TE Vwgh Erkenntnis 2006/1/27 2004/02/0263

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.01.2006
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

MRK Art6;
VStG §51e idF 2002/I/065;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des FS in P, vertreten durch Dr. Karl Haas, Dr. Georg Lugert, Mag. Andreas Friedl und Mag. Hannes Huber, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Dr.-Karl-Renner-Promenade 10, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Zwettl, vom 25. Mai 2004, Zl. Senat-PL-03-3000, betreffend Übertretungen von Arbeitnehmerschutzvorschriften, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 25. Mai 2004 wurde der Beschwerdeführer dreier Übertretungen von Arbeitnehmerschutzvorschriften für schuldig befunden und hiefür bestraft.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die Absätze 1 bis 5 des § 51e VStG lauten:

(1) Der unabhängige Verwaltungssenat hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung entfällt, wenn

1. der Antrag der Partei oder die Berufung zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist;

2. der Devolutionsantrag zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(3) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von einer Berufungsverhandlung absehen, wenn

1. in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder

2.

sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder

3.

im angefochtenen Bescheid eine 500 EUR nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder

              4.              sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet

und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Der Berufungswerber hat die Durchführung einer Verhandlung in der Berufung zu beantragen. Etwaigen Berufungsgegnern ist Gelegenheit zu geben, einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Der unabhängige Verwaltungssenat kann ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn er einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen hat, die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und dem nicht Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, entgegensteht.

(5) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden."

In der Berufung hat der Beschwerdeführer u.a. seine "ergänzende Einvernahme" beantragt. Daraus ist nach der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 11. August 2005, Zl. 2005/02/0122) zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung beantragt, wäre doch sonst sein Antrag auf seine Einvernahme vor der belangten Behörde nicht zu verstehen. Weiters entspricht es der hg. Rechtsprechung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2006, Zl. 2005/02/0243), dass § 51e Abs. 3 VStG nicht darauf abstellt, in welcher Form der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung begründet ist und ob (bzw. welche) Beweisanträge gestellt werden.

Die belangte Behörde war daher verpflichtet, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen, was der Beschwerdeführer zu Recht rügt.

Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Durchführung der mündlichen Verhandlung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, hat sie in dieser Hinsicht den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 27. Jänner 2006

Schlagworte

"zu einem anderen Bescheid" Besondere Rechtsgebiete Verfahrensbestimmungen Berufungsbehörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2004020263.X00

Im RIS seit

03.03.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten