TE OGH 1990/10/30 8Ob585/89

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Veröffentlicht am 30.10.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Graf und Dr. Jelinek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Franz T***, Glasermeister i.R., 2. Irene T***, Pensionistin, beide 8990 Bad Aussee, Pratergasse 135, beide vertreten durch Dr. Karl Kuprian, Rechtsanwalt in Bad Ischl, wider die beklagte Partei K*** A*** reg. Genossenschaft m.b.H.,

8990 Bad Aussee, Bahnhofstraße 132, vertreten durch Dr. Karlheinz Angerer, Rechtsanwalt in Bad Aussee, und den auf Seite der beklagten Partei beigetretenen Nebenintervenienten Dipl.Ing.Alfred N***, Architekt, 5201 Seekirchen, Mödlham 76, vertreten durch Dr. Joachim Hörlsberger, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Entfernung und Wiederherstellung infolge Revisionen der beklagten Partei und des Nebenintervenienten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 12. Jänner 1989, GZ 2 R 233/88-61, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 26. Juli 1988, GZ 3 Cg 110/86-53, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Den Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Der berufungsgerichtliche Urteilsspruch wird mit der Maßgabe bestätigt, daß Punkt 1c der Entscheidung zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, den Dachvorsprung an der Nordseite des Daches des Hauses Pratergasse 134 in Bad Aussee so auszubilden, daß dieser in der im Einreichplan vom Juni 1984 vorgesehenen Form einer Wiege an die südseitige Außenmauer des Zubaues der beklagten Partei auf Parzelle 248 anschließt und die Dachhaut fugenlos an der südlichen Außenmauer als Muldenrinne mit einem Hochzug ausgebildet wird."

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit S 6.789,42 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 1.131,57 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Nach den vom Berufungsgericht insgesamt als unbedenklich übernommenen erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen liegt folgender Sachverhalt vor:

Die beklagte Partei hat auf ihrem Grundstück Nr. 249 der Liegenschaft EZ 140 KG Bad Aussee einen Zubau errichtet, der an der Grenze zu dem den klagenden Parteien gehörenden Grundstück Nr. 248 mit dem Hause Praterstraße 134 (Liegenschaft EZ 141 KG Bad Aussee) steht. Der Bauführung lag der mit dem Baugesuch vom 14. Juni 1984 vorgelegte Einreichplan des Dipl.Ing.Gerhard K*** zugrunde. Als Dachform war eine Satteldachkonstruktion mit 20 Grad Neigung vorgesehen. Bei der Bauverhandlung vom 25. Juli 1984 wurde ein zwischen den nunmehrigen Streitteilen am 24. Juli 1984 geschlossenes Übereinkommen ("Vorvertrag") dargestellt, demzufolge die Vertragsparteien Grundstücksteile tauschten und die beklagte Partei sich auch verpflichtete, auf ihre Kosten alle jene technisch notwendigen Vorkehrungen zu treffen, die gewährleisten, daß das nordseitige Dach des Hauses der nunmehr klagenden Parteien in den angrenzenden Anbau der nunmehr beklagten Partei fachgerecht eingebunden wird. Eine nähere Erörterung über die Art der technischen Ausführung der Dacheinbindung ist nicht erfolgt. Im Baubewilligungsbescheid vom 27. August 1984 wurde ausdrücklich vorgeschrieben, daß die Bauausführung plan- und vorschriftsmäßig zu erfolgen habe. Abweichend von der im Einreichplan vorgesehenen Satteldachkonstruktion hat der von der beklagten Partei mit der weiteren Planung und Bauleitung beauftragte nunmehrige Nebenintervenient Dipl.Ing.Alfred N*** im Zuge der Bauerrichtung eine Änderung dergestalt vorgenommen, daß anstatt des gemauerten Giebeldreieckes eine Abwalmung der Satteldachkonstruktion erfolgte. Der Anschluß der Dachkonstruktion des Zubaues an die Dachkonstruktion des Objektes der Kläger ist durch eine muldenförmige Schluchtenausbildung aus verzinktem Eisenblech ausgeführt. Die Verblechung reicht bis unter die vorstehenden Sparren des höheren Dachsaumes des Zubaues hinein und endet mit einem senkrechten Hochzug bei der südlichen Außenmauer. Diese geänderte Dachkonstruktion verursacht nachteilige Auswirkungen für das Objekt der Kläger: Entlang seiner (fast) gesamten Haustiefe ist nunmehr durch Anordnung der horizontalen Traufenkante des Walmdaches des Zubaues eine durchlaufende Näherrückung der Sparren und der Dachrinne bis auf ca. 45 cm zur Dachhaut des Nachbarn entstanden. Laut Plan wäre eine solche Annäherung nur bei der Nordwestecke eingetreten. Damit wurde der Zwischenraum bei der Walmtraufe und beim Satteldach der Kläger derart eingeengt, daß zwischen der Dachrinne des Zubaues und dem Schneerechen des Daches der klagenden Parteien nur mehr ein Abstand von rund 20 cm besteht. Dies erschwert die Wartung in der "Schlucht" (Eis, Schnee, Reparaturen und Anstrich) zum Nachteil der klagenden Parteien. Bei dieser Walmausführung sind trotz der angebrachten Schneefänger Schneeabgänge in Richtung Nachbar nicht auszuschließen. Bei einem Giebel- (auch Sattel-)Dach wäre dies aber im vorhinein der Fall, weil dann Eis und Schnee in Richtung Ost und West, also auf das Grundstück der beklagten Partei, abgingen. Die Anordnung der durchlaufenden Hängedachrinne als unterer Abschluß der Walmfläche des Daches der beklagten Partei führt auch zu einer möglichen Vereisung des Querschnittes, einem Überlaufen und einem Undichtwerden mit Abfluß zum Grundstück der klagenden Parteien. Dazu wird überdies noch beim Überlaufen und Abrinnen von Meteorwässern aus der Kupferrinne der beklagten Partei bei der darunterliegenden Schluchtenrinne und beim Saumblech aus verzinktem Eisenblech eine baldige Zerstörung beim Zinkblech des Daches der klagenden Parteien eintreten; edleres Material zerstört nämlich bei Wassereinfluß das unedlere Material. Entgegen der im Baubewilligungsbescheid vom 27. August 1984 erteilten Auflage, daß für die während der Bauzeit vorgenommenen Abweichungen von der erwirkten Baugenehmigung die Bewilligung der Baubehörde erforderlich ist, hat die beklagte Partei um eine solche nicht angesucht und einen Austauschplan erst nach Fertigstellung der geänderten Dachkonstruktion eingereicht. Den Klägern ist der Austauschplan ebenfalls nicht zur Kenntnis gebracht worden. Die Änderung der Dachkonstruktion wurde von der Marktgemeinde Bad Aussee im Zuge der am 22. August 1985 durchgeführten behördlichen Endbeschau festgestellt. Die klagenden Parteien haben durch ihren Rechtsvertreter die nicht entsprechend dem Einreichplan ausgeführte Dachkonstruktion bemängelt und des weiteren reklamiert, der Dachvorsprung des Zubaues sei so gestaltet, daß der darunter liegende Teil des Daches der klagenden Parteien für Wartungen und Reparaturen nicht zugänglich sei. Die Baubehörde hat mit Bescheid vom 16. April 1986 der beklagten Partei die Benützungsbewilligung für den Zubau erteilt, ihr gleichzeitig jedoch die Mängelbehebung dahin aufgetragen, daß "der Anschluß der Dachkonstruktion des Anrainerobjektes T*** zur südseitigen Giebelwand des neu errichteten Zubaues wie im genehmigten Einreichplan vom Juni 1984 erfolgen muß." Als Frist für die Mängelbehebung wurde der 30. September 1986 festgelegt. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

In teilweiser Abänderung des mehrere Klagebegehren teils ab- und teils zurückweisenden erstgerichtlichen Urteiles erkannte das Berufungsgericht gemäß dem im jetzigen Verfahrensstadium allein noch relevanten Begehren der Kläger die beklagte Partei schuldig, "den Dachvorsprung an der Nordseite des Daches Pratergasse 134 so auszubilden, daß dieser in Form einer Wiege an die südseitige Außenmauer des Zubaues der beklagten Partei auf Parzelle 248 anschließt und die Dachhaut fugenlos an der südlichen Außenmauer als Muldenrinne mit einem Hochzug ausgebildet wird." Das Berufungsgericht sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 15.000, nicht aber S 300.000 und der Streitgegenstand, über den es insgesamt entschieden hat, S 300.000 übersteigt.

Das Erstgericht hat in der rechtlichen Beurteilung der Sache auf den Einreichplan, Ansicht Ost, verwiesen, in welchem ein muldenförmiger Anschluß mittels Rinne und Hochzug vom nordseitigen Dach der klagenden Parteien "zur Giebelmauer Süd des geplanten Anbaues" dargestellt sei. In Abweichung von diesem Einreichplan habe die beklagte Partei zwar statt des vorgesehenen Giebelabschlusses eine Abwalmung geplant und diese Art der Dachausführung, insbesondere der Einbindung in den Zubau, habe die dargestellten Nachteile für die Kläger zur Folge, wie sie "beim ursprünglich vorgesehenen Giebelabschluß nicht aufgetreten wären". Den Klägern stehe ein Anspruch auf Beseitigung dieses für sie nachteiligen Zustandes zu. Für diese Folgen der eigenmächtigen Abweichung von der ursprünglichen und bewilligten Planung habe die beklagte Partei einzustehen, es sei jedoch Sache der Baubehörde, festzustellen, ob eine bewilligungsmäßige Ausführung vorliege. Die Baubehörde habe der beklagten Partei auch bereits rechtskräftig aufgetragen, "den Anschluß der Dachkonstruktion wie im genehmigten Einreichplan vom Juni 1984 auszubilden." Das Begehren der klagenden Parteien nach einer ganz bestimmten Art der Einbindung ihres Daches, nämlich, daß es in Form einer Wiege (Muldenrinne mit einem Hochzug) ausgebildet werde und fugenlos an die südliche Außenmauer des Konsumzubaues anschließe, sei nicht berechtigt. Die beklagte Partei habe im Vorvertrag vom 24. Juli 1984 die Verpflichtung übernommen, alle technisch notwendigen Vorkehrungen zu treffen, die gewährleisten, daß das nordseitige Dach des Hauses in den Neubau fachgerecht eingebunden werde (Punkt 5 Beilage ./8). Was konkret unter "fachgerechter Einbindung" zu verstehen sei, hätten die Parteien nicht näher erörtert. Im Zuge des Baufortschrittes habe Dr. K*** wohl gegenüber den klagenden Parteien zum Ausdruck gebracht, daß entsprechend deren Vorstellung die Dacheinbindung in Form einer "Wiege" erfolgen werde. Er habe sich diesbezüglich jedoch nur in allgemein gehaltener Form ohne nähere Konkretisierung geäußert, da er ja den technischen Möglichkeiten und Notwendigkeiten nicht habe vorgreifen können. Im Einreichplan sei ein muldenförmiger Anschluß mittels Rinne und Hochzug vorgesehen. Tatsächlich sei die Einbindung im wesentlichen auch so erfolgt. Insbesondere sei die Art der ausgeführten Dacheinbindung als fachgerecht zu bezeichnen. Damit habe die beklagte Partei aber der vertraglich übernommenen Verpflichtung voll entsprochen.

Das Berufungsgericht vertrat demgegenüber die Ansicht, zwischen den Streitteilen sei auch über die Art der Einbindung des Daches eine Vereinbarung zustande gekommen. Die klagenden Parteien hätten nämlich den Einreichplan, der die von ihnen geforderte Einbindung enthalte, gesehen und gegen diesen keinen Einspruch erhoben und der Zeuge Dr. K*** habe ausdrücklich sinngemäß dargelegt, es sei auch die Rede davon gewesen, daß das Dach in einer Art "Wiege" eingebunden werde. Somit stehe den klagenden Parteien aber auch ein privatrechtlicher Anspruch auf Erfüllung dieser Vereinbarung zu. Die beklagte Partei macht in ihrer Revision die Anfechtungsgründe der "Aktenwidrigkeit beinhaltend eine Nichtigkeit" sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend und beantragt die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteiles. Vor Zustellung des berufungsgerichtlichen Urteiles hat Dipl.Ing.Alfred N*** als der den Bau samt der Dachkonstruktion ausführende Architekt unter Hinweis auf sein aus allfälligen gegen ihn gerichteten Regreßansprüchen der beklagten Partei hervorgehendes rechtliches Interesse seinen Beitritt als Nebenintervenient auf Seite der beklagten Partei erklärt. Der diesbezügliche Schriftsatz ON 59 wurde vom Erstgericht allen Streitteilen gleichzeitig mit der berufungsgerichtlichen Entscheidung zugestellt (AS 331). Ein Zurückweisungsantrag im Sinne des § 18 Abs. 2 ZPO wurde von keiner der Streitparteien gestellt. Ohne einen solchen Parteienantrag war keine die Zulässigkeit der Nebenintervention bejahende Entscheidung zu fällen (SZ 45/141; EvBl. 1973/235, S 491; 4 Ob 590/81 ua). Der Nebenintervenient bekämpft die berufungsgerichtliche Entscheidung ebenfalls aus den Revisionsgründen der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und stellt den sinngemäßen Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteiles.

Rechtliche Beurteilung

Keine der Revisionen ist gerechtfertigt.

In der Revision der beklagten Partei werden die oben wiedergegebenen Ausführungen des Berufungsgerichtes als "Aktenwidrigkeit beinhaltend eine Nichtigkeit" gerügt, weil sie mit den von ihm übernommenen erstgerichtlichen Feststellungen über die fachgerecht erfolgte Einbindung des Daches in der Form einer Wiege, nämlich als Muldenrinne mit Hochzug, in Widerspruch stünden. Die Revisionswerberin könne "das Klagebegehren nicht erfüllen, weil der geforderte Zustand ja ohnedies von Anfang an vorhanden war". Demgemäß müsse auch eine Exekutionsführung scheitern. Eine weitere Aktenwidrigkeit der berufungsgerichtlichen Entscheidung liege vor, weil der rechtskräftige baubehördliche Bescheid klarstelle, daß der Anschluß der südlichen Giebelwand des neu errichteten Zubaues an das Anrainerobjekt der klagenden Parteien "dem genehmigten Einreichplan vom Juni 1984 entspreche". Zwar sei die Dachkonstruktion dahin abgeändert worden, daß statt des Giebeldreiecks eine Abwalmung erfolgt sei, diese Änderung der Dachkonstruktion sei jedoch nicht Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens.

In der Rechtsrüge meint die beklagte Partei, das Klagebegehren sei bereits vor der Klageeinbringung ordnungsgemäß erfüllt und daher mangels Rechtsschutzinteresses abzuweisen gewesen. Im übrigen habe sich das Berufungsgericht mit der Frage der Zulässigkeit des abgeänderten Klagebegehrens nicht befaßt.

In der Revision des Nebenintervenienten wird zunächst vorgebracht, daß die klagenden Parteien in ihrem verspäteten Protokollsberichtigungsantrag versucht hätten, ihrem gegenständlichen Klagebegehren den Halbsatz einzufügen, die beklagte Partei sei schuldig, "das Dach ihres Zubaues als Satteldach laut Einreichplan auszubilden". Aus diesem Antrag "sowie aus dem gesamten Vorbringen der klagenden Partei ergebe sich, daß es ihnen im wesentlichen darum geht, das laut Einreichplan als Satteldach geplante Dach des Hauses der beklagten Partei in dieser Form herstellen zu lassen, und daß sie nicht bereit sind, die Abänderung in ein Walmdach hinzunehmen. Die im bekämpften Urteilsteil ausgesprochenen "Einbindungsmaßnahmen" des Daches, nämlich Anschluß in Form einer "Wiege" und Ausbildung der Dachhaut fugenlos als "Muldenrinne mit einem Hochzug", stellten lediglich sekundäre Probleme dar. Tatsächlich sei diese Form der Dacheinbindung auch durchgeführt worden, wobei allerdings verschiedene Prozeßbeteiligte für die erwähnten Begriffe andere Worte verwendeten. Die Dachausbildung sei ohnehin genau in der von den klagenden Parteien laut Klagebegehren geforderten Form erfolgt, die Einbindung des Daches wäre auch bei Ausführung eines Satteldaches grundsätzlich nicht anders erfolgt als bei einem Walmdach. Die von den klagenden Parteien geforderten Baumaßnahmen existierten daher bereits. Auch die Baubehörde habe diese nicht beanstandet, sondern nur die Dachkonstruktion.

Mit seiner Aktenwidrigkeitsrüge macht der Nebenintervenient geltend, nach den erstgerichtlichen Feststellungen sei zwischen den Streitteilen eine Vereinbarung über die Herstellung einer Wiege bei der Dacheinbindung nicht geschlossen worden. Daher hätte richtigerweise auch das Berufungsgericht davon ausgehen müssen, daß eine diesbezügliche Vereinbarung nicht getroffen worden sei. Als unrichtige rechtliche Beurteilung wird vom Nebenintervenienten gerügt, hinsichtlich der Verpflichtung der beklagten Partei zur Herstellung einer Dacheinbindung entsprechend dem Einreichplan liege bereits ein rechtskräftiger Verwaltungsbescheid vor, sodaß den klagenden Parteien ein Rechtsschutzinteresse fehle.

Da die Ausführungen beider Revisionen in ihren rechtlichen Argumentationen und im angestrebten Ergebnis im wesentlichen übereinstimmen, kann zunächst zu beiden Rechtsmitteln gemeinsame Stellung bezogen werden.

Beide Revisionswerber verkennen den entscheidungswesentlichen Sachverhalt und leiten hieraus sowie auch aus dem, gemessen am gesamten Klagevorbringen, offenbar unzureichend formulierten Klagebegehren, ihre verfehlten Rechtsstandpunkte ab. Nach den unbekämpften erstgerichtlichen Feststellungen schlossen die Streitteile am 24. Juli 1984 eine als "Vorvertrag" bezeichnete Vereinbarung, nach deren Punkt 5. sich die beklagte Partei verpflichtete, "alle technisch notwendigen Vorkehrungen zu treffen, die gewährleisten, daß das nordseitige Dach des Hauses auf Parzelle 249 in den somit angrenzenden Anbau der Konsumgenossenschaft fachgerecht eingebunden wird." Bei der am nächsten Tag durchgeführten Bauverhandlung, welcher der Einreichplan vom Juni 1984 mit der Giebeldachkonstruktion zugrunde lag, wurde dieser "Vorvertrag" ausdrücklich dargestellt und im Protokoll "beurkundet". Der Vertreter der beklagten Partei bei den Vertragsverhandlungen, Dr. K***, gab in seiner Zeugenaussage (ON 24, AS 97) an, dieser Einreichplan sei "ein integrierender Bestandteil des Vorvertrages" gewesen und habe die Einbindung des Daches in Form einer Wiege vorgesehen, worüber auch gesprochen worden sei (ON 24, AS 99; ON 51, AS 228). Nach dem Inhalt des vom Erstgericht eingeholten, seinen Feststellungen zugrundegelegten Sachverständigengutachtens (ON 42, AS 165) ist "im Einreichplan Ansicht Ost auch der muldenförmige Anschluß mittels Rinne und Hochzug vom Satteldach zur Giebelmauer Süd des geplanten Neubaues dargestellt", wobei "eine Annäherung an das Dach T*** nur beim Fußpunkt des südwestlichen

Giebelsaumes - der andere Fußpunkt liegt weit

außerhalb - eingetreten wäre". Der Erstkläger gab in seiner Parteienvernehmung an (ON 51, AS 241 f), daß der Dachanschluß laut Einreichplan in Form einer Wiege vorgesehen und in diesem Sinne auch mit Dr. K*** als dem Vertreter der beklagten Partei besprochen worden sei.

Auf der Grundlage dieser erstgerichtlichen Feststellungen und Beweisergebnisse ist die von den Revisionswerbern bekämpfte rechtliche Schlußfolgerung des Berufungsgerichtes, zwischen den Streitteilen sei eine Vereinbarung über die Ausgestaltung des Dachanschlusses in Form einer Wiege zustandegekommen, nicht zu beanstanden. Aus dem bei Abschluß des "Vorvertrages" vorliegenden Einreichplan, der nach den eigenen Aussagen des damaligen Vertreters der beklagten Partei einen integrierenden Bestandteil dieses Vertrages bildete, ging die Art der Dachkonstruktion des neuen Zubaues, nämlich ein Satteldach mit Giebelrichtung zum Hause der klagenden Parteien und der wiegenförmige Anschluß des Daches der Kläger klar hervor und diese Gesamtkonstruktion wurde somit nach den übereinstimmenden Erklärungen und dem Verständnis der Vertragspartner Vertragsgegenstand. Punkt 5. des Vorvertrages kann somit keinesfalls losgelöst von der Gesamtplanung des Zubaues, also insbesondere hinsichtlich der Dachform eines Satteldaches, betrachtet und so ausgelegt werden, als ob die Einbindung nur "fachgerecht" sein, im übrigen aber im freien Belieben der beklagten Partei stehen sollte. Die klagenden Parteien haben vielmehr einen vertraglichen Anspruch auf eine der Gesamtplanung entsprechende Ausführung.

Das Vorbringen der Revisionswerber, der tatsächlich durchgeführte Anschluß sei ohnehin ein solcher in Form einer Wiege mit Hochzug, ist irreführend, denn es stellt stillschweigend die im Zusammenhang mit einem Walmdach tatsächlich ausgeführte Form mit der in der konkreten Ausgestaltung hievon völlig verschiedenen, weil für ein Satteldach geplanten Wiegenform - in diesem Falle wäre eine Berührung und damit Einbindung der beiden Dächer nur an einem Giebelsaum erfolgt - unzulässig gleich.

Die klagenden Parteien haben sich in ihrer Klage (Punkt 2.) zunächst gegen die "von der beklagten Partei entgegen der vereinbarten, im Einreichplan vorgesehenen und von der Baubehörde bewilligten Dachkonstruktion ....... abweichend ausgeführte Dachkonstruktion" gewendet und zumindest die teilweise Wiederherstellung des Dachvorsprunges begehrt. Die beklagten Parteien entgegneten in ihrer Klagebeantwortung, die vorzunehmende Änderung in Form einer "Abwalmung des Daches" sei zum Vorteil der klagenden Parteien. Diese erwiderten ihr (ON 4), daß die "völlig andere Dachkonstruktion" auch im Bauverfahren nicht ohne ihre Anhörung hätte genehmigt werden können und überdies "ihre privatrechtliche Einwilligung hiezu" nicht ersetzt hätte. Auf der Grundlage dieses Prozeßvorbringens und der Verfahrensergebnisse kann es nicht zweifelhaft sein, daß die klagenden Parteien bei ihrer in der letzten mündlichen Verhandlung (siehe ON 51, AS 243 f) erfolgten "Präzisierung" des Klagebegehrens (Punkt 4.), welchem das Berufungsgericht stattgab, keinesfalls sinnloserweise jenen Zustand herbeizuführen suchten, der ohnehin bereits besteht; vielmehr ist es trotz undeutlicher Ausdrucksweise offenkundig, daß sie damit die Gestaltung der Dacheinbindung im Sinne des Einreichplanes anstrebten. Der Nebenintervenient führt in seiner Revision demgemäß auch selbst aus, den klagenden Parteien gehe es "nach ihrem gesamten Vorbringen" darum, die Dachherstellung im Sinne des Einreichplanes zu erreichen.

Die nach den obenstehenden Darlegungen über das Vorliegen eines derartigen privatrechtlichen Anspruches der klagenden Parteien zutreffende berufungsgerichtliche Stattgebung des modifizierten Klagebegehrens - hierin lag keine Klageänderung - nimmt auf diese Undeutlichkeit des Klagebegehrens nicht Bedacht. Nach der ständigen Rechtsprechung zu § 405 ZPO ist bei der Fassung des Urteilsspruches aber nicht nur der Wortlaut des Klagebegehrens, sondern auch das Prozeßvorbringen des Klägers, auf das sich das Begehren stützt, zu beachten. Maßgeblich ist nämlich, welchen Ausspruch des Gerichtes der Kläger dem Sinngehalt nach begehrt (7 Ob 646/87); der Urteilsspruch ist an diesen sachlichen Inhalt des Klagebegehrens, auch abweichend von dessen Wortlaut, anzupassen (1 Ob 94/73; EvBl. 1964/187; SZ 60/253 ua).

Demgemäß war hier der berufungsgerichtliche Urteilsspruch dahin zu verdeutlichen, daß die Dacheinbindung entsprechend dem Einreichplan vom Juni 1984 zu erfolgen hat.

Das Revisionsvorbringen der beklagten Partei, der rechtskräftige baubehördliche Bescheid stelle klar, daß "der Anschluß der Giebelwand .... dem genehmigten Einreichplan vom Juni 1984 entspreche", ist unverständlich, denn dieser Bescheid spricht gerade das Gegenteil aus. In diesem Sinne widersprechen auch die Revisionsausführungen des Nebenintervenienten, die Baubehörde habe die vorgenommene Art der Dacheinbindung nicht beanstandet, dem Inhalt des genannten Bescheides. Die Revisionswerber verkennen beharrlich, daß zwar das grundsätzliche technische Ausführungsmodell der Einbindung in Form einer Mulde mit Hochzug den Vereinbarungen entspricht, seine konkrete Ausführung aber nicht gemäß dem Einreichplan erfolgte, der die konkrete Gestaltung entsprechend einem Giebeldach und nicht einem Walmdach vorsieht. Schließlich geht auch die Einwendung des Nebenintervenienten, den klagenden Parteien fehle es an einem Rechtsschutzinteresse, weil über die Pflicht der beklagten Partei zur Herstellung einer dem Einreichplan entsprechenden Dacheinbindung bereits mit rechtskräftigem Verwaltungsbescheid entschieden worden sei, fehl, weil damit nicht auch über ihren privatrechtlichen Anspruch auf Erbringung der vertraglich geschuldeten Leistung durch die beklagte Partei entschieden worden ist.

Keiner der Revisionen war daher Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Den in der Revisionsbeantwortung der klagenden Parteien wegen der Beteiligung des Nebenintervenienten am Revisionsverfahren verrechneten Streitgenossenzuschlag hat die beklagte Partei zu tragen (EvBl. 1974/71; 1987/133 ua).

Anmerkung

E21988

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0080OB00585.89.1030.000

Dokumentnummer

JJT_19901030_OGH0002_0080OB00585_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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