TE OGH 1989/11/21 15Os128/89

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Veröffentlicht am 21.11.1989
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Der Oberste Gerichtshof hat am 21.November 1989 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Edelmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Ernst Josef M*** wegen des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs. 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 8.August 1989, GZ 5 Vr 696/89-33, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Jerabek, und des Verteidigers Dr. Lehofer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Text

Gründe:

Von der Anklagebehörde wird Ernst Josef M*** als Verbrechen des (zu ergänzen: versuchten) schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs. 3 StGB zur Last gelegt (ON 26),

er habe (1.) am 17. und (2.) am 20.März 1989 in Graz im bewußt gemeinsamen Zusammenwirken mit einem bislang unbekannten Täter, angeblich namens "Edmont K***", als unmittelbarer Täter mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, den Berechtigten der R*** I***,

Bundesrepublik Deutschland,

durch Täuschung über Tatsachen, und zwar jeweils durch die Übermittlung eines Schreibens, dessen Text auf Werbematerial der C***-B*** fotokopiert worden war sowie den Anschein bankmäßiger Zeichnung erweckte und demzufolge im Inland für die darin angeführte Garantiesumme Deckung bestehe, über das öffentliche Telefax-Gerät des Bahnhofs-Postamtes Graz an die G*** Z*** in Stuttgart,

zur Annahme einer vorgeblich bei der C***-B***,

Filiale Graz, vorgelegenen Bankgarantie über 5,450.000 DM zugunsten der Margarethe H***, die bei der bezeichneten Raiffeisenbank ein Konto hatte, und damit zu einer Handlung zu verleiten versucht, die jenen Berechtigten (gemeint: jene Bank) um den genannten Betrag am Vermögen schädigen sollte, weil die erwähnte Deckung nicht bestand und daher auch nicht hätte in Anspruch genommen werden können. Nach dem Inhalt des Anklagesatzes hatten die inkriminierten Schreiben folgenden (auszugsweise wiedergegebenen) Wortlaut:

(zu 1.) "An die Genossenschaftliche Zentralbank

7000 Stuttgart (...)

(...)

Zu Handen Fr. D***!

Mit der Bitte um Weiterleitung an Hr.Dir.V***, Raiffeisenbank in D 6991 Iggersheim/BLZ

60069778.

Betreffend Konto der Frau Margarethe H***,

KtNr. 52421009

Wir bitten um Mitteilung, ob Sie eine von uns

ausgestellte Bankgarantie für Frau Margarethe

H*** in der Höhe von

DM 5,450.000,--

annehmen.

(...)

Wir zeichnen

mit vorzüglicher Hochachtung

Creditanstalt Bankverein

Filiale Graz

Dr. Herbert W*** Mag.Harald L***"

und

(zu 2.) "(...)

Im Nachtrag zum Schreiben vom 17.3.1989, betreffend LC Für Frau

Margarethe H***

...

teilen wir mit, daß wir Ihre geschätzte Rückantwort

unter der FAX-Nr. 0043-0316-915266, zu Handen der CA-Außenhandelskontrolle, Herrn Edmond K***,

eingeschrieben Postamt A-8020 Graz, erwarten.

Wir zeichnen

mit vorzüglicher Hochachtung

Creditanstalt Bankverein

Filiale Graz

Mag. Harald L***"

Zur Begründung des dem Angeklagten angelasteten Schädigungsvorsatzes nahm die Staatsanwaltschaft an, daß ihm das Nichtbestehen einer inländischen Bankgarantie klar war; daß die beschriebene Übermittlung von Fotokopien verfälschter Urkunden an die genannte deutsche Bank per Telefax tatplangemäß einer ersten Kontaktaufnahme dienen und im Fall einer positiven Antwort, also einer Bereitschaft des Adressaten zur Annahme einer vorgeblich von der C***-B*** ausgestellten Bankgarantie, zum Unterbleiben einer genaueren Überprüfung des dazu erforderlichen weiteren Schriftverkehrs führen sollte; und daß ferner geplant war, der R*** I*** auf ähnliche Weise eine falsche

Garantieerklärung zu übermitteln sowie - nach deren Annahme - die Garantiesumme im Namen der Kontoinhaberin zum Schaden der Bank abzuberufen.

In rechtlicher Hinsicht liegt der Anklage die Auffassung zugrunde, die inkriminierten Schreiben seien als Täuschungsverhalten gegenüber dem Tatopfer bereits Ausführungshandlungen zum Betrug gewesen; zumindest aber sei der Angeklagte damit seinem Tatplan gemäß "einen Schritt vor" dessen Ausführung gestanden, und zwar vor der für den Fall eines positiven Rückschreibens der Raiffeisenbank vorgesehenen Übermittlung der diesfalls anzufertigenden Bankgarantie an sie.

Mit dem angefochtenen Urteil wurde M*** von dieser Anklage gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Das Erstgericht nahm sein im Anklagetenor beschriebenes und von ihm zugegebenes äußeres Tatverhalten als erwiesen an, hielt aber das von ihm behauptete Agieren gleichsam als Bote des (trotz Erhebungen unbekannt gebliebenen) "K***" nicht für plausibel und ging daher insoweit von der Annahme seiner Alleintäterschaft aus; nichtsdestoweniger und ungeachtet eines "möglicherweise gegebenen verbrecherischen Vorsatzes" des Angeklagten gelangte es zu dessen Freispruch, weil die ihm angelastete Übermittlung der beiden Telefax-Schreiben - bei denen es sich keinesfalls schon um eine falsche Bankgarantie, sondern bloß um eine erste Anfrage gehandelt habe - noch nicht als ein "Täuschen im Sinn des § 146 StGB", also noch nicht als Beginn der Betrugs-Ausführung, zu beurteilen und im Hinblick auf die Notwendigkeit weiterer Zwischenakte bis zur geplanten Übersendung der erst herzustellenden falschen Garantieerklärung (als Ausführungs-Beginn) auch noch nicht (immerhin) ausführungsnah gewesen sei.

In ihrer dagegen erhobenen, auf § 281 Abs. 1 Z 9 lit a StPO gestützten und auf einen Schuldspruch (ausschließlich) nach §§ 15, 146, 147 Abs. 3 StGB abzielenden Nichtigkeitsbeschwerde argumentiert die Anklagebehörde nur noch dahin, daß der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen ein ausführungsnahes Verhalten gesetzt habe, weil zur Tatbildverwirklichung aus seiner Sicht "nur mehr die Anfertigung eines formlosen Schreibens mit dem Inhalt der (angeblich) von der CA-BV, Filiale Graz, ausgestellten Bankgarantie und dessen Übersendung an das Auslandsinstitut" nötig gewesen wäre. Dementgegen vertritt die Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme zu diesem - ihrer Ansicht nach berechtigten - Rechtsmittel die Auffassung, das dem Angeklagten zur Last fallende Vortäuschen einer Anfrage stelle bereits eine erste Ausführungshandlung zum Betrug dar, weil "im Sinn des § 146 StGB vorgenommene" Täuschungshandlungen der Ausführung der jeweiligen Betrugstat nicht vorangehen, sondern bereits zur Ausführung selbst gehören.

Der Oberste Gerichtshof vermag sich jedoch einer Beurteilung des vom Schöffengericht festgestellten Tatverhaltens des Angeklagten als Betrugsversuch (§§ 15, 146 StGB) unter keinem der beiden dafür ins Treffen geführten Aspekte anzuschließen.

Zur Verwirklichung des Tatbestandes des (vollendeten) Betruges nach § 146 StGB muß der Täter einen anderen durch Täuschung über Tatsachen zu einer sich selbst oder einen Dritten schädigenden Vermögensverfügung verleiten; dazu ist eine tätergewollt unmittelbare Einwirkung des täuschungsbedingten Irrtums, sei es auch nur als einer von mehreren Faktoren, auf den für die selbstschädigende Verfügung des Getäuschten maßgebenden Motivationsprozeß vorauszusetzen. Bloß vorbereitende Täuschungshandlungen, die das Gelingen einer späteren derartigen Irreführung ermöglichen oder erleichtern sollen, ohne selbst für den durch jene Täuschung auszulösenden Willensentschluß des Getäuschten zumindest mitbestimmend zu sein, entsprechen diesem Erfordernis nicht und kommen daher als tatbestandsmäßige Ausführungshandlungen im Sinn des § 146 StGB nicht in Betracht (vgl hiezu Kienapfel BT II2 § 146 RN 97, 106, 249 f. sowie Karollus in JBl 1989, 627 ff., va 635 f.).

Gerade das aber trifft im vorliegenden Fall in bezug auf das inkriminierte Vortäuschen einer Anfrage an die R*** I*** darüber, ob letztere eine bestimmte Bankgarantie anzunehmen bereit sei, zu; die damit angestrebte Irreführung des Adressaten sollte tatplangemäß die (für den Fall einer bejahenden Antwort vorgesehene) weitere Täuschung jener Bank über die nunmehrige Zusendung einer vermeintlich echten Bankgarantie erleichtern, wogegen die selbstschädigende Freigabe des Garantiebetrages als solche darnach ausschließlich durch eben diese spätere Vorspiegelung des Vorhandenseins einer potenten Deckung und seines Abrufs unter der Voraussetzung des Vorliegens einer derartigen Besicherung - jedoch keineswegs auch noch durch die ihnen vorausgegangene vorbereitende Anfrage - motiviert worden wäre. Ebensowenig kann aber auch von einer Ausführungsnähe der hier aktuellen Anfrage zum Beginn der Verwirklichung des Betrugs-Tatbestandes gesprochen werden. Denn im Hinblick darauf, daß sie nach den unbekämpften Urteilsannahmen von der wie dargelegt als erste Ausführungshandlung vorgesehen gewesenen Übermittlung einer falschen Garantieerklärung an die Raiffeisenbank tatplangemäß noch durch essentielle zeitliche und manipulative Etappen, bedingt durch die Erfordernisse des Einlangens einer positiven Antwort des Adressaten sowie der folgenden Anfertigung des falschen Bankgarantie-Schreibens, getrennt war, entspricht sie den Voraussetzungen einer der Ausführung des geplant gewesenen Betruges unmittelbar vorangegangenen Handlung im Sinn des § 15 Abs. 2 StGB nicht.

Die andere Frage indessen, ob das im Urteil festgestellte Verhalten des Angeklagten den Tatbestand des § 223 StGB erfüllt, kann - wie der Vollständigkeit halber vermerkt sei - deswegen auf sich beruhen, weil sich die Staatsanwaltschaft in jene Richtung hin nicht beschwert hat (§ 290 Abs. 1 erster Satz StPO; vgl hiezu SSt 51/35 ua).

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Anmerkung

E19007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0150OS00128.89.1121.000

Dokumentnummer

JJT_19891121_OGH0002_0150OS00128_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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