TE OGH 1989/8/31 12Os86/89

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Veröffentlicht am 31.08.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 31.August 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Vrabl-Sanda als Schriftführerin in der Strafsache gegen Predrag S*** und andere wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143, zweiter und letzter Fall, StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Predrag S*** sowie über die Berufung des Angeklagten Miroslav K*** gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 6. April 1989, GZ 20 j Vr 4.697/88-219, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Predrag S*** und Miroslav K*** die Kosten des bisherigen Verfahrens über ihre Rechtsmittel zur Last.

Text

Gründe:

Predrag S*** und Miroslav K*** wurden des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143, zweiter und letzter Fall, StGB schuldig erkannt und hiefür zu Freiheitsstrafen verurteilt. Darnach haben sie am 6.Mai 1988 in Mödling im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit Radmila S*** und Olga G*** (die deshalb rechtskräftig mitverurteilt wurden) als Mittäter die Irmgard W*** mit Gewalt gegen ihre Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe, nämlich dadurch, daß sie eine geladene Gaspistole gegen sie richteten, ihr in der Folge mit dieser Gaspistole zahlreiche Schläge versetzten, sie zu Boden rissen, fesselten, knebelten, würgten und ihr einen Polster auf das Gesicht drückten, fremde bewegliche Sachen, nämlich 480 S Bargeld mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei die Gewaltanwendung den Tod der Irmgard W*** zur Folge hatte.

Dieses Urteil gründet sich auf den Wahrspruch der Geschwornen, welche die - für jeden Angeklagten gesondert - an sie gerichteten anklagekonformen Hauptfragen nach bewaffnetem Raub mit Todesfolge jeweils stimmeneinhellig bejaht und demgemäß die Eventualfragen nach Mord unbeantwortet gelassen haben. Weitere Fragen wurden den Geschwornen nicht gestellt.

Den Schuldspruch bekämpft lediglich der Angeklagte Predrag S*** mit Nichtigkeitsbeschwerde, in deren am 18.Mai 1989 eingebrachter Ausführung (ON 245) er den Nichtigkeitsgrund der Z 6 des § 345 Abs. 1 StPO geltend macht. In einer weiteren - nach Zustellung einer an den Inhalt des mündlich verkündeten Urteils angeglichenen (SSt 47/50) Urteilsausfertigung am 7.Juni 1989 überreichten - Beschwerdeausführung (ON 253) stützt er sich zudem auf die Z 13 des § 345 Abs. 1 StPO. Den Strafausspruch fechten beide Angeklagten mit Berufung an.

Rechtliche Beurteilung

Nicht gesetzmäßig ausgeführt ist die Nichtigkeitsbeschwerde, soweit der Angeklagte Predrag S*** eine Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung (Z 6) mit der Behauptung reklamiert, daß "aufgrund des gesamten Vorbringens des Rechtsmittelwerbers in der Hauptverhandlung, (nach) den Feststellungen aus dem Beweisverfahren und dem gesamten Akteninhalt eine weitere Eventualfrage in Richtung der §§ 86, 88 in Verbindung oder anschließend mit § 127 StGB notwendig gewesen wäre", weil "sich eine solche Fragestellung eher mit dem festgestellten Sachverhalt deckt, als die tatsächlich gestellten Fragen". Dieses Vorbringen erschöpft sich nämlich der Sache nach in der bloßen Wiedergabe der gesetzlichen (abstrakten) Umschreibung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (§ 345 Abs. 1 Z 6 iVm § 314 Abs. 1 StPO), ohne auch nur anzudeuten, nach welchem konkreten Tatsachenvorbringen in der Hauptverhandlung die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat unter ein anderes Strafgesetz fiele. Der sohin unsubstantiierte Einwand ist daher einer Nichtigkeitsbeschwerde gleichzuachten, die den angerufenen Nichtigkeitsgrund bloß ziffernmäßig bezeichnet und die daher nach §§ 285 a Z 2, 344 StPO zurückzuweisen ist (vgl Mayerhofer-Rieder2, E 44 zu § 285 a StPO).

Auf den erst in der zweiten Beschwerdeausführung enthaltenen Einwand gesetzwidriger Strafbemessung (Z 13 zweiter Anwendungsfall) war gleichfalls nicht einzugehen. Bei gleichzeitiger Aburteilung mehrerer Angeklagter beginnt nämlich von der Zustellung einer verbesserten (angeglichenen oder berichtigten) Urteilsausfertigung an den Rechtsmittelwerber für diesen eine neue Ausführungsfrist (Mayerhofer-Rieder2, E 5 zu § 285 StPO) nur dann zu laufen, wenn sich die Verbesserung auf die gegen ihn ergangene Entscheidung bezieht, liegt doch dieser Auslegung der §§ 270 Abs. 4, 285 StPO die Überlegung zugrunde, dem Beschwerdeführer die volle Frist zur Ausführung seiner Beschwerdegründe in ungeschmälerter Kenntnis des ihn betreffenden Urteilsinhalts zu wahren. Nachdem aber ein Angeklagter zu Einwendungen gegen Urteilsinhalte, die ihn überhaupt nicht tangieren, nicht legitimiert ist, besteht zu einer derartigen Interpretation im Falle der Berichtigung oder Angleichung eines Urteils in einem bloß einen Mitangeklagten betreffenden Punkt kein Anlaß. Es würde vielmehr solcherart in Einzelfällen eine von Zufälligkeiten abhängende, sachlich nicht zu rechtfertigende und letztlich gleichheitswidrige Verlängerung der Rechtsmittelausführungsfrist bewirkt werden.

Hier wurde durch den Verbesserungsbeschluß (ON 249) eine Angleichung der Urteilsausfertigung an das mündlich verkündete Urteil in Ansehung eines ausschließlich die Mitangeklagten Miroslav K*** und Olga G*** betreffenden Milderungsgrundes

vorgenommen, von der das Urteil gegen den Beschwerdeführer in keiner Weise berührt wurde. Durch die Zustellung der so verbesserten Ausfertigung des Urteils wurde demnach die Ausführungsfrist für den Beschwerdeführer nicht neuerlich in Gang gesetzt. Da andererseits nur eine Rechtsmittelausführung zulässig ist (Mayerhofer-Rieder2, E 36 zu § 285 StPO), war auf das (zusätzliche) Vorbringen im späteren Schriftsatz keine Rücksicht zu nehmen.

Somit war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Predrag S*** schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285 d, 344 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§§ 285 i, 344 StPO).

Anmerkung

E19410

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0120OS00086.89.0831.000

Dokumentnummer

JJT_19890831_OGH0002_0120OS00086_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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