TE OGH 1990/7/3 14Os54/90 (14Os55/90)

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Veröffentlicht am 03.07.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.Juli 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Hörburger und Dr. Markel als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Pilnacek als Schriftführer in der Strafsache gegen Klaus F*** und andere Angeklagte (hier: Stefan L***) wegen des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG sowie § 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Stefan L*** sowie die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft (in Ansehung des Angeklagten Stefan L***) gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 14.Dezember 1989, GZ 8 Vr 149/89-133, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kodek und des Verteidigers Dr. Stampfer jedoch in Abwesenheit des Angeklagten Stefan L*** zu Recht erkannt:

Spruch

I. Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Stefan L*** werden zurückgewiesen.

II. Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird verworfen.

III. Gemäß § 290 Abs 1 StPO wird das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Angeklagten Stefan L*** laut Punkt V des Urteilssatzes (Vergehen nach § 295 StGB), demgemäß auch in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch (mit Ausnahme des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung) sowie im Verfallsausspruch hinsichtlich des auf Stefan L*** lautenden Sparbuches der E*** Ö*** S***-C***

Konto-Nr 7953-67880 (Einlagestand 400.764,47 S) aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

1. Stefan L*** wird von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe am 19.Jänner 1989 in Wien dadurch, daß er ca 75 g Kokain und 250 g Marihuana in die Toilette spülte, während erhebende Sicherheitsbeamte gerade im Begriffe waren, seine Wohnung zu betreten, ein Beweismittel, das zur Verwendung in einem gerichtlichen Verfahren bestimmt war und über das er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, daß es im Verfahren gegen den abgesondert verfolgten Rudolf W*** gebraucht werde, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Für die ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruches zur Last liegenden strafbaren Handlungen, nämlich das teils vollendete, teils versuchte Verbrechen nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG und § 15 StGB (I/A/2 und I/B/4), das Vergehen nach § 16 Abs 1 SGG (III/D) und das Verbrechen der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB (IV) wird Stefan L*** gemäß §§ 28 Abs 1 StGB, 12 Abs 3 SGG zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.

2. Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

3. Der Antrag der Staatsanwaltschaft, gemäß § 13 Abs 2 erster Satz SGG auf Verfall des auf Stefan L*** lautenden Sparbuches der E*** Ö*** S***-C*** Konto-Nr 7953-67880 (Einlagestand 400.764,47 S) zu erkennen, wird abgewiesen.

IV. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Stefan L*** die Kosten des Verfahrens über seine Rechtsmittel zur Last.

V. Der Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Urteilsberichtigungsbeschluß betreffend den Angeklagten Peter S*** wird nicht Folge gegeben.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde neben anderen Angeklagten der am 16.April 1952 geborene Stefan L*** des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG und § 15 StGB (I/A/2 und I/B/4), des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG (III/D), des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB (IV) und des Vergehens der Unterdrückung eines Beweismittels nach § 295 StGB (V) schuldig erkannt und gemäß § 12 Abs 1 (gemeint: Abs 3 - vgl US 10) SGG unter Bedachtnahme auf § 28 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 48 Monaten verurteilt.

Gemäß §§ 13 Abs 1, 16 Abs 3 SGG wurden die beschlagnahmten Suchtgifte (darunter insb 42 kg Haschisch, die Gegenstand des Suchtgiftverbrechens laut Punkt I/A/2 waren) eingezogen. Gemäß § 13 Abs 2 erster Satz SGG wurde auf Verfall des auf Stefan L*** lautenden Sparbuches der E*** Ö***

S***-C*** Konto-Nr 7953-67880 (Einlagestand 400.764,47 S) erkannt. Nach dem Inhalt des Schuldspruches hat Stefan L***

(zu I) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer übergroßen Menge (§ 12 Abs 3 Z 3 SGG)

(I/A/2) in Verkehr zu setzen versucht, indem er im Jänner 1989 in Graz und Wien zwei Koffer mit ca 42 kg Haschisch an einen Suchtgifthändler mit dem Decknamen "ALI" zum Zwecke der Weitergabe an unbekannt gebliebene Suchtgifthändler übergeben wollte, wobei die Vollendung der Tat nur deswegen unterblieb, weil er nach Besprechung mit dem Suchtgifthändler vor Abholung und Verbringung dieser beiden Koffer von Kainbach nach Wien noch am 19.Jänner 1989 in Wien verhaftet wurde;

(I/B/4) in Verkehr gesetzt, indem er Mitte Jänner 1989 in Graz dem Klaus F*** 3 kg Haschisch zum vereinbarten Preis von 55.000 S übergab;

(zu III/D) außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SGG den bestehenden Vorschriften zuwider in den Jahren 1988 und 1989 in Wien und anderen Orten Österreichs nicht näher bekannte Mengen von Haschisch, Marihuana und Kokain zum Eigenkonsum erworben und besessen;

(zu IV) nach dem 20.Jänner 1989 in Graz den Klaus F*** der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, indem er ihn bei seiner Vernehmung vor Beamten des Landesgendarmeriekommandos für Steiermark aus Verärgerung dahin belastete, von ihm 50 kg Haschisch bezogen zu haben, ihn mithin einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohten Handlung, nämlich des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG falsch verdächtigt, wobei er wußte, daß die Verdächtigung falsch war;

(zu V) am 19.Jänner 1989 in Wien dadurch, daß er ca 75 g Kokain und 250 g Marihuana in die Toilette spülte, während erhebende Sicherheitsbeamte gerade im Begriffe waren, seine Wohnung zu betreten, ein Beweismittel, das zur Verwendung in einem gerichtlichen Verfahren bestimmt war und über das er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, daß es im Verfahren gegen den abgesondert verfolgten Rudolf W*** gebraucht werde.

Hingegen wurde Stefan L*** von der Anklage (Anklagepunkt III/D), er habe am 19.Jänner 1989 in Wien Suchtgift zu erwerben versucht, indem er sich von dem abgesondert verurteilten Rudolf W*** 80 g Kokain ins Haus bringen ließ, wobei die Vollendung der Tat nur deshalb unterblieb, weil er von oberservierenden Sicherheitsbeamten betreten wurde, gemäß § 259 Z 3 StPO, sowie von der Anklage (Anklagepunkt I/B/4/b, modifiziert lt S 100/III), um den 5. Jänner 1989 in Wien und anderen Orten Österreichs bei nicht näher bekannten Suchtgiftabnehmern 10 kg Haschisch in Verkehr gesetzt zu haben, gemäß § 259 Z 2 StPO freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Zu den Rechtsmitteln des Angeklagten L***:

Nachdem sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung Bedenkzeit vorbehalten hatte, meldete er am 18.Dezember 1989 rechtzeitig Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung "wegen Strafe" an (ON 136/III). Eine Urteilsausfertigung zur Ausführung dieser Rechtsmittel wurde dem Angeklagten zu Handen seines Verteidigers am 13.Feber 1990 zugestellt (Rückschein bei S 105/III). Die Rechtsmittelausführung wurde allerdings erst am 13.März 1990, somit außerhalb der hier maßgeblichen Normalfrist von 14 Tagen (§§ 285 Abs 1, 294 Abs 2 StPO) zur Post gegeben (S 189/III) und ist daher verspätet. Da auch in der Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde keiner der im § 281 Abs 1 Z 1 bis 11 StPO angegebenen Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet worden ist, war die Nichtigkeitsbeschwerde zurückzuweisen (§§ 285 a Z 2, 285 c Abs 2, 285 d Abs 1 Z 1 StPO). In gleicher Weise war mit der Berufung des Angeklagten zu verfahren, weil deren Anmeldung, obwohl mehr als eine Strafe oder sonstige Unrechtsfolge über ihn ausgesprochen worden ist, keine Erklärung darüber enthält, gegen welche von ihnen sich die Berufung richtet (§§ 294 Abs 2, 296 Abs 3 StPO).

Bemerkt sei, daß die erst nach Urteilszustellung erfolgte Urteilsberichtigung (ON 143/III) auf den Lauf der Rechtsmittelausführungsfrist keinen Einfluß zu üben vermochte (vgl Mayerhofer-Rieder StPO2 E 5 zu § 285), weil diese Berichtigung nicht den Angeklagten L*** betraf (12 Os 86/89 nv).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

Die Staatsanwaltschaft sieht den von ihr bekämpften Freispruch des Angeklagten Stefan L*** vom Anklagevorwurf des versuchten Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG hinsichtlich 80 g Kokain (Anklagepunkt III/D) mit Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 5 StPO behaftet, weil eine Begründung für die Urteilsannahme fehle, der Angeklagte habe von Rudolf W*** kein Suchtgift zu erwerben versucht.

Das Erstgericht hat dazu ausgeführt (US 11 verso), es könne dem Angeklagten nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden, daß er tatsächlich vom Kauf von etwa 80 g Kokain sowie 250 g Marihuana durch Rudolf W*** wußte bzw an diesem Kauf beteiligt war. W*** habe sich in seinem (gesondert geführten) Strafverfahren dahingehend verantwortet, daß es zwar richtig sei, daß er das für den Kauf benötigte Geld aus dem Firmenkonto der gemeinsamen Firma mit L*** entnahm, jedoch L*** von der Tatsache des Kaufes oder des beabsichtigten Kaufes nichts wußte. Damit hat aber das Erstgericht deutlich genug auch zum Ausdruck gebracht, daß es der den Angeklagten entlastenden Aussage des Rudolf W*** in dem gegen ihn selbst geführten Strafverfahren (AZ 8 Vr 167/89 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz) so entscheidendes Gewicht beigemessen hat, daß es einen Schuldspruch des Angeklagten L*** "nicht mit Sicherheit" zu begründen vermochte. Die Tatrichter folgten somit der Verantwortung des Rudolf W***, er habe das Suchtgift für den Eigenbedarf erworben und nicht beabsichtigt, es bei L*** zu lassen (S 255, 258 im bezeichneten Beiakt), der somit einen versuchten Erwerb des Suchtgiftes durch L*** in Abrede gestellt hat. Daß eben diese Angaben des W*** in jenem Parallelverfahren einer anderen Würdigung unterzogen worden sind und dort bei "korrespondierendem Sachverhalt" zu einer Verurteilung des Rudolf W*** wegen Verkaufes von 80 g Kokain an Stefan L*** geführt haben (§ 12 Abs 1 SGG), stellt keinen Begründungsmangel dar, weil die vorliegend gegebene Würdigungsvariante immerhin denkmöglich ist und nicht der allgemeinen Lebenserfahrung widerspricht.

Der Widerspruch der (bekämpften) Feststellung zu der im Urteil ebenfalls enthaltenen (offenbar aus der Anklageerzählung ÄS 486/IIÜ unreflektiert übernommenen) Behauptung, Stefan L*** habe zu Beginn des Jahres 1989 (sehr wohl) versucht, vom abgesondert verurteilten Rudolf W*** ca 80 g Kokain zu erwerben (US 7), wurde nicht geltend gemacht.

Der auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützte Einwand eines Feststellungsmangels vernachlässigt in prozeßordnungswidriger Weise den Ausspruch des Schöffengerichtes, daß es auf Grund der gegebenen Beweislage eben keine dem Anklagevorwurf entsprechenden Feststellungen treffen konnte.

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war daher zu verwerfen.

Zu den Maßnahmen nach § 290 Abs 1 StPO:

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerden hat sich der Oberste Gerichtshof allerdings davon überzeugt, daß im vorliegenden Urteil zum Nachteil des Angeklagten Stefan L*** das Strafgesetz unrichtig angewendet worden ist.

Der Schuldspruch wegen Unterdrückung eines Beweismittels nach § 295 StGB (V) ist mit Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO behaftet, weil Objekt dieses Tatbestandes nur ein Gegenstand sein kann, der zur Verwendung als Beweismittel in einem gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren bestimmt ist. Nach übereinstimmender Lehre und Rechtsprechung (Pallin im WK Rz 1; Leukauf-Steininger Komm2 RN 3, 4; Mayerhofer-Rieder StGB2 Anm 1 und E 2; Foregger-Serini StGB4 Anm II je zu § 295 StGB und die dort zitierte Judikatur) erfordert diese Verwendungsbestimmung zwar keinen formellen Widmungsakt, wohl aber einen schon im Tatzeitpunkt bestehenden maßgeblichen Willensentschluß zu entsprechender Verwendung. Davon kann keine Rede sein, wenn - wie hier - die strafbare Handlung, zu deren Nachweis das Beweismittel geeignet gewesen wäre, der Behörde zum Zeitpunkt der Tathandlung noch gar nicht bekannt war, vielmehr eben durch diese Tat unbekannt bleiben sollte und ihr erst durch ein nachträgliches Eingeständnis des Täters geoffenbart wurde. Im Urteil finden sich keine den Schuldspruch bei richtiger rechtlicher Beurteilung tragenden Feststellungen. Solche hätten nach der Aktenlage auch gar nicht getroffen werden können.

Die Tat ist aber auch nicht als Begünstigung (des Rudolf W***) strafbar, weil es dem Angeklagten ersichtlich auch darauf ankam, seine eigene Strafverfolgung in Ansehung des beseitigten Suchtgiftes zu verhindern (§ 299 Abs 3 StGB).

In diesem Punkte war daher ein Freispruch zu fällen. Aber auch der den Angeklagten Stefan L*** treffende Verfallsausspruch in Ansehung des auf seinen Namen lautenden Sparbuches der E*** Ö*** S***-C***

Konto-Nr 7953-67880 mit einem Einlagestand von 400.764,47 S beruht auf einem Rechtsirrtum.

Gemäß § 13 Abs 2 erster Satz SGG ist auf Verfall des (Suchtgift-)Erlöses zu erkennen, wenn das Suchtgift selbst, obwohl die Einziehung nach Abs 1 zulässig wäre, nicht eingezogen werden kann. Der Verfall nach § 13 Abs 2 SGG ist (ebenso wie die dort vorgesehene Wertersatzstrafe) eine Nebenstrafe und daher von einem Schuldspruch wegen einer nach § 12 SGG strafbaren Handlung abhängig, deren Gegenstand das Suchtgift war, dessen Erlös für verfallen erklärt werden soll. Ein solcher Schuldspruch wurde nicht gefällt, vielmehr wurde der Angeklagte Stefan L*** gerade von dem Anklagevorwurf (Anklagepunkt I/B/4/b, modifiziert lt S 100/III), der sich eben auf jene Suchtgiftgeschäfte bezogen hat, deren Erlös sich nach den Annahmen der Anklagebehörde auf dem Sparbuch befände, infolge des vom Ankläger in der Hauptverhandlung insoweit erklärten (S 100/III) Rücktritts von der Anklage gemäß § 259 Z 2 StPO freigesprochen. Ein selbständiger Ausspruch des Verfalls von Suchtgifterlösen aber, wie er nach § 13 SGG aF möglich war und wie er dem Erstgericht anscheinend vorschwebte (US 11), ist im Gesetz - anders bei der vorbeugenden Maßnahme der Einziehung nach § 13 Abs 1 SGG - nicht mehr vorgesehen (vgl Leukauf-Steininger Nebengesetze2 2.ErgH 1985 Anm D zu § 13 SGG).

Durch den in Rede stehenden Verfallsausspruch hat daher der Gerichtshof seine Strafbefugnis überschritten (§ 281 Abs 1 Z 11 StPO), weshalb dieser Ausspruch aufzuheben und der darauf gerichtete Antrag der Staatsanwaltschaft abzuweisen war. Kein Rechtsirrtum ist hingegen dem Erstgericht - der Auffassung der Generalprokuratur zuwider - bei der Subsumtion des dem Schuldspruch laut Punkt I/A/2 des Urteilssatzes zugrunde liegenden Sachverhalts als versuchtes Verbrechen nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG (Versuch des Inverkehrsetzens von 42 kg Haschisch) unterlaufen. Nach den dazu getroffenen maßgeblichen Feststellungen im Spruch (US 1 verso) und den sich darauf beziehenden Gründen (US 6 und verso) - die damit zum Teil in Widerspruch stehenden, aber weder von der Staatsanwaltschaft noch vom Angeklagten (rechtzeitig) bemängelten (§ 281 Abs 1 Z 5 StPO) Ausführungen an anderer Stelle des Urteils (US 9) haben im gegebenen Zusammenhang außer Betracht zu bleiben (vgl Mayerhofer-Rieder StPO2 E 94 a zu § 260) - hat Stefan L*** zwischen Ende Dezember 1988 und dem 17.Jänner 1989 vom Suchtgifthändler "ALI" zwei Schalenkoffer mit 45 kg Haschisch übernommen. Da er diese "heiße Ware" nicht unnötig in seinem Wiener Geschäft herumstehen lassen wollte, verbrachte er sie in das Haus seiner Eltern nach Kainbach /Stmk. Aus dieser Suchtgiftmenge entnahm er in der Folge 3 kg Haschisch (die ihm als Provision zugesagt worden waren) und verkaufte dieses Suchtgift Mitte Jänner 1989 an Klaus F*** (Faktum I/B/4). In der Zwischenzeit meldete sich wieder der Suchtgifthändler bei ihm mit dem Hinweis, er habe bereits ein Geschäft eingeleitet, wobei der Angeklagte dem "ALI" gegenüber erklärte, er möge ihm vorher Bescheid geben, um das Suchtgift rechtzeitig von Kainbach nach Wien zu bringen. Eine weitere Verständigung mit dem Suchtgifthändler mußte jedoch unterbleiben, da L*** am 19.Jänner 1989 verhaftet und bei ihm die 42 kg Haschisch sichergestellt wurden.

Damit liegt aber keine bloße Bevorratung von Suchtgift mit dem ins Auge gefaßten Ziel vor, es erst zu einem noch ungewissen ferneren Zeitpunkt auf noch ungewisse Weise bei unbestimmten Personen in Verkehr zu setzen, was bis zur Suchtgiftgesetznovelle 1985 straflose Vorbereitungshandlung in bezug auf den entsprechenden Deliktsfall des § 12 Abs 1 SGG war, seither aber als Vergehen nach § 14 a SGG strafbar ist (vgl Foregger-Litzka SGG2 S 31 f; Kodek Suchtgiftgesetz RN 5.1.3 zu § 12 und die dort zitierte Judikatur; vgl auch 13 Os 129/88 nv). Der Angeklagte Stefan L*** war vielmehr entschlossen, das übernommene Suchtgift dem ihm persönlich bekannten Suchtgifthändler "ALI" in einer telefonisch noch zu vereinbarenden Weise auf jederzeitigen Abruf zurückzustellen und damit in Verkehr zu setzen. Ein solches Verhalten liegt aber als Zwischenlagerung (13 Os 129/88) im unmittelbaren Vorfeld der Tatbestandsverwirklichung (vgl Leukauf-Steininger Komm2 § 15 RN 6 ff) und wurde daher vom Erstgericht zu Recht als Versuch des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG beurteilt.

Zur Strafneubemessung:

Bei der zufolge Aufhebung auch des Strafausspruches notwendig gewordenen Strafneubemessung waren erschwerend: das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit einem Vergehen, zwei einschlägige Vorstrafen des Angeklagten L*** wegen Verbrechens nach dem Suchtgiftgesetz (S 29/II) und daß die verbrechensgegenständliche Suchtgiftmenge die Übermenge nach § 12 Abs 3 Z 3 SGG ihrerseits um etwa das Fünffache übersteigt (vgl S 191/II); mildernd hingegen: das umfassende Geständnis, daß das Suchtgiftverbrechen im wesentlichen beim Versuch geblieben ist und die Sicherstellung eines Großteils des Suchtgiftes

Bei dem hier vorgesehenen Strafrahmen von 1 bis zu 15 Jahren entspricht eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren der unrechtsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) des Angeklagten Stefan L***. Die Kostenentscheidung findet ihre Begründung in der angeführten gesetzlichen Bestimmung.

Zur Beschwerde der Staatsanwaltschaft

(§ 270 Abs 4 StPO):

Mit Beschluß vom 21.Feber 1990 (ON 143) hat der Vorsitzende die Urteilsausfertigung in Ansehung der über den Mitangeklagten Siegfried JAN verhängten, dort zunächst mit 200.000 S ausgewiesenen Wertersatzstrafe (§ 13 Abs 2 SGG) dem Antrag der Staatsanwaltschaft entsprechend dem mündlich verkündeten Ausmaß von 600.000 S angeglichen. Der weitere Antrag der Staatsanwaltschaft, die in der Urteilsausfertigung mit 500.000 S angegebene Wertersatzstrafe über den Angeklagten Peter S*** der nach ihrer Auffassung gleichfalls mit 600.000 S mündlich verkündeten Höhe anzugleichen, wurde abgewiesen.

Die dagegen gerichtete Beschwerde (§ 270 Abs 4 StPO) des öffentlichen Anklägers ist unbegründet, weil eine Wertersatzstrafe von 500.000 S bei S*** dem nach den Urteilsfeststellungen gegebenen Wert (von 100.000 S pro Kilogramm) jener schuldspruchgegenständlichen Suchtgiftmenge von 5 kg Haschisch entspricht, die nicht mehr sichergestellt werden konnte (US 11). Es ist daher - in Übereinstimmung mit den Aufzeichnungen des Vorsitzenden und des Schriftführers - davon auszugehen, daß die Wertersatzstrafe auch tatsächlich in dieser gesetzlich determinierten (§ 13 Abs 2 SGG) Höhe verkündet worden ist.

Anmerkung

E21583

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0140OS00054.9.0703.000

Dokumentnummer

JJT_19900703_OGH0002_0140OS00054_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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