TE OGH 1991/6/26 3Ob74/91 (3Ob75/91)

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Veröffentlicht am 26.06.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Dr.Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei G*****bank *****, vertreten durch Dr.Friedrich Studentschnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die verpflichtete Partei Hermann S*****, vertreten durch Dr.Josef Hippacher, Rechtsanwalt in Lienz, wegen 1 Mio S sA, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 16.Jänner 1991, GZ 3 R 560/90-14, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes St.Veit/Glan vom 6.November 1990, GZ E 73/90-2, und vom 12.Dezember 1990, GZ E 73/90-7, abgeändert wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben. Der Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes ON 2 (Bewilligung der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung) in der Hauptsache wieder hergestellt wird. Unter Einbeziehung und Teilabänderung des Beschlusses des Erstgerichtes ON 7 Punkt 1 (Ergänzung des Beschlusses ON 2 über die Höhe der Kosten des Exekutionsantrages) werden die Exekutionskosten mit 10.435,06 S (darin 1.297,51 S Umsatzsteuer und 2.650 S Barauslagen) bestimmt.

Die betreibende Partei ist schuldig, der verpflichteten Partei binnen vierzehn Tagen die mit 1.451,52 S bestimmten Kosten des Kostenrekurses an die zweite Instanz (darin 241,92 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Die verpflichtete Partei ist schuldig, der betreibenden Partei die mit 20.419,20 S als weitere Exekutionskosten bestimmten Kosten des Revisionsrekurses (darin 3.403,20 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Begründung:

Am 13.3.1985 wurde vor einem österreichischen Notar ein Notariatsakt errichtet, nach welchem vom Verpflichteten dem Notar "die diesem Akte beigeheftete, zweibogige, S 120,- gestempelte Privaturkunde (Pfandbestellungsurkunde)" zum Zwecke der notariellen Bekräftigung vorgelegt worden sei. Der Notar habe "diese Privaturkunde" im Sinne des § 54 NO geprüft und unterzeichnet. Der Verpflichtete erteilte im Notariatsakt seine ausdrückliche Zustimmung, daß dieser "und die hiemit bekräftigte Privaturkunde" hinsichtlich aller von ihm darin anerkannten Verbindlichkeiten im Sinne des § 3 NO sofort vollstreckbar sein solle. Weiters erteilte er die Bewilligung, daß bei dem für die betreibende Partei an den strittigen Liegenschaften einzuverleibenden Pfandrecht die Vollstreckbarkeit grundbücherlich angemerkt werden könne.

Dem Notariatsakt ist einerseits eine Krediturkunde, bestehend aus einem Bogen, und andererseits eine Pfandbestellungsurkunde, ebenfalls bestehend aus einem Bogen, angeschlossen. Beide Urkunden wurden im Sinne des § 48 NO mit einer Schnur geheftet, welche am Ende des Notariatsaktes mit dem Amtssiegel des Notars befestigt wurde.

Gemäß der Krediturkunde wurde dem Verpflichteten ein Kredit von 3,230.000 S mit einer Laufzeit von fünfzehn Jahren eingeräumt, wobei in den ersten zwei Jahren der Laufzeit nur die vierteljährlich anfallenden Zinsen, ab 30.6.1987 aber vierteljährliche Pauschalraten an Kapital und Zinsen in Höhe von je 91.500 S geleistet werden sollten. In einem gesonderten Punkt wurde festgehalten, daß bei Verzug mit zwei Zinsraten oder zwei Annuitäten auf Grund der Anmerkung der Vollstreckbarkeit die Verwertung der Pfandobjekte vorgenommen werden könne.

In der Pfandbestellungsurkunde wird zur Sicherung des schon gewährten und künftig zu gewährender Kredite ein Höchstbetragspfandrecht von 4,520.000 S bestellt.

Auf Grund dieses Notariatsaktes bewilligte das Erstgericht mit Beschluß ON 2 zur Hereinbringung des Betrages von 1,000.000 S die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung zweier Liegenschaften, unterieß jedoch die Bestimmung der mit 17.602,96 S verzeichneten Kosten des Exekutionsantrages. Auf Grund eines von der betreibenden Partei gestellten Ergänzungsantrages bestimmte das Erstgericht mit Beschluß ON 7 Punkt 1 die Kosten des Exekutionsantrages mit 17.602,96 S und die Kosten des Ergänzungsantrages mit 1.450,80 S.

Der Verpflichtete erhob gegen die Beschlüsse ON 2 und 7 Rekurs.

Das Gericht zweiter Instanz änderte den Beschluß des Erstgerichtes ON 2 dahin ab, daß der Exekutionsantrag abgewiesen wurde, verwies den Rekurs des Verpflichteten gegen die Kostenbestimmung ON 7 auf diese Entscheidung und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Das Gericht zweiter Instanz war der Auffassung, daß der vorliegende Notariatsakt nicht exekutionsfähig sei, weil im Mantel des Notariatsaktes nur auf die Pfandbestellungsurkunde Bezug genommen sei, aus der sich keine Leistungsverpflichtung ergebe. Die Bestellung einer Höchstbetragshypothek könne die Leistungsverpflichtung nicht ersetzen. Infolge Abweisung des Exekutionsantrages sei auch der Ergänzungsantrag unberechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist zulässig, weil zur Frage, wann ein mit Mängeln behafteter Notariatsakt als Exekutionstitel geeignet ist, soweit ersichtlich keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliegt.

In der Hauptsache kommt dem Revisionsrekurs Berechtigung zu.

Notariatsurkunden müssen gemäß § 44 Abs 1 NO deutlich geschrieben sein. Gemäß § 46 NO obliegt aber die Beurteilung der Glaubwürdigkeit einer gegen dieses Deutlichkeitsgebot verstoßenden Notariatsurkunde dem Gericht. Nicht jede Undeutlichkeit führt also zur Unwirksamkeit der notariellen Urkunde, und nicht jeder Mangel nimmt einem Notariatsakt seine Eignung als Exekutionstitel. Auch nach § 27 Abs 1 GBG kommt es auf die volle Glaubwürdigkeit der Urkunde an. Die Bewilligung der Exekution wäre zwar zB dann nicht möglich, wenn der Verdacht einer nachträglichen Veränderung der Urkunde hinsichtlich der Person des Schuldners bestünde (SZ 56/164), oder wenn sie ihrem Gesamtinhalte nach in einer Weise undeutlich wäre, daß der Sinn der im Exekutionstitel vorkommenden Formulierungen unklar bliebe, wobei die Unklarheit zu Lasten der betreibenden Partei ginge (WBl 1988, 55). Im vorliegenden Fall liegt aber der Sinn des Notariatsaktes so klar auf der Hand, daß trotz gewisser Ungenauigkeiten keine Undeutlichkeit vorliegt:

Es spricht alles dafür, daß der Notar sowohl die Krediturkunde als auch die Pfandbestellungsurkunde in die Solennisierung des § 54 NO einbezog. Er hat beide Urkunden gefertigt und beide Urkunden dem aufgenommenen Notariatsakt angeheftet und er spricht ausdrücklich von einer "zweibogigen" Urkunde. Offenbar faßte er also beide aus je einem Bogen bestehenden Urkunden als Einheit auf, nur so kann es zu einer zweibogigen Urkunde kommen, und sprach daher im Notariatsakt nur von der Privaturkunde in der Einzahl und ging weiters davon aus, daß diese Gesamturkunde eine Pfandbestellungsurkunde sei, weshalb er sie in der Klammer nur als solche und nicht auch als Krediturkunde bezeichnete. Damit ist auch die Krediturkunde zum Teil des Notariatsaktes geworden.

Gemäß § 3 Abs 1 NO ist ein Notariatsakt exekutionsfähig, wenn darin die Verpflichtung zu einer nach Person, Rechtstitel, Gegenstand, Art, Umfang und Zeit bestimmten Leistung festgestellt wird.

Das bloße Festhalten der Rechtslage würde allerdings nicht genügen (JBl 1978, 383; EFSlg 49.436), und die Erklärung, daß ein Notariatsakt vollstreckbar ist, würde die erforderliche Leistungsverpflichtung nicht ersetzen (EvBl 1975/51; 3 Ob 99/90). Die Verbindlichkeit zu einer bestimmten Leistung muß jedoch nicht mit einem bestimmten Wortlaut erfolgen. Es genügt, daß sich aus dem Zusammenhang des Notariatsaktes klar ergibt, zu welcher Leistung sich der Schuldner verpflichtet hat (EvBl 1988/61 = NZ 1988, 260; 3 Ob 46/88). Wenn daher im vorliegenden Fall für die ersten zwei Jahre die Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen und dann die Verpflichtung zur Zahlung vierteljährlicher Annuitäten übernommen wurde, dann ergibt sich schon aus der einen Bestandteil des Notariatsaktes bildenden Krediturkunde, daß die bis zur Anbringung des Exekutionsantrages fällig gewordenen Zinsen und Annuitäten auf Grund einer vom Schuldner übernommenen Leistungsverpflichtung geschuldet werden (ebenso 3 Ob 46/88). Schon die in der Zeit vom 30.6.1987 (Beginn der Verpflichtung zur Zahlung vierteljährlicher Annuitäten von 91.500 S) bis 2.11.1990 (Anbringung des Exekutionsantrages) fällig gewordenen 11 Raten übersteigen den betriebenen Anspruch.

Der Umstand, daß im vorliegenden Fall keine Festbetragshypothek, sondern eine Höchstbetragshypothek bestellt wurde, hat mit diesem schon durch die Krediturkunde festgelegten Leistungsumfang nichts zu tun. Richtig ist zwar, daß die Bestellung einer Kredithypothek für sich allein noch nicht den Schluß erlauben würde, es sei auch der Kreditrahmen schon voll ausgeschöpft und damit schon eine Leistungsverpflichtung übernommen (SZ 17/137 für den Fall eines eingeräumten Kontokorrentkredits). Auch die im Grundbuch eingetragene Anmerkung der Vollstreckbarkeit nach § 3 a NO würde dann das Vorhandensein einer schon entstandenen vollstreckbaren Forderung noch nicht dartun. Die schon angeführte Entscheidung EvBl 1988/61 geht nur davon aus, daß die Pfandbestellung die Verpflichtungserklärung ersetzt, spricht aber nicht aus, daß damit auch das Erfordernis des Nachweises der von einer bestimmten Tatsache abhängigen Fälligkeit ersetzt würde. Wenn sich die Fälligkeit nicht aus der Titelurkunde selbst ergibt, muß sie vielmehr durch eine weitere öffentliche Urkunde bewiesen werden, welches Erfordernis von den Parteien nicht abbedungen werden kann (NZ 1956, 122; NZ 1974, 156). Ein solcher Fall liegt aber hier nicht vor; trotz Einräumung einer Höchstbetragshypothek wurde nur ein einmal ausnützbarer Kredit gewährt, der in bestimmten Raten zurückzuzahlen war. Hier ergibt sich also die Fälligkeit der schon angefallenen Raten schon aus der Krediturkunde, und nur für den restlichen Teil der Gesamtforderung wären unter Umständen weitere Nachweise erforderlich.

In der Hauptsache ist also der Exekutionsbewilligungsbeschluß des Erstgerichtes wieder herzustellen.

Die Kosten des Exekutionsantrages sind nach Tarifpost 2 RAT zu bestimmen, sodaß hiefür nicht 17.602,96 S, sondern nur 10.235,38 S gebühren; mit den Kosten des Ergänzungsantrages gemäß TP 1 II g statt TP 2 von 199,68 S ergibt das zusammen 10.435,06 S.

Die betreibende Partei hat gemäß § 78 EO iVm § 40, § 41 und § 50 ZPO auf der Basis des der verpflichteten Partei ersiegten Kostenbetrages die Kosten eines Kostenrekurses zu ersetzen. Gemäß den §§ 74 und 78 EO iVm mit den §§ 41 und 50 ZPO hat die betreibende Partei Anspruch auf Ersatz der Kosten des Revisionsrekurses.

Anmerkung

E26188

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0030OB00074.91.0626.000

Dokumentnummer

JJT_19910626_OGH0002_0030OB00074_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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