TE OGH 1990/4/3 15Os25/90

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Veröffentlicht am 03.04.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.April 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Wolf als Schriftführer in der Strafsache gegen Erich N*** wegen des Verbrechens des betrügerischen Datenverarbeitungsmißbrauchs nach § 148 a Abs. 1 und Abs. 2 dritter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13.Juli 1989, GZ 9 b Vr 11.470/88-20, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tschulik, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Jahn zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die rechtliche Beurteilung der dem Angeklagten zur Last fallenden Tat sowie im Strafausspruch, jedoch unter Aufrechterhaltung des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung, aufgehoben sowie im Umfang der Aufhebung unter Neufassung des Schuldspruchs gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Erich N*** ist schuldig, in der Zeit vom 23.Dezember 1986 bis einschließlich November 1988 in Wien wiederholt mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, mit Hilfe automationsunterstützter Datenverarbeitung Fakturen fingiert sowie Anweisungen scheinbar zu deren Bezahlung, in Wahrheit aber zu Zahlungen auf sein eigenes Konto vorbereitet und dadurch Verfügungsberechtigte der O*** S***- UND C***

I*** GesmbH zur Unterfertigung der betreffenden Überweisungsaufträge im Gesamtbetrag von 4,903.540,22 S, also durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen, welche die genannte Gesellschaft am Vermögen schädigten, verleitet und hiedurch 4,855.672,22 S Schaden herbeigeführt zu haben.

Er hat hiedurch das Verbrechen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB begangen und wird hiefür nach der zuletzt bezeichneten Gesetzesstelle zu 3 (drei) Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, von der ihm gemäß § 43 a Abs. 4 StGB 2 (zwei) Jahre unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen werden.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Strafneubemessung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Erich N*** des Verbrechens des betrügerischen Datenverarbeitungsmißbrauchs nach § 148 a Abs. 1 und Abs. 2 zweiter (gemeint: dritter) Fall StGB schuldig erkannt.

Darnach liegt ihm zur Last, in dem im Spruch bezeichneten Zeitraum in Wien wiederholt mit dem Vorsatz, sich unrechtmäßig zu bereichern, Berechtigte der O*** S***- UND

C*** I*** GesmbH dadurch am Vermögen geschädigt zu haben, daß er das Ergebnis einer automationsunterstützten Datenverarbeitung durch die Veränderung von Daten beeinflußte, indem er (solcherart) Fakturen "und Lieferanten" (gemeint: von bestimmten Lieferanten) fingierte (zu ergänzen: sowie die Fakturen auf deren Konten buchte,) und indem er durch die "Vornahme" (gemeint: durch das Ausdrucken) von (zu ergänzen: sodann durch zeichnungsberechtigte Organe der Gesellschaft unterfertigten) Anweisungen zugunsten seines eigenen Kontos auf den Ablauf des Verarbeitungsvorganges einwirkte, wodurch er Bargeldüberweisungen in der Höhe von rund 5 Mio S auf sein Konto bewirkt habe.

Rechtliche Beurteilung

Der auf § 281 Abs. 1 Z 10 und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen dieses Urteil kommt aus dem zuerst relevierten Grund Berechtigung zu.

Wortlaut und Sinn des § 148 a StGB setzen nämlich zur Deliktsverwirklichung voraus, daß der tatbestandsmäßige Vermögensschaden (arg "Wer ... dadurch schädigt, daß er ... beeinflußt") als unmittelbare Folge einer auf die dort beschriebene Weise vorgenommenen Beeinflussung des Ergebnisses einer automationsunterstützten Datenverarbeitung eintritt (vgl hiezu den JAB zum StrÄG 1987, 359 d Beil, XVII. GP, S 17; Kienapfel BT II § 148 a RN 36; Bertel-Schwaighofer BT I § 148 a Rz 5). Wird hingegen nach dem Vorliegen des durch die Manipulation beeinflußten Verarbeitungsergebnisses in das zur Schädigung führende Geschehen noch eine Person dazwischengeschaltet, die ihrerseits dann erst infolge einer Täuschung durch den Täter (unter Benützung jenes Verarbeitungsergebnisses entweder durch letzteren zur Täuschung oder aber, als Folge der Täuschung, durch sie selbst) die schädigende Vermögensverfügung trifft - und nicht etwa bloß täuschungsbedingt ein Eingreifen in einen nunmehr bereits selbsttätig zum Schadenseintritt hin in Gang befindlichen Geschehensablauf (als bloßes "Kontrollorgan") unterläßt -, dann liegt der Tatbestand des Betruges (§ 146 StGB) vor (idS SSt 49/30, EvBl 1985/19, JBl 1985, 632 sowie Kienapfel aaO RN 37, 38, aber auch RN 17 und § 146 RN 81 a, wiewohl hier unter nicht sachgerechter Zuordnung der den beiden zuerst zitierten Entscheidungen zugrunde gelegenen Fälle zur Konstellation einer nicht betrugsbegründenden Täuschung bloß von "Kontrollpersonen").

Eine derartige Umsetzung des Arbeitsergebnisses eines Computers in ein personenbezogenes Geschehen aber liegt im gegebenen Fall vor, in dem das datenverarbeitungsunterstützt gewonnene Verarbeitungsergebnis lediglich als Täuschungsmittel zur Veranlassung selbstschädigender Vermögensverfügungen durch Gesellschaftsorgane verwendet wurde.

Denn nach den Urteilsfeststellungen führte der für die O*** S***- UND C*** I*** GesmbH als

Buchhalter tätig gewesene Beschwerdeführer den Schaden dadurch herbei, daß er in der Datenverarbeitungsanlage einer bereits existierenden Rechnungsnummer von ihm fingierte Fakturen zuordnete, ein Kreditorenkonto abrief (und sie dort buchte), im Speicher die Lieferantenbezeichnung auf seinen Namen änderte und die zugehörige Bankverbindung auf seine eigene umschrieb sowie schließlich den Zahlungsvorschlag abrief, der sämtliche fällige Lieferantenrechnungen und damit auch die fingierten Fakturen enthielt, worauf die solcherart abgerufenen Überweisungen vom Computer ausgedruckt wurden: diese ließ er dann von zwei für die Gesellschaft zeichnungsberechtigten Personen unterschreiben, welche die Manipulationen zunächst nicht merken konnten und dementsprechend darüber getäuscht wurden; auf Grund von deren Vermögensverfügungen wurden dem Konto des Angeklagten im Tatzeitraum über das Kreditorenkonto Karl S*** insgesamt 4,693.816,22 S und über das Lieferantenkonto Dr. Wilhelm A*** 209.724 S zugeführt, woraus (abzüglich einer Rückbuchung von 47.868 S) der Gesamtschaden in der Höhe von 4,855.672,22 S entstand. Nach dem Vorliegen der Computerausdrucke stellte der Angeklagte jeweils den Lieferantennamen und dessen Kontonummer im Speicher wieder richtig. Daraus erhellt, daß der Eintritt des Vermögensschadens der O*** S***- UND C*** I*** Gesmbh jeweils

nicht unmittelbare Folge der Computer-Manipulation des Beschwerdeführers und der dadurch bewirkten Beeinflussung eines Datenverarbeitungsergebnisses war, sondern erst durch die späteren täuschungsbedingten Vermögensverfügungen von Entscheidungsträgern der Gesellschaft (auf Grund des ihnen vorgelegten unrichtigen Verarbeitungsergebnisses), und zwar durch die Unterfertigung eben jener vom Computer ausgedruckten (Sammel-) Überweisungen, ausgelöst wurde. Nach dem zuvor Gesagten ist mithin das Tatverhalten des Angeklagten, der den insoweit unbekämpften Konstatierungen des Schöffengerichts zufolge hiebei sowohl mit Täuschungs- als auch mit Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz gehandelt hat, rechtsrichtig als Betrug zu beurteilen.

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde war demnach die bekämpfte rechtliche Beurteilung des Schuldspruchs wie im Tenor ersichtlich zu korrigieren.

Bei der hiedurch erforderlich gewordenen, nunmehr nach § 147 Abs. 3 StGB vorzunehmenden Strafneubemessung, derzufolge sich ein Eingehen auf die Strafzumessungsrüge (Z 11) erübrigt, wurden (im wesentlichen wie in erster Instanz) die oftmalige Tatwiederholung während eines längeren Zeitraums und die nahezu das Zehnfache des qualifizierenden Grenzbetrages erreichende Schadenshöhe als erschwerend sowie die vormalige Unbescholtenheit des Angeklagten, sein volles Geständnis in Verbindung mit seiner faktischen Selbststellung und seine teilweise Schadensgutmachung als mildernd gewertet. Dem Umstand hingegen, daß er einen Großteil der betrügerisch herausgelockten Gelder "nicht für sich", sondern - nichtsdestoweniger zumindest vorwiegend im eigenen Interesse - für dritte Personen und zur Bezahlung von Schulden verwendet hat, kann keineswegs die Bedeutung eines (mit der Berufung zusätzlich reklamierten) Milderungsgrundes beigemessen werden. Unter Bedacht auf diese Strafzumessungsründe erscheint nach der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld des Angeklagten (§ 32 StGB), an der die von ihm gewünschte Korrektur der rechtlichen Beurteilung seines inkriminierten Tatverhaltens nichts zu ändern vermag, die (schon vom Schöffengericht als sachgerecht angesehene) Verhängung einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren als angemessen.

Ein Teil davon im Ausmaß von zwei Jahren war ihm schon mit Rücksicht auf das Verschlimmerungsverbot (§ 290 Abs. 2 StPO) bedingt nachzusehen (§ 43 a Abs. 4 StGB); die Gewährung der bedingten Strafnachsicht im vollen Umfang jedoch kam (entgegen dem Berufungsbegehren) bereits im Hinblick auf die Strafhöhe nicht in Betracht (§ 43 Abs. 1 StGB).

Mit seiner Berufung war der Angeklagte darauf zu verweisen.

Anmerkung

E20522

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0150OS00025.9.0403.000

Dokumentnummer

JJT_19900403_OGH0002_0150OS00025_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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