TE OGH 1992/8/27 3Ob52/92

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.08.1992
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Klinger, Dr.Angst und Dr.Graf als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wider die verpflichtete Partei Ing.Franz F*****, vertreten durch Dr.Stefan Frotz, Rechtsanwalt in Wien, wegen 73,440.000 S sA, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Leoben als Rekursgerichtes vom 21.April 1992, GZ R 1062/91-10, womit die Exekutionsbewilligung des Bezirksgerichtes Liezen vom 30.September 1991, GZ E 2382/91-1, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Republik Österreich, vertreten durch das Zollamt Linz, stellte in einem mit "Grundbuchseingabe" überschriebenen Formular den Antrag, ihr auf Grund eines Haftungsbescheides in Verbindung mit einem Vollstreckungsbescheid zur Sicherstellung der Forderung "im voraussichtlichen Betrag" von 73,440.000 S und der Kosten des Antrags die Exekution zur Sicherstellung durch Vormerkung des Pfandrechts auf mehreren Liegenschaften zu bewilligen. Sie bezeichnete sich selbst als betreibende Partei und ihren Gegner als verpflichtete Partei und ersuchte auf Grund des § 233 Abs 2 BAO, mit der Verständigung von der Exekutionsbewilligung die Zustellung des Haftungs- und des Vollstreckungsbescheides zu bewirken. Außerdem wurden Kosten in der Höhe von 23.677,50 S verzeichnet.

Das Erstgericht bewilligte die Exekution in Form eines Bewilligungsvermerkes gemäß § 112 Abs 1 Geo.

Das Rekursgericht wies infolge Rekurses des Verpflichteten den Antrag der betreibenden Partei ab und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Gemäß § 3 Abs 1 des Prokuratursgesetzes seien nur die Finanzämter, nicht aber auch die Zollämter ermächtigt, in Vertretung der Finanzprokuratur bei Gericht einzuschreiten. Dem Exekutionsantrag sei aber keine Urkunde im Sinn des § 77 Abs 1 GBG angeschlossen, wonach das einschreitende Zollamt von einem Finanzamt mit der Vertretung betraut wurde. Der Mangel des Nachweises der Bevollmächtigung könne im Hinblick auf § 95 Abs 1 GBG nicht im Wege eines Verbesserungsverfahrens behoben werden. Es sei deshalb der Exekutionsantrag abzuweisen. Das Fehlen eines Sicherstellungsauftrags wäre allerdings einer "Exekutionsbewilligung" nicht im Wege gestanden, weil, wenn man von der fehlenden Antragslegitimation absehe, das Begehren "zwar nicht im Exekutionsverfahren laut EO und BAO, wohl aber im Grundbuchsverfahren gemäß § 38 lit c GBG bewilligt hätte werden können".

Der von der betreibenden Partei gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Für die pfandrechtliche Sicherstellung von bundesrechtlich geregelten öffentlichen Abgaben (vgl § 1 lit a BAO) kommen zwei Verfahren in Betracht. Gemäß § 233 Abs 2 BAO hat das Gericht auf Antrag der Abgabenbehörde auf Grund eines Sicherstellungsauftrags ohne Bescheinigung der Gefahr und ohne Sicherheitsleistung die Exekution zur Sicherstellung des Abgabenbetrages bis zu dessen Vollstreckbarkeit zu bewilligen, wobei die Forderung gemäß § 374 Abs 1 EO durch bücherliche Vormerkung des Pfandrechts auf Liegenschaften gesichert werden kann. Über einen entsprechenden Antrag ist in erster Linie nach den Vorschriften für das Verfahren in Exekutionssachen zu entscheiden. Soweit es um die Eintragung im Grundbuch selbst geht, sind allerdings (auch) die Vorschriften des GBG zu beachten (vgl § 88 Abs 2 EO). Die zweite Möglichkeit besteht darin, daß die zuständige Behörde gemäß § 38 lit c GBG die Vormerkung des Pfandrechts beantragt. Über einen solchen Antrag ist ausschließlich nach den Vorschriften des GBG zu entscheiden (SZ 49/141 = EvBl 1977/131; ZfRV 1989, 215).

Gemäß § 40a JN richtet es sich nicht nach der Bezeichnung durch die Partei, sondern nach dem Inhalt des Begehrens und des Vorbringens der Partei, in welchem Verfahren eine Rechtssache zu behandeln und zu erledigen ist. Diese durch die ZVN 1983 eingefügte Regelung dient zwar in erster Linie zur Abgrenzung zwischen dem streitigen und außerstreitigen Verfahren (vgl 669 BlgNR 15.GP 30 f zu § 41), sie kann aber auch für die Abgrenzung zwischen anderen Verfahrensarten von Bedeutung sein. Etwas anderes als das in dieser Bestimmung Angeordnete muß aber gelten, wenn die Partei die Wahl zwischen zwei Verfahrensarten hat. In solchen Fällen kommt es in erster Linie auf die Bezeichnung der Partei oder auf vergleichbare Umstände an, weil von der von der Partei getroffenen Wahl nicht ohne deren Zustimmung abgegangen werden kann. Dies gilt im Verhältnis zwischen Exekutions- und Grundbuchsverfahren schon aus der Erwägung, daß nur im Exekutionsverfahren der Ersatz von Kosten vorgesehen ist (§ 74 EO).

Hier hat die einschreitende Behörde den Antrag nicht nur als Antrag auf Bewilligung der Exekution zur Sicherstellung und die Parteien als betreibende und verpflichtete Partei bezeichnet. Sie hat außerdem die Bewilligung einer solchen Exekution beantragt und den Zuspruch von Kosten begehrt. Der Antrag kann daher nur als Exekutionsantrag angesehen werden und muß deshalb nach den Vorschriften für Exekutionssachen behandelt werden (so für einen ähnlichen Sachverhalt schon 3 Ob 98/91). Daß der Schriftsatz mit "Grundbuchseingabe" überschrieben wurde, ändert daran nichts, sondern entspricht bloß § 58 Abs 1 letzter Satz Geo und der Empfehlung, die in dem - gemäß dem Erl des BMJ 18.7.1991 JMZ 5180/10-I 4/91 (vgl MGA GBG4 Anh 15) für das umgestellte Grundbuch allerdings nicht mehr maßgebenden - § 91 Abs 2 GV für Grundbuchstücke gegeben wurde. Hiezu gehören gemäß § 448 Abs 1 Geo auch Eingaben, welche die Exekution auf Liegenschaften betreffen, und es ist allgemein (vgl Hanreich-Peters-Stagel, Schriftsätze im Exekutions- und Sicherungsverfahren4 104 ff) und, wie der verwendete Vordruck zeigt, auch bei der betreibenden Partei üblich, solche Eingaben als "Grundbuchseingaben" zu bezeichnen.

Die betreibende Partei räumt in ihrem Revisionsrekurs selbst ein, daß die Exekution zur Sicherstellung nicht bewilligt werden kann, weil ein Sicherstellungsauftrag nicht vorgelegt wurde. Sie beantragt jetzt ausdrücklich, die Vormerkung auf Grund des § 38 lit c GBG zu bewilligen. Diese Änderung des Rechtsgrundes und damit der Verfahrensart ist jedoch nicht zulässig, weil der angefochtene Beschluß auf Grund der Verhältnisse zur Zeit des Beschlusses des Gerichtes erster Instanz zu prüfen ist (Heller-Berger-Stix I 649; EvBl 1976/112 ua) und damals ein Antrag gemäß § 38 lit c GBG nicht vorlag. Ebenso ist es dem Obersten Gerichtshof schon im Hinblick auf § 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 3 ZPO verwehrt, entsprechend dem Antrag im Revisionsrekurs die Kostenentscheidung des Gerichtes zweiter Instanz zu beseitigen.

Anmerkung

E31005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0030OB00052.92.0827.000

Dokumentnummer

JJT_19920827_OGH0002_0030OB00052_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten