TE OGH 1991/11/26 11Os137/91

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.11.1991
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 26.November 1991 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Felzmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Hörburger, Dr. Rzeszut und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Aigner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Markus P***** wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach dem § 88 Abs. 1 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Strafbezirksgerichtes Wien vom 27.November 1990, GZ 7 U 225/90-21, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Raunig, und des Verurteilten Markus P***** zu Recht erkannt:

Spruch

Das Urteil des Strafbezirksgerichtes Wien vom 27.November 1990, GZ 7 U 225/90-21, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 65 Abs. 4 Z 1 StGB.

Dieses Urteil wird aufgehoben und es wird gemäß den §§ 288 Abs. 2 Z 3, 292, letzter Satz, StPO in der Sache selbst zu Recht erkannt:

Markus P***** wird von der Anklage, er habe am 29.Dezember 1989 in Ungarn als Lenker des LKW mit dem amtlichen Kennzeichen W 736.221 dadurch, daß er aus Unachtsamkeit mit diesem Fahrzeug von der Fahrbahn abkam und gegen einen Baum stieß, wobei der Mitfahrer Emil K***** zahlreiche Prellungen, verbunden mit einer Gesundheitsschädigung von mehr als dreitägiger Dauer erlitt, den Genannten fahrlässig am Körper verletzt und hiedurch das Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung nach dem § 88 Abs. 1 StGB begangen, gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Gemäß dem § 366 Abs. 1 StPO wird der Privatbeteiligte Emil K***** mit seinen Ersatzansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem Urteil des Strafbezirksgerichtes Wien vom 27. November 1990, GZ 7 U 225/90-21, wurde der österreichische Staatsangehörige Markus P***** des - am 29.Dezember 1989 in Ungarn begangenen - Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach dem § 88 Abs. 1 StGB schuldig erkannt und zu einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe verurteilt.

Rechtliche Beurteilung

Bei der Urteilsfällung war dem Strafbezirksgericht Wien nicht bekannt, daß auf die - zwar an sich sowohl nach dem Tatortrecht als auch nach österreichischem Recht strafbare - Tat des Markus P***** eine von der Republik Ungarn erlassene Amnestie anzuwenden war.

Gemäß dem § 6 Abs. 1 lit. a des (ungarischen) Gesetzes XXXIX aus dem Jahre 1990 "über die Anwendung der Amnestie" kann nämlich wegen einer (wie hier) vor dem 1.Juni 1990 begangenen Straftat dann kein Strafverfahren eingeleitet oder fortgesetzt werden, wenn die Tat als Vergehen (im Sinn des ungarischen Strafrechtes) zu qualifizieren ist. Laut Mitteilung der Obersten Staatsanwaltschaft der Republik Ungarn vom 18.Juli 1991 begründet die Straftat des Markus P***** ein solches Vergehen und fällt unter der - hier gleichfalls vorliegenden - weiteren Voraussetzung, daß das Strafverfahren nicht bis zum 1.Juni 1990 rechtskräftig abgeschlossen wurde, unter die vorerwähnte Amnestie.

Das eingangs angeführte Urteil des Strafbezirksgerichtes Wien steht sohin mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Auf Grund dieser Amnestie war die Strafbarkeit der verfahrensgegenständlichen Auslandstat des österreichischen Staatsangehörigen Markus P***** im Zeitpunkt der Urteilsfällung durch das Strafbezirksgericht Wien nach dem Tatortrecht bereits erloschen. Damit entfiel gemäß dem § 65 Abs. 4 Z 1 StGB aber auch die Strafbarkeit dieser Tat nach österreichischem Recht (vgl. Foregger-Serini-Kodek, StGB4, Erl. IV; Liebscher, WK, Rz 20; ebenso Leukauf-Steininger, StGB2, RN 10 - jeweils zu § 65 StGB). Dem steht auch nicht entgegen, daß diese Amnestie dann ihre Wirkung verliert, wenn der Begünstigte "innerhalb von drei Jahren nach dem Inkrafttreten des Amnestiegesetzes wegen einer mit Absicht begangenen Straftat zu einer vollstreckbaren Freiheitsstrafe verurteilt wird" (§ 9 der Amnestie). Das Urteil des Strafbezirksgerichtes Wien ist daher zum Nachteil des Verurteilten mit dem Nichtigkeitsgrund nach der Z 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO (iVm § 468 Abs. 1 Z 4 StPO) behaftet.

Der von der Generalprokuratur gemäß dem § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher stattzugeben und gemäß dem § 292 StPO wie im Spruch zu erkennen.

Anmerkung

E26950

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0110OS00137.91.1126.000

Dokumentnummer

JJT_19911126_OGH0002_0110OS00137_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten