TE OGH 1990/6/13 13Os5/90

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Veröffentlicht am 13.06.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.Juni 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Dr. Ungerank als Schriftführer in der Strafsache gegen Mag.Leopold G*** wegen des Verbrechens des Mißbrauches der Amtsgewalt nach dem § 302 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 28.Juni 1989, GZ 10 Vr 904/88-47, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Jerabek, des Angeklagten Mag.Leopold G*** und des Verteidigers Dr. Lampelmayer zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in den Punkten I 1, II 1 und II 2 des Freispruches aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 8.September 1918 geborene Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt Hofrat Mag.Leopold G*** von der wegen des Verbrechens des Mißbrauches der Amtsgewalt nach dem § 302 Abs. 1 StGB erhobenen Anklage gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Ihm war zur Last gelegt worden, in Klagenfurt als Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt, somit als Beamter, seine Befugnis, im Namen der Gemeinde (im eigenen Wirkungsbereich) und des Bundes (im übertragenen Wirkungsbereich) als deren Organ, nämlich als Bau- und Gewerbebehörde erster Instanz, in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mißbraucht zu haben, und zwar I mit dem Vorsatz, den Staat (das Land Kärnten) in seinen Rechten, Baubewilligungen (Abänderungen von Baubewilligungen) nur nach Durchführung eines gesetzmäßigen Verfahrens zu erteilen und nichtbewilligte Bauausführungen zu untersagen, sowie Anrainer von Bauvorhaben in ihrem Recht auf Anhörung vor Erteilung (Abänderung) einer Baubewilligung zu schädigen, indem er

1 in der Bausache betreffend das sogenannte Porciahaus am 4. März 1987 gestattete, daß die Bauwerber Dr.Kurt und Inge U*** trotz der mit Bescheid des Baurechtsamtes des Magistrates Klagenfurt vom 18.Februar 1987 wegen abweichender Bauausführung verfügten rechtswirksamen Baueinstellung die untersagten Bauarbeiten (Umbau und Sanierung des vierten Obergeschoßes und der Dächer des Neutraktes Neuer Platz 13) fortsetzten, zur Sicherstellung der Duldung der ungehinderten Fortführung dieser konsenslosen Bauarbeiten dem Leiter des Baurechtsamtes, Senatsrat Dr.Franz S***, die Weisung erteilte, "wegen abweichender Bauführung bzw Nichteinhaltung der Baueinstellung keine Strafe zu verhängen", und in der Zeit bis 31.März 1987 es unterließ, die sofortige Baueinstellung zu erzwingen;

2 in der Bausache betreffend Ing.Günther N*** am 4.Oktober 1984 gestattete, daß der Bauwerber die vor Erteilung der Baubewilligung begonnenen (konsenslosen) Bauarbeiten am Betriebsobjekt Höhenweg 52 fortsetzt, zur Sicherstellung der ungehinderten Fortführung dieser konsenslosen Bauführung den Sachbearbeiter des Baurechtsamtes Dr.Alois M*** anwies, "die beginnende Bautätigkeit zu tolerieren", und in der Zeit bis 28.November 1984 es unterließ, die sofortige Baueinstellung zu verfügen;

3 in der Bausache betreffend die Firma Z*** OHG am 5. April 1982 gestattete, daß die Vertreter der Bauwerberin trotz der mit dem Bescheid des Baurechtsamtes vom 2.März 1982 wegen abweichender Bauausführung (konsensloser Aufbau des ersten Obergeschoßes) beim Haus Alter Platz 7/Badgasse 1 verfügten rechtswirksamen Baueinstellung die Arbeiten vor der Erteilung der Baubewilligung fortsetzten, und zur Sicherstellung der ungehinderten Fortführung der konsenslosen Bauarbeiten dem damaligen Leiter der Magistratsabteilung 1, Obersenatsrat Dr.Hartmann S***, unter anderem die Weisung erteilte, "nicht einzuschreiten, sollte mit der Bauführung vor Erteilung der Baubewilligung begonnen werden"; II mit dem Vorsatz, den Staat (den Bund und das Land Kärnten) und Nachbarn gewerblicher Betriebsanlagen in ihren Rechten auf Zulassung des Betriebes von gewerblichen Betriebsanlagen erst nach Vorliegen von rechtskräftigen gewerbe- und baubehördlichen Bewilligungen zu schädigen, indem er

1 am 17.Juni 1982 den Betrieb der von der Firma G***- UND B***-GesmbH im Bereiche des Heiligengeistplatzes und des Villacher Ringes errichteten viergeschoßigen Tiefgarage (sogenannte Heiligengeist-Garage) gestattete und bis September 1982 duldete, obwohl die gewerbehördlichen Genehmigungs- und Betriebsbewilligungen unter Vorschreibung der erforderlichen Auflagen erst mit dem Bescheid vom 3.September 1982 und die baubehördlichen Abänderungs- und Benützungsbewilligungen (letztere nur unter der Bedingung der festgestellten Mängelbehebung) erst mit dem Bescheid vom 29.September 1982 erteilt wurden;

2 in der Zeit vom 6.März 1987 bis 5.Februar 1988 die Fortführung der gegen die Geschäftsführer des von der Firma Q*** AG betriebenen Kaufhauses (Wilfried H***) und der Heiligengeist-Garage (Horst K***) wegen des konsenswidrigen Betriebes der Lüftungsanlage eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens bewußt dadurch verhinderte, daß er sich die Akten vorlegen ließ und diese bei sich behielt. Die Staatsanwaltschft bekämpft diesen Freispruch in allen Punkten mit einer auf die Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist festzuhalten, daß die äußere Tatseite des Verbrechens des Mißbrauches der Amtsgewalt nach dem § 302 Abs. 1 StGB in der rechtswidrigen Ausübung oder Nichtausübung der Befugnis eines Beamten, als Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, besteht. Bei Begehung durch Unterlassung muß der Täter als Garant für das Zustandekommen des unterbliebenen Hoheitsaktes verantwortlich und die Unterlassung der mißbräuchlichen Vornahme eines Hoheitsaktes gleichwertig sein (Bertel im WK, Rz 74 und 79 zu § 302 StGB). Für die innere Tatseite fordert das Gesetz wissentlichen (§ 5 Abs. 3 StGB) Befugnismißbrauch; weiters muß dieser Mißbrauch vom zumindest bedingten Vorsatz des Täters getragen sein, dadurch einen anderen in seinen Rechten zu schädigen. Hiebei kommt neben der Beeinträchtigung eines privatrechtlichen Anspruches auch die Schädigung eines konkreten öffentlichen Rechtes in Betracht, worunter im allgemeinen die Vereitelung einer bestimmten, in der Rechtsordnung festgelegten staatlichen Maßnahme zu verstehen ist, sofern damit der bestimmte Zweck hintangehalten oder doch beeinträchtigt werden soll, den der Staat mit der Erlassung der dieser Maßnahme zugrundeliegenden Vorschrift erreichen will. In Ansehung von Verfahrensvorschriften, die der Prüfung der materiellen Berechtigung eines Anspruches dienen (vorliegend Kärntner Bauordnung und Gewerbeordnung), liegt eine solcherart bedeutsame Schädigung der für die Verfahrensabwicklung zuständigen Gebietskörperschaft an einem konkreten öffentlichen Recht nach der Spruchpraxis des Obersten Gerichtshofes allerdings schon dann vor - und zwar unabhängig davon, ob auch vorschriftsgemäßes Organhandeln letztlich zum gleichen Ergebnis geführt hätte - wenn diese Verfahrensvorschriften rundweg übergangen werden und der Gebietskörperschaft dadurch vorweg jede Möglichkeit genommen wird, ein diesen Vorschriften unterliegendes Begehren auf seine Genehmigungsvoraussetzungen unter Beachtung der vom Gesetzgeber für notwendig erachteten Kautelen hin zu prüfen (zuletzt 13 Os 169/87 = NRsp 1988/89, 11 Os 102/88 = JBl 1989, 261). In allen anderen Fällen, in denen sich der Täter, ohne die gesetzliche Verfahrensregelung schlechthin zu negieren, nur zum Teil über die in Frage kommenden Normen hinwegsetzt, reicht das pflichtwidrige Verhalten für sich allein zur Tatbestandsverwirklichung nicht aus; vielmehr muß diesfalls nach dem Gesagten durch die Rechtsverletzung auch noch der vom Gesetzgeber an die übergangene Vorschrift geknüpfte materielle Zweck betroffen werden (Mayerhofer-Rieder3, EGR 44, Foregger-Serini-Koded14 Erl IX, Leukauf-Steininger, Komm2, RN 32, Bertel aaO Rz 97 ff, jeweils zu § 302 StGB; EvBl 1975/82, 9 Os 7/86).

Des weiteren ist dem den faktenbezogenen Beschwerdeausführungen vorangestellen Vorwurf einer "kritiklosen" Übernahme eines vom Angeklagten vorgelegten und zum Akt genommenen, aber nicht zur Verlesung gebrachten Privatgutachtens (ON 43/IV) zu erwidern, daß es den Tatrichtern unbenommen bleibt, zur rechtlichen Deutung des von ihnen als erwiesen angenommenen Sachverhaltes neben Lehrbüchern, Kommentaren etc auch ein als rechtsrichtig empfundenes Privatgutachten heranzuziehen, dessen fehlende Verlesung unter diesem Gesichtspunkt unbeachtlich ist; allein die Verwertung von nicht in der Hauptverhandlung vorgekommenen Beweisergebnissen zur Stützung einer Tatsachenannahme kann Urteilsnichtigkeit (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO) begründen. Rechtliche Gesichtspunkte hingegen unterliegen unabhängig davon, wie das Erstgericht zu ihnen gelangt ist, der Überprüfung durch die höhere Instanz.

Berechtigt ist die Nichtigkeitsbeschwerde insoweit, als sie sich gegen die Punkte I 1, II 1 und II 2 des Urteiles richtet.

Zu Punkt I 1 des Urteilssatzes:

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen wurde den Bauwerbern Dr.Kurt und Inge U*** mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 18.Februar 1987 gemäß dem § 28 Abs. 2 der Kärntner Bauordnung aufgetragen, die Bauarbeiten für den Umbau und die Sanierung des vierten Obergeschoßes und der Dächer des Neutraktes auf dem Grundstück Nr 435, KG Klagenfurt, Neuer Platz 13 (sogenanntes Porciahaus) sofort einzustellen, weil baubewilligungspflichtige Änderungen bei der Realisierung des mit Bescheid vom 11.September 1986 genehmigten Bauvorhabens vorgenommen wurden. Mit Schreiben vom 25.Februar 1987 drohte das Baurechtsamt zufolge am 24.Februar 1987 festgestellter Fortführung von nicht genehmigten Arbeiten dem Bauherrn gemäß dem § 5 VVG die Verhängung einer Zwangsstrafe von 10.000 S für den Fall an, daß die Bauarbeiten nicht unverzüglich eingestellt werden. Nachdem die gegen den angeführten Einstellungsbescheid erhobene Berufung, in der unter anderem auch die Vorlage von Auswechslungsplänen für die geänderte Dachausführung binnen 14 Tagen angekündigt wurde, am 2.März 1987 beim Magistrat eingelangt war, sprach der mit der Bauführung beauftragte Archtitekt Dipl.Ing.R*** namens der Bauwerber beim - bis zu diesem Zeitpunkt mit der in Rede stehenden Bausache nicht befaßten, unmittelbar vor Urlaubsantritt

stehenden - Angeklagten vor und wies darauf hin, daß auf Grund des bisherigen Baufortschrittes eine sofortige Baueinstellung wegen der damit verbundenen Gefahren nicht zielführend wäre. Der Angeklagte erteilte hierauf dem Leiter des Baurechtsamtes Dr.S***, der ihm die Vornahme nicht bewilligter Bauarbeiten als Grundlage des Einstellungsbescheides nannte, die Weisung, "wegen abweichender Bauführung bzw Nichteinhaltung der Baueinstellung keinerlei Strafe zu verhängen und um die rasche Abwicklung des Änderungsplanverfahrens bemüht zu sein", wobei sich diese fernmündliche Anordnung nach Überzeugung des Erstgerichtes "nur auf die notwendigen Sicherungsarbeiten der bereits durchgeführten Bauten" bezogen hat (siehe insbes US 100, auch 114). Auch gegenüber dem Verwaltungsjuristen beim Magistrat der Landeshauptstadt Klagenfurt Dr.P*** ordnete der Angeklagte telefonisch an, während seiner urlaubsbedingten Abwesenheit keine Zwangsstrafe gegen die Bauwerber zu verhängen. Dipl.Ing.R*** erhielt vom Angeklagten aber keine Erlaubnis, im Dachbereich die - konsenswidrigen - Bauarbeiten vor Erteilung einer dem Änderungsbegehren entsprechenden Baubewilligung fortzusetzen. Auf Grund der angeführten Weisung übermittelte Dr.S*** den Bauakt an die Baupolizei mit der Verfügung, die Sache bis zum Einlangen des angekündigten Änderungsansuchens als "laufend" zu behandeln, worauf von einer weiteren Kontrolle der Baustelle zunächst Abstand genommen wurde. Erst nach einer Sitzung des mit dieser Angelegenheit befaßten Stadtsenates vom 10.März 1987 wurde die Kontrolle wieder aufgenommen: Nachdem am 26. und 30.März 1987 erneut die Fortführung von bescheidmäßig untersagten Bauarbeiten festgestellt wurde, ordnete der darüber informierte Angeklagte am 1.April 1987 die Verhängung einer Zwangsstrafe an. Mit Bescheid vom 27.Juli 1987 wurden die von den Bauwerbern inzwischen vorgelegten Änderungspläne bewilligt, so daß die tatsächliche - zunächst

konsenswidrige - Bauführung letztlich den genehmigten Plänen entsprochen hat.

In subjektiver Hinsicht gelangte das Erstgericht auf Grund der ihm glaubwürdig erscheinenden, "immer gleichbleibenden" Verantwortung des Angeklagten (US 11) in Verbindung mit anderen Beweisergebnissen zur Überzeugung, daß der Angeklagte am 4. März 1987, nachdem er zuvor den Bauwerbern nur die Vornahme unbedingt notwendiger Sicherungsarbeiten, nicht aber die Fortsetzung der konsenslosen Bauführung gestattet hatte (US 100), die inkriminierte Weisung nur deshalb erteilte, "weil er sich über das Verfahren der Androhung der Zwangsstrafe nicht klar war und er der festen Überzeugung war, daß erst geklärt werden müsse, wie die Dinge wirklich liegen". Zu diesem Zweck sollte der Vollzug der Zwangsstrafe bis zur Urlaubsrückkehr "in der Hoffnung ausgesetzt werden, daß bis dahin Abänderungspläne vorliegen und eine relativ schnelle Problemlösung im Sinn der einfachen Verwaltungsführung möglich werde" (US 7). Neben der solcherart augenscheinlich zum Ausdruck gebrachten Verneinung eines wissentlichen Befugnismißbrauches des Angeklagten erachtete das Erstgericht auch eine "schlüssige und tragfähige" Grundlage für die Annahme eines Schädigungsvorsatzes als nicht gegeben, weil der Angeklagte angesichts der vermeintlich nur geringfügigen Abweichungen die Aufhebung des schon bekämpften Baueinstellungsbescheides für "wahrscheinlich" hielt und er der Meinung war, "daß der zu erlassende Hoheitsakt (gemeint die positive Erledigung des von den Bauwerbern eingebrachten Rechtsmittels sowie des Antrages auf Abänderung der Baubewilligung) der wahren Sach- und Rechtslage entsprechen werde" (US 113 f).

Diesen dem Freispruch zugrundeliegenden Feststellungen hält die Anklagebehörde zu Recht als Urteilsunvollständigkeit (Z 5) entgegen, daß Beweisergebnisse unerörtert geblieben seien, deren Beachtung eine andere Lösung der Schuldfrage möglich erscheinen lassen: Der Angeklagte hat in seinem - in der Hauptverhandlung zur Verlesung gebrachten (AS 393/IV) - Schreiben an den Rechnungshof vom 16. Juni 1987 jeden Hinweis auf die von ihm angeblich nur geduldete Vornahme unerläßlicher Sicherungsarbeiten unterlassen und die erteilte Weisung auf vorläufige Abstandnahme von einer Bestrafung ausdrücklich auf die angekündigte Einbringung eines Abänderungsantrages gestützt, "nach dessen Behandlung wahrscheinlich eine Aufhebung der Baueinstellung möglich sein werde" (AS 269 ff/I). Damit im Einklang steht auch die vor der Bundespolizeidirektion Klagenfurt am 29.November 1987 gegebene Begründung seines "Interesses einer raschen Fertigstellung des für die Stadt sehr bedeutsamen Hotelbaues" (AS 430/I). Diese Angaben indizieren, wie in der Beschwerde zutreffend aufgezeigt wird, die Duldung der konsenswidrigen Baufortsetzung und nicht bloß von für die fristgerechte Fertigstellung des Hotelbaues wohl völlig unmaßgeblichen Sicherungsarbeiten; das Gericht war daher gehalten, sich auch mit diesen Angaben des Angeklagten beweiswürdigend auseinanderzusetzen.

Gleiches gilt für die - in der Hauptverhandlung ausdrücklich als richtig bekräftigte (AS 251 f/IV) - Aussage des Angeklagten vor dem Untersuchungsrichter, derzufolge er die vorläufige Nichtverhängung der angedrohten Zwangsstrafe deshalb angeordnet habe, weil sie sich "möglicherweise durch eine selbständige Baueinstellung erübrigt hätte" (AS 5/IV). Darnach aber war dem Angeklagten der Umstand, daß die Verhängung bzw Vollstreckung der angedrohten Zwangsstrafe im Fall der Einstellung der konsenswidrigen Bauführung ohnedies kraft Gesetzes hinfällig wird, es unter diesem Gesichtspunkt daher einer Weisung gar nicht bedurft hätte, ebenso bewußt wie der mit seiner Weisung verbundene Effekt einer sanktionslosen Duldung der von den Bauwerbern augenscheinlich zumindest bis zur Erledigung des Rechtsmittel- bzw des Änderungsverfahrens ins Auge gefaßten (konsenswidrigen) Bauführung; für die Annahme einer möglicherweise "unrechtmäßigen" Einstellungsverfügung fehlte dem Angeklagten hingegen, worauf die Beschwerdeführerin mit Recht hinweist, nach der gegebenen Aktenlage jeder Anhaltspunkt.

Schon diese aufgezeigte Unvollständigkeit der Urteilsbegründung in Ansehung wesentlicher, dem Freispruch vom bezüglichen Anklagepunkt zugrundeliegender Feststellungen macht insofern eine Urteilsaufhebung unumgänglich.

Im zweiten Rechtsgang wird das Schöffengericht in rechtlicher Hinsicht zu beachten haben, daß die Tatsache der (bloß) formellen Aufrechterhaltung der Baueinstellungsverfügung für sich allein den Anklagevorwurf - entgegen der im bekämpften Urteil vertretenen Auffassung (US 98 ff) - nicht zu entkräften vermag: Die Weisung, die bescheidmäßig verfügte Baueinstellung durch den Verzicht auf die im § 5 VVG vorgesehenen Zwangsmittel vorerst nicht zu effektuieren, läuft nämlich unter der von der Anklage angenommenen, im weiteren Verfahren erneut zu überprüfenden Prämisse gleichzeitiger Duldung der konsenswidrigen Baufortführung im Ergebnis auf eine - zumindest vorübergehende - formlose Außerkraftsetzung des Bescheides sowie auf eine gleichzeitige provisorische Bewilligung der Baufortführung bis zum Abschluß des anhängigen Rechtsmittel- bzw Abänderungsverfahrens hinaus und stellt, weil nach den in Frage kommenden Verfahrensvorschriften einem Rechtsmittel gegen die Baueinstellungsverfügung eine aufschiebende Wirkung nicht zukommt (§ 28 Abs. 2 der Kärntner Bauordnung, § 57 Abs. 2 AVG) und eine gegenüber der erteilten Bewilligung geänderte Bauführung erst nach der entsprechenden Änderungsbewilligung statthaft ist, in objektiver Hinsicht zweifelsfrei eine gänzliche (und nicht bloß teilweise) Mißachtung der betreffenden (konkreten) Gesetzesnormen dar. Dies umsomehr, als nach der Aktenlage (vgl S 40 unten/IV) - wenngleich im Urteil nicht festgestellt - zur Zeit der Erteilung der aktuellen Weisung der Antrag auf Abänderung der Baubewilligung (§ 17 der Kärntner Bauordnung) noch gar nicht eingebracht worden war und der Angeklagte demnach möglicherweise noch nicht damit rechnen konnte, daß dem Abänderungsantrag stattgegeben werden würde. Im übrigen ist der Rechtsrüge (Z 9 lit a), soweit sie nicht überhaupt auf eine Kenntnis des Angeklagten von der konsenswidrigen Baufortführung abstellt und in diesem Umfang mangels Festhaltens am Urteilssachverhalt einer gesetzmäßigen Ausführung entbehrt, zu erwidern, daß die bloße Vornahme reiner Sicherungsmaßnahmen der in Rede stehenden Baueinstellungsverfügung nicht zuwidergelaufen wäre:

Wenngleich der § 28 Abs. 4 der Kärntner Bauordnung nur der Behörde "die zur Abwehr oder Beseitigung der Gefahren notwendigen Maßnahmen" auferlegt, "wenn dies die Sicherheit oder Gesundheit von Menschen erfordert", kann es schon im Hinblick auf allfällige zivil- und strafrechtliche Folgen keinen Zweifel auch an der Verpflichtung des Bauwerbers bzw des bauausführenden Unternehmers geben, solcherart erforderliche Vorkehrungen gegebenenfalls ohne behördlichen Auftrag zu veranlassen.

Zu Punkt II 1 des Urteilssatzes:

Gemäß den Urteilskonstatierungen informierte Dr.Maria Z***, die als Anrainerin zur offiziellen Eröffnung der sogenannten "Heiligengeist-Garage" am 17.Juni 1982 eingeladen worden war, den Angeklagten schriftlich und anläßlich einer persönlichen Vorsprache am 14.Juni 1982 auch mündlich vom Fehlen der erforderlichen bau- und gewerberechtlichen Genehmigungen für den Betrieb dieser (mit einem gleichzeitig von der Quelle AG errichteten Großkaufhaus verbundenen) Garage; dessen ungeachtet nahm der Angeklagte in seiner Eigenschaft als Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt die offizielle Eröffnung "in Kenntnis der materiellen Voraussetzungen für die Erlassung der schriftlichen Bewilligungen" vor, weil er von der Leiterin der Gewerbeabteilung Dr.Elisabeth R*** in Kenntnis gesetzt worden war, daß das (gewerberechtliche Genehmigungs-)Verfahren mit Ausnahme einer Auflage, deren Aufnahme mit Dr.Z*** "wörtlich" vereinbart wurde, "in materieller Hinsicht als abgeschlossen zu betrachten sei und lediglich noch die Konzeption und Ausfertigung des Bescheides ausstehe".

Mit Bescheid vom 3.September 1982 erteilte der Magistrat der Landeshauptstadt Klagenfurt der Firma G***-B***-GesmbH die gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung und Benützungsbewilligung, wobei in Ansehung der Lüftungsanlage - analog zu der am 17.August 1982 bescheidmäßig erteilten Betriebsgenehmigung für das mit der Garage verbundene Kaufhaus - ein einjähriger Probebetrieb festgesetzt wurde. Am 29.September 1982 wurde der Bescheid bezüglich der Abänderung der Baubewilligung und Benützungsbewilligung nach der Kärntner Bauordnung erlassen, der - wie auch die vorangeführten gewerberechtlichen Bescheide - nach vorangegangener Einigung der Anrainerin Dr.Z*** mit dem bauführenden Unternehmen in Rechtskraft erwuchs (US 22 ff). In subjektiver Hinsicht lehnte das Erstgericht einen wissentlichen Befugnismißbrauch schon deswegen ab, weil der Angeklagte, der sich "lediglich nach dem Stand des Verfahrens erkundigt" und in keiner Weise "in die Kompetenzen der zuständigen Beamten" eingegriffen habe, nur den für die Bewilligungsverfahren völlig unerheblichen Formalakt der Garageneröffnung in seiner Funktion als Kommunalpolitiker vorgenommen habe; ein Schädigungsvorsatz könne dem Angeklagten nicht angelastet werden, weil er vom Vorliegen der materiellen Voraussetzungen für die - nur verzögerte - Bewilligungserteilung ausgegangen sei (US 104 ff, 114). Das Beschwerdevorbringen, die in US 23 Abs. 2 enthaltenen Feststellungen seien aus den Akten - abgesehen vom eingangs erwähnten Privatgutachten - nicht ableitbar, geht deshalb ins Leere, weil die Staatsanwaltschaft es unterläßt, die Relevanz des behaupteten Mangels aufzuzeigen. Gleiches gilt für das auf US 24 unten und US 25 wiedergegebene Schreiben des Angeklagten an Frau Dr.R***.

Daß der Angeklagte an der Eröffnung "lediglich" teilnahm, ist

urteilsfremd; vielmehr gingen die Tatrichter ersichtlich davon aus

(verbis: ... "bei dieser Eröffnung agiere" ... und ... "wollte

vielmehr durch die Eröffnung" ...), daß er die Eröffnung vornahm

(US 25 unten). Davon abgesehen wird dem Angeklagten aber nicht die

Vornahme der Eröffnung, sondern die Duldung des Betriebes der

Tiefgarage vom Eröffnungstage an vorgeworfen, obwohl die

gewerbe- und baubehördlichen Voraussetzungen hiefür nicht gegeben

waren. Daß ihm das Fehlen dieser Voraussetzungen im hier aktuellen

Zeitraum bewußt war, hat das Schöffengericht aber festgestellt

US 26 oben: ... "Nichtvorliegens der schriftlichen

Bewilligungen" ... sowie US 114 zu II 1: ... "gesetzwidrig geduldete

Inbetriebnahme").

Mit Recht rügt die Beschwerdeführerin allerdings die mangelhafte Begründung (Z 5) der Feststellung, der Angeklagte habe "in Kenntnis der materiellen Vorausetzungen für die Erlassung dieser" schriftlichen Bewilligungen (US 26) den Betrieb der Garage geduldet. Die diesbezüglichen Urteilsausführungen nehmen nämlich unmißverständlich nur auf die von Dr.R*** in Aussicht gestellte Bescheiderteilung nach der Gewerbeordnung Bezug (US 25) und lassen das Ausstehen der nach der Kärntner Bauordnung notwendigen baurechtlichen Bewilligung völlig außer acht. Damit fehlt es an Feststellungen zu einer möglichen Schädigung im Bereich des Baurechtes. Dieser Mangel macht eine Urteilsaufhebung und Verfahrenserneuerung unter diesem Gesichtspunkt unumgänglich. Im zweiten Rechtsgang wird also das Gericht, weil dem Angeklagten als Bürgermeister grundsätzlich alle der Stadt Klagenfurt zufallenden Aufgaben des eigenen wie auch des übertragenen Wirkungsbereiches obliegen (§§ 54 Abs. 2, 59 Abs. 1 Klagenfurter Stadtrecht), ihm die Tatsache der bewilligungslosen Betriebsführung in seiner amtlichen Eigenschaft bekannt geworden war und er schon kraft seines Amtes für eine dem Gesetz entsprechende Geschäftsbesorgung des ihm unterstellten Magistrates (§ 64 Abs. 1 Klagenfurter Stadtrecht) verantwortlich war, zunächst zu klären haben, ob die in Rede stehende Duldung dieses objektiv gesetzwidrigen Zustandes auf einem wissentlichen Befugnismißbrauch des Angeklagten basierte.

Da das Wissen von der "formal gesetzwidrigen

Inbetriebnahme" - dem in der Beschwerde vertretenen Standpunkt zuwider - durchaus nicht auch den Schädigungsvorsatz "untrennbar in sich einschließt", wird das Gericht im fortgesetzten Verfahren im Sinne der eingangs angestellten Erwägungen überdies zu prüfen haben, inwieweit die dem Angeklagten zur Last gelegte Duldung der bewilligungslosen Betriebsführung den materiellen Zweck der verletzten Normen (der Gewerbeordnung und allenfalls der Kärntner Bauordnung) betroffen hat, welche der Sicherstellung einer dem Willen des Gesetzgebers entsprechenden Betriebsführung dienen. Dabei wird insbesondere auch zu beachten sein, daß selbst die allfällige Kenntnis von der bevorstehenden bescheidmäßigen Bewilligung im Sinne der Kärntner Bauordnung und der Gewerbeordnung der Annahme eines Schädigungsvorsatzes des Angeklagten nur unter der weiteren Prämisse entgegenstehen könnte, daß ihm eine den zu erwartenden Bescheiden entsprechende, somit die im Interesse der Öffentlichkeit und der Anrainer erforderlichen Vorkehrungen schon vor ihrer förmlichen Anordnung beachtende Betriebsführung gewährleistet schien.

Zu Punkt II 2 des Urteilssatzes:

Hiezu nahm das Gericht als erwiesen an, daß nach Ablauf der - wie schon zu Punkt II 1 dargestellt - zunächst nur auf ein Jahr befristeten Betriebsbewilligung der Lüftungsanlage für Kaufhaus und Garage den betreibenden Firmen Q*** AG sowie G***- UND B***-GesmbH über beider Antrag vom August 1983 mit Bescheid des Magistrats der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 27.Dezember 1983 (AS 487 ff/II) die (unbefristete) Betriebsbewilligung erteilt wurde. Der von der Anrainerin Dr.Maria Z*** gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung gab das Amt der Kärntner Landesregierung mit Bescheid vom 22.April 1985 (AS 501 ff/II) insofern Folge, als erstinstanzlich bestimmte Auflagen im Interesse der Beschwerdeführerin ergänzt wurden. Auch gegen diesen Bescheid ergriff Dr.Z*** Berufung, der das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten als letzte Instanz mit Bescheid vom 29. Dezember 1987 (AS 17 ff/III) dahin Folge gab, daß einzelne von den Unterinstanzen für nötig erachtete Auflagen durch andere ersetzt wurden. Ungeachtet der erst durch diesen Bescheid bewirkten Rechtskraft der in Rede stehenden Betriebsgenehmigung wurde der Betrieb des Kaufhauses samt angeschlossener Garage schon zuvor ununterbrochen aufrecht erhalten.

Mit in Rechtskraft erwachsenem Straferkenntnis des Magistrates der Landehauptstadt Klagenfurt vom 12.Februar 1986 (AS 579 ff/II) wurde der gewerberechtliche Geschäftsführer der Firma Q*** AG Wilfried H*** im Hinblick auf die Betreibung der - wie schon ausgeführt, für den Kaufhaus- und Garagenbetrieb

unerläßlichen - Lüftungsanlage ohne rechtskräftige Bewilligung der Verwaltungsübertretung nach dem § 366 Abs. 1 Z 3 GewO in bezug auf den § 74 GewO schuldig erkannt, wovon der Angeklagte nach Überzeugung des Erstgerichtes allerdings zunächst keine Kenntnis erlangte, sondern erst im Zuge der gegen ihn durchgeführten gerichtlichen Vorerhebungen - die am 16.August 1988 eingeleitet wurden (siehe AS 3 d des Antrags- und Verfügungsbogens) - erfuhr (US 93).

Auf Grund einer Anzeige der Anrainerin Dr.Z*** vom 11. August 1986 wurden im Hinblick auf die ungeachtet der vorerwähnten Abstrafung fortdauernde bewilligungslose Betreibung der Lüftungsanlage erneut Strafverfahren nach der Gewerbeordnung gegen Wilfried H*** und auch gegen den Geschäftsführer der Heiligengeist-Garage Horst K*** eingeleitet, in deren Rahmen der zuständige Sachbearbeiter Straferkenntnisse gegen die Genannten vorbereitete. In der Überzeugung, daß (wie das Erstgericht ersichtlich annahm - vgl US 96) schon mit der Erlassung der Straferkenntnisse die "zwingende Stillegung" der fraglichen Lüftungsanlage und als deren Konsequenz auch die Einstellung des gesamten Kaufhaus- und Garagenbetriebes verbunden gewesen wäre, ordnete der Angeklagte den Urteilsfeststellungen zufolge am 6. März 1987 die Vorlage der vorerwähnten Strafakten an, die er in der Folge bis zur rechtskräftigen Erledigung des Bewilligungsverfahrens bei sich behielt; erst am 8.Februar 1988 wurden diese Straferkenntnisse - nach inhaltlicher Änderung der vorbereiteten Entwürfe im Hinblick auf den oben erwähnten Bescheid des Bundesministeriums für wirtschaftliche

Angelegenheiten - erlassen.

Ausgehend von der dem Angeklagten nach dem Urteilssachverhalt innewohnenden Überzeugung einer unmittelbar drohenden Schließung des gesamten Kaufhaus- und Garagenbetriebes billigte das Erstgericht ihm, der bei einer "Abwägung der Interessen" den Belangen der Stadt den Vorzug gegeben habe (US 96), offensichtlich den Rechtfertigungsgrund der Pflichtkollision zu, wobei es ergänzte, daß dem Angeklagten, so er "irrtümlich" angenommen habe, daß die Pflicht zur Einhaltung der in Rede stehenden Verfahrensvorschriften hinter anderen, ihm als Bürgermeister obliegenden Pflichten zurücktrete, "das Bewußtsein des Mißbrauches einer rechtlichen Befugnis als Bürgermeister fehlte" (US 112). Einen Schädigungsvorsatz verneinte das Erstgericht im Hinblick darauf, daß der Angeklagte "mit der Bewilligung durch das Bundesministerium voll rechnete" (US 115). Zunächst ist festzuhalten, daß die in einem rechtskräftigen Straferkenntnis getroffene Feststellung einer gesetzwidrigen Gewerbeausübung eine unabdingbare Voraussetzung für die im § 360 Abs. 1 GewO vorgesehenen, auch die Schließung des Betriebes erfassenden Maßnahmen ist. Die durch die Zurückhaltung der Strafakten bewirkte Vereitelung einer Verfahrensführung nach dem § 360 Abs. 1 GewO samt den sich daraus für die betroffene Anrainerin Dr.Z*** ergebenden Konsequenzen ist daher der entscheidende Gegenstand des zu prüfenden Anklagevorwurfes.

Zutreffend wird in der Nichtigkeitsbeschwerde ausgeführt, daß der Schädigungsvorsatz des Angeklagten unter dem Gesichtspunkt seiner Vorstellungen über die mit dem inkriminierten Verhalten allerfalls bewirkte Beeinflussung des Rechtes der verfahrensbeteiligten Anrainerin Dr.Z*** auf eine ihre Interessen berücksichtigende, auf einem rechtskräftigen Bewilligungsbescheid beruhende Betriebsführung zu prüfen ist; diesbezügliche Feststellungen läßt das bekämpfte Urteil vermissen (Z 9 lit a). Schon dieser Urteilsmangel macht eine Urteilsaufhebung und Verfahrenserneuerung in bezug auf das Faktum II 2 unumgänglich, ohne daß es eines Eingehens auf die weiteren Ausführungen in der Nichtigkeitsbeschwerde bedarf.

Im zweiten Rechtsgang wird das erkennende Gericht aber auch zu beachten haben, daß der Rechtfertigungsgrund der Pflichtenkollision nur jenem Täter zugute kommen kann, dem zwei einander ausschließende, in der Rechtsordnung objektivierbare Pflichten dergestalt obliegen, daß die Erfüllung der einen Rechtspflicht zwangsläufig zur Verletzung der anderen führen muß; nur bei Erfüllung der ein höherwertiges oder zumindest gleichwertiges Rechtsgut betreffenden Pflicht tritt in Ansehung der verletzten - jedenfalls nicht überwiegenden - Pflicht Rechtfertigung ein (vgl Leukauf-Steininger, Komm2, RN 43 ff zu § 3; Nowakowski in WK, Nachbem, RN 9 ff zu § 3). Das Vorliegen einer solcherart mit den in Rede stehenden Verfahrensvorschriften kollidierenden, konkret faßbaren unausweichlichen Handlungspflicht findet nach Lage des Falles in den vom Erstgericht an mehrfacher Stelle angeführten allgemein gehaltenen und unsubstantiierten Erwägungen (so etwa der "Erwartung, daß ein Bürgermeister bei seinen Entscheidungen die Interessen der Bürger und der Stadt im Auge behält" - US 111), keine Deckung. Sollten die Tatrichter aber zur Überzeugung gelangen, daß

Angeklagte in einem Rechtsirrtum über das Vorliegen eines vermeintlichen - bei rechtsrichtiger Betrachtung nicht gegebenen - derartigen Rechtfertigungsgrundes verfangen war, wäre zu beachten, daß in diesem Fall eine Tatbestandsverwirklichung nach dem § 302 StGB, ohne daß es einer Prüfung der Vorwerfbarkeit eines solchen Irrtums bedürfte, schon mangels Wissentlichkeit des Befugnismißbrauches ausgeschlossen ist (Mayerhofer-Rieder, StGB3, ENr 10 zu § 5, zuletzt 12 Os 108/89).

Nicht begründet ist die Beschwerde jedoch in bezug auf die übrigen Fakten.

Zu Punkt I 2 des Urteilssatzes:

Dem Urteilssachverhalt zufolge wandte sich Ing.Günther N***, dem mit Bescheid des Baurechtsamtes vom 26.September 1984 die Durchführung von Bauarbeiten am Objekt Klagenfurt, Höhenweg 52, untersagt worden war, am 4.Oktober 1984 an den Angeklagten und brachte vor, daß der bis zur Erledigung seines bereits eigebrachten Antrages auf Baubewilligung erforderliche Zeitaufwand die Fertigstellung des - der Schaffung von 10 bis 15 Arbeitsplätzen dienenden - Bauvorhabens vor Wintereinbruch gefährde. Nachdem der Angeklagte "von den zuständigen Abteilungen" in Kenntnis gesetzt worden war, daß mit der Erteilung einer Baubewilligung "mit Sicherheit zu rechnen sei", wies er, da auch "bereits ein Anrainerkonsens vorlag" und er davon wußte, daß schon im Jahre 1981 dem Vorgänger des Ing.N*** bei Vorliegen "im wesentlichen gleicher Gegebenheiten" eine in der Folge nicht ausgenützte Baubewilligung erteilt worden war, den zuständigen Referenten Dr.M*** an, "die vor Baubewilligung beginnende Bautätigkeit zu tolerieren und den Akt so rasch wie möglich einer Erledigung zuzuführen". Ing.N*** erhielt gleichzeitig vom Angeklagten die Zusicherung, daß er die Bauarbeiten ohne Beanstandung durch die Baupolizei fortsetzen könne. Am 28. November 1984 wurde Ing.N*** nach Durchführung einer Bauverhandlung, in deren Verlauf Einwendungen von Anrainern ausblieben, die Baubewilligung bescheidmäßig erteilt (US 16 f iVm US 102).

Entgegen dem - unsubstantiiert nur allgemein auf die Verantwortung des Angeklagten im Vorverfahren sowie die Aussagen der Zeugen Dr.M*** und Ing.N*** verweisenden - Einwand einer Unvollständigkeit der Urteilsbegründung (Z 5) finden die in der Beschwerde bekämpften Annahmen eines zum Zeitpunkt der inkriminierten Weisungserteilung bereits gegebenen Anrainerkonsenses wie auch der Kenntnis des Angeklagten von der schon vom Vorgänger des Ing.N*** unter im wesentlichen gleichartigen Umständen bewilligten Bauführung in den (ersichtlich von den Tatrichtern als glaubwürdig befundenen) Angaben des Angeklagten und des Zeugen Dr.M*** in der Hauptverhandlung hinreichende Deckung (AS 261, 263/IV und 327 f/IV); konkret gegen diese Feststellung entsprechende Beweisergebnisse vermag die Beschwerde nicht aufzuzeigen. Ausgehend vom oben wiedergegebenen, nach dem Gesagten mängelfrei begründeten Urteilssachverhalt verneinte das Erstgericht eine Tatbestandsverwirklichung im Sinne des Anklagevorwurfes schon in objektiver Hinsicht mit der - von der Beschwerdeführerin aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO mit Recht als unhaltbar gerügten - Begründung, daß die in Rede stehende Weisung am Rechtsbestand der bescheidmäßigen Einstellungsverfügung nichts geändert habe und von einer gesetzwidrigen Bewilligung schon im Hinblick auf die Anordnung der raschestmöglichen Verfahrensdurchführung keine Rede sein könne (US 101 f). Wie schon zu Punkt I 1 dargelegt, läßt die Tatsache der dem Bauwerber Ing.N*** erteilten Erlaubnis, Bauarbeiten ungeachtet eines rechtmäßigen Verbotes fortzusetzen, bei gleichzeitiger Weisung an die zuständige Baubehörde, dieses Verhalten zu tolerieren, zwangsläufig keine andere Deutung zu, als die - in der Kärntner Bauordnung nicht vorgesehene - formlose Erteilung einer solcherart gesetzmäßig nicht gedeckten Baubewilligung schon vor Abschluß des anhängigen Bauverfahrens.

Ob dieses objektiv zweifelsfrei gesetzwidrige Verhalten jedoch auf einem wissentlichen Befugnismißbrauch des Angeklagten beruhte, kann bei der vorliegenden Fallgestaltung dahingestellt bleiben: Im Hinblick darauf, daß sich der Angeklagte durch die formlose Genehmigung einer befristeten Bauführung bei gleichzeitiger Veranlassung der ehestmöglichen vorschriftskonformen Beendigung des bereits anhängigen Bauverfahrens keineswegs "rundweg" über die in Frage kommende Regelung der Kärntner Bauordnung als solche hinwegsetzt, sondern nur einen einzelnen, nämlich die Bauführung vor förmlicher Bewilligung untersagenden Aspekt dieser Gesetzesnorm mißachtet hat, käme nach den eingangs angestellten rechtlichen Erwägungen - zumal Anrainereinwendungen (§ 13 der Kärntner Bauordnung) zufolge des bereits hergestellten Konsenses ausgeschlossen waren - eine zur Tatbestandsverwirklichung nach dem § 302 Abs. 1 StGB erforderlichen Schädigung an einem konkreten öffentlichen Recht nur dann in Frage, wenn die in Rede stehende Gesetzesverletzung den vom Gesetzgeber ins Auge gefaßten Zweck der vernachlässigten Vorschrift - der allein darin erblickt werden kann, daß nur eine den bestehenden Vorschriften entsprechende Bauführung statthaft sein soll - hätte vereiteln oder beeinträchtigen können. Da die Erteilung der förmlichen Baubewilligug im Sinne der bereits erfolgten Antragstellung nach den maßgeblichen Urteilsannahmen jedoch mit Sicherheit zu erwarten und eine der späteren Genehmigung sohin konforme vorangehende Bauführung gewährleistet war, konnte das Erstgericht, welches Feststellungen zur subjektiven Tatseite dem Beschwerdevorbringen zuwider keinesfalls verabsäumt hat (US 110 ff), rechtsrichtig einen Schädigungsvorsatz des Angeklagten in Ansehung des in Rede stehenden Urteilsfaktums und sonach das Vorliegen des objektiven Tatbestandes verneinen (US 113 f). Dies umso mehr, als auch die von der Beschwerdeführerin vermißte Feststellung, der Angeklagte habe zum Zeitpunkt der fraglichen Weisungserteilung gewußt, daß "Baubewilligungen in der Regel unter nicht unerheblichen Auflagen erteilt werden", nach Lage dieses Falles zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung hätte führen können (vgl dazu auch die Aussage des Angeklagten AS 264 unten, 265 oben/IV). Die Nichtigkeitsbeschwerde zum Faktum I 2 ist daher nicht begründet.

Zu Punkt I 3 des Urteilssatzes:

Nach den hier wesentlichen Urteilsannahmen ergab sich im Zuge eines von der Firma Z*** OHG Ende 1981 anläßlich der geplanten Umgestaltung des Gebäudes in Klagenfurt, am Alten Platz, Ecke Badgasse, in die Wege geleiteten Baubewilligungsverfahrens die Notwendigkeit einer - in den Zuständigkeitsbereich des Gemeinderates fallenden - Änderung des Bebauungsplanes. Nach der am 18. Februar 1982 mündlich und am 2.März 1982 auch bescheidmäßig infolge fehlender Baubewilligung angeordneten (in der Folge seitens der Bauwerber auch beachteten) Einstellung der Bauarbeiten ersuchte der Eigentümer des genannten Unternehmens Dr.Peter N***, den zuvor Vertreter sämtlicher im Klagenfurter Gemeinderat vertretenen Parteien von der unmittelbar bevorstehenden Änderung des Bebauungsplanes im Sinne des der beabsichtigten Bauführung entsprechenden Vorschlages der Stadtplanung in Kenntnis gesetzt hatten, den Angeklagten am 5.April 1982 unter Hinweis auf wirtschaftliche Erwägungen um eine Beschleunigung des nur aus förmlichen Gründen verzögerten Bewilligungsverfahrens. Der Angeklagte, der vom bescheidmäßig verfügten Bauverbot keine Kenntnis hatte, vergewisserte sich bei den zuständigen Stellen (Planungsausschuß, Stadtplanung, Stadtsenat), daß die Änderung des Bebauungsplanes genehmigt wird und danach die begehrte Bauführung mit Sicherheit bewilligt werden könne. Daraufhin setzte er noch am gleichen Tage den Leiter der Baurechtsabeilung Dr.S*** von der bevorstehenden Änderung des Bebauungsplanes in Kenntnis und wies ihn an, einerseits die Bauverhandlung schon vor der Rechtswirksamkeit dieser Planänderung durchzuführen, den Bewilligungsbescheid zwecks Information des Bauwerbers über die zu erfüllenden Auflagen fertigzustellen, mit der Zustellung des Bescheides jedoch bis zur Rechtswirksamkeit des neuen Bebauungsplanes zuzuwarten und andererseits im Falle einer schon vor der förmlichen Bewilligung beginnenden Bauführung nicht einzuschreiten. Mit dem - vom Anklagevorwurf allein erfaßten - letzteren Teil dieser Weisung wollte der Angeklagte nach Überzeugung des Erstgerichtes "in den letzten drei oder vier Tagen" vor dem Beschluß des Gemeinderates einen "unnötigen Verwaltungsaufwand" verhindern, weil die "Bewilligung ohnedies sicher war".

Mit Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 19.April 1982 wurde der das fragliche Bauprojekt betreffende Bebauungsplan im Sinne des von der Stadtplanung vorgelegten Gestaltungsplanes geändert. Bei der am 23.April 1982 abgeführten Bauverhandlung wurde ein Baubewilligungsbescheid erlassen, dessen Wirksamkeit aber ausdrücklich an das Inkrafttreten des neuen Bebauungsplanes geknüpft; nachdem die Verordnung über den neuen Bebauungsplan (mit Ablauf des Kundmachungstages am 27.April 1982) in Kraft getreten war, wurde der Bewilligungsbescheid formell am 29. April 1982 expediert. Eine tatsächliche Bauführung ist in der Folge im Hinblick auf zivilrechtliche Schritte eines im fraglichen Gebäude eine Rechtsanwaltskanzlei betreibenden Mieters unterblieben (US 18 ff iVm US 114).

Mit dem Vorwurf der Heranziehung von in der Hauptverhandlung nicht vorgeführten Beweisen (Z 5) bekämpft die Beschwerdeführerin zunächst die (Einzelheiten des Bewilligungsverfahrens seit 1981 wiedergebenden) "in US 18 ab dem 2.Absatz bis US 19, 4.Absatz" enthaltenen Feststellungen. Diese erweisen sich aber als nicht entscheidungswesentlich. Insbesondere kann dahingstellt bleiben, ob das (in der Hauptverhandlung verlesene) Schreiben der Magistratsabteilung 2 A-Stadtplanung vom 9.Februar 1982 tatsächlich im Sinne der Urteilsannahmen auch der bauwerbenden Firma Z*** zugekommen ist: Entscheidend bleibt in diesem Zusammenhang allein die - unbekämpft gebliebene - Tatsache, daß die Stadtplanung in dieser formell an die Unterabteilung 1 B Baurechtsamt gerichteten Schreiben eine Abänderung des Bebauungsplanes aus Gründen der Verbesserung des Orts- und Straßenbildes im Altstadtbereich der Badgasse ausdrücklich befürwortet und diese Beurteilung augenscheinlich die Zustimmung der Baurechtsabteilung gefunden hat (AS 51 f/I).

Den Annahmen, denen zufolge sich der Angeklagte vor der inkriminierten Weisung vom 5.April 1982 darüber informierte, daß keine Widerstände gegen die beabsichtigte Bauführung zu erwarten waren, und nach denen er Dr.S*** von der mit Sicherheit zu erwartenden Änderung des Bebauungsplanes in Kenntnis setzte, stehen dem Beschwerdestandpunkt zuwider keine mit Stillschweigen übergangenen Beweisergebnisse entgegen: Der Umstand, daß der Angeklagte vor der Polizei und dem Untersuchungsrichter derartige Rückfragen unerwähnt gelassen hat, ohne diese andererseits auf irgendeine Weise in Frage zu stellen, berechtigten die Tatrichter (nicht wie im anders gelagerten Faktum I 1) der eine derartige Überprüfung behauptenden Verantwortung in der Hauptverhandlung ohne näheres Eingehen auf die früheren Angaben Glauben zu schenken; die Einlassung des Angeklagten vor dem Untersuchungsrichter, ihm sei durch die Vorbereitung im Planungsausschuß und im Stadtsenat "klar gewesen, daß die Änderung im Gemeinderat beschlossen wird" (AS 9 a/IV), steht wiederum mit der in der Hauptverhandlung gewählten Wortwahl der mit Sicherheit erwarteten Beschlußfassung durchaus im Einklang und bedurfte demnach gleichfalls keiner beweiswürdigenden Auseinandersetzung; schließlich findet auch die Behauptung in der Nichtigkeitsbeschwerde, Dr.S*** habe eine derartige Information des Angeklagten trotz Befragung unerwähnt gelassen, in den von der Beschwerde angeführten Belegstellen keine Deckung (AS 409/I, 14 f/IV, 321/IV).

Dem gegen die Urteilsannahme der fehlenden Kenntnis des Angeklagten von der am 2.März 1982 bescheidmäßig verfügten Baueinstellung erhobenen Beschwerdeeinwand fehlt es an entscheidungswesentlicher Bedeutung: Ob nämlich der Angeklagte mit der in Rede stehenden Weisung angeordnet hat, ohne Baugenehmigung erstmals in Angriff genommene oder aber trotz eines Einstellungsgebotes fortgesetzte Bautätigkeiten zu tolerieren, läuft im Ergebnis auf eine rechtlich gleichwertige Verletzung einer nach der Kärntner Bauordnung verbotenen Bauführung ohne formelle Baubewilligung hinaus.

Als nicht stichhältig erweist sich letztlich auch der in Ansehung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite ins Treffen geführte Vorwurf, das Erstgericht habe sich mit dem Eingeständnis des Angeklagten vor dem Untersuchungsrichter, bewußt gegen zwingende Vorschriften verstoßen zu haben, nicht auseinandergesetzt. Die Annahme der beabsichtigten Hintanhaltung eines "unnötigen Verwaltungsaufwandes" (US 21) gibt im Zusammenhang gelesen nur das dem Angeklagten vom Erstgericht zugebilligte Motiv für die ohnedies als erwiesen angenommene bewußte Mißachtung der in Rede stehenden Verfahrensvorschrift wieder. Unter diesem Gesichtspunkt kann auch von einem Widerspruch der festgestellten, zwischen der Weisungserteilung am 5.April 1982 und der Expedierung des Baubewilligungsbescheides vom 29.April 1982 verstrichenen Zeitspanne unter Annahme eines bloß drei- oder viertägigen Zeiterfordernisses (US 22) keine Rede sein; stellt doch die zuletzt zitierte Formulierung unmißverständlich nur auf das Wissen des Angeklagten von der unmittelbar bevorstehenden Änderung des Bebauungsplanes und der darauf folgenden Baubewilligung, nicht aber auf eine datumsmäßig bereits feststehende Beendigung des Bauverfahrens ab. In Ausführung der Rechtsrüge (Z 9 lit a) zeigt die Beschwerdeführerin zunächst mit Recht die - wie zum vorangegangenen Faktum - verfehlte Rechtsauffassung des Erstgerichtes auf. Die Weisung, eine Bauführung auch vor rechtskräftiger Baubewilligung zu tolerieren, stellt nämlich - wie schon oben dargelegt - ohne Zweifel eine verwaltungsrechtlichen Grundsätzen widerstreitende, dessen ungeachtet aber nach außen hin wirksame, formlose Baubewilligung unter Verletzung der eine derartige Regelung verbietenden Kärntner Bauordnung dar. Eine Prüfung dahingehend, ob diese Gesetzesmißachtung auf einen wissentlichen Befugnismißbrauch im Sinne des Anklagevorwurfes zurückzuführen ist, kann jedoch, wie auszuführen sein wird, zufolge Fehlens der zur Tatbestandsverwirklichung unabdingbaren Schädigungskomponente unterbleiben:

Im Hinblick darauf, daß der Angeklagte die Abführung des bereits anhängigen Bauverfahrens unter Beachtung der in der Kärntner Bauordnung vorgeschriebenen Richtlinien grudsätzlich nicht beeinflußt, sondern sich nur über eine einzige spezielle Vorschrift, nämlich die Bindung einer bewilligungspflichtigen Bauführung an eine förmliche Baubewilligung hinweggesetzt hat, kann von einer bereits für sich allein zur Schädigung eines konkreten Rechtes der Gebietskörperschaft führenden totalen Negierung der maßgeblichen Kärntner Bauordnung keine Rede sein. Daraus folgt, daß zur Klärung der Frage, ob der Angeklagte mit Schädigungsvorsatz gehandelt hat, der mit der verletzten Gesetzesnorm verknüpfte materielle Gesetzeszweck heranzuziehen ist, welcher - wie schon zum Faktum I 2 ausgeführt - darin besteht, eine der Sach- und Rechtslage entsprechende und allenfalls zu erteilenden Auflagen Rechnung tragende Bauführung sicherzustellen. Den maßgeblichen Urteilsannahmen zufolge konnte sich der Angeklagte der bevorstehenden Änderung des Bebauungsplanes ebenso wie der unmittelbar darauffolgenden Erteilung der förmlichen Baubewilligung, deren Auflagen dem Bauwerber schon vorher zur Kenntnis zu bringen waren, sicher sein. Eine den Intentionen des Gesetzgebers zuwiderlaufende Bauführung war sohin nach seiner Vorstellung ausgeschlossen. Zu Recht hat das Erstgericht dementsprechend einen Schädigungsvorsatz des Angeklagten verneint. Daran vermag auch die in der Beschwerde hervorgehobene Tatsache nichts zu ändern, daß das Unterbleiben einer Bauführung sowohl während des unter Anklage gestellten Zeitraumes, als auch nach erteilter förmlicher Baubewilligung nur auf zivilrechtliche Schritte des Mieters Dr.H*** zurückzuführen war: Nach den - auch von der Beschwerdeführerin nicht in Zweifel gestellten - Urteilsannahmen hat dieser Mieter wegen eines privatrechtlichen Anspruches den Zivilrechtsweg zur Verhinderung der in Rede stehenden Bauführung beschritten. Im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Bauverfahrens hätten indes nur - nach der gegebenen Aktenlage hier nicht aktuelle (siehe dazu insbesondere die Verhandlungsschrift über den gemäß dem § 12 Kärntner Bauordnung durchgeführten Augenschein, AS 63 f/I) - subjektiv-öffentliche Anrainerrechte Beachtung finden können (vgl Heindl-Loebenstein-Verosta, Das österreichische Recht VIII h Anm zu § 18 der Kärntner Bauordnung).

Auch zu diesem Urteilspunkt kommt der Nichtigkeitsbeschwerde daher keine Berechtigung zu.

Es war sonach insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Anmerkung

E21095

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0130OS00005.9.0613.000

Dokumentnummer

JJT_19900613_OGH0002_0130OS00005_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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