TE OGH 1991/4/9 11Os24/91

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Veröffentlicht am 09.04.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.April 1991 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Felzmann, Dr. Rzeszut und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Springer als Schriftführer in der Strafsache gegen Friedrich Alexander D***** wegen des Verbrechens des Mordes nach dem § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 10. Dezember 1990, GZ 20 e Vr 7.561/90-14, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Jerabek, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Neuner, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 23.Jänner 1950 geborene Friedrich Alexander D***** wurde auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen des Verbrechens des Mordes nach dem § 75 StGB schuldig erkannt und hiefür nach dem § 75 StGB zu dreizehn Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat er am 18.Juli 1990 in Wien Erwin S***** durch Versetzen eines wuchtigen Stiches mit einem Fleischmesser mit einer Klingenlänge von 12,5 cm in die Brust vorsätzlich getötet.

Die Geschwornen hatten die Hauptfrage nach Mord (§ 75 StGB) im Stimmenverhältnis von 7 : 1 bejaht; demgemäß entfiel die Beantwortung der Eventualfragen nach Totschlag gemäß dem § 76 StGB (Frage 2), nach schwerer Nötigung nach den §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 StGB (Frage 3) und nach fahrlässiger Tötung gemäß dem § 80 StGB (Frage 4).

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit seiner ausschließlich auf die Z 6 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, in der er zunächst zu Unrecht das Unterbleiben der (vom Vertreter der Anklagebehörde wie auch vom Verteidiger beantragten) Fragestellung nach Körperverletzung mit tödlichem Ausgang (§§ 83, 86 StGB) rügt, weil er ein in diese Richtung weisendes Tatsachenvorbringen (§ 314 Abs. 1 StPO) nicht aufzuzeigen vermag. Die Beschwerdeargumentation erschöpft sich vielmehr darin, aus der Verantwortung des Beschwerdeführers sowie "den gesamten vor der Tat liegenden Ereignissen" einen Tötungsvorsatz kategorisch zu verneinen. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines dem in Rede stehenden Tatbestand auf der subjektiven Tatseite essentiellen Verletzungs- oder Mißhandlungsvorsatzes werden nicht einmal angedeutet. Da der Beschwerdeführer einen solchen Vorsatz im Zug seiner mehrfachen Vernehmungen unmißverständlich von sich gewiesen hat (AS 29 ff, ON 4, AS 210 ff) und auch andere dafür sprechende Beweisergebnisse in der Hauptverhandlung nicht zutage getreten sind, bestand für die vermißte Erweiterung des Fragenschemas kein Anlaß (siehe dazu Mayerhofer-Rieder, StPO3, Entscheidungsgruppe II. zu § 314).

Unbegründet ist aber auch die Rüge der Aufnahme der "lediglich die Drohung mit dem Tode, nicht aber die Handlung der Tötung" umschreibenden Eventualfrage 3 (nach versuchter schwerer Nötigung gemäß den §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 StGB). Angesichts der wiederholten Beteuerungen des Beschwerdeführers, das Messer nicht deshalb ergriffen zu haben, um seinen Widersacher zu töten oder zu verletzen, sondern nur, um ihn zu bedrohen oder zum Verlassen des Raubes zu nötigen, mußte den Geschwornen, welchen die Prüfung der Beweisergebnisse auf ihre Beweiskraft allein vorbehalten ist, die Möglichkeit eingeräumt werden, auch die bei Zugrundelegung des angeführten - denkmöglichen - Vorbringens aktuelle, im Verhältnis zum Anklagevorwurf für den Angeklagten ohnedies günstigere Variante der Tatbeurteilung in den Kreis ihrer Erwägungen mit einzubeziehen.

Mit dem Vorwurf schließlich, dem bekämpften Urteil wären die Gründe für die unterlassene Fragestellung nach den §§ 83, 86 StGB nicht zu entnehmen, bringt der Beschwerdeführer weder den geltend gemachten noch einen anderen Nichtigkeitsgrund zur gesetzmäßigen Darstellung. Eine Verpflichtung, die für die Ablehnung einer begehrten Fragestellung maßgebenden Erwägungen des Schwurgerichtshofes - welche im übrigen vorliegend ohnedies in der Hauptverhandlung zur Kenntnis gebracht wurden (siehe AS 237) - im Urteil ersichtlich zu machen, ist aus dem Gesetz nicht abzuleiten (vgl. Foregger-Serini, StPO4 Erl. I, Mayerhofer-Rieder, StPO2, ENr. 3, je zu § 342).

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Bei der Strafbemessung wertete das Geschwornengericht als mildernd die zum Abbau von Hemm-Mechanismen führende affektive Verflachung, die Erregung des Angeklagten auf Grund des vorangegangenen Verhaltens des Getöteten sowie die psychische Spannung, die sich aus dem Leben im Heim für Haftentlassene ergibt. Als erschwerend nahm es demgegenüber die einschlägigen Vorstrafen an.

Der Angeklagte strebt mit seiner Berufung die Herabsetzung, die Staatsanwaltschaft dagegen die Erhöhung der Freiheitsstrafe an.

Beide Berufungen sind unbegründet.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen zutreffend dargestellt und gewichtet. Die durch den chronischen Alkoholmißbrauch des Angeklagten bedingten Beeinträchtigungen im psychischen Bereich (Kritikminderung, affektive Verflachung - siehe Gutachten ON 11, S 11) haben auch eine gegenüber den rechtlich geschützten Werten ablehnende oder doch gleichgültige Einstellung und damit seine Bereitschaft nach sich gezogen, wegen nichtiger Anlässe andere Menschen unter Mißachtung ihrer körperlichen Integrität zu attackieren. Insoweit wird im Sinn der offenkundigen Erwägungen der Tatrichter die deutliche Reduktion der Schuldfähigkeit des Angeklagten durch die personale Täterschuld (§ 32 Abs. 2, zweiter Satz, StGB) wettgemacht, weswegen entgegen seiner Auffassung kein Anlaß zu einer Herabsetzung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe bestand. Wegen des aktenkundigen langjährigen Alkoholmißbrauchs des Angeklagten kam seiner tataktuellen Berauschung gemäß dem § 35 StGB auch keine über die ohnedies berücksichtigten psychischen Veränderungen hinausgehende mildernde Wirkung zu. Die psychische Situation des Angeklagten stand

allerdings - ungeachtet der von der Staatsanwaltschaft ins Treffen geführten Argumente - einer Erhöhung der Freiheitsstrafe ebenfalls entgegen.

Die Kostenentscheidung ist in der angeführten Gesetzesstelle begründet.

Anmerkung

E25516

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0110OS00024.91.0409.000

Dokumentnummer

JJT_19910409_OGH0002_0110OS00024_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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