TE OGH 1990/4/25 11Os32/90

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Veröffentlicht am 25.04.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25.April 1990 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Reisenleitner, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hofko als Schriftführerin in der Strafsache gegen Roland O*** und eine andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Raubes nach dem § 142 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Roland O*** gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Jugendschöffengericht vom 14.Dezember 1989, GZ 35 Vr 479/89-71, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Stöger, und des Verteidigers Dr. Pittner, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten Roland O*** zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Roland O*** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil - das auch einen unbekämpft gebliebenen Freispruch des Angeklagten O*** und der Mitangeklagten Marion K*** enthält - wurde der am 30.März 1954 geborene, zuletzt beschäftigungslos gewesene Roland O*** des Verbrechens des Raubes nach dem § 142 Abs. 1 StGB (Punkt A/I./1./) und des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 127, 130 (erster Fall) StGB (Punkt A/I./2./, a/ bis d/) schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, in Linz

zu Punkt A/I./1./: am 11.April 1989 dem Helmut K*** dadurch mit Gewalt gegen dessen Person fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, daß er ihn niederschlug und aus dessen Handtasche eine Geldbörse mit ca. 1.200 S Bargeld an sich nahm; zu Punkt A/I./2./: fremde bewegliche Sachen den nachgenannten Unternehmen mit dem Vorsatz weggenommen bzw. wegzunehmen versucht zu haben, sich oder einen Dritten durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er die Diebstähle jeweils in der Absicht beging, sich durch wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar

a/ am 16. oder 17.Jänner 1989 ein Angoraleibchen im Wert von 300 S zum Nachteil der W***-Drogerie;

b/ am 20.Jänner 1989 ein Damenkleid, drei Paar Socken und ein T-Shirt im Gesamtwert von 890 S zum Nachteil des A***-Marktes, wobei es beim Versuch blieb;

c/ am 21.Jänner 1989 zwei Garnituren Bettwäsche im Werte von 458 S zum Nachteil des K***;

d/ am 9.Feber 1989 eine Flasche Rum im Wert von 119,90 S zum Nachteil der M*** AG, wobei es beim Versuch blieb.

Diese Schuldsprüche bekämpft der Angeklagte Roland O*** mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 3, 5, 5 a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die jedoch in keinem Punkte durchschlägt:

Rechtliche Beurteilung

Das Beschwerdevorbringen zum erstgenannten Nichtigkeitsgrund, demzufolge er in der (letzten) Hauptverhandlung am 14.Dezember 1989 über die Angaben der in dieser Verhandlung gesondert vor ihm in seiner Abwesenheit vernommenen Mitangeklagten Marion K*** entgegen der Vorschrift des § 250 StPO nicht in Kenntnis gesetzt worden sei, steht mit der Aktenlage nicht im Einklang. Laut Hauptverhandlungsprotokoll (vgl. S 324 dA) entsprach nämlich das Erstgericht der ihm gemäß dem § 250 Abs. 1 StPO obliegenden Verpflichtung und setzte den Angeklagten O*** von der Aussage der in dieser Hauptverhandlung in seiner Abwesenheit gehörten Mitangeklagten K*** in Kenntnis. Dadurch, daß der Mitangeklagten K*** jene Angaben, die O*** in ihrer Abwesenheit in der Hauptverhandlung (am 9.November 1989) gemacht hatte, § 250 StPO zuwider nicht zur Kenntnis gebracht wurden (vgl. Mayerhofer-Rieder, Das Österreichische Strafrecht, II/1, Nr. 11 zu § 250 StPO), kann sich der Beschwerdeführer unter diesem Nichtigkeitsgrund nicht beschwert erachten.

Es versagt aber auch die gegen den Schuldspruch wegen Verbrechens des Raubes (Punkt A/I./1./) gerichtete Mängelrüge (Z 5):

Angesichts der mängelfrei aus den Angaben der Zeugin Gordona F*** abgeleiteten Urteilsannahme (vgl. S 370 dA), daß der Angeklagte O*** bereits im Zeitpunkt, als er Helmut K*** niederschlug, darauf abzielte, dem Tatopfer die Geldtasche samt Inhalt wegzunehmen, also schon seine Gewaltanwendung gegen K*** vom Raubvorsatz getragen war (Ersturteil, S 366 und 367 dA), widerspricht es entgegen der Beschwerdeauffassung diesem als erwiesen angenommenen Tathandeln nicht, wenn das Erstgericht im Anschluß an die Feststellung, daß bei dem - durch das Niederschlagen ausgelösten - Sturz des Tatopfers die Handtasche auf die Straße fiel, davon ausging, der Angeklagte O*** habe die von ihm veranlaßte Bewußtlosigkeit des Tatopfers ausgenützt, um dessen Geldbörse mit 1.200 S Bargeld an sich zu nehmen (Ersturteil, S 358 dA).

Soweit sich hingegen der Beschwerdeführer nunmehr gegen die Feststellung im Ersturteil wendet, daß er derjenige gewesen sei, der den Zeugen K*** zu Boden geschlagen habe, in diesem Zusammenhang die Glaubwürdigkeit dieses Zeugen unter Hinweis auf widersprechende Angaben in Zweifel zu ziehen sucht und meint, daß die vorerwähnte Feststellung auf einer anfechtbaren Schlußfolgerung des Erstgerichtes beruhe, weil keiner der Zeugen das inkriminierte Zu-Boden-Schlagen des Helmut K*** bestätigt habe, übergeht der Beschwerdeführer zunächst sein Eingeständnis in der Haftprüfungsverhandlung am 24.Mai 1989 (S 126 dA), in welcher er keineswegs bestritt, K*** zu Boden geschlagen zu haben, aber auch seine einem Teilgeständnis gleichkommende Verantwortung in der Hauptverhandlung (am 14.Dezember 1989), in welcher er ausdrücklich zugab, (in der Nacht zum 11.April 1989 vor der "M*** W***" in Linz) einen Mann niedergeschlagen zu haben, wobei er ausdrücklich einräumte, es sei möglich, daß es sich hiebei um den Zeugen K*** handelte (S 323 und 324 dA). Angesichts der vom Erstgericht für glaubwürdig beurteilten (vgl. S 370 dA) Angaben der Zeugin Gordona F*** (vgl. S 81, 82 und 83 dA, ferner ON 30 sowie S 287, 328 und 329 dA), aber auch unter Berücksichtigung der Bekundungen des Zeugen Christian H***, daß es sich bei dem Mann, den er damals vor dem erwähnten Lokal am Boden liegend vorgefunden hatte, um den Zeugen K*** gehandelt habe (S 331 dA), konnte das Erstgericht mängelfrei die Feststellung treffen, daß der vom Beschwerdeführer zugegebenermaßen in der Nacht zum 11.April 1989 vor der "M*** W***" in Linz zu Boden Geschlagene der Zeuge K*** war. Die Annahme einer Täterschaft des Angeklagten beruht somit, soweit es um die Gewaltanwendung gegen den Zeugen K*** geht, keineswegs, wie der Beschwerdeführer meint, bloß auf Schlußfolgerungen des Erstgerichtes. Insoweit waren daher die Angaben des Tatopfers über die Person des Täters für die hier bekämpfte Feststellung der Täterschaft des Angeklagten O*** gar nicht allein ausschlaggebend, sodaß auch aus diesem Grund die Beschwerdeeinwendungen gegen die (alkoholisierungsbedingt) zum Teil unklaren und widersprechenden Angaben dieses Zeugen nicht relevant sind (vgl. hiezu auch die erstgerichtlichen Ausführungen auf den Seiten 360 bis 362).

Aus diesen Erwägungen versagt aber auch das Beschwerdevorbringen zum Nichtigkeitsgrund der Z 5 a des § 281 Abs. 1 StPO, weil der Beschwerdeführer in Wahrheit keine sich aus den Akten ergebenden Umstände aufzuzeigen vermag, die erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch wegen Verbrechens des Raubes nach dem § 142 Abs. 1 StGB zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen erwecken.

Auch die auf den Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Rechtsrüge schlägt nicht durch:

Bei dem gegen den Schuldspruch zu Punkt A/I./1./ gerichteten Vorbringen geht der Beschwerdeführer von der urteilsfremden Annahme aus, im Zeitpunkt der Tätlichkeiten gegen Helmut K*** (noch) nicht mit Raubvorsatz gehandelt, sondern den Vorsatz auf Sachwegnahme erst nachträglich gefaßt zu haben, sodaß seiner Meinung nach hier nur ein Schuldspruch wegen der Vergehen der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 1 StGB und des Diebstahls nach dem § 127 StGB in Betracht komme. Der Beschwerdeführer setzt sich hiebei über die Urteilsfeststellungen hinweg, daß er schon beim Niederschlagen des Tatopfers mit dem Vorsatz gehandelt hatte, die Geldtasche samt Inhalt wegzunehmen und sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern (Ersturteil, S 366 und 367 dA). Er vergleicht somit nicht den im Urteil festgestellten Sachverhalt mit dem darauf angewendeten Strafgesetz und bringt demnach die Rechtsrüge gegen den Schuldspruch zu Punkt A/I./1./ nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Es versagt aber auch die eine gewerbsmäßige Begehung der Diebstähle laut Schuldspruch zu Punkt A/I./2./ bestreitende Rechtsrüge (Z 10):

Der Beschwerdeführer meint sinngemäß, daß sich der Wert der (zum Teil, nämlich in den beiden beim Versuch gebliebenen Fakten bloß angestrebten) Diebsbeute jeweils bloß im Bagatellbereich bewegt habe und deshalb aus einer Verwertung dieser Gegenstände eine fortlaufende Einnahme gar nicht zu erzielen war.

Dem ist entgegenzuhalten, daß der vom Erstgericht getroffenen und insoweit vom Beschwerdeführer gar nicht bekämpften Feststellung, derzufolge seine Absicht darauf gerichtet war, sich durch die fortgesetzte Begehung der Diebstähle eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (Ersturteil, S 374 dA), und der darauf beruhenden Annahme eines gewerbsmäßigen Handelns im Sinn des § 130 (erster Fall) StGB keineswegs der Umstand entgegensteht, daß der Wert der erzielten oder angestrebten Diebsbeute jeweils nicht besonders hoch war. Es genügt, daß der Täter - wie hier - einen nicht als unbedeutend zu vernachlässigenden Zuschuß zu seinem sonstigen Einkommen anstrebte.

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Roland O*** war sohin ein Erfolg zu versagen.

Das Schöffengericht verhängte über Roland O*** nach dem § 142 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Jahren. Bei der Strafbemessung wertete es das Zusammentreffen von zwei Verbrechen, mehrere einschlägige Verurteilungen und das Vorliegen der Voraussetzungen der fakultativen Strafschärfung nach dem § 39 StGB als erschwerend und berücksichtigte demgegenüber das "teilweise" Geständnis sowie den Umstand, daß es bei den Diebstählen zum Teil beim Versuch blieb, als mildernd.

Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe.

Die Berufung ist nicht begründet.

Die Strafzumessungsgründe wurden in erster Instanz im wesentlichen richtig festgestellt und auch zutreffend gewürdigt. Zieht man vor allem das bisherige Vorleben des Roland O***, die wirkungslose Verbüßung zum Teil schwerer Haftstrafen und den - entgegen der Berufung - nicht in der Höhe der Raub- bzw. Diebsbeute, sondern in der Gewaltanwendung bzw. der gewerbsmäßigen Vorgangsweise liegenden erheblichen Handlungsunwert entsprechend in Betracht, dann besteht für eine Reduktion der von den Tatrichtern ausgemessenen, tatschuldadäquaten Freiheitsstrafe kein Anlaß. Auch der Berufung mußte daher der Erfolg versagt werden. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E20498

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0110OS00032.9.0425.000

Dokumentnummer

JJT_19900425_OGH0002_0110OS00032_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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