TE Vwgh Erkenntnis 2005/10/20 2005/11/0158

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Veröffentlicht am 20.10.2005
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Führerscheingesetz;

Norm

AVG §19;
FSG 1997 §24 Abs4 idF 2002/I/081;
FSG 1997 §24 Abs4 idF 2002/I/129;
FSG 1997 §3 Abs1 Z3;
FSG 1997 §8;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des J in H, vertreten durch Mag. Stephan Wirth, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Belruptstraße 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 28. Juni 2005, Zl. UVS-411-049/E3-2005, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 4. Feber 2005 wurde der Beschwerdeführer "aufgefordert, innerhalb einer Frist von 3 Monaten ab Zustellung dieses Bescheides ein vom Amtsarzt erstelltes Gutachten über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ... vorzulegen." Die bescheiderlassende Behörde nannte hierbei als Rechtsgrundlage "§ 24 Abs. 4 FSG". Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 7. Feber 2005 zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 28. Juni 2005 wurde dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C, E und F gemäß § 24 Abs. 4 Führerscheingesetz - FSG bis zur Beibringung des amtsärztlichen Gutachtens, gerechnet ab Bescheidzustellung, entzogen und der Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 FSG aufgefordert, den Führerschein unverzüglich bei der Bezirkshauptmannschaft Bregenz abzuliefern.

Die belangte Behörde verwies in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf den Aufforderungsbescheid vom 4. Feber 2005 und den Umstand, dass der Beschwerdeführer dieser Anordnung "nicht fristgerecht nachgekommen" sei. Der Entziehungsgrund des § 24 Abs. 4 FSG sei daher gegeben.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Maßgeblich ist im vorliegenden Fall § 24 Abs. 4 FSG idF BGBl. I Nr. 129/2002. Diese Bestimmung lautet wie folgt:

"5. Abschnitt

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung

Allgemeines

§ 24. ...

(4) Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen."

Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, die Voraussetzungen für die Entziehung gemäß § 24 Abs. 4 FSG seien nicht vorgelegen. Schon damit ist er im Recht.

Es trifft zwar zu, dass für die Erlassung eines Bescheides nach § 24 Abs. 4 letzter Satz FSG erforderlich ist, dass der Besitzer einer Lenkberechtigung einer an ihn rechtskräftig ergangenen Aufforderung bis zur Erlassung des Entziehungsbescheides erster Instanz keine Folge geleistet hat, und die Entziehung der Lenkberechtigung nach der genannten Gesetzesstelle die Rechtskraft des Aufforderungsbescheides voraussetzt, dessen Rechtmäßigkeit im Entziehungsverfahren nicht mehr überprüft werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. April 2004, Zl. 2004/11/0015).

Daraus ist im vorliegenden Fall für den Standpunkt der belangten Behörde jedoch nichts gewonnen: Nach der hier maßgeblichen Rechtslage ist Voraussetzung der "Formalentziehung" gemäß § 24 Abs. 4 letzter Satz FSG, dass der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist der Aufforderung, "sich ärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen", keine Folge leistet. Zweck dieser Bestimmung - soweit hier relevant - ist es, die notwendige Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG zu gewährleisten, weil Bedenken bestehen, ob die gesundheitliche Eignung des Betreffenden im Sinn des § 3 Abs. 1 Z. 3 FSG noch gegeben ist. In einem solchen Fall ist nämlich gemäß § 24 Abs. 4 erster Satz leg. cit. ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten - durch die Behörde - gemäß § 8 FSG einzuholen. Die genannte Aufforderung vom 4. Feber 2005 bildete daher - ungeachtet ihrer Rechtskraft - keine taugliche Grundlage für die hier zu überprüfende Formalentziehung nach § 24 Abs. 4 FSG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. August 2004, Zl. 2004/11/0063). Abgesehen davon, dass die belangte Behörde somit schon die Voraussetzungen für die Entziehung der Lenkberechtigung des Beschwerdeführers unzutreffend beurteilt hat, erweist sich auch die von ihr bestätigte Entziehungsdauer als unzulässig. So ergibt sich aus § 24 Abs. 4 letzter Satz FSG in der hier maßgeblichen Fassung keine Grundlage, dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung "bis zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens" zu entziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2005, Zl. 2005/11/0052).

Da die belangte Behörde somit die Rechtslage verkannt hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, sodass er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003, im Rahmen des gestellten Begehrens. Die Abweisung des Mehrbegehrens bezieht sich auf die im Pauschalsatz für Schriftsatzaufwand bereits enthaltene Umsatzsteuer.

Wien, am 20. Oktober 2005

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005110158.X00

Im RIS seit

05.12.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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