TE OGH 1992/11/3 11Os114/92

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Veröffentlicht am 03.11.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. November 1992 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Rzeszut, Dr. Hager und Dr. Schindler als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Schneider als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ferdinand K***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach dem § 201 Abs 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 8. Juli 1992, GZ 30 Vr 771/92-10, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Vergehens der Blutschande nach dem § 211 Abs 1 StGB (Pkt. III) sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ferdinand K***** (zu I.) des Verbrechens der Vergewaltigung nach dem § 201 Abs 2 StGB, (zu II.) des Verbrechens des Beischlafes mit Unmündigen nach dem § 206 Abs 1 StGB und (zu III.) des Vergehens der Blutschande nach dem § 211 StGB schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Lediglich den Schuldspruch wegen des Vergehens der Blutschande bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher schon aus folgenden Gründen Berechtigung zukommt.

Das Delikt des § 211 Abs 1 StGB setzt Verwandtschaft in gerader Linie zwischen den Beischlafpartnern voraus. Die Blutsverwandtschaft ist Tatbestandsmerkmal und muß im Strafverfahren von Amts wegen geprüft werden (u.a. Leukauf-Steininger3 § 211 RN 2 mit weiteren Nw). Zivilrechtliche Vermutungen der Abstammung genügen nicht.

Nach der Aktenlage kommen sowohl der Angeklagte als auch ein gewisser Johann K***** als leiblicher Vater des Tatopfers Elisabeth Maria K***** in Betracht.

Die Tatrichter wären daher iS der §§ 3, 96, 232 Abs 2, 254 StPO auch ohne entsprechende zielführende Beweisanträge verpflichtet gewesen, von Amts wegen alle Voraussetzungen für eine sachlich richtige, besonderes Fachwissen erfordernde Beantwortung der (u.a.) entscheidungswesentlichen Frage zu schaffen (vgl. u.a. auch Lehre und Rechtsprechung zu § l63 ABGB), ob der Angeklagte wirklich der biologische Vater der am 18. März 1974 geborenen Elisabeth Maria K***** ist.

Die bloßen Hinweise darauf, daß der Angeklagte die Vaterschaft nicht sofort bestritten habe, die Kindesmutter eher den Angeklagten als ihren ehemaligen Dienstgeber Johann K***** für den Vater halte und eine - nicht näher begründete - forensische Erfahrung (?) für die Richtigkeit einer derartigen (bloßen) Vermutung spreche und daß auch die Unterlassung einer zivilrechtlichen Paternitätsbestreitung auf die Vaterschaft des Angeklagten hindeute, reichen - abgesehen von der in der Beschwerde aufgezeigten Fragwürdigkeit einzelner dieser Erwägungen (vgl. US 85 ff) - bei der vorliegenden, vor allem naturwissenschaftlichen Problematik nicht aus, um mit der für einen Schuldspruch erforderlichen Sicherheit über die Frage der hier relevanten Abstammung verläßlich abzusprechen.

Die vom Beschwerdeführer aufgezeigten Mängel der Urteilsbegründung bewirken die Nichtigkeit der angefochtenen Entscheidung iS des § 281 Abs 1 Z 5 StPO.

Da sich sohin zeigt, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, war gemäß dem § 285 e StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung spruchgemäß zu entscheiden.

Mit seiner durch die Urteilsaufhebung gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E34498

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0110OS00114.9200007.1103.000

Dokumentnummer

JJT_19921103_OGH0002_0110OS00114_9200007_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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