TE OGH 1990/1/26 11Os1/90

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Veröffentlicht am 26.01.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 26.Jänner 1990 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Reisenleitner, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Lassmann als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Klaus P*** wegen des Verbrechens des Mißbrauches der Amtsgewalt nach dem § 302 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 15.November 1989, GZ 7 Vr 1533/89-10, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das in seinem Schuldspruch wegen des Vergehens der Urkundenfälschung nach dem § 223 Abs. 1 StGB (Punkt II des Urteilssatzes) als unangefochten unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Verbrechens des Mißbrauches der Amtsgewalt nach dem § 302 Abs. 1 StGB (Punkt I des Urteilssatzes) und demzufolge im Strafausspruch aufgehoben und die Strafsache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte darauf verwiesen.

Text

Gründe:

Der Postzusteller Klaus P*** wurde mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens des Mißbrauches der Amtsgewalt nach dem § 302 Abs. 1 StGB und - insoweit unangefochten - des Vergehens der Urkundenfälschung nach dem § 223 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Nach dem Inhalt des Urteilsspruches hat er am 4.November 1988 in Graz

I. als Paketzusteller der Post- und Telegraphendirektion für Steiermark, sohin als Beamter, mit dem Vorsatz, Absender und Empfänger in deren Recht auf ordnungsgemäße Beförderung und Zustellung einer Postsendung zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch wissentlich mißbraucht, daß er einem gültigen Nachsendeauftrag der Renate L*** nicht entsprach, und das aus Purkersdorf gesendete Paket Nr 118 vorschriftswidrig an der (darauf) angegebenen Adresse in die Hausbriefanlage einlegte, und II. dadurch, daß er bei dieser Paketzustellung auf der Zustellkarte selbst mit seinem Namen in der Rubrik des Übernehmers unterschrieb und ein Angestelltenverhältnis zur Adressatin vortäuschte, eine falsche Urkunde zum Beweis des ordnungsgemäßen Zustellvorganges hergestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der ausschließlich gegen den Schuldspruch wegen des Verbrechens des Mißbrauches der Amtsgewalt nach dem § 302 Abs. 1 StGB gerichteten, nominell auf § 281 Abs. 1 "Z 9" (zu ergänzen: lit a) StPO gestützten, der Sache nach indes auch Begründungsmängel (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO) geltend machenden Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt aus einem der zuletzt bezeichneten Gründe Berechtigung zu.

Für den Mißbrauch der Amtsgewalt ist auf der inneren Tatseite der wissentliche (§ 5 Abs. 3 StGB) Mißbrauch der Befugnis und der Vorsatz (§ 5 Abs. 1 StGB) des Täters, dadurch einen anderen an seinen Rechten zu schädigen, erforderlich.

Das erstbezeichnete Erfordernis konnte das Schöffengericht entgegen der ersichtlich eine Mängelrüge (Z 5) darstellenden Beschwerdebehauptung, es sei unerfindlich, woraus eine derartige Konstatierung abgeleitet werde, schon aus der Verantwortung des Beschwerdeführers folgern, in der er einbekannte, durch seine "nicht korrekte" Vorgangsweise die ihm bekannten Vorschriften über die Zustellung einer "bescheinigten" Paketsendung verletzt zu haben (S 33, 36).

Das weitere Erfordernis eines zumindest bedingten Schädigungsvorsatzes wurde zwar vom Erstgericht festgestellt (S 52); diese Feststellung ist jedoch mit einem Begründungsmangel (Z 5) behaftet, den der Beschwerdeführer - wenngleich unzutreffend als Feststellungsmangel - mit dem Vorbringen releviert, daß das Urteil nichts darüber aussage, worin sein "Vorsatz der Schädigung wessen gelegen haben sollte, geschweige denn, woraus ihn das Gericht zu erkennen vermeint".

Das Schöffengericht konzedierte dem Angeklagten nämlich, daß er annahm, die Adressatin sei noch an der auf dem Paket angegebenen Adresse wohnhaft (S 53). Weshalb er aber trotz dieser Annahme vom (bedingten) Vorsatz getragen gewesen sei, ihr (oder dem Absender oder der Postverwaltung) einen Schaden zuzufügen, wurde nicht dargetan. Aus dem Umstand, daß im Hausbrieffach bereits Briefe und Massensendungen lagen, folgerte das Erstgericht nur, daß daraus "durchaus auch der Schluß gezogen werden konnte, daß die Partei schon länger nicht anwesend" sei, konstatierte aber nicht, daß (auch) der Angeklagte diese - ohnedies nicht als stringent erachtete - Schlußfolgerung zog.

Auch der Hinweis auf eine nach der Tat unterlassene Vergewisserung über einen allfälligen Nachsendeauftrag stellt keine zureichende Begründung für einen bei Begehung der Tat erforderlichen Schädigungsvorsatz dar, zumal das Erstgericht - insofern vom Urteilstenor abweichend - in den Entscheidungsgründen gar nicht feststellte, daß der Nachsendeauftrag dem Angeklagten zum Zeitpunkt der Tat bekannt war, sondern augenscheinlich seiner Verantwortung folgend davon ausging, daß er ihm aus Nachlässigkeit oder wegen der internen Gepflogenheiten beim Postamt 8020 Graz nicht zur Kenntnis gelangte (S 53).

Der aufgezeigte Begründungsmangel zur subjektiven Tatseite nötigt zur Aufhebung des angefochtenen Schuldspruches und demzufolge des Strafausspruches sowie zur Anordnung der Verfahrenserneuerung in diesem Umfang (§ 285 e StPO).

Demnach ist nur der Vollständigkeit halber dem Einwand des

Beschwerdeführers, die Paketzustellung durch die Post sei keine

Sache der Hoheitsverwaltung, der Hinweis auf die einhellige

gegenteilige Judikatur entgegenzuhalten (Entscheidungen des

verstärkten Senates SSt 49/32 = EvBl 1978/136 = RZ 1978, 134

= JBl 1979, 43 und SSt 53/77 = EvBl 1983/44 = RZ 1983/33

= JBl 1983/331, sowie weiters SSt 54/33 = EvBl 1984/74).

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E19398

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0110OS00001.9.0126.000

Dokumentnummer

JJT_19900126_OGH0002_0110OS00001_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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