten als Vorzugspost wurde von Pfandgläubigern in der Verteilungstagsatzung mit der Begründung Widerspruch erhoben, diese Kosten könnten nur im Konkursverfahren geltend gemacht werden.

Das Erstgericht gab dem Widerspruch Folge und lehnte eine Bestimmung von Sondermassekosten ab, weil eine Umsatzsteuer bei der Versteigerung eines Grundstücks nicht zu entrichten sei und eine die Eigentümer treffende Vorsteuerberichtigung bei den Errichtungs- und Umbaukosten des Gebäudes nicht unter § 49 Abs 1 KO falle. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Masseverwalters nicht Folge. Von der Umsatzsteuer befreit sei nur der grunderwerbssteuerpflichtige Vorgang der Veräußerung der Liegenschaft, nicht aber auch des Zubehörs. Im Konkurs seien solche Sondermassekosten nach § 49 Abs 1 KO vor den Absonderungsgläubigern zu berücksichtigen, im Exekutionsverfahren aber nur dann, wenn es sich um Auslagen handle, die mit der Verwertung der Sondermasse verbunden waren. Der Masseverwalter habe die Versteigerung der Liegenschaft weder durch seinen Antrag eingeleitet, noch im Rahmen des § 119 Abs 4 KO mitbetrieben, sondern seinen Eintritt erst am Tage der Meistbotsverteilungstagsatzung erklärt, um die Umsatzsteuerbelastung von der gemeinschaftlichen Konkursmasse auf das Meistbot überwälzen zu können. Die Sondermassekosten könnten nach den Verteilungsregeln der §§ 216 ff EO nicht als Vorzugspost bestimmt werden.

Diese rekursgerichtliche Entscheidung bekämpft der Masseverwalter mit seinem Revisionsrekurs. Er verlangt die Abänderung des Meistbotsverteilungsbeschlusses dahin, daß die Sondermassekosten von S 130.020,-- und S 350.949,27 der Konkursmasse vor den Buchberechtigten zugewiesen werden.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Die Vorschrift des § 239 Abs 3 EO schafft als besondere Anordnung für das Zwangsversteigerungsverfahren nur eine Ausnahme von der Anordnung des § 528 Abs 1 Z 1 ZPO, wonach der Rekurs gegen eine Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz (sonst) unzulässig ist, soweit dadurch der angefochtene erstrichterliche Beschluß bestätigt worden ist. Nach § 78 EO gelten aber die im § 528 Abs 1 Z 2 und 5 und Abs 2 ZPO normierten Rechtsmittelbeschränkungen auch für die Anfechtung der Entscheidung über Rekurse, die wider den Verteilungsbeschluß im Liegenschaftsversteigerungsverfahren erhoben werden. Ein Rekurs an den Obersten Gerichtshof gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes über den Kostenpunkt wurde auch dann als nicht zulässig erachtet, wenn es sich um die Meistbotsverteilung handelt und etwa in Frage steht, ob Kosten der Konkursmasseverwaltung aus der Sondermasse zu befriedigen sind (Heller-Berger-Stix 666; SZ 13/245; SZ 53/90 ua). Dies gilt auch, wenn es darum geht, ob eine die Konkursmasse treffende Umsatzsteuerpflicht als vorzugsweise zu berichtigende Sondermassekosten anzusehen und eine entsprechende Zuweisung aus dem bei der Liegenschaftsversteigerung erzielten Meistbot vorzunehmen ist. Zu 3 Ob 108/81 hat der Oberste Gerichtshof die Anfechtung der den Verteilungsbeschluß abändernden Entscheidung des Rekursgerichtes für unstatthaft erklärt, soweit dem Masseverwalter entsprechend seiner Anmeldung die Auslagen an Umsatzsteuer für die Versteigerung von Liegenschaftszubehör von S 1,028.221,-- bestimmt und zugewiesen wurden. Es handle sich um Kosten der Verwertung der Sondermasse im Sinne des § 49 Abs 1 KO. Die darüber getroffene Entscheidung des Rekursgerichtes betreffe den Kostenpunkt und unterliege keiner Prüfung des Obersten Gerichtshofes auf ihre Richtigkeit. Zu 3 Ob 50/82 wurde der Revisionsrekurs als unzulässig zurückgewiesen, weil die Entscheidung, ob Kosten des Masseverwalters oder Auslagen nach § 49 KO aus einer Sondermasse oder anderweitig abzudecken sind, den Kostenpunkt betreffe. Böhm, JBl 1988, 328, meint zwar, § 239 Abs 3 EO schließe die Anwendbarkeit des § 528 ZPO insgesamt aus. Dabei übersieht er aber, daß die Beifügung des § 65 Abs 2 EO durch die ZVN 1986 die bisherige ständige Rechtsprechung bestätigt hat. Würden nicht die Bestimmungen der Zivilprozeßordnung über den Rekurs (= Revisionsrekurs) nach § 78 EO voll zur Anwendung kommen, soweit die Exekutionsordnung keine abweichenden Bestimmungen enthält, so hätte es nicht der Gesetzesänderung bedurft. Durch sie wurde nur die allein Rekurse gegen Entscheidungen erster Instanz betreffende Vorschrift des § 517 ZPO von der Geltung ua im Verfahren für die Exekution auf das unbewegliche Vermögen ausgenommen. Die Unanfechtbarkeit der Entscheidung im Kostenpunkt mittels Rekurses an den Obersten Gerichtshof hat damit nichts zu tun. Nach dem klaren Wortlaut des § 239 Abs 3 EO soll nur die Anfechtung eines bestätigenden Teiles der Rekursentscheidung im Meistbotsverteilungsverfahren entgegen dem Grundsatz des § 528 Abs 1 Z 1 ZPO eröffnet werden. Es bleibt aber bei der Geltung des § 528 Abs 1 Z 2 ZPO (so auch 3 Ob 119, 120/88), wenn es um durch das Verfahren verursachte Kosten geht.

Hier hatte das Gericht zweiter Instanz den Rekurs gegen die im Meistbotsverteilungsbeschluß getroffene Entscheidung des Erstgerichtes zu erledigen, daß die vom Masseverwalter als Kosten geltend gemachten Auslagen an Umsatzsteuer aus der Verwertung der Liegenschaft nicht bestimmt wurden und daher bei der Verteilung nicht zum Zuge kämen. Bei der Ablehnung der Bestimmung von Sondermassekosten handelt es sich um eine Entscheidung im Kostenpunkt, nämlich um Kosten, die durch die Zwangsversteigerung verursacht wurden. Sondermassekosten entstehen dem Masseverwalter als Organ des Konkursverfahrens, die er als Partei des Zwangsversteigerungsverfahrens im eigenen Namen geltend macht. Es kann daher darauf, ob anfallende Umsatzsteuerbeträge als Sondermassekosten aus dem Meistbot zu berichtigen sind und unter welchen Voraussetzungen überhaupt eine Verpflichtung zur Entrichtung von Umsatzsteuer im Zusammenhang mit der gerichtlichen Versteigerung von Liegenschaften samt Zubehör entsteht und wer darüber abzusprechen hat (vgl. Chalupsky-Ennöckl-Holzapfel, Insolvenzrecht, 362 ff; SZ 52/101; SZ 59/85) nicht eingegangen werden.

Anmerkung

E16208

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0030OB00168.88.1214.000

Dokumentnummer

JJT_19881214_OGH0002_0030OB00168_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten