TE OGH 1989/3/14 15Os18/89

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Veröffentlicht am 14.03.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.März 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter, in Gegenwart des Rechtspraktikanten Dr. Lässig als Schriftführer, in der Strafsache gegen Franz S*** und Harald S*** wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1, Abs. 3, 148 (zweiter Fall) StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten S*** sowie über die Berufung des Angeklagten S*** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 28.September 1988, GZ 26 Vr 1.338/88-79, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tschulik, und der Verteidiger Dr. Molling und Dr. Margreiter, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, 1. in Ansehung des Angeklagten Franz S*** im Schuldspruch laut Punkt A;

2. gemäß § 290 Abs. 1 StPO aber auch in Ansehung des Angeklagten Harald S*** im Schuldspruch laut Punkt A I 1 bis 15; ferner 3. in der rechtlichen Beurteilung der den beiden Angeklagten nach den aufrecht bleibenden Teilen des Schuldspruchs zur Last fallenden Taten; und demgemäß 4. im gesamten Strafausspruch (unter Aufrechterhaltung der Aussprüche nach § 38 StGB) aufgehoben sowie unter Ausschaltung der aufgehobenen Teile des Schuldspruchs im übrigen Umfang der Aufhebung gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Durch die nach den aufrecht bleibenden Teilen des Schuldspruchs zur Last fallenden Taten haben Franz S*** zu B und Harald S*** zu A I 16 und B das Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 und Abs. 2 StGB, S*** teils als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB, begangen und werden hiefür nach § 302 Abs. 2 StGB zu Freiheitsstrafen verurteilt, und zwar S*** zu sechzehn Monaten und S*** zu zwanzig Monaten; von diesen Strafen werden den Angeklagten gemäß § 43 a Abs. 3 StGB jeweils ein Teil unter Bestimmung einer jeweils dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen, und zwar bei S*** elf Monate, bei S*** vierzehn Monate. Mit ihren Berufungen werden beide Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen ihnen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Franz S*** und Harald S*** wurden mit dem bekämpften Urteil der Verbrechen (A) des schweren gewerbsmäßigen (gemeint: des gewerbsmäßig schweren) Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB und (B) des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 (im Tenor ersichtlich - siehe US 19 - infolge eines Schreibfehlers: Abs. 2) StGB schuldig erkannt.

Darnach haben sie in der Zeit zwischen 15.November 1984 und 11. Jänner 1988 als Vertragsbedienstete des Finanzamtes Innsbruck (zu A) mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung schwerer Betrugshandlungen fortlaufende Einnahmen zu verschaffen, durch das Einbringen von falschen Steuererklärungen (Umsatzsteuervoranmeldungen, Umsatz- und Einkommensteuer-Jahreserklärungen) und Rückzahlungsanträgen unter Verwendung von Falschnamen, zum Teil in Verbindung mit gefälschten Rechnungskopien, mithin durch Täuschung über Tatsachen unter Verwendung falscher Urkunden in wiederholten Angriffen Beamte des Finanzamtes Innsbruck zur Überweisung von fingierten Steuerguthaben verleitet, wodurch die Republik Österreich an ihrem Vermögen durch im einverständlichen Zusammenwirken beider Angeklagten verübte Tathandlungen (A I 1-16) um insgesamt 677.517 S und durch eine von S*** allein begangene Tat (A II) um weitere 39.504 S geschädigt wurde; sowie (zu B) als Beamte (§ 74 Z 4 StGB) mit dem Vorsatz, die Republik Österreich an ihren Rechten auf gesetzmäßige Erfassung von Steuerpflichtigen, Bemessung von Steuern und Verwendung öffentlicher Mittel zur Abgeltung von Steuerguthaben zu schädigen, dadurch ihre Befugnis im Namen des Bundes in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mißbraucht, daß S*** im Rahmen der Neuaufnahme der laut Punkt A fingierten Steuerpflichtigen als Veranlagungsfälle Identitätsprüfungen, die durch Mitteilung an die zuständige Gemeinde ausgelöst werden sollten, verhinderte und die Zuweisung von Steuernummern betrieb, sowie S***, außer im Faktum A I 16 und S*** in den Fakten A I 16 sowie A II die betreffenden Veranlagungen und Rückzahlungsanträge nach vorgetäuschter Prüfung dem zuständigen Referenten zur Genehmigung vorlegten, wobei der durch die Taten herbeigeführte, von ihnen zu verantwortende Schaden jeweils 500.000 S überstieg.

Bei der rechtlichen Beurteilung des Täterverhaltens vertrat das Erstgericht die Ansicht, die Angeklagten hätten die Tatbestände des "schweren gewerbsmäßigen" (gemeint: gewerbsmäßig schweren) Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB sowie des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB in echter Konkurrenz zu verantworten, weil § 302 Abs. 2 StGB in der Fassung nach dem Strafrechtsänderungsgesetz 1987 "auf Grund des Tatzeitraumes" nicht anwendbar und dementsprechend das Betrugsdelikt mit einem höheren Strafrahmen ausgestattet sei sowie ferner nicht alle Merkmale des (hier aktuellen) Betruges, wie beispielsweise die Gewerbsmäßigkeit, im Mißbrauch der Amtsgewalt enthalten seien. Der nur vom Angeklagten S*** erhobenen, auf Gründe der Z 9 lit. b, 10 und 11 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde gegen dieses Urteil kommt Berechtigung zu. Der Subsumtionsrüge des Beschwerdeführers (Z 10) ist nämlich darin beizupflichten, daß das Schöffengericht bei der Annahme, § 302 Abs. 2 StGB nF sei im gegebenen Fall mit Rücksicht auf den zur Gänze vor dem Inkrafttreten des StrÄG 1987 (mit dem 1.März 1988) gelegenen Tatzeitraum nicht anzuwenden, die Bestimmung des § 61 zweiter Satz StGB übersehen hat. Darnach sind Strafgesetze auf Taten, die vor ihrem Inkrafttreten begangen wurden, dann anzuwenden, wenn die Gesetze, die zur Zeit der Tat gegolten haben, für den Täter in ihrer Gesamtauswirkung nicht günstiger wären. Bei diesem Gesamtvergleich ist auf sämtliche im konkreten Fall für die Strafbarkeit des inkriminierten Tatverhaltens maßgebenden Umstände sowie auf die dabei aktuellen Strafmöglichkeiten abzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Eine solcherart vergleichende Beurteilung des dem Angeklagten S*** zur Last fallenden Verhaltens zeigt aber in der Tat, daß er bei jeweils gleicher Höhe des anzuwendenden Strafsatzes (von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe) nach altem Recht die Verwirklichung zweier Verbrechenstatbestände, und zwar nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB einerseits sowie nach § 302 Abs. 1 StGB anderseits zu verantworten hätte, wogegen ihm nach neuem Recht nur jener nach § 302 Abs. 1 und Abs. 2 StGB (nF) anzulasten ist.

Denn beim Zusammentreffen eines echten Sonderdelikts (hier: § 302 StGB) mit einem allgemein strafbaren Delikt (hier: §§ 146 ff. StGB) verdrängt ersteres das letztere dann, aber auch nur dann, wenn sich das allgemeine Delikt wenigstens phasenweise als Ausübung der (damit mißbrauchten) Befugnis zur Vornahme von Amtsgeschäften darstellt und es außerdem nicht strenger strafbedroht ist (vgl. SSt. 49/32, 50/49 uva); im vorliegenden Fall treffen ausschließlich nach neuem Recht beide Voraussetzungen dieser Gesetzeskonkurrenz zu.

Zwar ist die erste Prämisse nach neuer gleichwie nach alter Rechtslage gegeben, weil (ungeachtet der restriktiven Formulierung des Urteilstenors unter Pkt A) nach dem Inhalt der Entscheidungsgründe nicht nur das Einbringen der falschen Steuererklärungen und der Rückzahlungsanträge in Verbindung mit den falschen Beweisurkunden als schadenskausale Täuschungshandlungen (und damit als Tathandlungen des Betruges) zu beurteilen sind, sondern auch das Verschleiern der Nichtexistenz der als steuerpflichtig fingierten Antragsteller sowie das Vortäuschen einer ordnungsgemäßen Prüfung der Anträge durch den Beschwerdeführer (und S***) in seiner (und dessen) Eigenschaft als Beamter (US 11 f.), welches ihm (und jenem) - anders als die betrügerische Antragstellung als solche - gleichermaßen als Amtsmißbrauch zur Last fällt; immerhin in diesen Phasen des inkriminierten Tatgeschehens wurden daher durch plangemäß zum Tatkomplex des Amtsmißbrauchs gehörende Tathandlungen auch die Merkmale des Betruges verwirklicht. Nur darauf aber kommt es für die Annahme des hier aktuellen besonderen Falles einer Gesetzeskonkurrenz (vgl. Leukauf-Steininger StGB2 § 28 RN 71, § 302 RN 40 f., § 313 RN 4) an und nicht etwa, wie das Erstgericht zu vermeinen scheint (US 19), auf ein - nur für eine (von Pallin im WK § 28 Rz 5 insoweit demnach zu Unrecht angenommene) Spezialität einer Norm gegenüber einer anderen relevantes - Enthaltensein sämtlicher Tatbestands- und Qualifikationsmerkmale des allgemein strafbaren Delikts im Tatbestand des Sonderdelikts. Ausschließlich nach neuem Recht jedoch liegt auch die zweite Prämisse der zu prüfenden Gesetzeskonkurrenz vor: war doch nach altem Recht ein nach § 147 Abs. 3 und/oder § 148 zweiter Fall StGB qualifizierter Betrug strenger strafbar als ein Mißbrauch der Amtsgewalt nach dem (infolge des seinerzeitigen Fehlens einer Schadensqualifikation) im Gesetz allein in Betracht kommenden Grundtatbestand des § 302 Abs. 1 StGB, wogegen nunmehr ein nach § 302 Abs. 2 StGB (nF) schadensqualifizierter Amtsmißbrauch einem gleich hohen Strafrahmen unterliegt; gerade diesen Effekt hat der Gesetzgeber mit der Ergänzung der zuletzt relevierten Strafbestimmung durch die Anordnung einer dem § 147 Abs. 3 StGB entsprechenden Schadensqualifikation im Rahmen der Reform (Art. I Z 32 StrÄG 1987) ausdrücklich bezweckt (vgl. hiezu den JAB, 359 d. Beil. zu den Sten.Prot. des NR, XVII. GP, 24 f.).

Da der Beschwerdeführer sohin nach altem Recht zwei, nach neuem aber nur ein mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bedrohtes Verbrechen, nämlich jenes des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 und Abs. 2 StGB (nF), zu verantworten hat, erweist sich das StGB idF nach dem StrÄG 1987 in seiner Gesamtauswirkung im Vergleich zu seiner zur Tatzeit in Geltung gestandenen Fassung tatsächlich als günstiger, zumal eine Anwendung der Strafschärfungsvorschrift des § 313 StGB (auch) nach nunmehriger Rechtslage nicht in Betracht kommt, weil eine solche mit Bezug auf ein echtes Sonderdelikt nach dem klaren Gesetzeswortlaut ausgeschlossen ist (vgl. Leukauf-Steininger aaO § 313 RN 4 f.). Die das Tatverhalten des Beschwerdeführers betreffende rechtsirrige Subsumtion (Z 10) war demnach in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wie im Spruch zu korrigieren. Diese Korrektur entspricht auch den mit der Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs. 1 Z 9 lit. b StPO zum Ausdruck gebrachten Beschwerdeintentionen, denen zufolge der Angeklagte S*** ungeachtet seines formellen Begehrens nach einem "Freispruch" zum Faktum A II (wegen tätiger Reue im Sinn des § 167 StGB) der Sache nach nur eine Ausschaltung (auch) jenes Schuldspruchs wegen Betruges - also auch insoweit lediglich die Nichtannahme eines Zusammentreffens mit dem Amtsmißbrauch lt.

Pkt B - anstrebt, im übrigen aber auf eine Beurteilung sämtlicher Schuldspruch-Fakten lt. den Pkten A und B, sohin auch des Faktums A II, nach § 302 Abs. 1 und Abs. 2 StGB nF (und nicht etwa auf die Annahme einer völligen Straflosigkeit seines Tatverhaltens im hier relevierten Einzel-Faktum) abzielt. Ein auf einen (gänzlichen) Freispruch von der Anklage zum Faktum A II (auch in Richtung § 302 StGB) wegen tätiger Reue gerichteter Beschwerdeantrag wäre im übrigen, wie der Vollständigkeit halber vermerkt sei, schon deswegen, weil dieser Strafaufhebungsgrund für das Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt im Gesetz (§ 167 StGB) nicht vorgesehen ist, auch gar nicht zielführend.

Einer Erörterung des nunmehr in Rede stehenden Nichtigkeitsgrundes (Z 9 lit. b) bedarf es daher nicht, zumal ein Entfall bloß des Schuldspruchs lt. Pkt A II am Vorliegen der Qualifikationen nach § 147 Abs. 3 sowie § 148 zweiter Fall StGB - und damit an der Wirksamkeit des darin vorgesehenen, einer Verdrängung des (gesamten) Betruges (lt. Pkt A I und II) durch den Amtsmißbrauch nach altem Recht entgegenstehenden (im Vergleich zu § 302 Abs. 1 StGB höheren) Strafrahmens sowie demgemäß am Ergebnis des zuvor angestellten Günstigkeitsvergleichs - nichts ändern könnte.

Gemäß § 290 Abs. 1 StPO war ferner von Amts wegen wahrzunehmen, daß die vom Beschwerdeführer mit Erfolg gerügte Urteilsnichtigkeit (Z 10) im wesentlichen auch zum Nachteil des Angeklagten S*** unterlaufen ist, der keine Beschwerde ergriffen hat. Zwar wird der ihn betreffende Teil des Schuldspruchs laut Punkt A I 16 von seiner Verurteilung wegen Mißbrauchs der Amtsgewalt laut Punkt B (2) im Tenor nicht erfaßt, doch ist sein in den Entscheidungsgründen festgestelltes (US 17) Tatverhalten jedenfalls als Tatbeitrag (§ 12 dritter Fall StGB) zum Mißbrauch der Amtsgewalt anzusehen.

Bei der durch die Aufhebung des gesamten Strafausspruchs (als Folge der Teilaufhebung der Schuldsprüche sowie der geänderten rechtlichen Beurteilung von deren aufrecht gebliebenen Teilen) erforderlich gewordenen Strafbemessung waren bei beiden Angeklagten die vielfachen, gewerbsmäßig verübten Tatwiederholungen erschwerend, dagegen die Geständnisse und eine teilweise Schadensgutmachung (der Angeklagte S*** wies im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung vor dem Obersten Gerichtshof eine Zahlung von 10.000 S an das Finanzamt nach) sowie bei S*** überdies dessen ordentlicher Lebenswandel mildernd.

Auf der Basis dieser Strafzumessungsgründe wurden die im Spruch genannten Freiheitsstrafen ausgemessen, die sich im Hinblick auf den Wegfall der (zusätzlichen) Verurteilung wegen Betruges in geringerer Höhe halten als die vom Erstgericht verhängten. Damit fallen aber auch jene Einwendungen dahin, die der Angeklagte S*** aus einem Vergleich zu einer über einen gesondert verfolgten Täter verhängten Freiheitsstrafe erhebt; desgleichen jene des Angeklagten S***, der sich gegen die Heranziehung der mehrfachen Qualifikation der Betrugstat als erschwerend wendet.

Gleich dem Schöffengericht erachtete auch der Oberste Gerichtshof, daß den beiden Angeklagten nur ein Teil der Strafe bedingt nachzusehen ist.

Davon, daß das Strafrechtsänderungsgesetz 1987 im Hinblick auf die Ermöglichung teilbedingter Freiheitsstrafen (§ 43 a Abs. 3 StGB), als deren "Opfer" sich der Angeklagte S*** sieht und gegen die er "grundsätzliche Vorbehalte" hat, eine "Schlechterstellung" gegenüber der früheren Rechtslage und Entscheidungspraxis gebracht habe, kann schon angesichts des Wegfalls der verschärften Voraussetzungen für die Prognose im § 43 Abs. 2 StGB (aF) keine Rede sein.

Vorliegend stehen bereits die gemäß § 43 Abs. 1 StGB - entgegen einer "grundsätzlichen Skepsis" des Angeklagten S*** - nach wie vor anzustellenden generalpräventiven Erwägungen einer gänzlichen bedingten Strafnachsicht entgegen. Dabei sind - entgegen der Meinung des Angeklagten S*** - nicht nur die (ehemaligen) Berufskollegen der Angeklagten in Betracht zu ziehen, sondern angesichts des Umstandes, daß sich die Erschleichung von fingierten Steuerguthaben auch durch andere Personen häuft - der darin liegende Betrug ist gemäß § 22 Abs. 2 FinStrG als Finanzvergehen abzuurteilen - auch eine breitere Öffentlichkeit. Davon, daß die Bestimmung des § 43 a Abs. 3 StGB vornehmlich nur bei vorbestraften Tätern anzuwenden sei, wie der Angeklagte S*** meint, ist unter dem Blickwinkel generalpräventiver Erwägungen nicht auszugehen.

Zudem spricht auch die jeweilige vielfache Tatwiederholung und beim Angeklagten S*** überdies der Umstand, daß er nach zwei gerichtlichen Strafverfahren wegen in Trunkenheitsexzessen verübter Straftaten sich nicht zu rechtstreuem Verhalten bestimmen ließ, aus spezialpräventiven Erwägungen gegen eine gänzliche bedingte Strafnachsicht, manifestiert sich doch in den Tatwiederholungen bei der immerhin latenten Gefahr einer Aufdeckung eine erhebliche Intensität des Tatentschlusses der beiden Angeklagten. Es scheint damit die Verbüßung eines Teils der Freiheitsstrafe erforderlich, und zwar bei S*** im Ausmaß von fünf Monaten und bei S*** im Ausmaß von sechs Monaten, was im Ergebnis dem bereits vom Erstgericht festgesetzten Ausmaß der zu verbüßenden Teile der Freiheitsstrafen entspricht.

Zu einer vom Angeklagten S*** begehrten Verhängung einer Geldstrafe anstelle des unbedingten Teils der Freiheitsstrafe nach § 43 a Abs. 2 StGB liegt angesichts der bereits dargelegten Erwägungen keine Veranlassung vor.

Im Hinblick auf die Neubemessung der Strafen waren die Angeklagten mit ihren Berufungen, denen inhaltlich auch das Beschwerdevorbringen des Angeklagten S*** zu dem von ihm geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z 11 (dritter Fall) StPO zuzuordnen ist, weil er der Sache nach einen unvertretbaren (grundsätzlichen) Verstoß gegen Bestimmungen über die Strafbemessung (oder einen anderen nach der zitierten Verfahrensbestimmung mit Nichtigkeit sanktionierten Fehler) gar nicht behauptet, sondern lediglich eines seiner Auffassung nach im (vorliegenden) Einzelfall nicht sachgerechte Ausübung des Strafzumessungsermessens beanstandet, auf jene zu verweisen.

Anmerkung

E17546

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0150OS00018.89.0314.000

Dokumentnummer

JJT_19890314_OGH0002_0150OS00018_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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