TE OGH 1991/9/26 15Os84/91 (15Os85/91)

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Veröffentlicht am 26.09.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 26.September 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Lachner, Dr. Kuch und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hofbauer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Harald P***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG sowie einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Steyr als Schöffengericht vom 16. Mai 1991, GZ 12 Vr 124/91-19, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den gleichzeitig mit dem Urteil gemäß § 494 a StPO gefaßten Beschluß, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser, und des Verteidigers Dr. Aschauer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

I. Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und es werden das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch zu Punkt 1 b, soweit dieser die Einfuhr von 25 Gramm Kokain nach Österreich betrifft, und demzufolge auch im Strafausspruch (ausgenommen der Ausspruch über die Vorhaftanrechnung und das Einziehungserkenntnis, die somit beide unberührt bleiben) sowie der mit dem Strafausspruch in untrennbarem Zusammenhang stehende Widerrufsbeschluß aufgehoben; gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO wird insoweit in der Sache selbst erkannt:

Harald (Erich) P***** wird für das ihm nach dem verbleibenden Schuldspruch weiterhin zur Last liegende Verbrechen nach § 12 Abs. 1 SGG (Punkt 1) und das Vergehen nach § 16 Abs. 1 SGG (Punkt 2) gemäß § 12 Abs. 1 SGG unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 10 (zehn) Monaten verurteilt.

Gemäß § 53 Abs. 1 StGB wird die bedingte Nachsicht der mit dem Urteil des Kreisgerichtes Steyr vom 20.Juni 1989, GZ 15 E Vr 151/89-40, verhängten Freiheitsstrafe von acht Monaten widerrufen. II. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. III. Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde wird der Angeklagte auf die zu I. getroffenen Entscheidungen verwiesen. IV. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem bekämpften Urteil (das auch unangefochten gebliebene Freisprüche enthält) wurde Harald P***** (nach der Aktenlage auch: Harald Erich P*****) (1.) des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG und (2.) des Vergehens nach § 16 Abs. 1 SGG schuldig erkannt.

Nach dem Inhalt des Schuldspruches hat er

(zu 1.) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge eingeführt oder (gemeint: und/oder) in Verkehr gesetzt, indem er

a) in der Zeit zwischen Mitte Oktober und Anfang November 1990 mindestens 40 Gramm Kokain mittlerer Qualität (40,7 % plus/minus 1,09 % Reinsubstanz) von Amsterdam nach Kremsmünster schmuggelte und davon 2 Gramm an Mag. Edda S***** verkaufte sowie

b) in der Zeit von Ende Oktober 1990 bis Mitte November 1990 weitere 25 Gramm Kokain von Amsterdam nach Kremsmünster verbrachte und an Mag. Edda S***** übergab, und

(zu 2.) im Spätsommer 1990 in Amsterdam den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift erworben und besessen, nämlich ca. 5 bis 6 Gramm Kokain.

Rechtliche Beurteilung

Der dem Inhalt der Beschwerdeausführungen zufolge nur gegen den Schuldspruch wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG erhobenen, nominell auf § 281 Abs. 1 Z 5 und 10 StPO gestützten, der Sache nach jedoch auch die Z 4 und 8 dieser Gesetzesstelle geltend machenden Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt teilweise Berechtigung zu.

Zutreffend ist nämlich der (wenngleich formal verfehlt) in der Mängelrüge (Z 5) der Sache nach erhobene Einwand einer Überschreitung der Anklage (Z 8) durch den Schuldspruch (auch) wegen der verbotswidrigen Einfuhr von 25 Gramm Kokain (1/b). Auf diese Einfuhr erstreckte sich weder die Anklageschrift (vgl. S 113, 115, hier insbesondere 3. Absatz vorletzter Satz), noch die Ausdehnung der Anklage in der Hauptverhandlung (S 129).

Im übrigen ist die Nichtigkeitsbeschwerde jedoch nicht berechtigt.

Soweit die Mängelrüge (Z 5) auch das vom Schuldspruch zu 1/b ferner erfaßte Inverkehrsetzen vom 25 Gramm Kokain (durch Übergabe an Mag. S*****) betrifft, vermag der Beschwerdeführer keinen Begründungsmangel aufzuzeigen. Das Erstgericht stützte seine Feststellungen mit einer zureichenden, logisch-schlüssigen und im Einklang mit der Aktenlage stehenden Begründung auf die in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO) für glaubwürdig befundenen Aussagen der Zeugin Mag. S*****. Hiebei beachtete es der Beschwerde zuwider sowohl deren hievon abweichende Angaben vor der Polizeidirektion Linz als auch die Aufzeichnung eines Telefongespräches vom 8.November 1990, weshalb der Beschwerdevorwurf einer Unvollständigkeit der Begründung nicht zutrifft. Mit dem Versuch, aus den Verfahrensergebnissen andere Schlüsse abzuleiten, als sie das Erstgericht formal mängelfrei zog, bekämpft der Beschwerdeführer lediglich in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes, ohne einen formalen Begründungsmangel aufzuzeigen. In Ansehung des Beschwerdeeinwandes, es hätte "geprüft" werden müssen, ob die vom Beschwerdeführer an Mag. S***** überlassenen 2 Gramm Kokain (die deren Aussagen zufolge von schlechter Qualität gewesen sein sollen - S 92, 132) "aufgestreckt" wurden, fehlen unter dem Gesichtspunkt einer Verfahrensrüge (Z 4) schon deshalb die Anfechtungsvoraussetzungen, weil in der Hauptverhandlung eine auf die reklamierte "Prüfung" bezogene Fragestellung an den Beschwerdeführer oder eine andere Beweiserhebung (eine Untersuchung des offenbar nicht mehr vorhandenen Suchtgiftes wäre ja nicht mehr möglich gewesen) nicht beantragt wurde.

In der Subsumtionsrüge (Z 10) strebt der Beschwerdeführer mit der Behauptung von Feststellungsmängeln die Beurteilung der im Punkt 1 des Schuldspruchs bezeichneten Taten als Vergehen nach § 16 Abs. 1 SGG an. Auch diese Einwände versagen:

Einer Feststellung des Wirkstoffgehaltes der laut dem Schuldspruch 1/b an Mag. S***** überlassenen 25 Gramm Kokain bedurfte es nicht, weil die vom Beschwerdeführer zuvor eingeführte Suchtgiftmenge von 40 Gramm mit einem Wirkstoffgehalt von 40,7 % (plus/minus 1,09 %) jedenfalls mehr als 15 Gramm Reinsubstanz (Cocain-Hydrochlorid) enthielt, damit allein schon eine große Menge im Sinne des § 12 Abs. 1 SGG darstellte (EvBl. 1988/4; 147; JBl. 1989, 458 uva) und nach den Urteilsfeststellungen der Beschwerdeführer auch in subjektiver Beziehung (§ 5 Abs. 1 StGB) in einer Art Fortsetzungszusammenhang handelte, sodaß dem der Einfuhr von 40 Gramm Kokain (mit Weitergabe einer Teilmenge von 2 Gramm hievon) in kurzem zeitlichen Abstand folgenden Inverkehrsetzen weiterer (woher immer stammender) 25 Gramm gleichartigen Suchtgiftes an dieselbe Person keine selbständige rechtliche Bedeutung zukommt.

Ebenso entbehrlich war eine Feststellung, daß der Beschwerdeführer die Menge von 40 Gramm Kokain (1/a) für den Eigenbedarf einführte. Denn zur Verwirklichung des Tatbestandes des abstrakten Gefährdungsdeliktes des § 12 Abs. 1 SGG, bei dem die Eignung zur Herbeiführung einer Gemeingefahr nur als Mittel zur Quantifizierung der Grenzmenge von Bedeutung ist, muß sich der Tätervorsatz (§ 5 Abs. 1 StGB) bei der verbotswidrigen Einfuhr von Suchtgift nicht auf dessen Inverkehrsetzen erstrecken (SSt. 57/29; ÖJZ-LSK 1986/84 uva zuletzt 15 Os 144/90 nv). Die Urteilsfeststellung, wonach der Vorsatz des Beschwerdeführers sich darauf bezog, daß die Suchtgiftmenge (insgesamt) im Falle ihrer (gedachten) Weitergabe geeignet gewesen wäre, in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen, reichte für die Zurechnung der dem Beschwerdeführer zu Punkt 1. des Schuldspruchs zur Last liegenden Suchtgifttransaktionen als Verbrechen nach § 12 Abs. 1 SGG aus. Mit der Negierung dieser Feststellung gelangt die Rechtsrüge, die als solche ein Festhalten am Urteilssachverhalt voraussetzt, nicht zur prozeßordnungsgemäßen Ausführung.

Die erst im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung vorgetragene These, der Wirkstoffgehalt der zu 1/a des Urteilssatzes bezeichneten Suchtgiftmenge sei durch die längere Lagerung in vergrabenem Zustand verringert worden, ist als Neuerung im Nichtigkeitsverfahren unbeachtlich; abgesehen davon wurde der Wirkstoffgehalt von einer Probe des Suchtgiftes nach dieser Lagerung ermittelt (S 19, 23, 59 ff), bei einer tatsächlichen Verringerung des Wirkstoffgehaltes durch die Lagerung hätte somit der Angeklagte die Einfuhr von Suchtgift mit noch höherem Wirkstoffgehalt zu verantworten.

Somit war der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten teilweise Folge zu geben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt zu bleiben hatte, im Schuldspruch zu 1/b, soweit dieser die Einfuhr von 25 Gramm Kokain nach Österreich betrifft, sowie im Strafausspruch (jedoch mit Ausnahme der Vorhaftanrechnung und des Einziehungserkenntnisses) aufzuheben, die erwähnte Suchtgifteinfuhr aus dem Urteil auszuschalten (SSt. 53/17, EvBl. 1979/211) und mit einem neuen Strafausspruch vorzugehen.

Im übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Bei der Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend die einschlägige Vorstrafe des Angeklagten, als mildernd dagegen sein (Teil-)Geständnis und eine teilweise Sicherstellung des Suchtgiftes.

Im Hinblick darauf, daß gegenüber dem Urteil des Schöffengerichtes (zu dessen Punkt 1/b) eine der alternativen Begehungsarten wegfällt, erschien es bei der Strafneubemessung geboten, gegenüber dem vom Erstgericht gefundenen Strafausmaß eine (mäßige) Reduzierung vorzunehmen. Eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten entspricht der personalen Täterschuld und dem Unwert der Taten.

Die vom Angeklagten in der Berufung (auch) angestrebte bedingte Nachsicht eines Teils der Strafe kommt nicht in Betracht. Der Rückfall des Angeklagten knapp ein Jahr nach einer wegen einschlägiger Delinquenz verhängten bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe läßt die Annahme, eine neuerliche bedingte Nachsicht (wenn auch nur eines Teils) der Strafe werde genügen, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, nicht mehr zu.

Außerdem war - wie auch schon vom Erstgericht verfügt - die eben erwähnte bedingte Strafnachsicht zu widerrufen. Denn angesichts des relativ raschen Rückfalls in gleichartige Delinquenz bedarf es des Vollzuges der ausgesprochenen Freiheitsstrafe zusätzlich zu der nunmehr verhängten, um den Angeklagten, der zu wiederkehrendem gleichartigen Suchtgifthandel tendiert, von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten.

Anmerkung

E26782

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0150OS00084.91.0926.000

Dokumentnummer

JJT_19910926_OGH0002_0150OS00084_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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