TE OGH 1989/2/22 3Ob194/88

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Veröffentlicht am 22.02.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Wolfgang B***, Rechtsanwalt, Salzburg, Sterneckstraße 55, wider die beklagte Partei Rosa W***, Geschäftsfrau, Salzburg, Moosstraße 37, vertreten durch Dr. Alexander Hacker, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Einwendungen gemäß § 35 EO, hilfsweise gemäß § 36 EO (betriebener Anspruch: 93.240,82 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 4.Juli 1988, GZ 21 R 171/88-30, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 18.Jänner 1988, GZ 5 C 8/86-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen vierzehn Tagen die mit 4.243,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 385,80 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Rechtsvorgänger der klagenden Partei verfaßte den Kaufvertrag Beilage B über den geplanten Verkauf eines Hotels der beklagten Partei an einen vorgesehenen Käufer Anton S***, welcher Kaufvertrag dann nicht rechtswirksam blieb, und hatte in einem gegen die beklagte Partei angestrengten Rechtsstreit das Honorar für diesen Kaufvertrag eingeklagt. Dieses Klagebegehren wurde in erster und zweiter Instanz abgewiesen. Die beklagte Partei führt zu 5 E 3096/86 des Erstgerichtes Fahrnisexekution zur Hereinbringung ihr zugesprochener Prozeßkosten erster und zweiter Instanz von zusammen 93.240,82 S.

Gegen diesen betriebenen Anspruch erhebt die klagende Partei Einwendungen nach § 35 EO und hilfsweise nach § 36 EO mit der Begründung, ihr stehe aus der Verwendung und Verwertung des Kaufvertrages Beilage B durch die Beklagte für einen über denselben Kaufgegenstand mit dem Käufer Gerd E*** abgeschlossenen Kaufvertrag Beilage C nach § 1041 ABGB und nach einigen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes eine Gegenforderung mindestens in Höhe des betriebenen Anspruches zu und sie habe mit Schreiben vom 8. April 1986 die Aufrechnung erklärt, wodurch der betriebene Anspruch erloschen sei.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie bestritt vor allem den Kaufvertrag Beilage B an den Käufer Gerd E*** weitergegeben zu haben. Der Kaufvertrag Beilage C sei ohne ihr Zutun verfaßt worden, die teilweisen Ähnlichkeiten mit dem Kaufvertrag Beilage B seien ihr nicht aufgefallen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 60.000 S, nicht aber 300.000 S übersteige und die Revision zulässig sei. Die Vorinstanzen trafen im wesentlichen folgende Tatsachenfeststellungen:

Der Kaufvertrag Beilage C ist in etliche Punkten, insbesondere in den Punkten 1, 5 bis 12 und 14 bis 17 mit dem Kaufvertrag Beilage B annähernd identisch.

Als nach Auflösung des Kaufvertrages Anton S*** der Kaufabschluß mit Gerd E*** bevorstand, fragte dieser die beklagte Partei und ihren Mann, ob sie jemand wüßten, der den Kaufvertrag errichten könnte, worauf diese den ihnen bekannten Rechtsanwalt Dr. Christoph K*** vorschlugen, der über Auftrag der beklagten Partei auch einen vorläufigen Kaufvertrag entwarf. Später erklärte aber Gerd E***, er werde den Kaufvertrag selbst errichten und sei mit einer Beauftragung von Dr. Christoph K*** nicht einverstanden. Gerd E*** war zu diesem Zeitpunkt im Besitz eines Kaufvertragsentwurfes, der dann von Notar Dr. Friedrich Stix in verschiedenen Punkten in die endgültige Fassung laut Beilage C abgeändert wurde. Es ist nicht erwiesen, daß die klagende Partei eine Kopie des Kaufvertrages Beilage B dem Käufer Gerd E*** zur Verfügung gestellt hat. Kopien des Kaufvertrages Beilage B waren in Händen des ursprünglichen Käufers Anton S***, der finanzierenden Bank und eines Immobilienbüros, das nicht nur den genannten Kauf mit Anton S***, sondern auch den zustandegekommenen Kauf mit Gerd E*** vermittelt hatte.

Die Kosten der Vertragserrichtung hatte gemäß dem Kaufvertrag Beilage C der Käufer Gerd E*** zu tragen. Der Kaufpreis wurde aus diesem Grund um ursprünglich vorgesehene zusätzliche 500.000 S reduziert.

Es ist nicht erwiesen, daß die beklagte Partei vorsätzlich die Leistungen des Rechtsvorgängers der klagenden Partei ausgenützt hat, als sie den Kaufvertrag Beilage C unterfertigte.

In rechtlicher Hinsicht waren die beiden Vorinstanzen der Auffassung, daß ein Kaufvertrag der vorliegenden Art kein urheberrechtlich geschütztes Werk darstelle und die beklagte Partei wegen der alleinigen Kostentragung durch den Käufer durch die allfällige Verwertung des Kaufvertrages Beilage B nicht bereichert worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist nicht berechtigt. Auch wenn man im Sinne neuerster Rechtsprechung davon ausgeht, daß es zulässig ist, im Wege einer Oppositionsklage die Tilgung des betriebenen Anspruches durch Aufrechnung gegen eine nicht liquide neu entstandene Gegenforderung geltend zu machen (JBl 1988, 380), ist für die klagende Partei nichts zu gewinnen, weil die Vorinstanzen den Bestand der geltend gemachten Gegenforderung mit Recht verneint haben.

Der vom Rechtsvorgänger der klagenden Partei verfaßte Kaufvertrag ist kein urheberrechtlich geschütztes Werk im Sinne des § 1 Abs 1 UrhG. Ein von einem Rechtsanwalt verfaßter Vertrag mag zwar ausnahmsweise ein Werk wissenschaftlicher Art im Sinne des § 2 Z 3 UrhG sein (s Kritik Wild zu GRUR 1986, 739). Die routinemäßige Erledigung der Alltagsarbeit eines Rechtsanwalts entspricht aber diesen Anforderungen nicht, weil keine eigentümliche geistige Schöpfung im Sinne des § 1 Abs 1 UrhG gegeben ist. Bei einem Kaufvertrag der vorliegenden Art kommt es nicht auf schöpferische Phantasie oder eine besondere Gestaltungskraft an, sondern der gesamte Inhalt ließe sich mit demselben Effekt auch den üblichen Formularienbüchern entnehmen. Es handelt sich im Gegensatz zur Bewertung der Revision nicht um die individuelle Ausgestaltung eines "komplizierten Vertragswerkes". Daher fehlt das "deutliche Überragen des Alltäglichen" (Vinck in Fromm/Nordemann, UrhR7 Rz 31 zu § 2, ähnlich Loewenheim in Schricker, UrhR Rz 63 zu § 2). Dieser Standpunkt wird auch von dem in der Revision zitierten Autor Stölzle vertreten (Anw 1973, 2) und liegt auch der gleichfalls zitierten Entscheidung des BGH über Anwaltsschriftsätze zugrunde (GRUR 1986, 739). Weder das von Stölzle zitierte Beispiel der Erstellung eines Gesetzesentwurfes (SZ 43/140) noch der erwähnte Anwaltsschriftsatz, der in 122 Seiten eine ausführliche und eigenständige Zusammenstellung eines äußerst umfangreichen Ermittlungsverfahrens enthielt, lassen sich auch nur annähernd mit dem vorliegenden Fall vergleichen. Noch weiter entfernt von diesem sind alle sonst in der Revision angeführten Beispiele. Auch die Verfassung eines Merkblattes (GRUR 1987, 167), eines Automatenformulars (ÖBl 1970, 152) oder eines Stichwörterverzeichnisses zu einer Gesetzesausgabe (EvBl 1979/13) hebt sich durch ein deutliches Abweichen vom Alltäglichen ab. Ein Anspruch nach dem Urheberrechtsgesetz steht daher der klagenden Partei nicht zu.

Eine Ausbeutung fremder Leistungen durch sklavische Nachahmung im Sinne der Generalklausel des § 1 UWG kommt als Klagsgrund nicht in Frage, weil die beklagte Partei mit der klagenden Partei in keinem Wettbewerbsverhältnis steht (auch deshalb kommt eine analoge Anwendung der Entscheidung ÖBl 1970, 152 nicht in Betracht). Ein Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB könnte nur vorliegen, wenn der vom Rechtsvorgänger der klagenden Partei verfertigte Vertrag zum Nutzen der beklagten Partei verwendet worden wäre. Dieser Nutzen scheidet vielleicht nicht schon deshalb aus, weil die beklagte Partei die Vertragskosten des zweiten Kaufvertrages nicht selbst zu tragen hatte, wohl aber deshalb, weil nie geltend gemacht wurde, daß der von den Vertragsparteien des zweiten Kaufes beigezogene Vertragsverfasser kein oder ein niedrigeres Honorar für die Erstellung des zweiten Kaufvertrages verlangt habe, weil er den vom Rechtsvorgänger der klagenden Partei verfaßten ersten Kaufvertrag verwerten konnte. Die erstmals in der Revision aufgestellte Behauptung, es seien für den zweiten Kaufvertrag keine Vertragserrichtungskosten erwachsen, stellt eine unbeachtliche Neuerung dar. Außerhalb einer solchen Ersparnis könnte, wenn überhaupt, nur in einer vorsätzlichen Ausnützung fremder Leistungen an eine Ersatzpflicht gedacht werden (vgl dazu Koziol, JBl 1978, 239), die ebenfalls nicht erwiesen ist.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E16572

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0030OB00194.88.0222.000

Dokumentnummer

JJT_19890222_OGH0002_0030OB00194_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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