TE Vwgh Erkenntnis 2005/11/23 2004/09/0220

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Veröffentlicht am 23.11.2005
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §110 Abs1;
BDG 1979 §110 Abs2;
BDG 1979 §38;
BDG 1979 §39;
BDG 1979 §43 Abs1;
BDG 1979 §43 Abs2;
BDG 1979 §44 Abs1;
BDG 1979 §91;
BDG 1979 §92 Abs1 Z1;
BDG 1979 §94 Abs1 Z1;
BDG 1979 §97 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des P in S, vertreten durch Dr. Gert Ragossnig, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Friedrichgasse 6/IV/18, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 19. Oktober 2004, Zl. 66/9-DOK/04, betreffend Verhängung der Disziplinarstrafe des Verweises, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Revierinspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Mit dem Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 29. Juni 2004 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, nachstehende Dienstpflichtverletzung begangen zu haben:

"Der Gendarmeriebeamte hat während der Zeit seiner Zuteilung zur Grenzkontrolle K vom 1. Juli 2003 bis zum 24. November 2003 auf seinem Personenkraftwagen der Marke Renault, Kennzeichen ..., die Werbeaufschrift eines Nachtclubs bzw. Bordells angebracht und durch dieses Verhalten das Ansehen und den Ruf der Gendarmerie geschädigt, weil eine solche Werbetätigkeit geeignet ist, das Vertrauen der Bevölkerung zur Exekutive zu beeinträchtigen."

Der Beschwerdeführer habe dadurch gegen die Bestimmungen des § 43 Abs. 2 und § 44 Abs. 1 BDG 1979 verstoßen und im Sinne des § 91 leg. cit. schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, nach § 92 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. sei die Disziplinarstrafe einer Geldbuße in der Höhe von EUR 500,-- zu verhängen gewesen.

In der Begründung führte die Disziplinarbehörde erster Instanz im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei zum Zeitpunkt der ihm angelasteten Dienstpflichtverletzungen der Grenzkontrollstelle K zugeteilt gewesen, Stammdienststelle sei der Gendarmerieposten S gewesen. Der dem Beschwerdeführer angelastete Sachverhalt sei durch die Erhebungen seines Vorgesetzen und die Lichtbilddokumentation als erwiesen anzusehen. Der Vorgesetzte des Beschwerdeführers habe am 1. Oktober 2003 am Personenkraftwagen des Beschwerdeführers die Werbeaufschrift eines Bordells in T wahrgenommen, die auf den beiden vorderen Fahrzeugtüren angebracht gewesen sei. Nach Auskunft anderer Angehöriger der Dienststelle habe sich diese seit Beginn der Dienstzuteilung (dem 1. Juli 2003) des Beschwerdeführers auf dessen Kraftfahrzeug befunden. Mitte Oktober habe sein Vorgesetzter den Beschwerdeführer aufgefordert, diese Werbeaufschrift zu entfernen, da dies als Fehlverhalten im Sinne des BDG und der "GDI" anzusehen sei. Der Beschwerdeführer habe erwidert, dass sein Vertrag mit dem Bordellbesitzer in den nächsten Wochen auslaufe und er dann die Werbeaufschrift entfernen werde, er benötige die Einnahme aus der Werbung für (polizei-)sportliche Aktivitäten. Am 21. Oktober 2003 habe der Dienstvorgesetzte des Beschwerdeführers dem Bezirksgendarmeriekommando N über die von ihm wahrgenommene Dienstpflichtverletzung schriftlich Meldung erstattet. In weiterer Folge sei die Dienstzuteilung des Beschwerdeführers mit Erlass des Bundesministeriums für Inneres aufgehoben worden (per 24. November 2003). Am 28. Oktober 2003 habe der Vorgesetzte den Beschwerdeführer abermals aufgefordert, die Werbeaufschrift des Bordells von seinem Kraftfahrzeug zu entfernen, und der Beschwerdeführer habe versichert, er werde die Aufschrift in den nächsten Tagen entfernen lassen. Am Tage der Aufhebung der Zuteilung sei die Werbeaufschrift jedoch noch nicht entfernt gewesen. Bei der mündlichen Verhandlung habe sich der Beschwerdeführer uneinsichtig gezeigt, das fortgesetzte schädliche Verhalten des Beschwerdeführers entgegen der Weisung seines Vorgesetzten werde als gravierend erachtet. Der Beschwerdeführer habe somit gegen die Bestimmungen der §§ 43 Abs. 2 und 44 Abs. 1 und 91 BDG 1979 verstoßen, infolge der Nichtbeachtung seiner dienstlichen Aufgaben sei seine disziplinäre Verantwortlichkeit gegeben. Bei der Strafbemessung seien die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Beschwerdefrüheres gewürdigt worden. Als erschwerend sei eine Belehrung der Grenzkontrollstelle K bezüglich der Einhaltung der Dienstpflichten sowie das Beharren im pflichtwidrigen Verhalten entgegen der Weisung des Vorgesetzten des Beschwerdeführers gewertet worden. Die Höhe der verhängten Geldbuße wurde als ausreichend erachtet, um in Hinkunft derartigen Dienstpflichtverletzungen des Beschwerdeführers entgegenzuwirken und auch generalpräventiven Erwägungen Rechnung zu tragen.

Gegen das Disziplinarerkenntnis der Behörde erster Instanz erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er Verjährung geltend machte, weil die ihm vorgeworfene Tathandlung der Dienstbehörde spätestens am 31. Oktober 2003 bekannt gewesen sei. Dienstbehörden seien aufgrund der Dienstzuteilung das Landesgendarmeriekommando Burgenland und das Bundesministerium für Inneres. Der Beschwerdeführer beantragte die - im Verfahren erster Instanz nicht durchgeführte - Einvernahme seines Vorgesetzten und dessen Stellvertreters sowie die Einvernahme eines informierten Vertreters des Landesgendarmeriekommandos Burgenland (Personalabteilung). Ferner wurde geltend gemacht, das dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Fehlverhalten liege unter der Schwelle einer "disziplinären Würdigung", aufgrund der Bestimmung des § 43 Abs. 2 BDG 1979 dürfe in das außerdienstliche Verhalten des Beamten nur in besonders krassen Fällen eingegriffen werden. Schließlich sei der Tatvorwurf der Nichtbefolgung einer Weisung, die Werbeaufschrift von seinem PKW zu entfernen, nicht verfahrensgegenständlich gewesen, da dieser weder vom Einleitungs- und Verhandlungsbeschluss noch im Spruch des Disziplinarerkenntnisses erster Instanz enthalten gewesen war.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung insofern Folge, als der Beschwerdeführer vom Tatvorwurf, er habe die Weisungen seines Vorgesetzten, den Aufkleber des Clubs "E" von seinem Personenkraftwagen zu entfernen, nicht befolgt, gemäß § 126 Abs. 2 BDG 1979 freigesprochen wurde. Im Übrigen wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 105 BDG 1979 ab und bestätigte das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis hinsichtlich des Schuldspruches, gab ihr jedoch hinsichtlich der Strafbemessung insofern Folge, als über den Beschwerdeführer gemäß § 92 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 die Disziplinarstrafe des Verweises verhängt wurde.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Berufung des Beschwerdeführers komme lediglich hinsichtlich des Tatvorwurfes, die Weisungen seines Vorgesetzten nicht befolgt zu haben, Berechtigung zu. In der gegen den Beschwerdeführer erstatteten Disziplinaranzeige werde lediglich das Anbringen der Werbefolien an seinem Kraftfahrzeug als Dienstpflichtverletzung angelastet. Die Aufforderung seines Vorgesetzten, die in Rede stehenden Werbefolien zu entfernen, werde lediglich unter den Beweismitteln zum Tatvorwurf erwähnt, ohne dass diese Aufforderungen als Weisungen qualifiziert worden seien bzw. in deren Nichtbefolgung ein disziplinär relevantes Verhalten des Beschwerdeführers gesehen worden sei. Ungeachtet der Rechtskraft des gegen den Beschwerdeführer ergangenen Einleitungs- und Verhandlungsbeschlusses sei dieser Umstand in jeder Phase des Disziplinarverfahrens zu berücksichtigen. Der Beschwerdeführer sei schon aus diesem Grund von dem wider ihn erhobenen Tatvorwurf freizusprechen gewesen. Weiters hätte im Sinne des im Disziplinarverfahrens geltenden Unmittelbarkeitsgrundsatzes der Vorgesetzte des Beschwerdeführers zu diesem Thema einvernommen werden müssen, um klarzustellen, ob dem Beschwerdeführer tatsächlich eine Weisung erteilt worden sei bzw. ob der Beschwerdeführer hinsichtlich dieser Weisung rechtliche Bedenken geltend gemacht und somit von seinem Remonstrationsrecht gemäß § 44 Abs. 3 BDG 1979 Gebrauch gemacht habe. Weiters wäre der genaue Zeitpunkt der erstmaligen Erteilung der Weisung zu ermitteln gewesen. Ingesamt sei daher der Berufung des Beschwerdeführers zu diesem Tatvorwurf Folge zu geben gewesen und dieser von diesem Tatvorwurf gemäß § 126 Abs. 2 BDG 1979 freizusprechen gewesen.

Hinsichtlich des Tatvorwurfes betreffend das Anbringen der Aufkleber bzw. Werbefolien eines Nachtclubs (Bordells) an seinem Kraftfahrzeug und der dazu in der Berufung relevierten Frage der Verfolgungsverjährung gemäß § 94 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 sei dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, dass für die Dauer einer bloß vorübergehenden Dienstzuteilung als zuständige Dienstbehörde nicht das Landesgendarmeriekommando Burgenland, sondern das Landesgendarmeriekommando Steiermark als Stammdienststelle des Beschwerdeführers anzusehen sei. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers bzw. seinen Beweisanträgen komme daher keine Berechtigung zu.

Der dem Beschwerdeführer angelastete Sachverhalt, nämlich das Anbringen der Werbefolie des Nachtclubs an seinem Kraftfahrzeug, werde vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Zum Tatverhalten des Beschwerdeführers sei anzumerken, dass es im Interesse der Exekutive liege, dass ihre Beamten in keinem Naheverhältnis zum Rotlichtmilieu stünden. Dem Umstand, dass es sich bei dem in Rede stehenden Nachtclub um ein gewerberechtlich unbedenkliches und legales Unternehmen handle, komme dabei keine Bedeutung zu; auch die Ausübung der Prostitution sei durch Landesgesetze erlaubt bzw. geregelt und im gesetzlichen Rahmen nicht illegal. Ein offen zur Schau gestelltes Naheverhältnis zu einem solchen Unternehmen sei dennoch dem Ansehen der Exekutive abträglich. Den Beweisanträgen des Beschwerdeführers hinsichtlich der gewerberechtlichen Unbedenklichkeit bzw. Legalität des in Rede stehenden Nachtclubs komme daher ungeachtet des möglichen Zutreffens dieser Merkmale keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Ihnen sei daher aus den oben dargelegten Gründen nicht stattzugeben gewesen. Der Beschwerdeführer hätte bei Beachtung der ihm zumutbaren Sorgfalt erkennen müssen, dass das von ihm gesetzte Verhalten dem Vertrauen der Allgemeinheit in seine Dienstführung abträglich sei. Dabei sei auf die bloße Eignung eines derartigen Fehlverhaltens, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Dienstverrichtung des Beschwerdeführers zu erschüttern, abzustellen. Auf tatsächliche Beanstandungen bzw. auf das tatsächliche Bekanntwerden eines derartigen Vorfalles könne es dabei nicht ankommen.

Zur subjektiven Tatseite führte die belangte Behörde aus, es sei dem Beschwerdeführer zuzubilligen, dass er das Unerlaubte seiner Tat nicht erkannt und somit fahrlässig gehandelt habe. Die Auffassung des Beschwerdeführers, ein derartiges Fehlverhalten sei erlaubt, sei ihm als vorwerfbarer Rechtsirrtum anzulasten, da er bei genügend Sorgfalt hätte erkennen müssen, dass sein Fehlverhalten dem Ansehen der Exekutive abträglich sei und gerade in sensiblen Bereichen wie dem Umgang von Exekutivbeamten mit Nachtclubs (Bordellen) ein höheres Maß an Sensibilität seitens der Beamten erwartet werden könne. Das dem Beschwerdeführer angelastete Fehlverhalten sei daher durchaus als Dienstpflichtverletzung im Sinne des § 43 Abs. 2 BDG 1979 zu qualifizieren gewesen. In Ansehung der bloß fahrlässigen Begehung der Tat sei dem Beschwerdeführer ein geringerer Grad des Verschuldens bzw. Unrechtsgehalt der von ihm gesetzten Verfehlung zuzubilligen. Es könne daher mit der Verhängung der Disziplinarstrafe des Verweises gemäß § 92 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 das Auslangen gefunden werden.

Bei der Strafbemessung sei das Tatsachengeständnis des Beschwerdeführers mildernd, erschwerend hingegen der lange Zeitraum der Tatbegehung zu werten gewesen. Die dem Beschwerdeführer erteilten Ermahnungen seien hingegen nicht erschwerend zu werten gewesen, da es sich bei diesem Fehlverhalten (Verwahrung der Dienstwaffe, Arbeitsleistung) des Beschwerdeführers nicht um gegen das gleiche Rechtsgut (Vertrauen der Allgemeinheit) gerichtete Verstöße gehandelt habe.

Mit der Verhängung der Disziplinarstrafe des Verweises werde den Verfehlungen des Beschwerdeführers schuld- und tatangemessen entsprochen und sowohl spezial- als auch generalpräventiven Erwägungen hinreichend Rechnung getragen, um der Begehung gleichartiger Dienstpflichtverletzungen durch den Beschwerdeführer und andere Beamte angemessen zu begegnen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333, i.d.F. BGBl. I Nr. 87/2002, lauten:

"Allgemeine Dienstpflichten

§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

...

Dienstpflichten gegenüber Vorgesetzten

§ 44. (1) Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.

...

Dienstpflichtverletzungen

§ 91. Der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist nach diesem Abschnitt zur Verantwortung zu ziehen.

Disziplinarstrafen

§ 92. (1) Disziplinarstrafen sind

1.

der Verweis,

2.

die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage,

              3.              die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Monatsbezügen unter Ausschluss der Kinderzulage,

              4.              die Entlassung.

...

Verjährung

§ 94 (1) Der Beamte darf wegen einer Dienstpflichtverletzung

nicht mehr bestraft werden, wenn gegen ihn nicht

              1.              innerhalb von sechs Monaten, gerechnet von dem Zeitpunkt, zu dem der Disziplinarbehörde die Dienstpflichtverletzung zur Kenntnis gelangt ist, oder

              2.              innerhalb von drei Jahren, gerechnet von dem Zeitpunkt der Beendigung der Dienstpflichtverletzung,

eine Disziplinarverfügung erlassen oder ein Disziplinarverfahren vor der Disziplinarkommission eingeleitet wurde. Sind von der Dienstbehörde vor Einleitung des Disziplinarverfahrens im Auftrag der Disziplinarkommission notwendige Ermittlungen durchzuführen (§ 123 Abs. 1 zweiter Satz), verlängert sich die unter Z. 1 genannte Frist um sechs Monate.

...

Einleitung

§ 123. (1) Der Senatsvorsitzende hat nach Einlangen der Disziplinaranzeige den Disziplinarsenat zur Entscheidung darüber einzuberufen, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Notwendige Ermittlungen sind von der Dienstbehörde im Auftrag des Senatsvorsitzenden durchzuführen.

(2) Hat die Disziplinarkommission die Durchführung eines Disziplinarverfahrens beschlossen, so ist dieser Beschluss dem beschuldigten Beamten, dem Disziplinaranwalt und der Dienstbehörde zuzustellen. Gegen den Beschluss, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, nicht einzuleiten oder einzustellen (§ 118 BDG 1979), ist die Berufung an die Berufungskommission zulässig.

(3) Sind in anderen Rechtsvorschriften an die Einleitung des Disziplinarverfahrens Rechtsfolgen geknüpft, so treten diese nur im Falle des Beschlusses der Disziplinarkommission, ein Disziplinarverfahren durchzuführen, und im Falle der (vorläufigen) Suspendierung ein.

Verhandlungsbeschluss und mündliche Verhandlung

§ 124. (1) Ist nach Durchführung der notwendigen Ermittlungen der Sachverhalt ausreichend geklärt, so hat die Disziplinarkommission die mündliche Verhandlung anzuberaumen (Verhandlungsbeschluss) und zu dieser die Parteien sowie die in Betracht kommenden Zeugen und Sachverständigen zu laden. Die mündliche Verhandlung ist so anzuberaumen, dass zwischen ihr und der Zustellung des Beschlusses ein Zeitraum von mindestens zwei Wochen liegt.

(2) Im Verhandlungsbeschluss sind die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen. Gegen den Verhandlungsbeschluss ist Berufung an die Berufungskommission zulässig.

...

Disziplinarerkenntnis

§ 126. (1) Wenn eine mündliche Verhandlung durchgeführt wurde, hat die Disziplinarkommission bei der Beschlussfassung über das Disziplinarerkenntnis nur auf das, was in der mündlichen Verhandlung vorgekommen ist, sowie auf eine allfällige Stellungnahme des Beschuldigten gemäß § 125a Abs. 4 Rücksicht zu nehmen. Dies gilt auch für die Disziplinaroberkommission, wenn eine mündliche Verhandlung durchgeführt worden ist.

(2) Das Disziplinarerkenntnis hat auf Schuldspruch oder Freispruch zu lauten und im Falle eines Schuldspruches, sofern nicht nach § 95 Abs. 3 oder § 115 von einem Strafausspruch abgesehen wird, die Strafe festzusetzen.

..."

Der Beschwerdeführer bringt in Ausführung seiner Verjährungseinrede vor, er sei vom 1. Juli 2003 bis 24. November 2003 der Grenzkontrollstelle K dienstzugeteilt gewesen, diese sei organisatorisch dem Landesgendarmeriekommando Burgenland (Dienstbehörde) zugeordnet. Seine Dienstvorgesetzten seien bereits im Oktober 2003 über den verfahrensgegenständlichen Sachverhalt informiert gewesen und hätten bereits im Oktober 2003 das Landesgendarmeriekommando Burgenland (Dienstbehörde) über diesen Fall informiert. Der Einleitungs- und Verhandlungsbeschluss sei dem Beschwerdeführer am 30. April 2004, sohin nach Ablauf der Frist des § 94 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979, zugestellt worden. Auch sei er in seinen subjektiven Verfahrensrechten insofern verletzt worden, als den zur Lösung dieser Frage wesentlichen Beweisanträgen von der belangten Behörde nicht nachgekommen worden sei. Er habe die Einvernahme der Zeugen K. und Ko. sowie eines "informierten Vertreters" (der Personalabteilung) des Landesgendarmeriekommandos Burgenland unter Bezugnahme auf die Meldung des Bezirksgendarmeriekommandos N vom 4. November 2003 und der Meldung des Landesgendarmeriekommandos Burgenland vom 11. November 2003 ausdrücklich beantragt. Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde sei während der Dauer der Dienstzuteilung im Zeitraum 1. Juli 2003 bis 24. November 2003 - sohin für fast fünf Monate - das Landesgendarmeriekommando Burgenland als Dienstbehörde des Beschwerdeführers anzusehen, da verfahrensgegenständlich von einer (zeitlich begrenzten) Versetzung im Sinne des § 38 BDG 1979 auszugehen sei.

Für die Frage, ob im vorliegenden Fall Verfolgungsverjährung eingetreten war, ist gemäß § 94 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 entscheidend, welche die für den Beschwerdeführer während der Zeit seiner Dienstzuteilung zur Grenzkontrollstelle K zuständige Dienstbehörde war und wann diese Kenntnis von der Dienstpflichtverletzung erlangt hat. Den Verwaltungsakten ist zu entnehmen, dass die Dienstzuteilung des Beschwerdeführers zur Grenzkontrollstelle K mit 1. Juli 2003 begann und vom Bundesministerium für Inneres mit Wirksamkeit vom 24. November 2003 aufgehoben wurde. Damit unterstand der Beschwerdeführer für die gesamte Zeit der Dienstzuteilung im Sinne des § 44 Abs. 1 zweiter Satz BDG 1979 der Dienst- und Fachaufsicht dieser Dienststelle (vgl. das hg. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Februar 2005, Zl. 2004/09/0016). Bei der Dienstzuteilung gemäß § 39 BDG 1979 handelt es sich - im Unterschied zur Versetzung gemäß § 38 BDG 1979 - um eine vorübergehende Maßnahme, die keine endgültige organisatorische Eingliederung in die zugeteilte Dienststelle bewirkt (vgl. die hg. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Mai 1990, Zl. 89/12/0012, sowie vom 22. Oktober 1997, Zl. 96/12/0304).

Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass für den Beschwerdeführer auch für den Zeitraum seiner Dienstzuteilung das Landesgendarmeriekommando Steiermark für das Vorgehen gemäß § 110 Abs. 1 und/oder Abs. 2 BDG 1979 (insbesondere die Erstattung der Disziplinaranzeige an die Disziplinarkommission) und zur Erlassung von Disziplinarverfügungen gemäß § 97 Z. 1 leg. cit. zuständige Dienstbehörde blieb.

Aus den Verwaltungsakten geht hervor, dass das zuständige Bezirksgendarmeriekommando N mit Schreiben des Dienststellenleiters vom 21. Oktober 2003 von den hier gegenständlichen Tathandlungen des Beschwerdeführers in Kenntnis gesetzt wurde. Mit Schreiben des Bezirksgendarmeriekommandanten vom 4. November 2003 (Eingang 6. November 2003) wurde das Landesgendarmeriekommando Burgenland von den hier gegenständlichen Dienstvergehen verständigt. Mit Schreiben des unmittelbaren Dienstvorgesetzten des Beschwerdeführers vom 15. März 2004 an das Landesgendarmeriekommando Burgenland wurde Disziplinaranzeige gegen ihn erstattet. Am 26. März 2004 wurde an den (im Bereich des LGK Steiermark eingerichteten) Dienststellenausschuss Meldung erstattet, mit Schreiben des Landesgendarmeriekommandanten für Steiermark vom 31. März 2004 wurde die Disziplinaranzeige an den Vorsitzenden der Disziplinarkommission weitergeleitet. Es ist daher davon auszugehen, dass die für den Beschwerdeführer nach wie vor zuständige Dienstbehörde (LDK Steiermark) erst im März 2004 Kenntnis von den gegenständlichen Tatvorwürfen erlangt hat. Aber selbst bei Annahme der Kenntnisnahme der zuständigen Dienstbehörde durch das Schreiben vom 4. November 2003 bzw. dem Einlangen der Sachverhaltsdarstellung des Bezirkskommandanten N beim LDK Burgenland am 6. November 2003 wäre die Frist des § 94 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 erst am 6. Mai 2004 abgelaufen gewesen; der am 30. April 2004 zugestellte Einleitungs- und Verhandlungsbeschluss war sohin jedenfalls rechtzeitig. Auf die Kenntnis des unmittelbaren Dienstvorgesetzten (angeblich seit Mitte Oktober 2003) kommt es hingegen nicht an.

Der Beschwerdeführer vertritt des Weiteren die Ansicht, der angefochtene Bescheid leide an Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weil er keine Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 zu verantworten habe. Der Gesetzgeber habe gewollt, dass bei außerdienstlichem Verhalten des Beamten nur in besonders krassen Fällen eingegriffen werden solle; verfahrensgegenständlich handle es sich nicht um einen besonders krassen Fall, zumal über einen Zeitraum von ungefähr fünf Monaten keine einzige Einschränkung im Dienstbetrieb erfolgt und es zu keiner wie immer gearteten Vertrauenseinbuße der Exekutive sowie zu keiner Schädigung des Ansehens und des Rufes der Gendarmerie gekommen sei. Dem Beschwerdeführer sei bekannt, dass in concreto eine tatsächliche Beeinträchtigung des Vertrauens in der Bevölkerung für die Strafbarkeit nicht erforderlich sei; ob die Tat bekannt geworden und ob die Erschütterung des Vertrauens in der Folge auch tatsächlich eingetreten sei, könne allerdings ein wichtiges Indiz für die erforderliche "Eignung" darstellen. Das wichtige Indiz der fünfmonatigen "Beschwerdelosigkeit" dokumentiere, dass keine Vertrauensbeeinträchtigung eingetreten sei, vor allem, da das Fahrzeug des Beschwerdeführers auf einem großen, allgemeinen Parkplatz unmittelbar vor der Grenzübertrittstelle geparkt gewesen sei und von unzähligen Personen habe eingesehen werden können. Wenn daher in einem Beobachtungszeitraum von ca. fünf Monaten kein wie immer gearteter Fall einer Vertrauenseinbuße stattgefunden habe, so zeige sich, dass das Schutzobjekt des § 43 Abs. 2 BDG 1979 nicht verletzt worden sei.

Auch habe für den Zeitraum seiner Dienstzuteilung kein besonderer Funktionsbezug mit Angelegenheiten der Prostitution bestanden, weil seine funktionelle Tätigkeit in diesem Zeitraum ausschließlich in Angelegenheiten der Grenzkontrolle bestanden habe. Er habe funktionsbezogen rechtmäßig seine Aufgabe ohne Vertrauensverletzung gegenüber der Allgemeinheit erfüllt, ausschließlich die offensichtlich persönliche Auseinandersetzung mit seinem Dienstvorgesetzten hätte dazu geführt, dass verfahrensgegenständlich "gehandelt" worden sei. Auch müsse berücksichtigt werden, dass der Nachtclub "E" behördlich genehmigt sei und der Beschwerdeführer die Werbeaufschrift eines rechtmäßig geführten Gewerbebetriebes (unentgeltlich) durchgeführt habe. Die Prostitution sei in der Steiermark gesetzlich geregelt, das bedeute, dass von staatlicher Stelle diese Unternehmensart legal geführt werden könne.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes lassen die Worte im § 43 Abs. 2 BDG 1979 "in seinem gesamten Verhalten" den Schluss zu, dass hiedurch nicht nur das Verhalten im Dienst, sondern auch außerdienstliches Verhalten gemeint ist, wenn Rückwirkungen auf den Dienst entstehen. Eine Rückwirkung des Verhaltens des Beamten auf den Dienst (Dienstbezug) ist dann gegeben, wenn das Verhalten des Beamten bei objektiver Betrachtung geeignet ist Bedenken auszulösen, er werde seine dienstlichen Aufgaben - das sind jene konkreten ihm zur Besorgung übertragenen Aufgaben (besonderer Funktionsbezug), aber auch jene Aufgaben, die jedem Beamten zukommen - nicht in sachlicher (rechtmäßig und korrekt sowie unparteiisch und in uneigennütziger) Weise erfüllen. Dabei ist von einer typischen Durchschnittsbetrachtung auszugehen. Ob das außerdienstliche Verhalten des Beamten an die Öffentlichkeit gedrungen ist oder nicht, spielt bei der Beurteilung des Dienstbezuges keine Rolle. Bei der Prüfung, ob ein außerdienstliches Verhalten des Beamten einen Dienstbezug (Rückwirkung auf den Dienst) aufweist, ist ein strengerer Maßstab (nicht bloßes geringfügiges Fehlverhalten) anzulegen als bei dienstlichem Fehlverhalten. Dies folgt aus der mit dem Wortlaut zu vereinbarenden Absicht des Gesetzgebers, die disziplinarrechtliche Verantwortung des Beamten für den außerdienstlichen Bereich (Freizeitverhalten) einzuschränken, was aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 11 Blg NR, 15. GP hervorgehe, wonach nach dem BDG 1979 nur mehr in besonders krassen Fällen auch das außerdienstliche Verhalten zu überprüfen sei, wie etwa bei Trunkenheitsexzessen und Gewalttätigkeiten (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1995, Zl. 93/09/0418). Ein besonderer Funktionsbezug kann aber dort dahinstehen, wo durch das Verhalten des Beamten das Vertrauen der Allgemeinheit in die korrekte Erfüllung seiner allgemeinen Dienstpflichten im Sinne des § 43 Abs. 1 BDG 1979 gefährdet erscheint. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass Schutzobjekt der Norm des § 43 Abs. 2 BDG 1979 im weitesten Sinn die Funktionsfähigkeit der Verwaltung ist (vgl. Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, 3. Auflage 2003, Seite 124, unter Verweis auf die EB, 11 Blg NR,

15. GP, 85).

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer als Exekutivbeamter für längere Zeit (zumindest während der Monate seiner Dienstzuteilung) Werbeaufschriften für ein Bordell auf seinem privaten Personenkraftwagen angebracht, welcher während der Zeit seiner Dienstzuteilung für jeden wahrnehmbar regelmäßig auf einem öffentlichen Parkplatz in unmittelbarer Nähe zu seiner Dienststelle geparkt worden war. Mit diesem Verhalten wird auch bei jenen, die ihn als den Halter des Fahrzeugs nicht kennen, die Vermutung nahegelegt, dass der Inhaber dieses Fahrzeugs längerfristige enge Kontakte zum Rotlichtmilieu pflegt und solcherart in einem im Randbereich zur Kriminalität liegenden Milieu verkehrt. Da der Beschwerdeführer als (Exekutiv-)Beamter im Rahmen seiner Dienstpflichten gehalten ist, jene Rechtsgüter, zu deren Schutz er nach den Gesetzen dieses Staates berufen ist, auch im außerdienstlichen Bereich zu wahren, ist dem Beschwerdeführer vorzuwerfen, dass er mit seiner "Werbung" zumindest den Anschein der Nähe zum Rotlichtmilieu gegeben hat, welches in der Regel verstärkt einer Überwachung durch Exekutivorgane unterliegt. Dabei tut es nichts zur Sache, dass das beworbene Lokal legal betrieben wird. Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde in dem inkriminierten Verhalten des Beschwerdeführers eine Dienstpflichtverletzung gesehen hat.

Aus diesem Grunde war die Beschwerde als unbegründet gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 23. November 2005

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004090220.X00

Im RIS seit

08.01.2006

Zuletzt aktualisiert am

21.10.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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