TE OGH 1991/5/7 11Os42/91 (11Os43/91)

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Veröffentlicht am 07.05.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.Mai 1991 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Felzmann, Dr. Rzeszut und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Zacek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Helmut W***** und einen anderen wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 1 und 2, 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Helmut W***** gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Schöffengericht vom 14.Mai 1990, GZ 14 Vr 711/89-67, sowie über die Beschwerde dieses Angeklagten gegen den zugleich gefaßten Beschluß gemäß § 494 a Abs. 1 Z 4 StPO nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Stöger, des Angeklagten Helmut W***** und des Verteidigers Dr. Palka zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung und der Beschwerde wird nicht Folge gegeben. Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Helmut W***** die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde (ua) der ***** 1954 geborene Helmut W***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 1 und 2, 15 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last (I des Urteilsspruchs), fremde bewegliche Sachen in einem 25.000 S nicht übersteigenden Wert mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung anderen weggenommen bzw. wegzunehmen versucht zu haben, nämlich

1. am 20.Juli 1989 in Grieskirchen im bewußten und bewollten Zusammenwirken mit einem unbekannten Mittäter

a/ Verfügungsberechtigten der Firma QU***** nach Aufbrechen der Geschäftseingangstür und der Registrierkasse 6.134 S Bargeld und drei Paar Schuhe im Wert von ca. 1.200 S;

b/ Verfügungsberechtigten der Firma Gerhard H***** nach Aufbrechen der Geschäftseingangstür Bargeld in nicht festgestellter Höhe, wobei es beim Versuch blieb; 2. am 19. März 1990 in Thalheim bei Wels im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit Walter G***** und dem gesondert verfolgten Günter W***** als Mittäter 21 kg Forellen dem Franz Z***** und dem Rudolf F*****, wobei es gleichfalls beim Versuch blieb (Schuldspruch 2 a/).

Als Vergehen der Sachbeschädigung liegt (auch) dem Angeklagten W***** zur Last, anläßlich des versuchten Diebstahls zu 2 a durch Zerschneiden einer den Berechtigten Franz Z***** und Rudolf F***** gehörigen Maschendrahtumzäunung einen 25.000 S nicht übersteigenden Sachschaden herbeigeführt zu haben (2 b).

Das Urteil enthält ferner unbekämpft gebliebene Teilfreisprüche.

Der Angeklagte Helmut W***** bekämpft seine Schuldsprüche I 1 a und b (Diebstahlsfakten vom 20.Juli 1989) mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 5, 5 a, 10 und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Der - inhaltlich undifferenziert mit der Tatsachenrüge (Z 5 a) vermengten - Mängelrüge (Z 5) zuwider ist das angefochtene Urteil weder mit unvollständiger noch mit offenbar unzureichender Begründung behaftet. Der Umstand, daß die im Schuhgeschäft der Firma QU***** gesicherten Fingerabdruckspuren weder dem Beschwerdeführer noch dem (auch) zu diesem Diebstahlsfaktum im Verdacht der (Mit-)Täterschaft stehenden Angeklagten G***** zugeordnet werden konnten (S 187), fand nämlich ebenso tatrichterliche Berücksichtigung wie die Tatsache, daß am 20. Juli 1989 in Grieskirchen noch ein weiterer Einbruchsdiebstahl versucht, insoweit aber von der Staatsanwaltschaft im Fall des Beschwerdeführers die Erklärung gemäß dem § 109 StPO (§ 34 Abs. 2 Z 1 StPO) abgegeben wurde (S 513 und 514 iVm S 1). Davon aber, daß die Unmöglichkeit der Zuordnung der an einem der Tatorte vorgefundenen Fingerabdruckspuren bzw. die vorerwähnte Vorgangsweise der Staatsanwaltschaft zu einem weiteren, dem Beschwerdeführer in der Anklageschrift nicht angelasteten Diebstahlsfaktum Schlußfolgerungen dahin zuließe, daß seine Täterschaft in den beiden Diebstahlsfakten der nunmehr bekämpften Schuldsprüche auszuschließen sei, kann nicht die Rede sein. Nichts anderes gilt auch für den weiteren Einwand, daß das bei Begehung der in Rede stehenden Einbrüche verwendete Tatwerkzeug (vermutlich ein Schraubenzieher mit einer Breite von ca. 10 mm) beim Beschwerdeführer nach dessen Festnahme nicht vorgefunden werden konnte. Soweit der im Verdacht der Mittäterschaft an den beiden Einbrüchen am 20.Juli 1989 bei den Firmen QU***** bzw. H***** stehende Mitangeklagte G***** trotz erheblicher Verdachtsmomente im Zweifel (auch) von dem diesbezüglichen Anklagevorwurf gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen wurde, erweist sich die Urteilsannahme der Beteiligung eines unbekannt gebliebenen Komplizen dem Beschwerdestandpunkt zuwider nicht als spekulative Hypothese, vielmehr in Anbetracht der in der Urteilsbegründung dazu eingehend erörterten Aussagen der Zeugen Wolfgang P***** (S 497 f), Rosa B***** (S 511 f) und Theresia W***** (S 514 f) als formal mängelfrei begründete, logisch einwandfreie Konsequenz des G***** betreffenden Teilfreispruchs.

Auch die Aussage der Zeugin Theresia W*****, die den in der Mittagszeit des 20.Juli 1989 im Geschäft der Firma QU***** verübten Einbruchsdiebstahl von einem Wohnungsfenster aus einer Entfernung von rund 50 m beobachtet (und hiebei zwei Täter wahrgenommen) hatte, den Beschwerdeführer in der Folge jedoch nicht als einen der beiden Täter identifizieren konnte (S 8, 72, 180 und 305), fand in der Urteilsbegründung die gebotene Berücksichtigung. Daß sich die von der Zeugin sowohl in der Hauptverhandlung als auch im Zuge des Vorverfahrens an den Tag gelegten Unsicherheiten bei der Identifizierung der beiden Angeklagten nicht entscheidend zu deren Vorteil auswirken konnten, begründete das Erstgericht dem Beschwerdestandpunkt zuwider mit dem Hinweis auf das verhältnismäßig hohe Lebensalter der Zeugin, die beträchtliche Entfernung ihres Standortes von den Tätern und ihre (infolge anfänglich fehlenden Mißtrauens) reduzierte Aufmerksamkeit durchaus denkmöglich.

Da sich das angefochtene Urteil auch mit allen wesentlichen Einzelheiten der Aussagen der Zeugen Wolfgang P***** und Rosa B***** auseinandersetzt (S 498, 499, 510 bis 512) - P***** hatte den versuchten Einbruch in das Geschäftslokal der Firma H***** beobachtet und sich das Kennzeichen des Helmut W***** gehörigen Fluchtautos notiert; Rosa B***** hinwieder identifizierte den Beschwerdeführer wiederholt als einen der beiden von ihr damals wahrgenommenen Täter -, stellt sich das Beschwerdevorbringen, soweit es die Glaubwürdigkeit dieser Zeugen zu erschüttern sucht, der Sache nach als bloße "Schuldberufung" dar, die gegen Schöffengerichtsurteile gesetzlich nicht vorgesehen ist. Damit versagt die Beschwerdeargumentation im Ergebnis sowohl unter dem Gesichtspunkt der Z 5 als auch unter jenem der Z 5 a des § 281 Abs. 1 StPO.

Schließlich erweisen sich auch die Urteilsausführungen zu der Frage, inwieweit der Standort des dem Beschwerdeführer gehörigen PKWs nach seiner Festnahme am 20.Juli 1989 Veränderungen erfahren hat, dem Beschwerdestandpunkt zuwider als denkmöglich und formell mängelfrei. Weder in diesem noch in einem anderen von der Beschwerde relevierten Punkt ergeben sich (geschweige denn erhebliche) Bedenken gegen die Richtigkeit der den bekämpften Schuldsprüchen zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachenfeststellungen.

Rechtliche Beurteilung

Den Rechtsrügen (Z 10 und 11) liegt sinngemäß die Auffassung zugrunde, daß eine kumulative Annahme der Qualifikationen des § 129 Z 1 und Z 2 StGB ausgeschlossen wäre. Demgegenüber ist nach Lehre und Rechtsprechung die gleichzeitige Beurteilung eines Diebstahls nach mehreren Qualifikationen des § 129 StGB rechtlich zulässig. Handelt es sich doch bei den in den Z 1 bis 4 dieser Bestimmung im einzelnen näher bezeichneten Tatumständen um eigenständige, nach der gesetzlichen Wertung jeweils mit einem besonderen Handlungsunwert verbundene Qualifikationskriterien, von denen schon jedes einzelne für sich die Anwendung des (im Blick auf § 127 StGB strengeren) Strafsatzes des § 129 StGB begründet und die auch untereinander nicht frei vertauschbar sind (Leukauf-Steininger, StGB2, RN 44 zu § 129 samt Judikaturzitaten).

Da der Beschwerdeführer bei der Ausführung des zu I 1 a des Urteilsspruchs erfaßten Diebstahls nach den Urteilsfeststellungen zunächst durch Aufzwängen der Eingangstür mittels eines Werkzeugs in das Geschäft der Firma QU***** gelangte (§ 129 Z 1 StGB), sodann im Geschäftslokal die dort verwahrte Registrierkasse gewaltsam öffnete und solcherart ein Behältnis aufbrach (§ 129 Z 2 StGB), erweist sich die (kumulative) Annahme der beiden in Rede stehenden Diebstahlsqualifikationen als dem Gesetz entsprechend.

Nichts anderes gilt folglich für den daraus abgeleiteten Erschwerungsgrund der zweifachen Qualifikation des Diebstahls zum Verbrechen, in dessen Bejahung offenbar die Beschwerde den Nichtigkeitsgrund der Z 11 verwirklicht sieht.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten Helmut W***** gemäß dem § 129 StGB unter Anwendung des § 28 StGB eine Freiheitsstrafe von neun Monaten. Dabei wertete es den verhältnismäßig raschen Rückfall, die teilweise Tatbegehung während der Anhängigkeit dieses Strafverfahrens, die (fünf) einschlägigen Vorverurteilungen, die zweifache Qualifikation des Diebstahls zum Verbrechen und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen als erschwerend, als mildernd hingegen den teilweisen Versuch und das Teilgeständnis.

Gemäß dem § 494 a Abs. 1 Z 4 erster Fall StPO faßte das Erstgericht überdies den Beschluß auf Widerruf der im Verfahren zum AZ 14 Vr 1.709/87 des Kreisgerichtes Wels gewährten bedingten Nachsicht der über Helmut W***** verhängten Freiheitsstrafe von sieben Monaten. Von dem Widerruf einer diesem Angeklagten in einem weiteren Strafverfahren gewährten bedingten Strafnachsicht sah es hingegen ab.

Der Angeklagte W***** bekämpft den ihn betreffenden Strafausspruch mit Berufung, überdies den Widerrufsbeschluß mit Beschwerde (der Angeklagte G***** hat seine Berufung inzwischen zurückgezogen - S 565).

Sowohl der Berufungsantrag auf Herabsetzung der ausgesprochenen Freiheitsstrafe als auch die Beschwerde gegen den Widerruf der bedingten Strafnachsicht wird inhaltlich undifferenziert mit dem Hinweis auf den geringen Wert der Diebsbeute begründet.

Weder der Berufung noch der Beschwerde kommt Berechtigung zu.

Mögen auch die erstgerichtlichen Strafzumessungserwägungen dahin zu ergänzen sein, daß beim Angeklagten W***** zusätzlich die Wiederholung der Diebstahlshandlungen als erschwerend, als mildernd hingegen die den Tatkomplex I 2 (versuchter Diebstahl von Fischen unter Beschädigung eines Drahtzaunes) betreffende Schadensgutmachung (durch den Mittäter Günter W***** - S 443) als mildernd zu berücksichtigen gewesen wären, so bedarf der bekämpfte Strafausspruch keiner Korrektur. Hat doch der Berufungswerber durch die Wirkungslosigkeit der wiederholten Vorverurteilungen (zu teils empfindlichen Freiheitsstrafen) und den Rückfall während eines gegen ihn anhängigen Strafverfahrens (noch dazu am Tag vor dem Hauptverhandlungstermin - S 407) eine kriminelle Beharrlichkeit erkennen lassen, die den gestellten Rechtsmittelanträgen vor allem aus spezialpräventiver Sicht entgegensteht. Nach Lage des Falles kommt daher eine Herabsetzung der mit neun Monaten auch unter Bedachtnahme auf das verwirklichte Tatunrecht zutreffend bemessenen Freiheitsstrafe nicht in Betracht.

Unter Berücksichtigung der dargelegten spezialpräventiven Erfordernisse erweist es sich im Sinn der erstgerichtlichen Erwägungen zudem als geboten, zusätzlich zu der neu ausgesprochenen auch die im Verfahren zu AZ 14 Vr 1.709/87 des Kreisgerichtes Wels zunächst bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe zu vollziehen. Es war daher auch der Beschwerde ein Erfolg zu versagen und insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E25847

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0110OS00042.91.0507.000

Dokumentnummer

JJT_19910507_OGH0002_0110OS00042_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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