TE OGH 1986/4/30 3Ob24/86

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Veröffentlicht am 30.04.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Adelheid M***, geb. A***, Bäuerin, 6335 Vorderthiersee Nr.18, vertreten durch Dr. Franz Wallentin, Dr. Josef Thaler, Rechtsanwälte in Zell am Ziller, wider die verpflichtete Partei Margarethe W***, geb. Z***, Geschäftsfrau, 6330 Kufstein, Speckbacherstraße 10, vertreten durch Dr. Michael Stern, Dr. Peter Stern, Rechtsanwälte in Wien, wegen Einräumung bücherlicher Rechte infolge Rekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 17. Februar 1986, GZ 6 R 365/85-34, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 22.Oktober 1985, GZ 6 Cg 673/82-27, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Innsbruck wurde die verpflichtete Partei ua schuldig erkannt, in die grundbücherliche Einverleibung des Eigentumsrechtes der betreibenden Partei durch Abschreibung des südlich des Mitterlandbaches befindlichen Teiles der Grundparzelle 664/3 im Ausmaß von 202 m 2 und Zuschreibung dieser Fläche zur Grundparzelle 665 einzuwilligen. Die betreibende Partei stellte beim Landesgericht Innsbruck als Titelgericht den Antrag, ihr zur Durchsetzung ihres Eigentumsrechtes die Exekution durch Abschreibung der genannten Teilfläche (jetzt beschrieben durch die Größe von 202 m 2 und den Hinweis auf einen Lageplan des Dipl.Ing. Hubert K***, erliegend in TZL 191/49 des BG. Kufstein) von der Grundparzelle 664/3 in EZ 229/II der KG Thiersee und Zuschreibung zur EZ 3/I KG Thiersee unter Vereinigung mit der Grundparzelle 665, und zur Hereinbringung der Kosten des Grundverkehrsverfahrens, des Grunderwerbsteuerverfahrens und des Exekutionsantrages die Fahrnisexekution zu bewilligen. Das Erstgericht wies diesen Antrag mit der Begründung "zurück", gemäß § 367 EO gelte die nötige Einwilligung schon durch das rechtskräftige Urteil als abgegeben, so daß eine Exekutionsführung nicht nötig und daher auch nicht "zulässig" sei. Hinsichtlich der Kosten sei der Exekutionsantrag zu unbestimmt.

Infolge Rekurses der betreibenden Partei hob das Gericht zweiter Instanz diesen Beschluß auf und trug dem Erstgericht eine Sachentscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten "Zurückweisungsgrund" auf, wobei das Gericht zweiter Instanz im Gegensatz zum Erstgericht die Ansicht vertrat, daß trotz der Bestimmung des § 367 EO eine Exekution nach § 350 EO zulässig sei. Einen Rechtskraftvorbehalt verfügte das Gericht zweiter Instanz nicht und faßte auch keinen Ausspruch über den Wert des Beschwerdegegenstandes.

Gegen diesen Aufhebungsbeschluß wendet sich der Rekurs der verpflichteten Partei mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne einer Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes abzuändern.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß §§ 78, 527 Abs.2 ZPO sind auch im Exekutionsverfahren Aufhebungsbeschlüsse ohne Rechtskraftvorbehalt nicht anfechtbar (MietSlg.35.816 u.a.). Dies gilt auch bei Exekutionsanträgen gemäß § 350 EO, da für die Bewilligung einer solchen Exekution die Bestimmungen des Exekutionsverfahrens und nicht jene des Grundbuchverfahrens gelten.

Ein abändernder Beschluß liegt entgegen der Ansicht der Rekurswerberin nicht vor.

Es ist zwar richtig, daß die Abgrenzung zwischen aufhebenden Beschlüssen des Gerichtes zweiter Instanz im Sinne des § 527 Abs.2 ZPO und abändernden Beschlüssen im Einzelfall problematisch sein kann. Auf den Wortlaut des Spruches der zweiten Instanz kommt es nicht an, sondern nur auf den Inhalt der Entscheidung. Ein "echter" Aufhebungsbeschluß liegt nur vor, wenn eine bestimmte Frage, über die eine selbständige Entscheidung zu ergehen hat, vom Gericht zweiter Instanz noch nicht abschließend erledigt wird, sondern hierüber eine neuerliche Entscheidung des Erstgerichtes ergehen soll. Eine in Wahrheit abändernde Entscheidung liegt hingegen vor, wenn eine selbständig zu entscheidende Frage vom Gericht zweiter Instanz anders als vom Erstgericht entschieden wird und sich nur als Folge davon die Notwendigkeit einer Fortsetzung des Verfahrens ergibt (vgl. dazu ausführlich Fasching Komm.IV 441 ff). Solche Fälle sind beispielsweise gegeben, wenn das Erstgericht nur wegen Vorliegens eines Prozeßhindernisses eine Klage oder einen Antrag zurückweist und das Gericht zweiter Instanz das Vorliegen dieses Prozeßhindernisses verneint und den Zurückweisungsbeschluß "aufhebt". In einem solchen Fall lautet der Spruch der zweiten Instanz inhaltlich nämlich eigentlich dahin, daß der Beschluß des Erstgerichtes dahin abgeändert werde, daß die Zurückweisung wegen Unzuständigkeit, wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges, wegen Rechtskraft, wegen Verspätung usw. zu unterbleiben habe und dem Erstgericht demgemäß die Einleitung oder Fortsetzung des gesetzlichen Verfahrens über die Klage oder den gestellten Antrag obliegt (Fasching IV 442).

In diesem Sinne wurden daher in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes Rekurse gegen Beschlüsse der zweiten Instanz zugelassen, mit denen Zurückweisungsbeschlüsse der ersten Instanz ohne Rechtskraftvorbehalt "aufgehoben" wurden, die wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges (SZ 48/16, SZ 49/128), Unzuständigkeit (EvBl 1969/240, MietSlg.24.584, SZ 49/61), fehlender Parteifähigkeit (JBl 1974,101), Rechtskraft (SZ 48/113) u.a. ergangen waren.

Mit diesen Fällen, in welchen über das jeweils erörterte Prozeßhindernis abschließend abgesprochen wurde, kann aber der vorliegende nicht verglichen werden. Die Entscheidung der zweiten Instanz befaßte sich nämlich gleich der des Erstgerichtes mit der Frage, welche Exekutionsart auf Grund des vorhandenen Exekutionstitels zulässig ist, und gelangte zum Ergebnis, daß eine Sachentscheidung über die Exekutionsbewilligung - ausgehend von einer Rechtsansicht, die nicht mit der vom Erstgericht vertretenen übereinstimmt - derzeit noch nicht getroffen werden könne, weil noch etliche Punkte geklärt werden müßten (Identitätsprüfungen, Vorliegen verschiedener Bewilligungen usw.). In diesem Sinne trug daher die zweite Instanz dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung der Exekution auf. Der Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz stellt damit einen echten Aufhebungsbeschluß ohne Rechtskraftvorbehalt dar.

Der Rekurs der verpflichteten Partei war daher zurückzuweisen.

Anmerkung

E08144

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0030OB00024.86.0430.000

Dokumentnummer

JJT_19860430_OGH0002_0030OB00024_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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