TE OGH 1991/4/10 1Ob1527/91

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Veröffentlicht am 10.04.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Dietbert H*****, vertreten durch Dr. Alfons Adam, Rechtsanwalt in Neulengbach, wider die beklagte Partei C*****, vertreten durch Dr. Hubert Hasenauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 8.798 und Erwirkung von Handlungen, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 20. Juni 1990, GZ 1 R 34/90-29, den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrt die Verurteilung der beklagten Partei vor allem zum Verkauf seiner von dieser in einem näher bezeichneten Depot verwahrten Wertpapiere, die er allerdings näher zu umschreiben unterlassen hat.

Die beklagte Partei wendete namentlich ein, das Wertpapierdepot sei vom zuständigen Finanzamt wirksam gepfändet worden, sodaß sie dem Auftrag des Klägers zu dessen Realisierung nicht habe Folge leisten dürfen.

Der Kläger replizierte darauf, die Pfändung des Wertpapierdepots sei nach § 65 AbgEO verfügt worden und schon deshalb unwirksam, weil Wertpapiere nur nach den §§ 31 und 67 AbgEO gepfändet werden könnten. Dem Realisierungsauftrag stünden deshalb keine wirksamen Vollstreckungsschritte entgegen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Entscheidungsgegenstand zwar S 50.000 übersteige, die ordentliche Revision jedoch nicht zulässig sei. Es führte im wesentlichen aus, solange das Zahlungsverbot und der Überweisungsbeschluß aufrecht seien, müsse der Drittschuldner an den Überweisungsgläubiger leisten. Eine "unwirksame" Pfändung bewirke lediglich, daß das Exekutionsverfahren nach § 39 Abs 1 Z 2 EO einzustellen sei. Bis zum Einstellungsbeschluß, dem konstitutive Wirkung zukomme, blieben Pfändung und Überweisung aufrecht. Es sei Sache des Verpflichteten, für die Einstellung des Exekutionsverfahrens zu sorgen. Da der beklagten Partei gleichzeitig mit dem Einstellungsbescheid eine neuerliche Pfändungsverfügung zugestellt worden sei, sei das Depot während des fraglichen Zeitraumes nie pfandfrei gewesen, weshalb die beklagte Partei zu Recht die Befolgung des Verkaufsauftrages verweigert habe.

Die außerordentliche Revision des Klägers ist nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Als erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO bezeichnet er darin sein schon in erster Instanz erstattetes Vorbringen, pfände die Finanzbehörde ein Wertpapierdepot des Abgabenschuldners bei einer Bank gemäß § 65 AbgEO, so liege keine wirksame Pfändung vor; an das Zahlungsverbot sei deshalb der Drittschuldner nicht gebunden. Das Finanzamt hätte das Depot vielmehr gemäß den §§ 67 und 31 AbgEO pfänden müssen. Damit zeigt der Kläger indessen keine erhebliche Rechtsfrage auf, von deren Lösung der Streitausgang abhängig ist:

Zufolge der beiden einander unmittelbar folgenden Pfändungsverfügungen des zuständigen Finanzamtes, die von diesem dem Erstgericht in beglaubigter Ablichtung übermittelt wurden, wurde zur Sicherstellung von Abgabenforderungen gegen den Kläger die Forderung, "die dem Abgabenschuldner aus einem Wertpapierdepot .. oder aus welchem Grund immer gegen" die beklagte Partei "angeblich zusteht, gepfändet". Die beklagte Partei dürfe, soweit diese Forderung gepfändet ist, nicht an den Abgabenschuldner zahlen.

Diese Pfändungsverfügung mag zwar nicht mit wünschenswerter Deutlichkeit formuliert sein, es kann ihr aber doch mit ausreichender Sicherheit entnommen werden, daß damit auch der Anspruch des Klägers gegen die beklagte Partei auf Ausfolgung der im bezeichneten Depot verwahrten Wertpapiere (bzw. des hiefür erzielten Erlöses) gepfändet werden soll. In Verwahrung bei einem Dritten befindliche Wertpapiere können aber nicht bloß nach den §§ 31 bzw. 67 AbgEO (die den §§ 253 und 296 EO nachgebildet sind) erfolgen, sondern auch in Form der vorbereitenden Exekution (3 Ob 154/87) nach den §§ 75 ff AbgEO (die den §§ 325 ff EO entsprechen); die Pfändung nach § 75 AbgEO erfolgt dabei nach den Vorschriften der §§ 65 ff AbgEO, die wiederum den §§ 294 ff EO nachgebildet sind (vgl. EvBl 1981/222 mwN aus Heller-Berger-Stix; dabei ist festzuhalten, daß die Rechtsprechung zur gerichtlichen Exekution im Hinblick auf die weitgehende Übereinstimmung der gesetzlichen Grundlagen auch bei der Beurteilung abgabenexekutionsrechtlicher Tatbestände herangezogen werden kann). Das mit dieser Exekutionsart verbundene Leistungsverbot an den Drittschuldner (im Pfändungsbescheid "Zahlungsverbot" genannt) verwehrte es der beklagten Partei, dem Auftrag des Klägers nachzukommen.

Da die Forderung aus dem Wertpapierdepot - und nicht die Forderungen aus den verwahrten Wertpapieren - gepfändet wurde, hat die Finanzbehörde - entgegen der Ansicht des Revisionswerbers - eine wirksame Pfändung von Ansprüchen im Sinne des § 75 AbgEO vorgenommen. Auf die Lösung der in der außerordentlichen Revision aufgeworfenen Frage, ob das "Wertpapierdepot" nach § 65 oder gemäß § 67 AbgEO hätte gepfändet werden müssen, kommt es daher bei der gegebenen Sachlage nicht an.

Nur der Vollständigkeit halber sei auch darauf hingewiesen, daß der Kläger in erster Instanz gar nicht behauptet hat, welche Art von Wertpapieren im Depot und damit ob solche im Sinne des § 67 AbgEO dort überhaupt verwahrt wurden.

Das Rechtsmittel des Klägers ist somit zurückzuweisen; einer weitergehenden Begründung bedarf dieser Beschluß nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Anmerkung

E25615

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0010OB01527.91.0410.000

Dokumentnummer

JJT_19910410_OGH0002_0010OB01527_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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