TE OGH 1989/12/21 13Os110/89

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Veröffentlicht am 21.12.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Dezember 1989 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hörburger, Dr. Kuch, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kluwik als Schriftführerin in der Strafsache gegen Dr. Alfred M*** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG. und des Vergehens nach § 24 Abs 1 lit a, b und c DevG. über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 24. Mai 1989, GZ. 12 c Vr 13.481/85-44, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung werden zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Pensionist Dr. Alfred M*** des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG. (Punkt A des Urteilssatzes; der im Spruch zitierte Abs 3 enthält keine Tatbestände, sondern nur Legaldefinitionen, wann eine solche Abgabenverkürzung nach Abs 1 und 2 bewirkt und damit der jeweilige Tatbestand technisch vollendet ist: LSK. 1984/97, Harbich, MTA.3 § 33 FinStrG. Anm. 5) sowie des Vergehens nach § 24 Abs 1 lit a, b und c DevG. (B) schuldig erkannt.

Darnach hat er

(zu A) in Wien durch Einreichung unrichtiger Abgabenerklärungen, somit unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, eine Verkürzung bescheidmäßig festzusetzender Abgaben bewirkt, und zwar:

I. am 1. Juli 1982 durch Einbringung unrichtiger Einkommen- und Gewerbesteuererklärungen für das Jahr 1980 Einkommensteuer um 604.460 S und Gewerbesteuer um 172.260 S, Summe: 776.720 S;

II. am 27. Mai 1983 durch Einbringung unrichtiger Einkommen- und Gewerbesteuererklärungen für das Jahr 1981 Einkommensteuer um 625.744 S und Gewerbesteuer um 189.060 S, Summe: 814.804 S;

III. am 14. Juni 1984 durch Einbringung unrichtiger Einkommen- und Gewerbesteuererklärungen für das Jahr 1982

Einkommensteuer um 992.946 S und Gewerbesteuer um 291.891 S, Summe:

1,284.837 S;

Gesamtsumme der Faktengruppe A: 2,876.361 S;

(zu B) vorsätzlich entgegen den Vorschriften des Devisengesetzes oder der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Kundmachungen der Ö*** N***

I. entgegen § 2 Abs 1 DevG. ohne Genehmigung der

Ö*** N*** mit ausländischen Zahlungsmitteln im Wert von mehr als 500.000 S gehandelt, indem er im Zeitraum 28. November 1979 bis 20. Dezember 1983 in mehrfachen Tathandlungen in Wien Organe der C***-B*** bzw. der

Ö*** P*** anwies, insgesamt 776.000 DM zum Zwecke der Überweisung auf ein Konto der Fa. R.P. S*** GesmbH in

der Bundesrepublik Deutschland zu erwerben;

II. entgegen § 3 DevG. ohne Genehmigung der Ö***

N*** über Werte von zusammen mehr als 500.000 S verfügt bzw. sie in das Ausland versandt, und zwar

1. im Zeitraum 28. November 1979 bis 20. Dezember 1983 in Wien entgegen § 3 Ziffer 1 DevG. und § 5 Absatz 1 DevG. über ausländische Zahlungsmittel verfügt, ohne sie an die Ö*** N***

oder einen Devisenhändler zu verkaufen, sowie sie in das Ausland

versendet, indem er Organe der C***-B*** und der

Ö*** P*** anwies, insgesamt 776.000 DM auf ein Konto der Fa. R.P. S*** GesmbH in der Bundesrepublik Deutschland

zu überweisen;

2. im Zeitraum 27. November 1979 bis Dezember 1983 in Wien in mehrfachen Tathandlungen entgegen § 3 Ziffer 3 DevG. über Forderungen eines Inländers in ausländischer Währung gegen einen Ausländer im Gesamtbetrag von 776.000 DM verfügt, ohne die Forderung an die Ö*** N*** oder einen Devisenhändler zu

verkaufen, indem er Organe der Firma R.P. S*** GesmbH anwies, die von ihm an dieses Unternehmen überwiesenen Beträge (Fakten B I und B II 1) auf sein Konto Nr. 0784116 bei der D*** B*** AG, Zweigniederlassung Frankfurt/Main, zu überweisen;

3. zumindest im Zeitraum Anfang 1980 bis Anfang 1983 in verschiedenen Orten der Bundesrepublik Deutschland in mehrfachen Tathandlungen entgegen § 3 Ziffer 3 DevG. über

a) seine Forderungen gegen die Rentenstelle Berlin im Gesamtbetrag von 80.530,10 DM sowie

b) eine Forderung gegen die Regierungshauptkasse in Köln von 100.000 DM,

somit über Forderungen eines Inländers in ausländischer Währung gegen einen Ausländer verfügt, indem er diese Ämter anwies, Geldbeträge auf Grund dieser Forderungen auf sein Konto bei der D*** B*** AG, Zweigniederlassung Frankfurt/Main, zu überweisen;

4. im Zeitraum zumindest Ende 1979 bis Anfang 1986 in mehrfachen Tathandlungen entgegen § 3 Ziffer 3 DevG. in Frankfurt/Main über Forderungen gegen die D*** B*** AG von zusammen mehr als 500.000 S verfügt, indem er zahlreiche Verfügungen über das für ihn bei dieser Bank geführte Girokonto Nr. 0784116 traf, ohne diese Forderungen an die Ö*** N*** oder einen Devisenhändler zu verkaufen;

III. im Zeitraum zumindest Ende 1979 bis Anfang 1985 in Wien in mehrfachen Tathandlungen entgegen § 15 Absatz 1 und 2 DevG. (richtig nur Abs 2) der Anmeldepflicht bei Werten von zusammen mehr als 500.000 S nicht nachgekommen, indem er seine Forderungen gegen die D*** B*** AG, Zweigniederlassung Frankfurt/Main nicht binnen acht Tagen bei der Ö*** N*** anmeldete.

Diese Schuldsprüche ficht der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z. 4 und 5 StPO. (nominell auch Z. 3 und 11) gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an.

Nach den hier wesentlichen Urteilsfeststellungen bezog Dr. M*** von der Fa. R.P. S*** GesmbH in Ebersbach, BRD, diätische Nahrungsmittel, die er im Inland vertrieb. Die von der genannten Firma bezogenen Lieferungen bezahlte er über die C*** B*** oder die Ö*** P***; er

ließ dabei die entsprechenden DM-Beträge erwerben und in die Bundesrepublik überweisen. Da dem Beschwerdeführer seit Ende 1979 die Belastung seines Wirtschaftsbetriebs durch die zu entrichtende Einkommen- und Gewerbesteuer zu hoch erschien, beschloß er, Unternehmensgewinne zu verschleiern und unter dem Titel "Wareneinsatz" und "Werbeaufwand" Abgaben zu hinterziehen. Er übersandte zu diesem Zweck in der Zeit vom November 1979 bis Ende 1983 monatlich jeweils Beträge in der Höhe von 11.600 DM, später in einer solchen von 13.600 bzw. 17.600 DM an die Fa. S***. Diese Beträge wurden dort als "Durchlaufposten" behandelt und auf ein Konto der D*** B*** in Frankfurt überwiesen.

Die Höhe der hinterzogenen Beträge ergibt sich auf Grund der rechtskräftigen Abgabenfestsetzung durch das Finanzamt für den I. Bezirk als Finanzstrafbehörde erster Instanz (ON. 6). Das Gericht nahm als erwiesen an, daß es sich bei diesen Geldbeträgen um ins Ausland transferierte Gewinne handelte und hielt die Verantwortung des Angeklagten, diesen Überweisungen lägen entsprechende Leistungen zugrunde, für widerlegt. Es begründete dies damit,

daß der Angeklagte eine Auskunftserteilung an die nachforschenden Finanzbehörden bei der D*** B*** AG in Frankfurt/Main - bei welcher diese Beträge auf ein Konto eingezahlt wurden - untersagte;

daß der Geschäftsnachfolger des Angeklagten solche Zahlungen ins Ausland nicht mehr geleistet hat;

daß der Angeklagte nur über Eigenbelege für diese Zahlungen verfügte;

daß ferner dann, wenn tatsächlich Kosten (wie vom Beschwerdeführer behauptet) für die Erstellung von Gutachten, Labortests, Ettikettenherstellung usw. aufgelaufen wären, kein Grund für deren Verschleierung durch allgemein gehaltene Schreiben bestünde, vielmehr davon auszugehen wäre, daß der Angeklagte bei deren tatsächlicher Existenz eine detaillierte Offenlegung dieser Kosten vorgenommen hätte, um sie steuerlich als Betriebsausgaben ausweisen zu können;

daß schließlich jeweils runde Beträge ohne Anschluß einer Fremdrechnung überwiesen wurden und

daß letztendlich bei wettbewerbswirksamen Zahlungen - der Beschwerdeführer hatte "Ausgleichszahlungen" an Konkurrenzfirmen, um diese vom Markt fernzuhalten, behauptet - der Angeklagte diese ohne Einschaltung der Fa. S*** hätte leisten können.

Soweit sich die Verfahrensrüge (Z. 4) zunächst gegen die Abweisung des Antrags auf Unterbrechung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs wendet, kommt ihr deshalb keine Berechtigung zu, weil das außerordentliche Rechtsmittel der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde (Art. 131 Abs 1 Z. 1 BVG.) die Verhandlung nicht hindert (Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch § 55 FinStrG. RN. 10; 9 Os 47/76).

Rechtliche Beurteilung

Durch die Ablehnung des Beweisantrags auf Einvernahme des Zeugen Karl H*** wurden - abgesehen davon, daß, wie nach ständiger Rechtsprechung (Mayerhofer-Rieder2 § 281 Abs 1 Z. 4 StPO. ENr. 29 u. a.) erforderlich, der Antrag samt Beweisthema nicht wiederholt worden und die in der Rüge behauptete Erläuterung in der Hauptverhandlung dem Protokoll nicht zu entnehmen

ist - Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht beeinträchtigt. Mit der Aussage des Zeugen Karl H*** vor der Polizeidirektion Heidelberg (ON. 18) hat sich das Gericht ohnedies auseinandergesetzt. Es hat als erwiesen angenommen, daß der Angeklagte dem Zeugen die Mitteilung machte, bei diesen Zahlungen handle es sich um "Ausgleichsleistungen" an Konkurrenzfirmen, um diese vom österreichischen Markt fernzuhalten (S. 395). Damit wurde im Ergebnis ohnehin als erwiesen angenommen, was nach dem Inhalt des Antrags nachgewiesen werden sollte. Das Erstgericht kam auf Grund der Ergebnisse des Beweisverfahrens allerdings zur Überzeugung, daß diese Mitteilung des Beschwerdeführers nicht der Wahrheit entsprochen hat. Daß der Zeuge aus eigener Wahrnehmung Angaben über den Zahlungszweck hätte machen können, ist weder seinen Angaben vor der Polizei (ON. 18) noch den Beilagen des Beweisantrags zu entnehmen. Auch der Beweisantrag enthält dazu keine Behauptung. Der Einwand der Falschprotokollierung vor der Polizeidirektion Heidelberg schließlich ist nicht einmal ansatzweise substantiiert (S. 373, 375, 409).

Wenn die Verfahrensrüge in diesem Zusammenhang auf die dem Beweisantrag ON. 43) angeschlossenen Schreiben verweist, deren Richtigkeit der Zeuge H*** hätte bestätigen können, so zeigt sich zunächst, daß die Schreiben S. 361 und 363 ohnedies bereits als Beilagen A und B der Verantwortung des Angeklagten ON. 5 angeschlossen waren. Weder aus diesen noch aus den anderen Schriftstücken ergeben sich jedoch konkrete Anhaltspunkte dafür, daß diesen Zahlungen konkrete Anlaßfälle zugrundelagen. Damit waren diese Unterlagen von vornherein nicht geeignet, die dem Gericht durch die Gesamtheit der oben angeführten Verfahrensergebnisse vermittelte Sach- und Beweislage maßgebend zu verändern, insbes. die dargestellten Überlegungen der Tatrichter zu beeinflussen oder zu widerlegen.

Entgegen dem Vorbringen der Mängelrüge (Z. 5) mußte sich das Gericht auch nicht gesondert mit den oben angeführten Schreiben auseinandersetzen, weil aus diesen kein einziger Anlaßfall hervorgeht, der die dargestellten Erwägungen des Gerichts widerlegen könnte. Wenn die Rüge die Urteilsüberlegungen, daß die Untersagung einer Auskunftserteilung durch die D*** B*** in Frankfurt und die Höhe der Geldbeträge für die Täterschaft des Angeklagten spräche, als abwegig und tatsachenwidrig bezeichnet, erschöpft sich dieses Vorbringen in einer Bekämpfung der Beweiswürdigung. Gleiches gilt auch für jene Ausführungen, die sich dagegen wenden, daß das Gericht die Zahlungen an Nikolaus und Silvio H*** nicht als - wie vom Angeklagten behauptet - Betriebsausgaben angesehen, sondern die unterbreiteten Belege als Gefälligkeitsrechnungen bezeichnet hat (vgl. S. 399).

Das (als Rechtsrüge, Z. 9 lit a, zu wertende) Vorbringen der Nichtigkeitsbeschwerde, der dem Rechtsmittelwerber in der Bundesrepublik Deutschland zugesprochene Entschädigungsbetrag sowie die laufenden Rentenzahlungen fielen nicht unter die Bestimmungen des Devisengesetzes, übersieht gänzlich, daß der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen diese Beträge auf ein Konto der D*** B*** in Frankfurt überweisen ließ (S. 389 f.) und daß er damit letztlich eine Forderung gegen das angeführte Geldinstitut hatte, die der Anmeldepflicht i.S. des § 15 DevG. unterlag. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, daß die Unterlassung der Anmeldung einer Forderung ein Dauerdelikt ist und die Verjährungsfrist nicht zu laufen beginnen kann, solang die Anmeldung nicht nachgeholt oder der zur Anmeldung verpflichtende Tatbestand nicht weggefallen ist (Schwarzer-Csoklich-List, Währungs- und Devisenrecht, § 15 DevG. E. 5).

Zu den Z. 3 und 11 wurden keine sachbezogenen Ausführungen erstattet, sodaß auf diese Beschwerdegründe nicht einzugehen war. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z. 2 StPO., teils als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt nach § 285 d Abs 1 Z. 1 StPO. im Zusammenhalt mit § 285 a Z. 2 StPO. schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Auf die Eingaben des Beschwerdeführers nach der Erstattung der Rechtsmittelschrift konnte nicht eingegangen werden, weil es gemäß § 285 Abs 1 StPO. nur eine Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde gibt, die vom Verteidiger überreicht worden ist (SSt. 27/44, 39/37, RZ. 1973/101 S. 69, 1975/58 S. 119, EvBl 1975/235, 1980/82 u.v.a.). Gemäß § 294 Abs 2 StPO. muß der Berufungswerber entweder in der Anmeldung oder in der Ausführung seines Rechtsmittels, wenn, wie hier, mehr als eine Strafe oder sonstige Unrechtsfolge ausgesprochen worden ist, erklären, gegen welche von ihnen sich seine Berufung richtet. Eine solche Erklärung ist weder in der Anmeldung (ON. 44 a) noch in der Ausführung der Berufung (ON. 46 S. 410) abgegeben worden. Ebensowenig wurde eine Nichtigkeitsbeschwerde aus Z. 11 erstattet (trotz gegenteiliger Behauptung S. 410). Die Berufung mußte darum gleichfalls vom Obersten Gerichtshof zurückgewiesen werden (12 Os 36/88, 13 Os 46/88, 15 Os 60, 61/88 u.a.).

Anmerkung

E19165

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0130OS00110.89.1221.000

Dokumentnummer

JJT_19891221_OGH0002_0130OS00110_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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