TE OGH 1991/4/9 11Os17/91

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Veröffentlicht am 09.04.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.April 1991 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Felzmann, Dr. Rzeszut und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Springer als Schriftführer in der Strafsache gegen Christian S***** wegen des Verbrechens des Raubes nach dem § 142 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 13.Dezember 1990, GZ 14 Vr 1.168/89-60, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Wasserbauer, und der Verteidigerin Dr. Wexberg, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß dem § 290 Abs 1 StPO wird das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach dem § 198 Abs 1 StGB (Punkt G./ des Urteilssatzes), soweit dieser auch den Zeitraum vom 28.November bis zum 6.Dezember 1989 erfaßt, sowie demgemäß auch im Strafausspruch einschließlich des Ausspruchs über die Anrechnung der Vorhaft aufgehoben.

Gemäß dem § 288 Abs 2 Z 3 StPO wird im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Christian S***** wird von der Anklage, er habe in Leonding und anderen Orten (auch) vom 28.November bis zum 6.Dezember 1989 seine im Familienrecht begründete Unterhaltspflicht gegenüber seinen Kindern, ***** gröblich verletzt, indem er keine Alimentationszahlungen leistete, und dadurch bewirkt, daß der Unterhalt der Unterhaltsberechtigten gefährdet wurde oder ohne Hilfe von anderer Seite gefährdet gewesen wäre, gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Für die ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruchs weiterhin zur Last liegenden strafbaren Handlungen, nämlich das Verbrechen des Raubes nach dem § 142 Abs 1 StGB, die Vergehen des schweren Diebstahls nach den §§ 127, 128 Abs 1 Z 1 StGB, des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 2 StGB, der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs 1 und 2 StGB, der Körperverletzung nach dem § 83 Abs 1 StGB, der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach dem § 298 StGB und der Verletzung der Unterhaltspflicht nach dem § 198 Abs 1 StGB (Punkt G./ des Urteilssatzes im verbliebenen Umfang) wird Christian S***** nach den §§ 28 Abs 1, 142 Abs 1 StGB zu 5 1/4 (fünfeinviertel) Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Gemäß dem § 38 Abs 1 Z 1 StGB wird die Verwahrungs- und Untersuchungshaft vom 7.Juni 1989, 21.25 Uhr, bis zum 4. Juli 1989, 15.45 Uhr, vom 28.November 1989, 2.30 Uhr bis zum 6. Dezember 1989, 10.15 Uhr und vom 16.Dezember 1989, 8.30 Uhr bis zum 13.Dezember 1990, 15.45 Uhr auf die Strafe angerechnet. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Strafneubemessung verwiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen - auch Freisprüche enthaltenden - Urteil wurde Christian S***** (zu A./) des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB sowie der Vergehen (zu B./) des schweren Diebstahls nach den §§ 127, 128 Abs 1 Z 1 StGB, (zu C./) des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB, (zu D./) der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs 1 und 2 StGB, (zu E./) der Körperverletzung nach dem § 83 Abs 1 StGB, (zu F./) der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach dem § 298 (zu ergänzen: Abs 1) StGB und (zu G./) der Verletzung der Unterhaltspflicht nach dem § 198 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Mit seiner auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 5 a, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte dieses Urteil in den zu den Punkten A./ bis D./ und F./ ergangenen Schuldsprüchen.

Insoweit liegt ihm zur Last

(zu A./) am 15.Dezember 1989 in Amstetten Anton T***** mit Gewalt gegen seine Person, indem er ihn nämlich zu Boden stieß, ihm Fußtritte in das Gesicht und gegen den Oberkörper versetzte, einen Bargeldbetrag von 12.500 S mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz weggenommen zu haben;

(zu B./) am 17.November 1988 in Linz Karl P***** mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz eine Videokamera im Wert von 24.949 S unter Ausnützung des hilflosen Zustandes des Bestohlenen weggenommen zu haben;

(zu C./) mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung nachgenannte Personen durch Täuschung über Tatsachen, und zwar unter Vorgabe seiner Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit, zu vermögensschädigenden Handlungen verleitet zu haben, und zwar

I.: im April 1988 in Leonding Wolfgang R***** zur Ausfolgung eines Bargeldbetrages von 5.000 S (Schade: 5.000 S);

II.: am 23.Juli 1988 in Linz (im einverständlichen Zusammenwirken mit der gesondert verfolgten und schon rechtskräftig verurteilten Gabriele P*****) Erich L***** und Cornelia E***** durch die Vorgabe der Verfügungsberechtigung über die in der Mietwohnung befindlichen Einrichtungsgegenstände und unter Verwendung eines verfälschten Mietvertrages zur Zahlung eines Kaufpreises von ca 50.000 S (Schade: ca 50.000 S);

III.: im November 1988 in Linz Johann S***** zur Gewährung eines Darlehens von 3.000 S (Schade: 3.000 S);

(zu D./) in Linz nachgenannte Personen gefährlich bedroht zu haben, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar:

I.: am 15.November 1989 Reinhard R***** zumindest mit einer Verletzung am Körper durch die Äußerung gegenüber Beatrix B***** und Judith S*****: "... dem schieße ich die Füße weg ...";

II.: am 23.November 1989 Reinhard R***** und Marenko J***** mit dem Tode durch die (sinngemäß wiedergegebene) Äußerung, daß er sie erschießen bzw. erschlagen werde, wobei er eine Pistole gegen sie richtete und III.: im September 1989 Roswitha P***** mit dem Tode durch die Äußerung "irgendwann bringe ich Dich um", wobei er ihr wiederholt ein Küchenmesser im Hals-, Nacken- und Bauchbereich ansetzte; (zu F./) am 11.November 1989 in Linz den zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Polizeibeamten Erich W***** und Rudolf H***** die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung (zumindest des Verbrechens der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung nach den §§ 15, 87 Abs 1 StGB) wissentlich vorgetäuscht zu haben, indem er behauptete, von einem unbekannten Mann mit einer Pistole angeschossen, an der rechten Hand getroffen und verletzt worden zu sein.

Unter G./ wurde ihm schließlich zur Last gelegt, in Leonding und anderen Orten dadurch, daß er für seine Kinder ***** von April 1988 bis zum 7.Juni 1989 sowie vom 1.August 1989 bis zum 15. Dezember 1989 keine Zahlungen leistete, vorsätzlich seine im Familienrecht begründete Unterhaltspflicht gröblich verletzt und dadurch bewirkt zu haben, daß der Unterhalt und die Erziehung der Unterhaltsberechtigten ohne Hilfe von anderer Seite gefährdet gewesen wäre.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten erweist sich zur Gänze als unbegründet.

Zur Mängel- und Tatsachenrüge:

1.) Im Rahmen der Mängelrüge (Z 5) behauptet der Beschwerdeführer zum Schuldspruchfaktum A./ das Vorliegen einer undeutlichen und unvollständigen Urteilsbegründung wegen unklarer Feststellungen zum Tathergang und nicht entsprechender Berücksichtigung der zahlreichen Widersprüche in den Angaben des Zeugen Anton T*****. Soweit die behaupteten Begründungsmängel den Ausspruch über den Beweggrund des Raubopfers (Interesse am Ankauf einer Schußwaffe) für die Mitfahrt in einem fremden PKW und den weiteren Geschehensablauf vor und nach der Tatverübung betreffen, wird davon - wie die Beschwerde selbst einräumen muß - kein für die rechtliche Unterstellung der Tat entscheidender Umstand berührt. Die entscheidungswesentlichen Feststellungen zur objektiven Tatseite betreffend die auf Wegnahme des Bargeldbetrages von 12.500 S zielende, gegen die Person des Anton T***** gerichtete Gewaltanwendung des Christian S***** (Fußtritte gegen den Körper und das Gesicht des Anton T*****) konnte das Erstgericht entgegen den Beschwerdeausführungen auf die insoweit nach eingehender Analyse ungeachtet der darin enthaltenen Abweichungen als taugliches Beweismittel beurteilten, im Kern gleichbleibenden Angaben des Belastungszeugen Anton T***** (AS 467 f) stützen. Mit dem Versuch, die Beweiskraft dieser Zeugenaussage in Zweifel zu ziehen und daraus andere, für ihn günstigere Schlüsse abzuleiten, um seiner eine Raubtat bestreitenden Einlassung doch noch zum Durchbruch zu verhelfen,bekämpft der Beschwerdeführer in Wahrheit in unzulässiger Weise die schöffengerichtliche Beweiswürdigung, ohne einen formalen Begründungsmangel aufzuzeigen. Gleichermaßen versagt die zu diesem Faktum ausgeführte Tatsachenrüge (Z 5 a) des Angeklagten, in der er unter Bezugnahme auf seine Ausführungen zur Mängelrüge vermeint, das Erstgericht hätte auf Grund der divergierenden Angaben des Zeugen Anton T***** bei sachgerechter Beweiswürdigung seiner (des Angeklagten) Tatversion folgen müssen. Das Schöffengericht hat sich nämlich ohnedies mit jenen Argumenten ausführlich auseinandergesetzt, auf die es seine Überzeugung von der Glaubwürdigkeit der den Beschwerdeführer belastenden Angaben des Zeugen Anton T***** stützt; die dagegen vorgebrachten Beschwerdeeinwände vermögen - angesichts der von Anfang an (auch hinsichtlich unbedeutender Details) widersprüchlichen Verantwortung des Angeklagten (siehe dazu AS 7 und 87) - ebensowenig erhebliche Zweifel gegen die Richtigkeit der entscheidungswesentlichen Tatsachenfeststellungen zu wecken, wie die unbegründete Kritik an der Ermittlungstätigkeit der Sicherheitsbehörden.

2.) Zum Schuldspruchfaktum C./I./ behauptet der Beschwerdeführer eine Unvollständigkeit der Urteilsbegründung infolge Unterlassung der Erörterung widersprüchlicher Angaben des Zeugen Wolfgang R***** über die Modalitäten der angeblichen Darlehensgewährung. Den Beschwerdeausführungen zuwider kann aber der vom Angeklagten bestrittene Empfang von Darlehensbeträgen den Bekundungen des genannten Zeugen mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden (AS 368 ff iVm AS 23 in ON 16 in ON 18), weshalb sich das Erstgericht auch im Sinn des Gebots einer gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) mit den in der Rüge hervorgehobenen, aus dem Zusammenhang gelösten Passagen dieser Zeugenaussage nicht gesondert auseinandersetzen mußte. Soweit aber der Beschwerdeführer diesen ihn eindeutig belastenden Angaben die zu seiner Überführung ausreichende Beweiskraft abspricht, laufen seine Einwendungen abermals auf eine im Rahmen der Mängelrüge unzulässige Bekämpfung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung hinaus. Auch die sich in einer Bezugnahme auf die bereits in dieser Rüge geltend gemachten Umstände erschöpfende Tatsachenrüge (Z 5 a) vermag keine (geschweige denn erhebliche) Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen hervorzurufen.

3.) Zum Schuldspruchfaktum C./II./ weist der Angeklagte zwar zutreffend darauf hin, daß das vom Erstgericht angenommene Fehlen der Schlafzimmereinrichtung und zweier Wohnzimmerschränke (AS 465) von der Eigentümerin Maria P***** nicht bestätigt wurde (AS 417), dieser Beschwerdeeinwand betrifft jedoch deswegen keinen entscheidungswesentlichen Tatumstand, weil der Verbleib der Einrichtungsgegenstände für die strafrechtliche Beurteilung des die Nachmieter Erich L***** und Cornelia E***** schädigenden Betrugsverhaltens des Angeklagten ohne Bedeutung bleibt. Aus diesem Grund erweisen sich die bezughabenden Ausführungen auch unter dem Gesichtspunkt des Nichtigkeitsgrundes der Z 5 a des § 281 Abs 1 StPO als nicht zielführend.

Rechtliche Beurteilung

4.) Soweit der Beschwerdeführer zum Schuldspruchfaktum D./I./ (richtig wohl: D./II./) zunächst die unterbliebene Vernehmung einer angeblichen Vorfallszeugin (gemeint: Waltraud M*****, AS 384) bemängelt, übersieht er, daß die unterlassene Beweisaufnahme nicht mit der Z 5, sondern mit der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO zu bekämpfen wäre. Zur Erhebung dieser Verfahrensrüge fehlt dem Angeklagten jedoch die Legitimation, weil sein mit 24. Juli 1990 datierter Schriftsatz (ON 45) mit dem auf Vernehmung dieser Zeugin gerichteten Beweisantrag in der Hauptverhandlung nicht wiederholt wurde.

Ebensowenig vermag der Beschwerdeführer mit dem Einwand, das Erstgericht habe die im Vorverfahren und in der Hauptverhandlung voneinander abweichenden Angaben des Zeugen Reinhard R***** über die näheren Umstände seiner Bedrohung mit Stillschweigen übergangen, einen Begründungsmangel im Rang der behaupteten Nichtigkeit aufzuzeigen. Entgegen seiner Auffassung bestanden nämlich zwischen den bezüglichen Bekundungen dieses Zeugen in den einzelnen Verfahrensabschnitten (AS 21 f, 67 ff in ON 67 in ON 18 und AS 380 ff) keine erörterungsbedürftigen Widersprüche. Seine vom Schöffengericht für glaubwürdig erachtete Aussage, der die relevanten Tatumstände mit der erforderlichen Deutlichkeit entnommen werden können, stellt demnach eine tragfähige Grundlage für die bekämpfte Urteilsannahme dar, wonach der Angeklagte seine Widersacher in massiver Weise bedroht hat. Im Hinblick auf die vom Erstgericht bejahte Möglichkeit der Verwahrung der Pistole in der (vom Angeklagten zur Tatzeit benützten) Jacke waren weitere Feststellungen über die in einem solchen Zustand mögliche Verwendung der Waffe als Drohmittel entbehrlich. Auch zu diesem Faktum liegen also weder die behaupteten Begründungsmängel vor, noch bestehen erhebliche aus der Aktenlage resultierende Bedenken gegen die entscheidungsrelevanten Tatsachenfeststellungen (Z 5 a).

5.) Der zum Schuldspruchfaktum D./III./ erhobene Vorwurf der Aktenwidrigkeit erweist sich ebenfalls als unzutreffend. Die Urteilsannahme, der Angeklagte habe Roswitha P***** wiederholt ein Küchenmesser im Hals-, Nacken- und Bauchbereich angesetzt (AS 467), steht nämlich mit ihren Einlassungen vor der Sicherheitsbehörde (AS 301) im Einklang, sodaß auch ihre Angaben in der Hauptverhandlung nur dahin verstanden werden können, daß das besagte Messer tatsächlich als Drohmittel eingesetzt wurde. Die Bedeutung der fraglichen Passage in der Aussage dieser Zeugin im Sinn von "der Angeklagte hat mir auch (dadurch) gedroht, daß er mir ein Messer zuerst am Hals, dann am Nacken und dann an der Vorderseite ansetzt(e)", ergibt sich - abgesehen vom Inhalt der schon zitierten Bekundungen der Zeugin vor der Sicherheitsbehörde - auch aus der unmittelbar daran anschließenden Reaktion des Staatsanwaltes (AS 377), der in Verwertung dieser Aussage die Passage: "D/IV/ im September 1989 Roswitha P***** mit dem Tode durch die Äußerung, irgendwann bringe ich Dich um, wobei er ihr wiederholt ein Küchenmesser im Hals-, Nacken- und Bauchbereich ansetzte" in die Anklageschrift aufnahm.

Der Einwand der fehlenden beweismäßigen Deckung der im Urteil enthaltenen Ausführungen, wonach die Bedrohte tatsächlich in Furcht und Unruhe geraten sei (AS 467), ist schon deswegen unbedeutend, weil die Elemente der Furcht und Unruhe des Opfers lediglich von der Absicht des Täters erfaßt sein müssen und keinen tatbestandsmäßigen Erfolg darstellen (siehe dazu Leukauf-Steininger StGB2, RN 3; Foregger-Serini StGB4 Erl IV jeweils zu § 107). Den Ausführungen zu diesem Punkt fehlt aber nicht nur der Bezug zu entscheidungswesentlichen Umstände, sondern - soweit sie als Anfechtung aus dem Grund der Z 5 a des § 281 Abs 1 StPO vorgetragen werden - auch die Eignung, erhebliche Bedenken gegen die tatrichterlichen Feststellungen zu erwecken.

Zur Rechtsrüge:

1.) Den einleitenden Beschwerdebehauptungen (Z 9 lit a), das Urteil enthalte hinsichtlich der Schuldsprüche zu den Fakten A./ und C./ keine Feststellung zur subjektiven Tatseite, steht der Inhalt des Urteilsspruchs entgegen, der mit den das Tatverhalten detailliert umschreibenden Entscheidungsgründen eine Einheit bildet und in diesem Zusammenhang als Feststellung des - sohin unzutreffend - als fehlend gerügten unrechtmäßigen Bereicherungsvorsatzes ausreicht. Dies gilt auch für die vom Beschwerdeführer vermißten Feststellungen über die Zueignung weggenommener Sachen (mit Bereicherungsvorsatz) in den Fakten A./ und B./ und die sich aus der Benützung eines verfälschten Beweismittels ergebende Vorsätzlichkeit der Täuschungshandlung des Angeklagten (Punkt C./II./).

2.) Es versagt aber auch die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zum Schuldspruchfaktum C./I./, in der der Beschwerdeführer die ihm angelastete Drohung wegen fehlender Ernsthaftigkeit lediglich als milieubedingte Unmutsäußerung gewertet wissen will. Damit wird nämlich der geltend gemachte materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund deswegen nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, weil die vom Gericht getroffenen Feststellungen über die mit der drohenden Äußerung verbundene Absicht des Täters tatsächlicher Natur sind (Mayerhofer-Rieder StPO3, ENr 47 zu § 281; SSt 52/54), die im Rahmen der Rechtsrüge nicht mit Erfolg bekämpft werden können. Für die Beantwortung der hier relevanten Rechtsfrage der objektiven Eignung der Drohung im Sinn des § 74 Z 5 StGB ist indes nur maßgebend, ob der Bedrohte die Verwirklichung des angedrohten Übels erwarten konnte (siehe erneut SSt 52/54). Diese Eignung wurde jedoch vom Erstgericht mit Rücksicht auf die (sinngemäß unterstellte) allgemeine Kenntnis von der Bereitschaft des Angeklagten zu Gewalttaten zutreffend bejaht.

3.) Unter Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO wendet der Angeklagte zum Schuldspruchfaktum F./ ein, daß er sich bei wahrheitsgemäßer Angabe des Grundes seiner Verletzung selbst hätte einer strafbaren Handlung (Vergehen der Sachbeschädigung) bezichtigen müssen, weshalb die ihm zur Last gelegte Vortäuschung einer an ihm verübten Körperverletzung mangels Rechtswidrigkeit straflos sei.

Auch diese Rechtsrüge versagt.

Der primäre Zweck des § 298 Abs 1 StGB liegt in der Abwehr mißbräuchlicher Inanspruchnahme der Rechtspflege (EvBl 1986/133). Vorliegend wurde durch das erdichtete Vorbringen des Angeklagten, er sei von einem unbekannten Täter angeschossen und verletzt worden (AS 467), welches zu einer behördlichen Ermittlung in Form einer Überprüfung der Richtigkeit des angezeigten Sachverhaltes Anlaß gab, gegen den vorerwähnten Schutzzweck verstoßen. Die Vortäuschung einer gar nicht stattgefundenen gerichtlich strafbaren Handlung begründet auch dann eine strafrechtliche Verantwortlichkeit nach dem § 298 Abs 1 StGB, wenn sie bloß der Deckung einer eigenen Straftat dient, weil damit die (zulässige) Grenze strafloser Verteidigung überschritten wird (siehe dazu RZ 1979/82, 12 Os 41/85 = SSt 56/56, sowie Foregger-Serini, StGB4, Erl II, letzter Satz).

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Christian S***** war daher zu verwerfen.

Hingegen war gemäß dem § 290 Abs 1 StPO in amtswegiger Wahrnehmung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO jener Teil des Schuldspruches zu Punkt G./ (Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach dem § 198 Abs 1 StGB) aufzuheben, der sich auf den Zeitraum vom 28.November bis zum 6. Dezember 1989 bezieht, weil - wie die Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme in anderem Zusammenhang zutreffend aufzeigt - der Angeklagte in diesem Zeitraum in dem in das gegenständliche Verfahren einbezogenen Verfahren AZ 24 Vr 2063/89 des Landesgerichtes Linz (ON 67 in ON 18) in Untersuchungshaft angehalten wurde und daher damals schon der objektive Tatbestand dieses Vergehens nicht verwirklicht werden konnte (sh dazu RZ 1976/S 47 f; 9 Os 128/79, 13 Os 186/80, 11 Os 203/85 uvam).

Zufolge der teilweisen Aufhebung dieses Schuldspruches wurde wegen der von der Aufhebung unberührten Urteilsfakten die Neubemessung der Strafe nach dem § 142 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB notwendig. Dabei konnten die vom Ergericht zutreffend dargestellten Strafzumessungsgründe im wesentlichen übernommen und dieser Strafbemessung zugrundegelegt werden. Ausgehend davon erwies sich eine Freiheitsstrafe in der Dauer von fünfeinviertel Jahren als im mittleren Bereich der aktuellen Strafdrohung gelegen tatschuldangemessen und dem Unrecht der strafbaren Handlungen gemäß.

Dem Vorbringen der Berufung, mit welcher der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen war, zuwider lag nach der Aktenlage keine als mildernd zu berücksichtigende Notlage vor (siehe dazu vor allem AS 338). Der weitgehend auf die nicht objektivierten Einlassungen des Angeklagten gegründeten Annahme seiner tataktuellen Beeinträchtigung durch Alkohol und Drogen ist deswegen keine mildernde Wirkung beizumessen, weil eine derartige Berauschung gemäß dem § 35 StGB nur insoweit mildernd wirkt, als die dadurch bedingte Herabsetzung der Zurechnungsfähigkeit nicht durch den Vorwurf aufgewogen wird, den der Genuß oder Gebrauch des berauschenden Mittels den Umständen nach begründet. Überwiegt - wie im vorliegenden Fall - der Mangel an sozialem Verantwortungsbewußtsein, so liegt zumindest kein Milderungsgrund vor (LSK 1976/265). Der Vorwurf des Versetzens in einen Rauschzustand überwiegt nämlich dann die verminderte Zurechnungsfähigkeit, wenn der Täter beim Genuß berauschender Mittel auf Grund konkreter Anhaltspunkte damit rechnen mußte, daß er im berauschten Zustand eine strafbare Handlung begehen könnte. Dies ist beim Angeklagten deswegen der Fall, weil er schon früher seine durch den Genuß alkoholischer Getränke erhöhte Bereitschaft zu deliktischem Verhalten erlebt hat (sh. dazu etwa AS 24 im Akt 20 U 1.423/86 des Bezirksgerichtes Linz). Da schließlich auch der vom Angeklagten reklamierte Zusammenhang zwischen seiner Tätigkeit als "Polizeispitzel" und den ihm zur Last liegenden strafbaren Handlungen nicht nachvollziehbar ist, konnte - wie schon ausgeführt - auf die vom Erstgericht dargestellte Strafzumessungssituation zurückgegriffen werden. Hingegen war der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaftzeiten nach dessen Kassation im Zusammenhang mit der Aufhebung des Strafausspruches gemäß dem § 38 Abs 1 Z 1 StGB (ergänzt um die Zeit vom 28. November 1989, 2.25 Uhr bis zum 6.Dezember 1989, 10.15 Uhr) neu zu fassen.

Die Entscheidungen des Erstgerichtes gemäß den §§ 366 Abs 2 und 369 StPO blieben von der Teilaufhebung unberührt.

Die Kostenentscheidung findet ihre Begründung in der im Spruch angeführten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E25518

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0110OS00017.91.0409.000

Dokumentnummer

JJT_19910409_OGH0002_0110OS00017_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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