TE OGH 1991/9/4 13Os46/91

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Veröffentlicht am 04.09.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.September 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Kuch, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kandera als Schriftführerin in der Strafsache gegen Christian F***** wegen des Verbrechens des Raubes nach dem § 142 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 8. März 1991, GZ 2 d Vr 65/91-17, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann, und der Verteidigerin Dr. Scheed, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten und seines gesetzlichen Vertreters zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch aufgehoben und es wird gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Christian F***** wird gemäß dem § 142 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 5 Z 4 JGG 1988 zu einer Freiheitsstrafe von 8 (acht) Monaten verurteilt.

Gemäß dem § 43 a Abs. 3 StGB wird ein Teil der Strafe im Ausmaß von sieben Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 18.Februar 1975 geborene, sohin jugendliche, beschäftigungslose Christian F***** des Verbrechens des Raubes nach dem § 142 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 19.Jänner 1991 in Wien im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit vier weiteren, zum Teil unbekannt gebliebenen Jugendlichen dem Amon S***** mit Gewalt gegen dessen Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben eine rote Baseballjacke im Wert von ca. 800 S mit dem Vorsatz abgenötigt hat, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er auf offener Straße zusammen mit den vier Mittätern drohend auf den genannten Passanten zutrat, ihn am Weitergehen hinderte und ihm den Weg versperrte, ihm einen leichten Stoß versetzte und in drohendem Ton die Herausgabe der von S***** getragenen Baseballjacke forderte, weil sonst etwas passieren werde, worauf das Opfer aus Angst die Jacke an den Angeklagten ausfolgte.

F***** wurde nach dem § 142 Abs. 1 StGB und unter Anwendung des § 5 Z 4 JGG zu sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Gemäß dem § 43 a "(Abs. 1) (Abs. 2)" (gemeint wohl: Abs. 3) StGB wurde ein Strafteil von fünf Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Strafausspruch bekämpft die Staatsanwaltschaft mit einer auf den § 281 Abs. 1 Z 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Mit ihrer Berufung beantragt sie eine Erhöhung der Freiheitsstrafe.

Beide Rechtsmittel sind berechtigt.

Eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten darf nämlich weder nach dem § 43 a Abs. 3 StGB noch nach einer anderen Norm teils unbedingt ausgesprochen und teils bedingt nachgesehen werden. Das Gesetz sieht eine derartige Teilung von Freiheitsstrafen vielmehr nur bei Sanktionen von mehr als sechs Monaten vor (vgl. EvBl. 1989/43; 1989/86). Dies gilt auch für die Ahndung von Jugendstraftaten, da der § 5 Z 9 JGG hiefür den Wegfall ausschließlich jener gesetzlichen Beschränkungen normiert, die sich am Höchstmaß der jeweils zu verhängenden Freiheitsstrafe orientieren, wogegen gesetzliche Anknüpfungspunkte, soweit sie das Strafmindestmaß betreffen, davon unberührt bleiben.

§ 43 a StGB setzt daher auch in Verbindung mit § 5 Z 9 JGG 1988 voraus, daß auf eine Freiheitsstrafe von mehr als 6 Monaten zu erkennen wäre (13 Os 115/89 = NRsp 1990/16; EvBl. 1991/65; Reissig (JGG 1988, Anm. VII zu § 5) und Jesionek-Held (JGG 1988, S 45/46) stellen ersichtlich auf den Wortlaut der RV des JGG (§ 5 Z 5) ab; beide Literaturmeinungen sind daher auf die vom JA neu formulierte, nämlich die geltende Fassung des § 5 Z 9 JGG 1988 nicht anwendbar. Bei der Bestimmung des § 43 a Abs. 3, erster Satz, StGB handelt es sich somit - wie die Beschwerdeführerin zutreffend ausführt - um eine zwingende, jeglichem richterlichen Ermessen entzogene materiellrechtliche Anordnung, deren Verletzung infolge der damit unterlaufenen Unterschreitung der gesetzlichen Strafbefugnis Nichtigkeit nach dem § 281 Abs. 1 Z 11, erster Fall, StPO begründet, welche zur Aufhebung des davon betroffenen Strafausspruches nötigt.

Bei der infolge der Aufhebung des Strafausspruchs notwendig gewordenen Neubemessung der Strafe war von den vom Erstgericht im wesentlichen richtig und vollzählig aufgezählten Milderungsgründen auszugehen. Als erschwerend war der relativ hohe Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zu werten.

Da die Staatsanwaltschaft bei richtigem Verständnis ihrer Rechtsmittelausführungen die bedingte Nachsicht eines Teiles der Strafe bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen dafür an sich nicht bekämpft hat, war auf Grund ihrer Berufung die Strafe entsprechend dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat wie aus dem Spruche ersichtlich maßvoll zu erhöhen, wobei in Anwendung des § 43 a Abs. 3 StGB ein Teil der Strafe im Ausmaß von sieben Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen werden konnte. Für eine günstige Zukunftsprognose und damit die Anwendung der bedingten Strafnachsicht spricht vor allem der Umstand, daß der Angeklagte nach Auskunft seiner Bewährungshelferin Hildegund K***** (vgl. S 89) nach seiner Haftentlassung (8.März 1991) einen Arbeitsplatz angenommen hat und seit dieser Zeit einer geregelten Arbeit nachgeht, sich ferner von seiner bisherigen Umgebung löste und auch Kontakt zu seiner Bewährungshelferin hat. Generalpräventive Erwägungen stehen dem ungeachtet des erheblichen sozialen Störwertes der Tat nicht entgegen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E26987

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0130OS00046.91.0904.000

Dokumentnummer

JJT_19910904_OGH0002_0130OS00046_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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