TE OGH 1991/4/30 5Ob42/91

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Veröffentlicht am 30.04.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin G***** AG, ***** vertreten durch Dr. Rudolf Krilyszyn, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einverleibung eines Pfandrechtes ob der EZ ***** des Grundbuches ***** infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Rekursgerichtes vom 11. Februar 1991, AZ 3 R 185/90, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Krems an der Donau vom 7. November 1990, TZ 4628/90, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß auch die Einverleibung des Pfandrechtes für höchstens 15 % Zinsen und höchstens 18 % Verzugs- und Zinseszinsen aus der der Pfandrechtseinverleibung C-LNR 3 a der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches ***** zugrundeliegenden Forderung von S 700.000,- für die G***** Aktiengesellschaft bewilligt wird.

Hievon sind zu verständigen:

1.)

Annemarie L*****;

2.)

Dr. Rudolf KRILYSZYN, Rechtsanwalt, 1010 Wien, Rotenturmstraße 13;

              3.)              G***** AG, ***** zu Konto Nr. 008/16523 unter Anschluß des Schuldscheines Beilage A in Urschrift;

              3.)              FINANZAMT Krems an der Donau, 3500 Krems, Kasernstraße 3.

Text

Begründung:

Annemarie L*****, Alleineigentümerin der im Kopf dieser Entscheidung genannten Liegenschaft, und Anton S***** erhielten laut Schuld- und Pfandurkunde vom 29. 10. 1990/31. 10. 1990 von der Antragstellerin ein Darlehen von S 700.000,-. Sie verpflichteten sich, dieses Darlehen bzw. den jeweils aushaftenden Darlehensrest mit 4,5 % p.a. im nachhinein, höchstens mit 15 % p.a. im nachhinein zu verzinsen, wobei die Antragstellerin entsprechend der Änderung der in der Schuld- und Pfandurkunde aufgezählten Umstände die Darlehenskonditionen abzuändern berechtigt ist. Ferner wurde vereinbart, daß für die Zeit des Zahlungsrückstandes die jeweilige Darlehensschuld mit dem vereinbarten Zinssatz zuzüglich 3 % p.a. zu verzinsen sei (Punkt 1. der Schuld- und Pfandurkunde).

Zur Sicherstellung des Darlehenskapitals samt Zinsen, Verzugs- und Zinseszinsen sowie aller in dieser Urkunde übernommenen Verbindlichkeiten verpfändete Annemarie L***** der Antragstellerin die ihr zur Gänze gehörende, im Kopf dieser Entscheidung genannte Liegenschaft und erteilte demzufolge ihre ausdrückliche Einwilligung zur Einverleibung eines Pfandrechtes für die Darlehensforderung von S 700.000,- samt höchstens 15 % p. a. Zinsen, höchstens 18 % p.a. Verzugs- und Zinseszinsen sowie für eine Nebengebührensicherstellung im Höchstbetrag von S 70.000,- (Punkt 3. der Schuld- und Pfandurkunde).

Das Erstgericht bewilligte die Einverleibung des Pfandrechtes für die Kapitalforderung von S 700.000,- und die Nebengebührensicherstellung von S 70.000,-, wies jedoch das Begehren um Einverleibung des Pfandrechtes für höchstens 15 % p. a. Zinsen und höchstens 18 % p.a. Verzugs- und Zinseszinsen ab.

Den abweisenden Teil seiner Entscheidung begründete das Erstgericht damit, daß gemäß § 14 Abs 1 GBG das Pfandrecht nur für eine ziffernmäßig bestimmte Geldsumme eingetragen werden könne. Bei einer verzinslichen Forderung müsse auch die Höhe der Zinsen eingetragen werden. Die Einverleibung von Zinsen mit einem beweglichen Zinsfuß - wie hier begehrt - sei unzulässig.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteigt sowie daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Rechtlich führte das Rekursgericht im wesentlichen aus:

Nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung sei gemäß § 14 Abs 1 GBG die Einverleibung eines beweglichen Zinssatzes unzulässig. Zwar werde nach überwiegender Rechtsprechung und Lehre die Eintragung eines Pfandrechtes für Zinsen von "höchstens ...." im Sinn des § 14 Abs 1 GBG für zulässig gehalten, weil wegen der gegebenen Obergrenze kein beweglicher Zinsfuß vorliege. Der Oberste Gerichtshof habe in der in JBl. 1989, 390 veröffentlichten Entscheidung ausgeführt, daß die Einverleibung eines Höchstzinssatzes zwar grundbuchsrechtlich nicht unproblematisch sei, aber von Lehre und Rechtsprechung anerkannt werde. Der von Bartsch GBG7 237 und Petrasch in Rummel2 Rz 6 zu § 451 ABGB unter Hinweis auf die Entscheidung 3 Ob 84/77 vertretenen Ansicht, daß in diesem Zusammenhang von einem "veränderlichen" (variablen) Zinsfuß als Gegenstück zu einem "beweglichen" Zinsfuß auszugehen sei, müsse man entgegenhalten, daß es keinen Unterschied machen könne, ob zB. ein beweglicher Zinssatz von 8 bis 18 % oder ein Zinssatz von höchstens 18 % vorliege, weil in letzterem Fall der Spielraum eben zwischen 0 und 18 % liege. Die Unterscheidung zwischen veränderlichem und beweglichem Zinssatz sei daher nicht überzeugend. Beide Varianten widersprächen dem im § 14 Abs 1 GBG für die pfandrechtlich sicherzustellende Geldsumme und die Höhe der Zinsen normierten Bestimmtheits- und Deutlichkeitsgebot.

Die Bestimmung des § 14 Abs 2 GBG stelle eine Ausnahmebestimmung von der Grundregel des § 14 Abs 1 GBG dar und dürfe nicht ausdehnend ausgelegt werden.

Schließlich sei auf § 171 Abs 2 EO zu verweisen, wonach der Ersteher mangels Barzahlungsverlangen die Schuld unverändert zum bisherigen Zinsfuß übernehmen müsse. Im Falle eines Höchstzinssatzes könne der Ersteher aber weder aus dem Grundbuch noch aus der Urkundensammlung entnehmen, mit welchem Zinssatz er die Forderung zu verzinsen habe.

Die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses sei gegeben, weil der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung JBl. 1989, 390 die Zulässigkeit der Eintragung von Höchstzinsen als grundbuchsrechtlich problematisch bezeichnet habe und weil wegen der Spruchpraxis anderer Gerichtshöfe eine nach wie vor ungeklärte Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung vorliege.

Gegen die rekursgerichtliche Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß ihrem Antrag auch bezüglich der Einverleibung des Pfandrechtes für die vereinbarten Zinsen stattgegeben werde.

Rechtliche Beurteilung

er Revisionsrekurs ist wegen Abweichens der Vorinstanzen von der oberstgerichtlichen Rechtsprechung (3 Ob 84/77, zitiert von Petrasch in Rummel2, Rz 6 zu § 451 ABGB; JBl. 1989, 390; 5 Ob 65/90 = NZ 1991, 108 sowie jüngst 5 Ob 114/90 und 5 Ob 115/90) zulässig und auch berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof befaßte sich jüngst in gleichgelagerten, von demselben Rekursgericht entschiedenen Fällen mit dem hier zu beurteilenden Rechtsproblem (5 Ob 114/90 und 5 Ob 115/90) und vertrat dabei die weiterhin aufrechterhaltene Rechtsansicht, daß durch die oben wiedergegebene Vereinbarung eines Höchstzinssatzes dem Bestimmtheitserfordernis des § 14 Abs 1 GBG Genüge getan werde:

Die für die gegenteilige Entscheidung des Rekursgerichtes zitierten Judikatur- und Lehrmeinungen (zB Bartsch, GBG7 237;

Feil, Liegenschaftsrecht 1018; Feil, Grundbuchsgesetz 87;

Edtstadler, Der bewegliche Zinsfuß im Grundbuch, NZ 1956, 146 ff;

Schubert in Rummel2, Rz 5 zu § 999; Stanzl in Klang2 IV/1, 759) haben die Einverleibung eines Pfandrechtes für eine Zinsenforderung mit beweglichem Zinsfuß jeweils in solchen Fällen abgelehnt, in denen kein Höchstzinssatz angegeben war. Tatsächlich besteht ein entscheidender Unterschied zwischen einem beweglichen Zinsfuß, der nach oben hin unbegrenzt ist, und variablen Zinsen mit von vorneherein festgelegter Höchstgrenze. Lehre und Rechtsprechung lassen sowohl die Eintragung einer bestimmten Höchstverzinsung mit sonst beweglichem Zinsfuß (NZ 1929, 89; NZ 1930, 25; RPflSlgG 605) als auch mit vertraglicher Beschränkung auf einen variablen Zinsfuß (der nicht schlechthin beweglich ist, aber materiellrechtlich wirksam abgeändert werden kann) zu (Bartsch, GBG7 237; 3 Ob 84/77 zitiert von Petrasch in Rummel2, Rz 6 zu § 451; JBl. 1989, 390). Im zweiten Fall wurde die bücherliche Eintragung des "veränderlichen" Zinsfußes damit begründet, daß es sich um eine als zulässig anzusehende Eintragung eines Höchstbetrages handle (vgl JBl. 1989, 390). Es ist jedoch schon

der - weitergehenden - erstgenannten Ansicht zuzustimmen, weil § 14 Abs 2 GBG Höchstbetragshypotheken zuläßt und daher auch die Eintragung eines Pfandrechtes für Zinsen bis zu einem bestimmten Höchstbetrag - eindeutig bestimmt durch die ziffernmäßige Angabe des höchsten Zinsfußes - zulässig sein muß. Auch auf diese Art wird nämlich die äußerstenfalls gegebene Höhe der pfandrechtlich gesicherten Zinsenforderung eindeutig festgelegt (so RPflSlgG 605; so auch 5 Ob 65/90 = NZ 1991, 108).

Die dagegen vorgebrachten Argumente des Rekursgerichtes überzeugen nicht. Die aus der Sicht des Erstehers im Zwangsversteigerungsverfahren beklagte Unsicherheit hinsichtlich des notwendigen Kapitaleinsatzes zur Löschung einer Hypothek bestünde auch in den Fällen der eindeutig zulässigen Nebengebührensicherstellung. Diese Erschwernisse wurden mit der Zulassung der Höchstbetragshypothek durch § 14 Abs 2 GBG bewußt in Kauf genommen. Sie stehen daher der Begründung eines Pfandrechtes für eine Zinsenforderung mit bloß bestimmtem Höchstzinssatz nicht entgegen.

Abgesehen davon, daß der vom Rekursgericht schlechthin aufgestellte Rechtssatz, daß Ausnahmebestimmungen nicht ausdehnend ausgelegt werden dürften, in dieser Allgemeinheit nicht richtig ist (siehe die Zusammenstellung der Judikatur hiezu in MGA-ABGB33 § 6 E 75 bis 77), ist zum Verhältnis der Bestimmungen des § 14 Abs 1 GBG und des § 14 Abs 2 GBG zueinander folgendes zu sagen:

§ 14 Abs 2 GBG relativiert die Bestimmung des § 14 Abs 1 GBG dahin, daß die pfandweise Sicherstellung der in der erstgenannten Gesetzesstelle taxativ angeführten Forderungen auch bei bloßer Angabe eines Höchstbetrages zulässig ist. In diesen Fällen muß dem in § 14 Abs 1 GBG angeordneten Bestimmtheitsgebot nur in dem eingeschränkten Sinn Rechnung getragen werden, daß die Haftungshöchstgrenze eindeutig feststeht. Da vereinbarte Darlehenszinsen unschwer als Forderung aus einem gegebenen Kredit zu verstehen sind, erstreckt sich der im § 14 Abs 2 GBG normierte Grundsatz - bloßes Erfordernis der Angabe eines Höchstbetrages - auch auf das in § 14 Abs 1 Satz 2 GBG normierte Erfordernis der Eintragung der Höhe der Zinsen bei einer verzinslichen Forderung. Die Auslegung des § 14 Abs 1 und 2 GBG durch den Obersten Gerichtshof geht daher sogar eher vom Begriffskern aus als daß sie sich dem äußerst möglichen Wortsinn annähert, ist also gar nicht als ausdehnend anzusehen (zur Wortinterpretation siehe Koziol-Welser, Grundriß8 I 20 f).

Der Oberste Gerichtshof sieht sich aus diesen Gründen nicht veranlaßt, der Kritik Hofmeisters zu 5 Ob 65/90 in NZ 1991, 111 zu folgen und von seiner Rechtsansicht abzugehen.

Demgemäß war dem Revisionsrekurs Folge zu geben und die begehrte Eintragung des Pfandrechtes auch für die Zinsen spruchgemäß zu bewilligen.

Anmerkung

E25695

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0050OB00042.91.0430.000

Dokumentnummer

JJT_19910430_OGH0002_0050OB00042_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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