TE OGH 1990/5/29 15Os57/90

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Veröffentlicht am 29.05.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 29.Mai 1990 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Felzmann, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Wolf als Schriftführer in der Strafsache gegen Ernst B*** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 2.April 1990, GZ 12 Vr 1338/89-55, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten dieses Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ernst B*** (I.) des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB sowie der Vergehen (II.) der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB und (III.) des versuchten Hausfriedensbruchs nach §§ 15, 109 Abs 1 und Abs 3 Z 1 StGB schuldig erkannt, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und nach § 21 Abs 2 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Der ziffernmäßig auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a und Z 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, mit der er der Sache nach lediglich seine Anstaltseinweisung bekämpft, kommt keine Berechtigung zu.

Sowohl unter dem Aspekt einer "Tatbildlichkeit der ... Anlaßtat nach den Voraussetzungen des § 21 Abs 2 StGB" (Z 9 lit a) als auch mit Beziehung auf ein seiner Ansicht nach daraus resultierendes Fehlen der rechtlichen Grundlage für die Gefährlichkeitsprognose (Z 11) bemängelt er in Ansehung des einweisungsrelevanten Kausalzusammenhangs zwischen der bei ihm festgestellten geistig-seelischen Abartigkeit höheren Grades und der ihm angelasteten Anlaßtat (ersichtlich gemeint: § 201 StGB) das Fehlen von Feststellungen über eine "der gegenständlichen Vergewaltigung konkret anhaftenden und dabei in einer bestimmten Art und Weise (Perversion) zu Tage getretenen sexuellen Abnormität", also darüber, "welche bei der ... Vergewaltigung konkret abnorme und sich als Ausdruck einer abnormen Sexualität von spezifischer Gefährlichkeit manifestierende Komponente bei der Anlaßtat tatsächlich vorhanden" gewesen sei; inhaltlich reklamiert er solcherart durchwegs eine auf unrichtiger rechtlicher Beurteilung beruhende Überschreitung der Strafbefugnis (Z 11 erster Fall), indessen zu Unrecht. Denn der für die Anordnung einer Anstaltsunterbringung nach § 21 Abs 2 StGB vorauszusetzende Kausalzusammenhang zwischen der geistigen oder seelischen Abartigkeit des Täters von höherem Grad und der von ihm begangenen Anlaßtat wird nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes schon dadurch hergestellt, daß er die betreffende Tat "unter dem Einfluß" dieser Abartigkeit verübt; dazu genügt es, wenn letztere für die Tatbegehung zumindest mitursächlich ist (vgl ÖJZ-LSK 1979/135 ua). Einer speziell ausgeprägten, "über das deliktsspezifische Verhalten hinausgehenden" Komponente der konkreten Anlaßtat hingegen, in der die gefährlichkeitsbegründende höhergradige Abartigkeit des Täters in besonderer Weise zum Ausdruck kommt, bedarf es entgegen der Beschwerdeauffassung nicht. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO).

Zur Prüfung der Frage hingegen, ob eine vom Angeklagten nach § 283 Abs 1 StPO nF zulässigerweise (vgl NRsp 1990/81 ua) mit Berufung geltend gemachte andere Überschreitung der Strafbefugnis (Z 11 erster Fall) - die dem Erstgericht in der Tat dadurch unterlief, daß es die Freiheitsstrafe zwar ohnehin innerhalb des (mit Recht angewendeten) Strafrahmens nach § 201 Abs 2 StGB, jedoch unter irriger Zugrundelegung überhöhter Grenzen dieses Strafsatzes ausmaß (vgl JE-St 1989/160, 277 ua) - im Sinn des § 290 Abs 1 StPO konkret zu seinem Nachteil gereichte (vgl EvBl 1981/118 uam), sodaß (unter Bedacht auf §§ 285 d Abs 2, 285 e StPO) so vorzugehen wäre, als wäre sie (hier: gleichfalls) mit Nichtigkeitsbeschwerde geltend gemacht worden, sah sich der Oberste Gerichtshof deshalb nicht veranlaßt, weil durch ein allenfalls negatives Ergebnis dem dann zur Entscheidung über die Berufung kompetenten Gerichtshof zweiter Instanz (§ 285 i StPO) insoweit vorgegriffen würde, wogegen bejahendenfalls der betreffende Strafzumessungsfehler auch in dem vom Rechtsmittelwerber dazu initiierten Berufungsverfahren korrigiert werden kann.

Zur Erledigung der Berufungen sind demnach die Akten gemäß § 285 i StPO dem Oberlandesgericht Graz zuzuleiten.

Anmerkung

E20850

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0150OS00057.9.0529.000

Dokumentnummer

JJT_19900529_OGH0002_0150OS00057_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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