TE OGH 1991/8/6 11Os84/91

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Veröffentlicht am 06.08.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. August 1991 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Felzmann, Dr. Rzeszut und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kandera als Schriftführerin in der Strafsache gegen Erwin W***** wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach dem § 169 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 4. Juni 1991, GZ 11 e Vr 57/91-40, nach Anhörung der Generalprokuratur in

nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO falllen dem Angeklagten die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Erwin W***** des Verbrechens der Brandstiftung nach dem § 169 Abs. 1 StGB (Fakten I/1 bis 3 des Urteilssatzes) und des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach den §§ 125, 126 Abs. 1 Z 7 StGB (Faktum II) schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Gleichzeitig ordnete das Schöffengericht gemäß dem § 21 Abs. 2 StGB die Unterbringung des Angeklagten in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher an.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil wird von Erwin W***** mit der auf die Ziffern 4 und 5 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde nur im Ausspruch über die Anstaltsunterbringung bekämpft.

Soweit der Beschwerdeführer sich unter dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund durch die Ablehnung seines Antrages auf Einholung eines Fakultätsgutachtens aus dem Fachgebiet der Psychologie beschwert erachtet, bieten die Rechtsmittelausführungen für die Behandlung dieser Rüge unter dem Aspekt einer Urteilsnichtigkeit nach der Z 4 (sachlich in Verbindung mit der Z 11) des § 281 Abs. 1 StPO kein geeignetes Substrat. Abgesehen davon, daß die Strafprozeßordnung nur Fakultätsgutachten medizinischer Fakultäten kennt (§ 126 Abs. 2 StPO), stellt der für die Relevanzprüfung allein maßgebende Wortlaut des ursprünglichen Beweisantrages (S 254/II) konkret nur auf die Frage des Vorliegens "einer Gefährlichkeit" des Angeklagten, nicht aber - wie erst die Beschwerde - auf die Einweisungsvoraussetzung der seelischen Abartigkeit höheren Grades ab. Damit betrifft der behauptete Verfahrensmangel bloß die Ermessensentscheidung der Gefährlichkeitsprognose; er ist folglich einer sachbezogenen Erörterung lediglich bei Behandlung der Berufung zugänglich (zuletzt idS 15 Os 10/91).

Im übrigen weisen Befund und Gutachten der in erster Instanz beigezogenen erfahrenen Sachverständigen Dr. K*****, Dr. G***** und Dr. K***** keine der in den §§ 125, 126 StPO bezeichneten Mängel auf; solche wurden bei der Antragstellung auch nicht behauptet.

Wenn daher das Erstgericht die beantragte Einholung eines Fakultätsgutachtens ablehnte, so kann darin eine Nichtigkeit iS der Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO nicht erblickt werden.

Auch formelle Begründungsmängel des Urteils in der in § 281 Abs. 1 Z 5 StPO bezeichneten Bedeutung vermochte der Angeklagte nicht darzutun:

Alle Beschwerdeausführungen, die sich mit dem Inhalt der Gutachten (ON 13, 16, 27; S 245 ff/II) befassen, sind darauf zu verweisen, daß die Beurteilung der Frage, ob die vorliegenden Expertisen ausreichend und schlüssig sind und von hiezu befähigten Sachverständigen abgegeben wurden, der Tatsacheninstanz - in freier Beweiswürdigung - vorbehalten bleibt (vgl. Mayerhofer-Rieder II/13, § 126 StPO, EGr 1).

Auch der Einwand, der Schöffensenat habe die für die Qualifikation des Ausmaßes der seelischen Abartigkeit des Angeklagten maßgebenden Feststellungen offenbar unzureichend begründet, hält einer Überprüfung nicht stand. Im gegebenen Zusammenhang beschränkt sich die Beschwerde im wesentlichen auf die Erörterung der - in der Wissenschaft divergierend beurteilten - Aussagekräftigkeit des von der Sachverständigen Dr. K***** angewandten Diagnoseverfahrens (Rorschachtest), vernachlässigt jedoch, daß bei der von den Tatrichtern - nicht von den Gutachtern - zu lösenden Rechtsfrage (vgl. zuletzt 14 Os 45/91) der Einstufung der Schwere des konstatierten Krankheitsbildes nicht nur auf die gutächtlich diagnostizierten neurotischen Störungen, sondern - wie geschehen - auch auf den periodischen Alkoholabusus (vgl. hiezu u.a. 0 Os 52/79) sowie darauf Bedacht zu nehmen war, daß in diesem Zusammenhang beim Angeklagten in zuletzt kürzer werdender Abfolge immer wieder der Drang zu massiven Brandstiftungen aufkam.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach gemäß dem § 285 d Abs. 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Daraus folgt, daß zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig ist (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E27250

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0110OS00084.91.0806.000

Dokumentnummer

JJT_19910806_OGH0002_0110OS00084_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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