TE OGH 1991/8/28 3Ob83/91

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.08.1991
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Herbert W***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Günter Keckeis, Rechtsanwalt in Feldkirch, wider die beklagte Partei Ing. Wilhelm W*****, vertreten durch Dr. Anton Tschann und andere, Rechtsanwälte in Bludenz, wegen Einwendungen gemäß § 35 EO gegen einen betriebenen Anspruch von S 120.273 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgerichtes vom 15. Mai 1991, GZ 1 b R 75/91-23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Bludenz vom 31. Jänner 1991, GZ 2 C 614/90i-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 6.789,60 (darin S 1.131,60 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

In einem Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht Feldkirch schloß der Beklagte, der geltend gemacht hatte, ungerechtfertigt entlassen worden zu sein, mit der klagenden Partei am 11. Dezember 1989 einen Vergleich, in dem sich diese verpflichtete, ihm einen Betrag von S 120.273 netto - der sich, wie festgehalten wurde, aus S 98.534 Trennungsgeld, S 9.539 Spesen und S 12.200 Urlaubsabfindung zusammensetze - zu bezahlen.

Mit einem am 15. Dezember 1989 beim Bezirksgericht Montafon als dem Bewilligungs- und Exekutionsgericht eingelangten Schriftsatz begehrte die V*****bank zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung gegen den Beklagten die Bewilligung der Exekution durch Pfändung der diesem gegen die klagende Partei zustehenden Forderung von S 120.273 sowie die Überweisung der gepfändeten Forderung zur Einziehung. Das Gesuch wurde noch am gleichen Tag antragsgemäß bewilligt.

In der Folge beantragte der Beklagte auf Grund des Vergleiches vom 11. Dezember 1989 die Fahrnisexekution gegen die klagende Partei, die ihm am 19. Februar 1990 auch bewilligt wurde.

Im vorliegenden Verfahren beantragt die klagende Partei, mit Urteil auszusprechen, der Anspruch des Beklagten sei erloschen, weil sie auf Grund der Forderungsexekution Zahlung geleistet habe. Die Zuordnung des Vergleichsbetrages auf Trennungsgeld, Spesen und Urlaubsabfindung sei willkürlich erfolgt, so daß der Gesamtbetrag pfändbar gewesen sei.

Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Der verglichene Betrag sei zur Gänze unpfändbar gewesen; die klagende Partei hätte ihn daher nicht an die die Forderungsexekution betreibende Partei überweisen dürfen.

Das Erstgericht gab der Klage statt und traf folgende Feststellungen:

Die Aufgliederung des Betrages von S 120.273 in dem Vergleich vom 11. Dezember 1989 erfolgte willkürlich und geschah nur aus steuertechnischen und buchhalterischen Gründen, "um dem Kind einen Namen zu geben". Die verwendeten Bezeichnungen wurden gewählt, weil derartige Gehaltsbestandteile auch in der Klage genannt worden waren.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, der Betrag von S 120.273 sei keinem bestimmten Gehaltsbestandteil gewidmet gewesen. "Insofern" sei in dem Betrag kein der Pfändung entzogenes Entgelt enthalten. Die klagende Partei sei verpflichtet gewesen, der die Forderungsexekution betreibenden Partei den gesamten Betrag zu überweisen. Die vom Beklagten betriebene Fahrnisexekution sei daher nicht gerechtfertigt.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Der Beschluß, mit dem die Pfändung und die Überweisung des Vergleichsbetrages bewilligt wurde, sei unbekämpft geblieben. Es sei Sache des die Exekution bewilligenden Gerichtes, zu bestimmen, welcher Teil des Arbeitseinkommens des Verpflichteten nicht der Pfändung unterliege. Die Überweisung zur Einziehung ermächtige den betreibenden Gläubiger, vom Drittschuldner die Entrichtung des im Überweisungsbeschluß bezeichneten Betrages nach Maßgabe des Rechtsbestandes der gepfändeten Forderung zu begehren. Der Beklagte habe sich nicht gegen die Pfändung ohne Einschränkung ausgesprochen; die klagende Partei sei daher nicht berechtigt gewesen, Teile der gepfändeten Forderung zurückzubehalten. Nur dann, wenn im Pfändungs- und Überweisungsbeschluß auf pfändungsrechtliche Bestimmungen (Lohnpfändungsgesetz) hingewiesen worden wäre, wäre die klagende Partei verpflichtet gewesen, jenen Betrag festzustellen, der der Pfändung nicht unterliegt. Durch die Überweisung sei die klagende Partei von ihrer Verbindlichkeit gegenüber dem Beklagten befreit worden.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Beklagten ist nicht berechtigt.

In dem Antrag der V*****bank auf Pfändung und Überweisung der dem Beklagten gegen die klagende Partei zustehenden Forderung fehlt, wie auch in der Revision erwähnt wird, jeder Hinweis darauf, ob es sich hiebei um eine zur Gänze oder doch teilweise unpfändbare Forderung handelt. Das Gericht, das die Pfändung und Überweisung mit einem Beschluß bewilligte (da der klagenden Partei gleichzeitig aufgetragen wurde, sich gemäß § 301 EO binnen 14 Tagen zu äußern, wäre zwar gemäß § 303 Abs 3 EO mit der Entscheidung über den Überweisungsantrag bis zum Ablauf der Äußerungsfrist zu warten gewesen; die gepflogene Vorgangsweise entspricht jedoch allgemeiner Praxis - vgl. hiezu Heller-Berger-Stix 2187 und Holzhammer, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht3 254), hatte daher keine Kenntnis vom Charakter der gepfändeten Forderung und keinen Anlaß, auf Pfändungsbeschränkungen hinzuweisen.

Nun wäre zwar die klagende Partei als Drittschuldnerin allenfalls berechtigt gewesen, das Zahlungsverbot (Verbot der Zahlung an den Beklagten) wegen Mangels der Vollstreckungsunterworfenheit der gepfändeten Forderung mit Rekurs anzufechten (§ 294 Abs 4 EO) sofern dies mit dem im Rekursverfahren herrschenden Neuerungsverbot vereinbar gewesen wäre.

Wird eine Forderung gepfändet, die der Exekution entzogen ist, so ist das Verfahren auf Antrag oder von Amts wegen nach § 39 Abs 1 Z 2 EO einzustellen. Die Drittschuldnerin hätte daher auch eine solche Einstellung anregen können.

Vor der (zwar im Verhältnis des betreibenden Gläubigers zum Verpflichteten rückwirkenden) Einstellung gelten aber Pfändung und allfällige Überweisung als aufrecht (Heller-Berger-Stix 2099). Die klagende Partei konnte daher auf Grund der unangefochten gebliebenen, aufrechten Exekutionsbewilligung Zahlung an die betreibende Gläubigerin leisten. Durch die Zahlung des Drittschuldners aber wird die Forderung des betreibenden Gläubigers bis zur Höhe des ihm nach Maßgabe seines Pfandrechtes gebührenden Betrages getilgt (§ 312 Abs 1 EO); der Drittschuldner wird nach dem Verhältnis der von ihm an den betreibenden Gläubiger, welchem die Forderung zur Einziehung überwiesen wurde, geleisteten Zahlung von seiner Verbindlichkeit befreit (§ 313 Abs 1 EO; Heller-Berger-Stix 2244 f). Hat deshalb der Drittschuldner auf Grund des Überweisungsbeschlusses den betreibenden Gläubiger befriedigt, kann der Verpflichtete den Betrag von ihm nicht noch einmal verlangen, weil die Exekution unstatthaft sei (Heller-Berger-Stix 2099).

Ob die klagende Partei bei Unterlassung der Anfechtung der Exekutionsbewilligung und bei Überweisung des gepfändeten Betrages an die V*****bank schuldhaft vorgegangen ist und dem Beklagten daher allenfalls Schadenersatzansprüche zustehen, war im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen. Die Behauptung des Beklagten in der Revision, es liege ein bewußtes, ja doloses Zusammenwirken der klagenden Partei mit der V*****bank vor, stellt eine im Rechtsmittelverfahren unzulässige und daher unbeachtliche Neuerung dar. Nicht zu erörtern sind dementsprechend auch allfällige Folgeansprüche der klagenden Partei gegen die V*****bank nach den §§ 1431 ff ABGB (vgl. NZ 1904, 317; SZ 8/76).

Der Revision war deshalb ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E26562

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0030OB00083.91.0828.000

Dokumentnummer

JJT_19910828_OGH0002_0030OB00083_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten