TE OGH 1991/9/10 4Ob90/91

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Veröffentlicht am 10.09.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes

Hon.-Prof. Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien

1.)

M***** Zeitungs- und Zeitschriftenverlag Ges.m.b.H. & Co KG,

2.)

K***** Verlag Ges.m.b.H. & Co KG, ***** 3.) M***** Anzeigenges.m.b.H. & Co KG, 4.) M***** Zeitungsbeilagen Verlagsges.m.b.H. & Co KG, 5.) B***** Zeitungsverlag- und Vertriebsgesellschaft m.b.H., ***** sämtliche vertreten durch Dr. Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei D*****, Zeitschriftenges.m.b.H., ***** vertreten durch Dr. Michael Graff, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 500.000,--) über den Rekurs der Beklagten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 21.3.1991, 2 R 14/91-8, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 12.12.1990, 19 Cg 49/90-4, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die Kläger sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Beklagten die mit S 43.706,26 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (davon S 7.284,38 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Begründung:

Die Österreichische Lotto Toto Gesellschaft m.b.H. (im folgenden kurz: Lotto-Gesellschaft) warb in der am 22.11.1990 ausgegebenen Nr. 47 der Zeitschrift "D*****", deren Medieninhaberin und Verlegerin die Beklagte ist, für das Lottospiel nach einem Systemplan mit einer sogenannten "Flappe", die als Umschlag außen an die Zeitschrift angeheftet wurde und die erste Umschlagseite zu etwa einem Drittel und die letzte Seite zu etwa einem Viertel abdeckte. Dieselbe Nummer der Zeitschrift "D*****" enthielt auf den Seiten 8 und 9 einen als "Werbung" gekennzeichneten Artikel über Lotto-Systempläne.

Die auf blauem Grund gehaltene Flappe trug auf der vorderen Außenseite folgenden Text (mit Bild):

Abbildung nicht darstellbar!

Die Innenseite des vorderen Teils der "Flappe" enthielt folgenden Gutschein:

Abbildung nicht darstellbar!

Auf der letzten Seite der "Flappe" wurde noch einmal - wieder mit einer Zeichnung - auf das Systemspiel hingewiesen:

Abbildung nicht darstellbar!

Die "Flappe" war von der Lotto-Gesellschaft entworfen, hergestellt, bezahlt und der Beklagten zur Verfügung gestellt worden; es handelte sich ebenso wie bei dem Artikel auf den Seiten 8 und 9 dieser Zeitschrift um eine bezahlte Einschaltung. In der Woche vom 19.-23.11.1990 ließ die Lotto-Gesellschaft (mit ähnlichen Zeichnungen versehen) ebenfalls auf blauem Grund gedruckte Prospekte verteilen, denen ein Lottosystemschein beigelegt war. In diesem Prospekt wurde ebenfalls für das Lotto-Systemspiel geworben und auf einen Systemplan hingewiesen, der in jeder Lotto-Annahmestelle erhältlich sei. Eine Bezugnahme auf die Beklagte fand sich weder in diesem Prospekt noch in dem von der Lotto-Gesellschaft herausgegebenen Systemplan, der den Aufdruck "S 5,-- unverbindlich empfohlener Richtpreis" trägt.

Die Beklagte hat mit der Verteilung, der Ausfolgung und der Einlösung der Systempläne nichts zu tun; sie hat keiner Trafik und keinem Vertreter der Zeitschrift "D*****" irgendwelche Aufträge gegeben, die mit der Werbeaktion der Lotto-Gesellschaft im Zusammenhang stehen.

In Österreich gibt es nur wenige Lotto-Kollekturstellen, die nicht auch Zeitschriften vertreiben; hingegen sind nahezu alle Trafiken, die Zeitschriften vertreiben, auch Lotto-Annahmestellen.

Das Rekursgericht hat außerdem noch als bescheinigt angenommen, daß mehrere Trafiken den Erwerb eines Lotto-Systemplans vom Kauf der Zeitschrift "D*****" abhängig gemacht haben, weil dieser Zeitschrift der Gutschein für den Lotto-Systemplan beigeheftet war. In einem Fall wurde dem Interessenten erst nach der Erklärung, daß er "D*****" nicht kaufen wolle, der Systemplan um 5,- S verkauft.

Die klagenden Mitbewerber stellen den Antrag, der Beklagten zur Sicherung eines gleichlautenden Unterlassungsanspruches zu gebieten, es ab sofort im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs beim Vertrieb der periodischen Druckschrift "D*****" zu unterlassen, unentgeltliche Zugaben - insbesondere in Form eines Lotto-Systemplans, und zwar wenn insbesondere ein der periodischen Druckschrift "D*****" beigehefteter Gutschein abzugeben ist - anzubieten, wenn der Erhalt der Zugabe vom Erwerb der periodischen Druckschrift "D*****" abhängig ist oder abhängig erscheint. Der beanstandete Systemplan sei nach dem Gesamteindruck, den diese Aktion beim Publikum erweckt habe, als Zugabe der Zeitschrift "D*****" angeboten worden. Die Beklagte habe sich nicht auf die entgeltliche Veröffentlichung des Inserates eines Dritten beschränkt, sondern an der Werbeaktion zur Förderung eigenen Wettbewerbs derart beteiligt, daß ihr diese Ankündigung zuzurechnen sei. Die Zugabe werde durch die Trafikanten angeboten: für deren Verhalten hafte die Beklagte. Bei einem Verstoß gegen das Zugabengesetz könne der Lieferant der Zugabe auch ein vom Lieferanten der Hauptsache verschiedener Dritter sein. Sollte das Verhalten der Beklagten nicht gegen das Zugabengesetz verstoßen, dann liege eine Verletzung des § 1 UWG vor, weil mit dem Systemplan ein Vorspannartikel angeboten worden sei, der einen übersteigerten Kaufanreiz auslöse.

Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Sie habe lediglich eine bezahlte Einschaltung der Lotto-Gesellschaft veröffentlicht, sonst aber mit den beanstandeten Werbemaßnahmen des Inserenten nicht das geringste zu tun.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Aus der Gestaltung der "Flappe" gehe eindeutig hervor, daß es sich um eine (bezahlte) Werbung der Lotto-Gesellschaft handelte. Da die Kläger nicht einmal behauptet hätten, daß diese Aktion von der Beklagten veranstaltet wurde, und auch der Lotto-Systemplan (und der für diesen werbende Prospekt) keinen Hinweis auf die Beklagte enthalte, könne der Systemplan nicht als Zugabe zur Zeitschrift der Beklagten angesehen werden. Die Trafiken seien bei der Verteilung der Systempläne nicht im Rahmen der Vertriebsorganisation der Beklagten, sondern im Auftrag der Lotto-Gesellschaft tätig geworden. Das Verhalten der Trafikanten sei daher nicht der Beklagten, sondern nach § 18 UWG der Lotto-Gesellschaft zuzurechnen. Da das Begehren der Kläger auf Unterlassung des Anbietens von Zugaben gerichtet sei, brauche auch nicht untersucht zu werden, ob das Verhalten der Beklagten aus anderen Gründen - etwa deshalb, weil wegen des Gewährens eines Gratisvorspannartikels ein übersteigerter Kaufanreiz ausgelöst wurde - wettbewerbswidrig war.

Das Rekursgericht erließ die einstweilige Verfügung und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Es nahm ergänzend als bescheinigt an, daß Trafikanten vor dem Verkauf eines Exemplars der Zeitschrift "D*****" den Systemplan als unentgeltliche Nebenware und damit als Zugabe angeboten haben. Beim Anbieten dieser Zugabe seien die Trafikanten auch im Vertrieb der Zeitschrift "D*****" tätig geworden; ihr Verhalten sei der Beklagten zuzurechnen. Daß Trafikanten auch Lotto-Annahmestellen führen, könne daran nichts ändern. Die durch das Anbieten des Systemplans als Zugabe bewirkte Förderung des Absatzes der Zeitschrift "D*****" nütze den geschäftlichen Interessen der Beklagten. Diese habe das wettbewerbswidrige Verhalten der Trafikanten durch das Anbringen der "Flappe" mit dem darauf abgedruckten Gutschein ermöglicht. Für die Förderung der geschäftlichen Interessen der Lotto-Gesellschaft hätte der Hinweis genügt, daß in den Annahmestellen Systempläne gratis abgegeben werden. Ob und von welcher Seite der Trafikanten oder der Beklagten Aufträge erteilt wurden, sei unerheblich; auch komme es nicht darauf an, von wem die Zugabe stammte. Entscheidend sei, ob die Zuwendung des Dritten nach der Auffassung des Verkehrs als Nebenleistung zum Hauptgeschäft des Verkäufers erscheine; das sei zu bejahen. Die Beklagte hafte nicht wegen der Annahme eines wettbewerbswidrigen Inserates, sondern wegen des darauf gegründeten Verhaltens der beim Vertrieb ihrer Zeitschrift tätigen Trafikanten.

Die Beklagte bekämpft die Entscheidung der zweiten Instanz mit außerordentlichem Revisionsrekurs; sie beantragt, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß die abweisende Entscheidung des Erstgerichtes wieder hergestellt werde.

Die Kläger beantragen in ihrer Revisionsrekursbeantwortung das Rechtsmittel mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise es als unberechtigt abzuweisen.

Der Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig und auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Obwohl der Entscheidungsgegenstand (§ 502 Abs 2 ZPO) nicht in einem Geldbetrag besteht, hat das Rekursgericht seiner Entscheidung keinen Ausspruch nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO iVm § 526 Abs 3 ZPO (nämlich, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt 50.000,-- S übersteigt oder nicht) beigesetzt. Aus der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu der Frage, warum der ordentliche Revisionsrekurs nicht zuzulassen sei, und aus der Zitierung des § 500 Abs 2 Z 3 ZPO ergibt sich aber zweifelsfrei, daß die zweite Instanz von einem S 50.000,-- übersteigenden Entscheidungsgegenstand iS des § 528 Abs 2 Z 1 ZPO ausgegangen ist, hätte sie doch sonst gemäß § 500 Abs 2 Z 2 ZPO aussprechen müssen, daß der Rekurs "jedenfalls unzulässig" ist. Ein Verbesserungsauftrag ist daher entbehrlich.

Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes ist das Rechtsmittel zulässig, weil die zweite Instanz bei der Beurteilung der Grenzen der Unternehmerhaftung nach § 18 UWG von der ständigen Rechtsprechung des OGH abgewichen ist. Außerdem hängt die Entscheidung von der im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage ab, unter welchen Voraussetzungen die von einem Zeitungsinserenten in einer entgeltlichen Einschaltung (in Form eines Gutscheins) angebotene Gratisleistung als Zugabe zu dem von einem Zeitungsunternehmen gegen Entgelt vertriebenen Druckwerk anzusehen ist; zu dieser Frage fehlt, soweit ersichtlich, eine Rechtsprechung des OGH.

Das Rekursgericht gründet das Verbot ausschließlich auf die Haftung der Beklagten für mehrere beim Vertrieb ihrer Zeitschrift tätige Trafikanten, welche die (kostenlose) Abgabe des Lotto-Systemplans vom Erwerb der Zeitschrift "D*****" abhängig gemacht hatten.

Gemäß § 18 Satz 1 UWG kann der Inhaber eines Unternehmens wegen einer der dort aufgezählten wettbewerbswidrigen Handlungen (und in Verbindung mit der Verweisungsnorm des § 5 ZugG auch wegen Verstoßes gegen dieses Gesetz) auch dann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, "wenn die Handlung im Betrieb seines Unternehmens von einer anderen Person begangen worden ist". Das Vorbild dieser Regelung war § 13 Abs 3 dUWG (jetzt § 13 Abs 4 dUWG), welcher eine Haftung des Unternehmensinhabers für "Angestellte und Beauftragte" vorsieht. Anders als nach dieser deutschen Bestimmung - und nach der ursprünglichen Regierungsvorlage (2596 BlgAH 17. Sess 13 = PBl 1906, 136) - ist aber in § 18 Satz 1 UWG der Kreis der Personen, für die der Inhaber des Unternehmens einzustehen hat, über die "Bediensteten und Beauftragten" hinaus bewußt auf "andere Personen" schlechthin erweitert worden, um auf diese Weise die Haftung des Unternehmers

zu verschärfen (SZ 18/45; SZ 38/214 = ÖBl 1966, 34; SZ 49/147 =

ÖBl 1977, 109; SZ 51/19 = ÖBl 1978, 106; ÖBl 1983, 86 und

146 mwN; ÖBl 1985, 136; Schuster-Bonnott, Haftung für Dritte im Wettbewerbsrecht, ÖBl 1970, 33 ff (34); Koppensteiner Wettbewerbsrecht2, 288). Wesentlich ist, daß der Wettbewerbsverstoß "im Betrieb des Unternehmens" begangen wurde. Dieser Begriff ist weit auszulegen; er ist primär im organisatorischen Sinn zu verstehen und umfaßt deshalb auch die Tätigkeit solcher Personen, die zwar nicht Arbeitnehmer oder Beauftragte des Unternehmens sind, dennoch aber, wenngleich nur in lockerer Form, in den Betrieb eingegliedert und, in welcher Form immer, dauernd oder vorübergehend für diesen tätig sind (SZ 51/19 = ÖBl 1978, 106; ÖBl 1983, 86 mwN; Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 94; Schuster-Bonnott aaO 34). Der Inhaber des Unternehmens haftet demnach gemäß § 18 UWG auch für Personen, die in seinem Auftrag auf Grund eines Werkvertrages, eines Bevollmächtigungsvertrages, eines freien Arbeitsvertrages udgl bestimmte Arbeiten für das Unternehmen verrichten (SZ 49/147 = ÖBl 1977, 109; ÖBl 1983, 86). Auch das Einstehen für die Haftung sonstiger "Geschäftspartner" kommt in Betracht; es genügt, daß der Inhaber des Unternehmens, dem alle Handlungen zuzurechnen sind, die andere Personen in seinem geschäftlichen Interesse und im Zusammenhang mit seinem Betrieb vornehmen, auf Grund seiner vertraglichen Beziehungen zu diesem Dritten in der Lage gewesen wäre, den Wettbewerbsverstoß zu verhindern. Dabei kommt es auf die rechtliche Möglichkeit an, für die Abstellung des Wettbewerbsverstoßes zu sorgen (ÖBl 1983, 86; ÖBl 1988, 128; RdW 1989, 192; Schuster-Bonnott aaO 35). Für die Unternehmerhaftung reicht es aber in der Regel nicht aus, daß eine Tätigkeit im Interesse seines Unternehmens entfaltet wurde und diesem zugute kommt (ÖBl 1983, 86; 4 Ob 16/91).

Nach dem im Provisorialverfahren bescheinigten Sachverhalt erschöpfte sich die Tätigkeit der Beklagten in der Entgegennahme des Inserates der Lotto-Gesellschaft, das einen Gutschein für den Gratisbezug des Lotto-Systemplans enthielt. Anders als etwa im Fall der Entscheidung ÖBl 1985, 136 ist das hier beklagte Zeitungsunternehmen beim Vertrieb der Nummer 47/1990 der Zeitschrift "D*****" mit den Trafikanten, die auf der untersten Vertriebsstufe den Verkauf dieses Druckwerks (auf eigene Rechnung) besorgen, nicht in Verbindung getreten; die Beklagte hat die Trafikanten auch nicht in die Abwicklung der Gutscheineinlösung, mit der sie selbst nichts zu tun hatte, eingebunden. Die durch das Anbieten des Systemplans als Zugabe bewirkte Förderung des Absatzes der Zeitschrift der Beklagten durch mehrere Trafikanten reicht für die Annahme einer Unternehmerhaftung der Beklagten nicht aus, gleichgültig, ob die Trafikanten mit dieser Handlungsweise nur ihre eigenen geschäftlichen Interessen oder auch jene der Beklagten fördern wollten. Würde für die Unternehmerhaftung bereits genügen, daß die Handlungen des Dritten den geschäftlichen Interessen des Unternehmers nützen, so müßte jeder Unternehmer für alle Wettbewerbshandlungen Dritter einstehen, die sie im Zusammenhang mit dem (Weiter)Vertrieb der von ihm bezogenen Waren vornehmen, sofern dadurch der Absatz dieser Ware gefördert worden ist. Eine solche Haftung liefe im Ergebnis auf eine uferlose Erfolgshaftung des Lieferanten für produktbezogene Wettbewerbsverstöße aller seiner unmittelbaren und mittelbaren Abnehmer bis in die unterste Vertriebsstufe hinaus: eine derartige Ausweitung der Unternehmerhaftung widerspräche aber der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, wonach dem Inhaber des Unternehmens alle Handlungen zuzurechnen sind, die andere Personen in seinem geschäftlichen Interesse und im Zusammenhang mit seinem Betrieb vornehmen, sofern er auf Grund seiner vertraglichen Beziehungen zu diesen Dritten die rechtliche Möglichkeit hätte, den Wettbewerbsverstoß zu verhindern. Da die Beklagte nach den Ergebnissen des Provisorialverfahrens mit der Verteilung, der Ausfolgung und der Einlösung der von der Lotto-Gesellschaft stammenden Systempläne nichts zu tun hatte, sie den Trafiken und Zeitschriftenvertretern im Zusammenhang mit dieser Werbeaktion der Lotto-Gesellschaft keine Aufträge erteilt hat und die Trafikanten beim Verkauf der Systempläne und der Einlösung der Gutscheine nicht als Beauftragte der Beklagten, sondern in ihrer Funktion als Lotto-Annahmestellen tätig wurden, fehlen die Voraussetzungen für die Annahme einer Unternehmerhaftung der Beklagten nach § 18 UWG.

Aus der bloßen (mittelbaren) Belieferung von Trafikanten mit der Zeitschrift der Beklagten ergibt sich keine Rechtsbeziehung der Beklagten, die es ihr gestatten würde, Zugabenverstöße im Zusammenhang mit der Ausfolgung der von der Lotto-Gesellschaft vertriebenen Systempläne zu unterbinden. Die Trafikanten haben demnach nicht "im Betrieb des Unternehmens der Beklagten" im Sinne dieser Gesetzesstelle gehandelt. In welchem Umfang sie in die Gutscheinaktion der Lotto-Gesellschaft konkret eingebunden waren und ob daher ihr Handeln dieser Gesellschaft als Unternehmerin im Sinne des § 18 UWG zuzurechnen wäre, steht nicht fest und ist auch nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

Den Klägern kann aber auch nicht darin gefolgt werden, daß sich die Beklagte an der Werbeaktion der Lotto-Gesellschaft derart beteiligt habe, daß ihr die Ankündigung des Inserenten als eigener Zugabenverstoß zuzurechnen wäre. Wie das Erstgericht zutreffend erkannt hat, läßt die gesamte Aufmachung der "Flappe" (charakteristischer Schriftzug "LOTTO"; Hinweis auf die Annahmestellen der Lotto-Gesellschaft) keinen Zweifel daran, daß damit eine (bezahlte) Werbung der Lotto-Gesellschaft und nicht - wie etwa im Fall der Entscheidung MR 1990, 105 - ein redaktioneller Beitrag des Zeitungsunternehmens selbst angekündigt wurde. Für die angesprochenen Zeitungskäufer und Zeitungsleser war daher im vorliegenden Fall klar, daß mit der beanstandeten Werbung "nicht die Zeitung, sondern der Inserent zum Publikum spricht" (vgl ÖBl 1964, 94). In der bloßen Annahme und Veröffentlichung dieses Inserates lag keine empfehlende Mitteilung des Zeitungsunternehmens (vgl SZ 49/57 = ÖBl 1976, 163). Auch ein auf eine Gemeinschaftsaktion zwischen Inserenten und Zeitungsunternehmen hindeutender Sachverhalt, wie er etwa den Entscheidungen ÖBl 1990, 115 und 4 Ob 30/91 vom 7.5.1991 zugrunde lag, war hier nicht gegeben. Der mit "Lotto-Nachrichten" überschriebene Artikel auf den Seiten 8 und 9 der Zeitschrift war deutlich als Werbung der Lotto-Gesellschaft erkennbar (Verwendung ähnlicher Zeichnungen wie auf der "Flappe"; Bild von Ossy Kollmann mit dem Slogan "LOTTO, Alles ist möglich").

Es ist zwar richtig, daß ein Zugabenverstoß auch dann vorliegen kann, wenn der Lieferant der Zugabe ein vom Lieferanten der Hauptsache verschiedener Dritter ist, was insbesondere dann gilt, wenn beide im gemeinsamen wirtschaftlichen Interesse handeln (Hohenecker-Friedl aaO 127; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht16, 1375 Rz 34 zu § 1 ZugV; Hoth-Gloy, Zugabe und Rabatt 115 f; ÖBl 1962, 114; 1969, 139; 1974, 110; MR 1987, 22), doch entscheidet auch in dieser Frage der äußere Eindruck, nämlich ob die Zuwendung des Dritten nach der Auffassung des Verkehrs als eine Nebenleistung zum Hauptgeschäft des Verkäufers erscheinen mußte (Baumbach-Hefermehl 11O; MR 1987, 22).

Bei der vorliegenden Sachlage konnten die beteiligten Verkehrskreise den im Inserat der Lotto-Gesellschaft enthaltenen, zum Gratisbezug eines Lotto-Systemplans berechtigenden Gutschein nicht als eine mit dem Zeitungsvertrieb verbundene, von der Beklagten (mit)angekündigte oder angebotene Zugabe (Nebenleistung) zum Bezug der Zeitschrift "D*****" auffassen, handelte es sich doch deutlich um eine reine Werbung der Lotto-Gesellschaft für das Systemspiel. Mangels jeglicher über die Veröffentlichung des Inserates hinausgehender Mitwirkung der Beklagten an der Werbeaktion der Lotto-Gesellschaft konnten die beteiligten Verkehrskreise - sofern ihnen der Gutschein überhaupt vor dem Warenbezug zur Kenntnis gelangte (vgl MR 1989, 65) - nicht annehmen, daß hier eine Zugabe des Zeitungsunternehmens vorlag. Soweit einzelne Interessenten durch das Verhalten einiger Trafikanten zu einer gegenteiligen Annahme gelangten, beruht dieser Eindruck ausschließlich auf der eigennützigen Handlungsweise dieser Trafikanten, für welche die Beklagte, wie oben ausgeführt, nicht gemäß § 18 UWG haftet.

Daß wegen des im Inserat enthaltenen Gutscheins möglicherweise mehr Interessenten als sonst die Zeitschrift "D*****" gekauft haben, ist für die Annahme eines Verstoßes gegen das Zugabengesetz ohne Belang (MR 1987, 22). Die Beklagte ist auch nicht Mittäterin der Trafikanten, die später einen Verstoß gegen das Zugabengesetz begangen haben, da sie daran durch die bloße Aufnahme eines Gutscheins in das von ihr veröffentlichte Inserat nicht durch irgendeine Ausführungshandlung mitgewirkt hat. Aus dem von der Beklagten zur Veröffentlichung übernommenen Inserat geht nicht hervor, daß Personen, die nicht im Besitz eines solchen Gutscheins waren, den Systemplan nur um S 5,-- käuflich erwerben konnten. Auch ein Fall "wettbewerbsrechtlicher Gefährdungshaftung" (vgl Schuhmacher zu WBl 1989, 56) liegt damit nicht vor; die Beklagte mußte nicht vorhersehen, daß der Gutschein von einzelnen Trafikanten für ein wettbewerbswidriges Verhalten verwendet werden könnte. Auf die Frage, ob die Beklagte gegen § 1 UWG verstoßen haben könnte, weil sie das Inserat eines Auftraggebers veröffentlichte, das wegen des damit verbundenen Gutscheins geeignet war, auch den Zeitungsabsatz zu fördern, ist nicht einzugehen, weil ein solcher Verstoß vom Sicherungsbegehren nicht umfaßt ist.

Dem Revisionsrekurs ist daher Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 78, 402 EO und §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E26573

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0040OB00090.91.0910.000

Dokumentnummer

JJT_19910910_OGH0002_0040OB00090_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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