TE OGH 1990/1/24 3Ob539/89

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Veröffentlicht am 24.01.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Dr.Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*** Ö***, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, wider die beklagte Partei Josef B*** jun., geboren am 1.April 1959, Gastwirt, Murgasse 34, 5580 Tamsweg, vertreten durch Dr.Berndt Sedlazeck, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Feststellung und Einwilligung in bücherliche Eintragungen (Streitwert S 655.000,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 18.Jänner 1989, GZ 21 R 440/88-43, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Tamsweg vom 25.August 1988, GZ C 122/87-37, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden im Feststellungsausspruch zu

1) lit b dahin abgeändert, daß das Begehren auf Feststellung der Haftung für die aus der Nichterfüllung des Bestandvertrages der klagenden Partei bis zum 15.Juni 1988 schon entstandenen und mit Leistungsbegehren einforderbaren Schäden abgewiesen wird, im übrigen aber einschließlich der Kostenentscheidung bestätigt. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit

S 14.679,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei R*** Ö*** beabsichtigt, im Rahmen ihrer Hoheitsverwaltung einen Militärschießplatz im Bezirk Tamsweg einzurichten. Sie nahm vom Vater des Beklagten nach Verhandlungen aus seiner an die Ehefrau verpachteten bäuerlichen Liegenschaft "Mörtengut" zu diesem Zweck zwei Grundstücke mit einer Fläche von

30.677 m2 um den wertgesicherten Zins von S 1,25 je Quadratmeter und Jahr für dreißig Jahre in Bestand. Der Eigentümer und die Pächterin unterfertigten am 30.April 1984 ein Anbot und am 15.Mai 1984 den Bestandvertrag.

Der Vater übergab dem Beklagten das Gut am 29.Juni 1984. Auf Grund der am 4.Juli 1984 erwirkten Rangordnungsanmerkung wurde das Eigentum des Beklagten an allen Liegenschaften seines Vaters bücherlich einverleibt.

Der Beklagte als neuer Eigentümer erklärte, an den Bestandvertrag nicht gebunden zu sein.

Die klagende Partei erhob am 11.Feber 1987 die Klage. Sie begehrt die Feststellung, daß der Bestandvertrag zwischen den Parteien "besteht", die Einwilligung in die Einverleibung des Bestandrechtes und des vertraglich eingeräumten Vorkaufsrechtes derklagenden Partei sowie die Feststellung der Haftung des Beklagten für alle der klagenden Partei aus der Nichterfüllung des Bestandvertrages entstehenden Schäden. Die Rechte und Pflichten des Bestandgebers aus dem wirksam zustande gekommenen Vertrag seien auf den Beklagten durch die Übergabe des ganzen Vermögens seines Vaters übergegangen. Der Beklagte sei über die Vertragsverhandlungen und den Vertragsabschluß unterrichtet gewesen und habe durch den Übergabsvertrag die Durchsetzung der Rechte der klagenden Partei wissentlich, zumindest aber fahrlässig vereiteln wollen. Durch die Verzögerung der Inbetriebnahme des Heeresschießplatzes entstehe und drohe weiter ein Mehraufwand.

Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Er habe bei der Übernahme des väterlichen Anwesens vom Bestandvertrag nichts gewußt und sei nicht verpflichtet, in diesen Vertrag, der wegen Sittenwidrigkeit, Irrtums und Unmöglichkeit (der Leistung)nichtig sei und wegen Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes angefochten werde, einzutreten. Sein unerfahrener Vater sei von den Beamten des Militärkommandos in Irrtum geführt und überfordert worden, die beiderseitigen Leistungen stünden in einem krassen Mißverhältnis. Es liege Unmöglichkeit vor, weil der Bestandvertrag erst nach der bäuerlichen Übergabe mit der Unterfertigung durch die klagende Parteiam 10.September 1984 zustande gekommen sei, als der Bestandgeber nicht mehr Eigentümer gewesen sei. Es fehle die erforderliche Genehmigung der Grundverkehrsbehörde. Im Grünland sei die Errichtung des Schießplatzes nicht zulässig; eine Änderung des Flächenwidmungsplanes sei nicht absehbar. Der in der Bestandzeit zuentrichtende Zins decke die nach Vertragsbeendigung nötigen, auf den Bestandgeber überwälzten Aufwendungen zur Rekultivierung der landwirtschaftlichen Grundstücke nicht.

Das Erstgericht gab den Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht bestätigte und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschied, bei jedem der beiden Feststellungsbegehren S 300.000,-- beim Leistungsbegehren aber nicht S 60.000,-- übersteigt.

Diesen Entscheidungen liegt im wesentlichen der folgende zusammengefaßte Sachverhalt zugrunde: Anfang 1984 erfuhr ein Bruder des Beklagten von der Absicht des Bundesheeres, in der näheren Umgebung der neuen Kaserne in Tamsweg einen Schießplatz einzurichten. Er nahm mit dem Militärkommando in Salzburg Verbindung auf und bot für seinen Vater Grundstücke in Mörteldorf an, die nach einer Besichtigung in die engere Wahl genommen wurden. Der Beklagte war spätestens eine Woche nach dem ersten Treffen über die Gespräche unterrichtet. Zunächst konnte eine Einigung nicht erzielt werden, weil der Bruder des Beklagten einen Jahresbestandzins von S 100.000,-- forderte und eine Genehmigung der Heeresverwaltung und des Finanzministeriums nicht zu erwarten war. Bei weiteren Vertragsverhandlungen mit dem Eigentümer und seiner Frau, den Eltern des Beklagten, kam ein grundsätzliches Einverständnis zum Abschluß des Bestandvertrages zustande. Nach einem Gespräch am 30.April 1984 in der Stube des "Mörtengutes" unterfertigten die Eltern des Beklagten, der selbst anwesend war und am selben Tisch saß, nach Erörterung des abzuschließenden Vertrages und Erklärung der Berechnung des Bestandzinses ein Anbot, in welchem für die zur Errichtung des Schießplatzes zu verwendenden Grundflächen ein jährlicher Bestandzins von S 1,25 je Wuadratmeter zuzüglich der Umsatzsteuer und eine Wertsicherung sowie eine dreißigjährige Vertragsdauer festgelegt wurden. Die klagende Partei sollte nach zehn Jahren den Bestandvertrag durchKündigung beenden können und ein Vorkaufsrecht haben. Die Gestattung aller Leistungsrechte und Vorkehrungen zum Schießplatzbetrieb wurde vom Bestandgeber zugesagt. Die Bindung an das Anbot wurde auf sechs Monate befristet. Der Beklagte hatte sich noch vor der Unterfertigung des Anbotschreibens durch seine Eltern eingemischt und darauf hingewiesen, daß mit dem für die landwirtschaftlichen Flächen hohen Bestandzins noch nicht abgegolten sei, daß die Nachbarn wegen der Errichtung des Heeresschießplatzes gegen die Familie eingestellt seien. Seine Mutter meinte aber, auf die Nachbarn werde man nicht Rücksicht nehmen. Für den Eigentümer war es ein Motiv für den Abschluß des Bestandvertrages, daß sein "Mörtengut" erheblich mit Pfandrechten für Verbindlichkeiten belastet war und laufende Einnahmen an Bestandzins eingehen sollten.

Wenige Tage nach Unterfertigung des Anbots wurde die Absicht der Heeresverwaltung, auf den in Bestand zu nehmenden Grundstücken einen Schießplatz einzurichten, öffentlich bekannt. In der Nachbarschaft kam Widerstand auf. Bürger sammelten Unterschriften gegen das Projekt. Auch der Beklagte unterfertigte eine Erklärung gegen die Errichtung des Schießplatzes auf dem Grund seines Vaters. Am 15.Mai 1984 wurde die von der klagenden Partei verfaßte Vertragsurkunde vom Vater des Beklagten als Eigentümer und der Mutter als Pächterin vor dem Notar in Tamsweg beglaubigt unterschrieben. Vorher war im Gemeindeamt im Beisein des Bürgermeisters, aber in Abwesenheit des Beklagten, eine Besprechung der einzelnen Vertragspunkte erfolgt. Der Bestandgeber war durchaus in der Lage, die Bedeutung des ihm erläuterten Vertrages zu erfassen. Er gab der klagenden Partei die beiden Grundstücke zum Zweck der Schaffung und des Betriebes eines Heeresschießplatzes ab dem 1.Jänner 1985 für dreißig Jahre mit einseitiger Kündigungsmöglichkeit der Bestandnehmerin nach zehn Jahren unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von zwei Jahren in Bestand und räumte das Recht ein, das Gelände zu betreten, es zu verändern, die erforderlichen Gebäude zu errichten und Leitungen zu legen, fallweise mit Fahrzeugen zuzufahren und Quellen und Gerinne zu fassen und zu nutzen. Der entsprechend dem Anbot vom 30.April 1984 vereinbarte wertgesicherte Bestandzins sollte die künftige Beeinträchtigung der landwirtschaftlichen Nutzung - die nur soweit eingeschränkt wurde, als es die vertragsgemäße Benützung durch das Bundesheer erforderte - und die zeitlich befristete Unterbindung jeder Nutzung abgelten sowie die Bestandnehmerin von ihrer Verpflichtung befreien, nach Beendigung des Bestandverhältnisses den früheren Zustand wieder herzustellen. Die Bestandnehmerin erhielt das Vorkaufsrecht. Der Eigentümer willigte in die Verbücherung des Bestandrechtes und des vorkaufsrechtes ein.

Die Unterfertigung der Bestandvertragsurkunde war in der Familie des Beklagten allgemein bekannt. Ihm gelang es in der Folge, die Zustimmung des Vaters zu erlangen, ihm den Hof zu übergeben. Der Beklagte brachte seinen Vater zum Notar in St.Michael im Lungau und erörterte noch mit seinem Bruder den Vertrag mit dem Bundesheer. Der Vater übergab das "Mörtengut" mit allen Liegenschaften und damit sein ganzes Vermögen mit dem Notariatsakt vom 29.Juni 1984 dem Beklagten. Obwohl dem Beklagten die Bindung seines Vaters an den Bestandvertrag bewußt war und sein Vater davon ausgegangen war, daß sich der Beklagte an den Bestandvertrag halten werde, fand der Bestandvertrag keine Erwähnung im Übergabsvertrag, während auf den Pachtvertrag mit der Mutter des Beklagten Bedacht genommen wurde. Durch die Einverleibung des Eigentums zu TZ 2325/84 des Bezirksgerichtes Tamsweg im Range der Anmerkung vom 4.Juli 1984, TZ 1451/84, wurde der Beklagte der Eigentümer der Liegenschaft seines Vaters.

Der Beklagte hatte absichtlich den Bestandvertrag mit den Heeresstellen nicht im Übergabsvertrag erwähnt, weil er eine Überbindung des Vertrages an ihn verhindern wollte. Er wollte mit dem Vorgehen erreichen, daß die klagende Partei ihre Rechte aus dem Vertrag gegen ihn nicht durchsetzen kann. Die verbindliche Zeichnung des Bestandvertrages seitens der Bestandnehmerin erfolgte am 10. September 1984 in Wien. Die klagende Partei erfuhr von der Hofübergabe erst nachträglich durch Zufall. Sie forderte den Beklagten erfolglos auf, dem Vertrag beizutreten.

Von der Gesamtfläche der für den Schießplatz in Bestand gegebenen beiden Grundstücke kann der Bestandgeber 1,5 ha weiter als Standwiese benützen. Der angemessene jährliche Bestandzins hätte S 1,39 je Quadratmeter betragen. Die Kosten einer nach Beendigung der Verwendung als Schießplatz gebotenen Rekultivierung sind dabei nicht berücksichtigt.

Der Schießplatz sollte nach Eröffnung der Kaserne in Tamsweg im Herbst 1985 für den provisorischen Betrieb zur Verfügung stehen und der Vollausbau später erfolgen. Die klagende Partei muß wegen der Weigerung des Beklagten einen Mehraufwand an Transportkosten der Truppe, Reisegebühren und Verpflegskosten tragen, weil Material und Mannschaften auf außerhalb des Lungaus gelegene Schießplätze gebracht werden müssen. Der Vater des Beklagten haftet für alle Schäden, die der klagenden Partei dadurch entstehen, daß er den Bestandvertrag nicht zugehalten hat. Die klagende Partei hat ein Versäumungsurteil erwirkt, in dem diese Haftung festgestellt wurde. Das Berufungsgericht übernahm diese erstrichterlichen Feststellungen und teilte die Rechtsansicht, daß der Bestandvertrag über die beiden Grundstücke wirksam mit dem Vater des Beklagten zustande gekommen sei, den Einwänden des Beklagten keine Berechtigung zukomme und daß der Beklagte schadenersatzrechtlich zur Naturalrestitution durch den Eintritt in den geschlossenen Vertrag verpflichtet sei. Der Beklagte habe bewußt auf den Willen seines an den Vertrag mit der Abgabe des Anbots bis zum Ablauf der vereinbarten Frist gebunden gewesenen Vaters eingewirkt, um die klagende Partei zu schädigen, und seinen Vater zum Vertragsbruch verleitet. Er habe daher für die Vertragserfüllung so einzustehen, als hätte er selbst den Vertrag geschlossen oder ihn sich überbinden lassen. Er habe den Vertrag gegen sich gelten zu lassen und in die Verbücherung einzuwilligen. Da die klagende Partei aus seiner Schadenersatzansprüche begründenden Vorgangsweise ersatzfähige Vermögensschäden durch die Verzögerung der Inbetriebnahme des Schießplatzes erleide, sei auch das zweite Feststellungsbegehren berechtigt, weil eine abschließende Geltendmachung von Geldersatzansprüchen noch nicht möglich sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Beklagten ist zulässig, weil zwischen den Begehren ein untrennbarer Zusammenhang besteht und daher der Eintritt einer Teilrechtskraft für den Leistungsanspruch unbedenkbar ist, obwohl der Wert dieses Streitgegenstandes vom Berufungsgericht mit einem S 60.000,-- nicht übersteigenden Geldbetrag angenommen wurde. Solange gegen das Feststellungsurteil über die Bindung des Beklagten an den Bestandvertrag die Vollrevision zulässig ist, kann nicht die Verpflichtung zur Einwilligung in die bücherliche Einverleibung der in diesem Vertrag eingeräumten Rechte (Bestandrecht und Vorkaufsrecht) unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits wegen der Bestätigung durch das Berufungsgericht unanfechtbar geworden sein. Zumindest zwischen diesem Feststellungsanspruch und dem Leistungsanspruch auf Einwilligung in bücherliche Eintragungen besteht ein rechtlicher und tatsächlicher Zusammenhang, der die Zusammenrechnung iSd § 55 Abs 1 Z 1 JN zur Folge hat (SZ 52/67; SZ 56/150 uva) und daher auch bei Beurteilung der Zulässigkeit der Revision maßgebend ist (§ 55 Abs 4 JN aF). Die Revision ist aber nur teilweise berechtigt.

Eine Nichtigkeit des Verfahrens vor dem Berufungsgericht oder des von diesem gefällten Urteiles ist nicht erkennbar. Der Revisionswerber versucht durch einen Hinweis auf seine sonstigen Rechtsmittelausführungen, die aber weitgehend unter dem Gesichtspunkt der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens einen Angriff auf die Beweiswürdigung darstellen, das Vorliegen des Nichtigkeitsgrundes der Z 9 des § 477 Abs 1 ZPO aufzuzeigen. Es kann aber keine Rede davon sein, daß das Berufungsurteil mit sich selbst in Widerspruch wäre oder daß für die Entscheidung keine Gründe angegeben wurden.

Die im einzelnen behaupteten Mängel und Aktenwidrigkeit wurden geprüft, es liegt aber auch dieser Revisionsgrund nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Unbedeutsam ist es nämlich, ob ein Bruder des Beklagten mit Wissen oder gar Vollmacht des Vaters mit dem Militärkommando Kontakt nahm und auf die zur Schaffung eines Militärschießplatzes in Betracht kommenden Grundflächen seines Vaters hinwies, weil es dann zu unmittelbaren Gesprächen mit dem Eigentümer gekommen war. Ebensowenig kommt es darauf an, ob der Beklagte nach seiner Teilnahme am Gespräch vom 30.April 1984 den Raum schon verlassen hatte, als sein Vater das erörterte Anbot unterschrieb. In Wahrheit laufen die Revisionsausführungen zu den Gründen der Mangelhaftigkeit und Aktenwidrigkeit auf eine nicht zulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen im Revisionsverfahren hinaus und müssen schon deshalb scheitern. Der Revisionswerber will andere Feststellungen erreichen, ohne allerdings klar darzulegen, welche Tatsachen ein anderes Ergebnis der rechtlichen Beurteilung rechtfertigten.

Der Revisionswerber verkennt insgesamt, daß auch die Frage, ob Zeugen Glauben zu schenken war und ob noch weitere Kontrollbeweise aufzunehmen waren, im Revisionsverfahren unüberprüfbar ist, und daß ein Verfahrensmangel nur vorliegt, wenn die Vorgangsweise bei der Stoffsammlung und Erörterung ohne Rücksicht auf das allfällige Verfahrensergebnis eine Verfahrensvorschrift verletzte (Fasching ZPR Rz 1910). Verfahrensmängel in erster Instanz, deren Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde, können nach der ständigen Rechtsprechung überdies nicht erneut mit Revision geltend gemacht werden.

Der rechtlichen Beurteilung des erhobenen Sachverhalts durch die Vorinstanzen wird im wesentlichen beigetreten. Richtig ist, daß eine Ersatzpflicht des Beklagten wegen der Beeinträchtigung der Gläubigerrechte der klagenden Partei aus dem mit seinem Vater geschlossenen Bestandvertrag voraussetzt, daß dieser Bestandvertrag wirksam zustande gekommen und nicht infolge einer erfolgreichen Anfechtung aufgehoben wurde. Die Versuche des Beklagten, den Bestand des Vertrages an sich in Frage zu stellen, sind aber ungeeignet. Ein Willensmangel auf Seiten des Bestandgebers scheidet nach den Tatsachenfeststellungen ebenso aus wie ein Irrtum iSd § 871 Abs 1 ABGB; denn daß der Bestandgeber trotz eingehender Erörterung aller Vertragspunkte sowohl vor Anbotsfertigung als auch vor der notariellen Beglaubigung der Unterschrift auf dem Vertrag nicht in der Lage gewesen wäre, die Tragweite des konkreten Vertrages, mit dem zwei Grundstücke zum Zwecke der Errichtung des vom Bundesheer benötigten Militärschießplatzes auf längere Zeit in Bestand gegeben werden sollten, zu beurteilen, ist nicht hervorgekommen. Die fehlende Einsicht ergab sich weder aus der Natur des Vertrages noch aus besonderen Umständen. Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung des Vernunftsgebrauches oder eine anhaltende Sinnesverwirrung liegen nicht vor. Daß es sich um einen einfachen Menschen handelt, steht der Annahme nicht entgegen, daß er nach erfolgter Besprechung das Wesentliche der bevorstehenden vertraglichen Bindung erkennen konnte, als er die beiden Schriftstücke unterfertigte. Diese Einsicht genügte aber, daß der Vertrag mit der Annahme des Anbots innerhalb der Bindungsfrist wirksam wurde.

Auch die Voraussetzungen des § 879 ABGB für die Annahme einer Sittenwidrigkeit oder Wuchers liegen nach den im Revisionsverfahren nicht mehr überprüfbaren Feststellungen nicht vor. Selbst wenn der Vater des Beklagten wegen bestehender Schulden dem Bestandvertrag zugestimmt haben sollte, fehlte es an einer Ausbeutung einer Zwangslage oder Unerfahrenheit, weil die Bankschulden auch anders abgestattet werden konnten als durch Vermietung von Grundflächen. Auf die Unmöglichkeit der Leistung durch seinen Vater kann sich der Beklagte, der bewußt zur Vereitelung der Vertragserfüllung den Eigentumsübergang an ihn vor der zugesicherten Verbücherung der Bestandrechte und ohne vertragliche Vertragsüberbindung herbeigeführt hat, nicht berufen. Es wäre Sache des vertraglich gebundenen Teils gewesen, eine Übergabe vor Ablauf der Bindungsfrist zu unterlassen oder im Übergabsvertrag ausdrücklich die Rechte und Pflichten aus der Bestandgabe auf den Beklagten zu überbinden, um sich nicht der Gefahr der Inanspruchnahme wegen Vertragsverletzung auszusetzen. Gerade dies hat der Beklagte, der erkennen konnte, daß dieses Vorgehen rechtswidrig ist, verhindern wollen, weil er meinte, die ihm unliebsame Bindung des Vaters damit unterlaufen und die klagende Partei um ihre Ansprüche bringen zu können. Die wissentliche Beteiligung an der Vereitelung der Vertragserfüllung macht schadenersatzpflichtig. Es begegne keinen Bedenken, die in der Lehre und Rechtsprechung entwickelten Grundsätze (vgl Koziol, Haftpflichtrecht II 48 ff; Aicher in Rummel, ABGB, Rz 13f zu § 1053) nicht nur auf den Doppelverkauf anzuwenden, sondern auch auf den Fall des bewußten Hinwirkens des Beklagten auf Vereitelung der Vertragserfüllung durch seinen Vater. Um den dadurch bewirkten Schaden zu ersetzen, ist der Beklagte so zu stellen, als hätte er den Vertrag geschlossen oder die Rechte und Pflichten aus dem Vertrag vom Übergeber der Liegenschaft übernommen, und so, als wäre der Bestandvertrag schon vor der Eigentumsübertragung wirksam geschlossen und bücherlich einverleibt gewesen.

Sittenwidrig ist also nicht, wie der Revisionswerber meint, der Vertragsabschluß mit seinem Vater oder das Verlangen nach Schadenersatz, sondern allein sein auf Beeinträchtigung der vertraglichen Rechte der klagenden Partei gerichtetes Vorgehen, als er in Kenntnis, daß sein Vater der Heeresverwaltung Grundstücke zum Zweck der Einrichtung des Schießplatzes in Bestand geben wollte und ein nur noch von der klagenden Partei zu genehmigender Vertrag bindend unterschrieben worden war, die Übergabe der Liegenschaft und die Einverleibung seines Eigentums in der Absicht betrieb, die Zuhaltung des ihm nicht genehmen Bestandvertrages zu vereiteln. Der Vertragsteil, dessen Bindung der Beklagte bestreitet, hat die Unwirksamkeit des Bestandvertrages überdies nicht geltend gemacht. Er ließ sogar die Feststellung seiner Haftung für einen aus der Nichterfüllung des Vertrages erwachsenden Schaden durch ein Versäumungsurteil unbekämpft. Der Vater des Beklagten hat den Vertrag auch wegen einer Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes selbst nicht angefochten. Diese Einwendung kann vom Vertragspartner erhoben werden (zuletzt 3 Ob 45/88) und ist mit drei Jahren ab dem Zustandekommen des Vertrages befristet. Dem Beklagten kommt ein eigener Fristenlauf nicht zugute, denn er müßte, um aus der Vorschrift des § 934 ABGB etwas für sich zu gewinnen, nicht nur nachweisen, daß die Voraussetzungen einer Schadloshaltung wegen Verkürzung über die Hälfte vorlagen, sondern auch, daß der allenfalls Verkürzte sein Recht, den Vertrag deshalb aufzuheben, vor der Verjährung (§ 1487 ABGB) geltend machte. Dazu genügt nicht die Behauptung von Tatsachen, daß zwischen den Leistungen und den Gegenleistungen des Bestandvertrages ein krasses Mißverhältnis bestehe, weil der Verkürzte die Vertragsaufhebung ausdrücklich fordern und der andere Teil in diesem Fall Gelegenheit haben muß, das Geschäft dadurch aufrecht zu halten, daß er den Abgang bis zum gemeinen Wert zu ersetzen bereit ist. Schon deshalb brauchte auf diesen jedenfalls verspätet geltend gemachten Einwand nicht Rücksicht genommen werden.

Zutreffend haben die Vorinstanzen daher die Schadenersatzverpflichtung des Beklagten bejaht, die, soweit der klagenden Partei durch das Hinauszögern der Vertragszuhaltung künftig Vermögensschäden drohen, die Feststellung seiner Haftung rechtfertigt, soweit aber noch Vertragserfüllung stattfinden kann, zur Stattgebung des Feststellungsbegehren führt, daß der Beklagte den Vertrag zu erfüllen hat, weil er den Schaden durch Naturalrestitution geringer halten kann. Nicht berechtigt ist aber der Anspruch auf Feststellung der Schadenersatzverpflichtung, soweit er auch Schäden umfaßt, die vor Schluß der Verhandlung in erster Instanz (15.Juni 1988) entstanden sind und mit einem Leistungsbegehren geltend gemacht werden konnten, denn insoweit fehlt es am Feststellungsbedürfnis. Sonst aber sind die Feststellungsansprüche gegeben.

Abgesehen davon, daß schon die Bestreitung der Wirksamkeit des Bestandvertrages und der Pflicht zur Zuhaltung den Feststellungsanspruch berechtigt, ohne daß die klagende Partei auf einzelne Leistungsansprüche zu verweisen wäre, liegen alle für die Zulässigkeit der Klage auf Feststellung des Bestehens des Rechtsverhältnisses geforderten Erfordernisse vor, weil sie neben der Prävention noch der Prozeßökonomie dient

(Fasching, ZPR, Rz 1072 ff und Rz 1089 ff). Davon, daß bereits der gesamte Leistungsanspruch aus dem streitigen Rechtsverhältnis fällig wäre und mit Leistungsklage geltend gemacht werden kann, ist keine Rede. Es ist dann aber die Feststellung des gesamten zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses erforderlich (SZ 18/161), was besonders bei Dauerschuldverhältnissen gilt (Fasching aaO Rz 1101). Ob für das zum Zwecke der Hoheitsverwaltung geschlossene Bestandverhältnis eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung nach § 3 lit b SGVG LGBl 1974/4 entbehrlich ist und die erforderliche behördliche Bestätigung dieses Umstandes jederzeit erfolgen kann, weil es nicht zweifelhaft sein kann, daß der Bestandvertrag Grundstücke betrifft, die für Zwecke der Hoheitsverwaltung bestimmt werden, oder ob es noch der Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde bedarf, kann ebeson offen bleiben wie die Erörterung der Frage, ob die Genehmigungspflicht eines Vertrages nach den Grundverkehrsgesetzen der Klage auf Zuhaltung des Vertrages und Einwilligung in die bücherliche Eintragung entgegensteht (SZ 42/21; NZ 1989, 264; aber Bydlinski in JBl 1975, 653). Im Rahmen seiner Pflicht zur schadenersatzrechtlichen Naturalrestitution hat der Beklagte den Zustand herzustellen, der ohne seinen Eingriff bestanden hätte. Der Vater hatte im Bestandvertrag seine Aufsandungserklärung als Liegenschaftseigentümer schon abgegeben. Infolge Eigentumsübertragung ist auch der Beklagte zur Herstellung dieses Zustandes und damit zur Abgabe der Aufsandungserklärung zu verhalten, gleich, ob diese schon allein die nur einheitlich zulässige bücherliche Eintragung rechtfertigt oder noch eine weitere Genehmigung der Grundverkehrsbehörde oder eine behördliche Bestätigung erforderlich ist, daß diese Genehmigung entfallen kann. Eine noch ausstehende behördliche Bewilligung zur vertragsgemäßen Verwendung des Bestandobjektes, die zu beschaffen Sache der Bestandnehmerin ist, hat auf die Gültigkeit des Vertrages zunächst keine Auswirkung.

Den Vorinstanzen ist keine rechtsirrtümliche Beurteilung der Rechtssache vorzuwerfen, wenn sie von einer Schadenersatzverpflichtung des Beklagten ausgingen. Ob bei dem festgestellten Sachverhalt auch eine Haftung des Beklagten wegen der Übernahme des väterlichen Vermögens und landwirtschaftlichen Unternehmens nach § 1409 ABGB in Betracht käme und ob sich die an sich für Geldschulden gedachte unmittelbare Verpflichtung des Erwerbers für ihm bekannte "Schulden" auf ein Dauerrechtsverhältnis ausdehnen läßt (Ertl in Rummel, ABGB, Rz 6 zu § 1409; Koziol-Welser8 I 285; Koziol, JBl 1967, 555 ff; SZ 11/267) und ob schließlich bei der Übernahme die "Schulden" schon bestanden - die Schadenersatzforderungen sind erst Folge des sittenwidrigen Eingriffes des Beklagten - , bedarf nicht der Prüfung. Die Revision ist nur insoweit berechtigt, als die Feststellung der Haftung für Schäden, die bis zum Schluß der Verhandlung in erster Instanz schon eingetreten waren und daher mit einem Leistungsbegehren geltend gemacht werden konnten, auszuschalten ist. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 43 Abs 2 Fall 1 und 50 ZPO.

Anmerkung

E19463

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB00539.89.0124.000

Dokumentnummer

JJT_19900124_OGH0002_0030OB00539_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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