TE OGH 1991/8/29 8Ob10/91

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Veröffentlicht am 29.08.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Graf, Dr. Jelinek und Dr. Schinko als weitere Richter in der Konkurssache über das Vermögen der Verlassenschaft nach ***** G*****, vertreten durch den Verlassenschaftskurator Mag. Bernhard G*****, infolge Revisionsrekurses des Masseverwalters Dr. Reinhard P*****, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 6. Februar 1991, GZ 1 R 354, 355, 356/90-53, womit die Beschlüsse des Landesgerichtes Feldkirch vom 17. April 1990, 20. August 1990 und 12. Oktober 1990, GZ S 31/89-18, 36 und 40 aufgehoben bzw. teilweise aufgehoben wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit dem Beschluß ON 18 genehmigte das Konkursgericht über Antrag des Masseverwalters einen Kaufvertrag betreffend die Veräußerung einer zum Massevermögen gehörenden Liegenschaft (§ 119 Abs 1 KO) und erklärte hierin, daß "die Anrechnung bzw Verteilung des Kaufpreises von 2,050.000,- S gem § 49 Abs 2 KO zu erfolgen hat. Punkt II A bis C gilt mit dieser Einschränkung". Eine nähere Erläuterung des Inhaltes des Kaufvertrages erfolgte nicht und die Absonderungsgläubiger wurden hierüber auch nicht durch Übermittlung von Ausfertigungen des Kaufvertrages informiert. Die Hypothekargläubigerin V***** meldete ihren Anspruch zur Verteilung des Verwertungserlöses aus dem Verkauf der Liegenschaft fristgerecht an, ohne jemals - auch nicht in der Verteilungstagsatzung vom 20. 8. 1990 - eine Erklärung abzugeben, daß sie mit der Übernahme ihrer Forderung durch die Käuferin der Liegenschaft einverstanden sei. Im konkursgerichtlichen Verteilungsbeschluß ON 36 wurde ihr sodann zur Berichtigung ihrer Forderung ein Betrag von 1,024.637,63 S durch Übernahme dieser Schuld durch die "Ersteherin" zugewiesen. Die Frage einer Berichtigung durch Barzahlung wurde nicht erörtert. Gegen diesen Beschluß erhob die vorgenannte Absonderungsgläubigerin Rekurs mit dem Antrag, ihn im Sinne der Berichtigung ihrer Forderung durch Barzahlung sowie des Zuspruches weiterer Zinsen abzuändern. Hierauf berichtigte das Konkursgericht zu ON 40 seinen Verteilungsbeschluß ON 36 wie folgt:

"Die Anrechnung bzw Verteilung des Kaufpreises von 2,050.000 S hat gem § 49 Abs 2 KO zu erfolgen. Punkt II, A bis C des (schriftlichen) Kaufvertrages vom 6. 4. 1990, abgeschlossen zwischen ... gilt mit dieser Einschränkung."

Diesem Berichtigungsbeschluß schloß das Konkursgericht Kopien des Kaufvertrages an.

Aufgrund des gegen die Beschlüsse ON 36 und 40 erhobenen Rekurses der V***** hob das Rekursgericht den konkursgerichtlichen Genehmigungsbeschluß ON 18 sowie den Berichtigungsbeschluß ON 40 zur Gänze und den Verteilungsbeschluß ON 36 in seinen Punkten II bis IV teilweise auf und trug dem Konkursgericht auf, über den Antrag auf Genehmigung des Kaufvertrages neuerlich zu entscheiden. Ein Ausspruch des Rekursgerichtes, daß gegen den Aufhebungsbeschluß gem § 527 Abs 2 ZPO ein Rekurs zulässig sei, ist nicht erfolgt.

In seiner Entscheidungsbegründung führte das Rekursgericht aus, die eine Einheit bildenden Beschlüsse ON 18 und ON 40 verletzten die Rechte der Rekurswerberin als Absonderungsgläubigerin, weil sie vor der Beschlußfassung nicht im Sinne des § 171 Abs 2 EO aufgefordert worden sei, zu erklären, ob sie Barzahlung verlange oder mit der Übernahme ihrer Forderung durch die Käuferin der Liegenschaft einverstanden sei. Zur Behebung dieses Mangels müsse das Verfahren somit durch Einholung einer solchen Erklärung ergänzt werden, zumal eine "Sanierung" des Kaufvertrages und sodann mögliche Genehmigung desselben durch das Konkursgericht aus den im einzelnen angeführten Gründen nicht von vornherein ausgeschlossen erscheine. Die fehlende Genehmigung des Kaufvertrages - dieser enthalte unter Punkt II A die Klausel, daß die Forderung der V***** in der Höhe von 1,047.730,34 S ... von der Käuferin übernommen werde - habe notwendigerweise auch die Aufhebung der Verteilungsanordnungen des Verteilungsbeschlusses ON 36 zur Folge.

Gegen den rekursgerichtlichen Aufhebungsbeschluß erhebt der in Vertretung der Interessen der Konkursgläubiger im Genehmigungsverfahren zum Rekurse legitimierte Masseverwalter ein als "ao. Revisionsrekurs" bezeichnetes Rechtsmittel, dessen Zulässigkeit damit begründet wird, daß der angefochtene rekursgerichtliche Aufhebungsbeschluß in Wahrheit abändernder Natur und ein Zulassungsausspruch im Sinne des § 527 Abs 2 ZPO daher nicht erforderlich sei und daß die Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO vorlägen. Im einzelnen wird die Rekurslegitimation der V***** als Absonderungsgläubigerin sowie die Anfechtbarkeit der gegenständlichen konkursgerichtlichen Beschlüsse und die Rechtzeitigkeit der von der Absonderungsgläubigerin erhobenen Rekurse bestritten und der Rekursantrag gestellt, den angefochtenen Beschluß, soweit er sich auf den konkursgerichtlichen Beschluß ON 18 bezieht, als nichtig aufzuheben, ihn im weiteren im Sinne der Wiederherstellung des konkursgerichtlichen Beschlusses ON 40 abzuändern und schließlich, dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung über den gegen den konkursgerichtlichen Beschluß ON 36 erhobenen Rekurs aufzutragen.

Das Rechtsmittel ist unzulässig und war daher zurückzuweisen:

Rechtliche Beurteilung

Gemäß der Bestimmung des § 527 Abs 2 ZPO, die nach der Anordnung des § 171 KO auch im Konkursverfahren gilt (5 Ob 304/85), ist der Rekurs gegen einen Beschluß, mit dem der angefochtene Beschluß in zweiter Instanz aufgehoben und dem Gerichte erster Instanz eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen wird, nur zulässig, wenn das Rekursgericht dies ausgesprochen hat. Das Rekursgericht darf dies nur aussprechen, wenn es die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Revisionsrekurses nach § 528 Abs 1 ZPO für gegeben erachtet.

Ein derartiger Ausspruch wurde im vorliegenden Fall dem rekursgerichtlichen Beschluß nicht beigesetzt. Dies wäre aber Voraussetzung für dessen Anfechtbarkeit gewesen, da er sich entgegen der Ansicht des Rechtsmittelwerbers nicht als in Wahrheit abändernder und daher anfechtbarer (SZ 12/17; SZ 46/35 uva), sondern als ein echter Aufhebungsbeschluß darstellt. Ein solcher liegt grundsätzlich immer dann vor, wenn über die im erstgerichtlichen Beschluß entschiedene Frage vom Rekursgericht noch keine abschließende Sachentscheidung gefällt, sondern dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung hierüber nach Verfahrensergänzung aufgetragen wurde. Abändernd ist der rekursgerichtliche Beschluß dann, wenn über eine selbständig zu entscheidende Frage vom Gericht zweiter Instanz anders als vom Erstgericht entschieden wird und sich nur als Folge davon die Notwendigkeit einer Fortsetzung des Verfahrens ergibt (6 Ob 132/70; 3 Ob 24/86). Wesentlich für die Anwendbarkeit des § 527 Abs 2 ZPO ist somit, ob nach der zweitinstanzlichen Beschlußfassung über den Entscheidungsgegenstand eine neuerliche erstinstanzliche Entscheidung über diesen zu erfolgen hat oder nicht (6 Ob 661/82). Dagegen erscheint es unerheblich, ob die vom Rekursgericht aufgetragene Verfahrensergänzung wegen ungenügender Klärung des Sachverhaltes in tatsächlicher Beziehung oder infolge einer abweichenden rekursgerichtlichen Rechtsansicht verfügt wurde (7 Ob 420/55; 5 Ob 593/88 uva). Auch kommt es nicht darauf an, ob die Aufhebung des erstgerichtlichen Beschlusses erforderlich war, sondern ausschließlich darauf, wie das Rekursgericht tatsächlich entschieden hat (5 Ob 24/83).

Im vorliegenden Falle vertrat das Rekursgericht die Rechtsansicht, daß im Hinblick auf die gem § 49 Abs 2 KO anzuwendende Bestimmung des § 171 Abs 2 EO über die mit den konkursgerichtlichen Beschlüssen ON 18 und ON 40 erfolgte Genehmigung des Kaufvertrages sowie über die mit dem konkursgerichtlichen Beschluß ON 36 erfolgte Verteilung des Kaufpreises erst entschieden werden könne, nachdem die V***** als Absonderungsgläubigerin zur Abgabe einer Erklärung aufgefordert worden sei, ob sie Barzahlung oder Übernahme ihrer Forderung durch die Käuferin wünsche. Das Verfahren müsse daher vorerst durch Einholung einer solchen Erklärung ergänzt und sodann auf deren Grundlage über die Genehmigung des Kaufvertrages, der nicht Barzahlung sondern die Übernahme der Forderung der Absonderungsgläubigerin durch die Käuferin der Liegenschaft vorsehe, sowie über die (allfällige) Verteilung eines Kaufpreises neuerlich entschieden werden.

Damit liegt aber ein echter Aufhebungsbeschluß vor, weil das Konkursgericht nach der aufgetragenen Verfahrensergänzung eine neuerliche Entscheidung über die in seinen Beschlüssen ON 18, 36 und 40 entschiedenen Sachfragen fällen muß.

Da der die Frage der Entrichtung des Kaufpreises regelnde Inhalt des Kaufvertrages nicht schon in dem der V***** zugestellten Genehmigungsbeschluß ON 18, sondern erst im konkursgerichtlichen Berichtigungsbeschluß ON 40 unter Anschluß einer Kopie des Kaufvertrages dargelegt wurde, hat das Rekursgericht ausgehend von seiner auf die Bestimmungen des § 171 Abs 2 EO gestützten Rechtsansicht auch den Genehmigungsbeschluß ON 18 aufgehoben. Eine Erörterung aller dieser vom Rekursgericht im Aufhebungsbeschluß vertretenen Rechtsansichten kann schon mangels eines vom Rekursgericht gemäß § 527 Abs 2 ZPO ausgesprochenen Rechtskraftvorbehaltes und damit mangels Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht erfolgen.

Anmerkung

E26116

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0080OB00010.91.0829.000

Dokumentnummer

JJT_19910829_OGH0002_0080OB00010_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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