TE Vwgh Erkenntnis 2006/6/26 2005/09/0041

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Veröffentlicht am 26.06.2006
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

AVG §66 Abs4;
BDG 1979 §105;
BDG 1979 §125a Abs3 Z4;
BDG 1979 §43 Abs1;
BDG 1979 §43 Abs2;
BDG 1979 §92 Abs1 Z3;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
FrG 1997 §104 Abs1;
FrG 1997 §104 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des B in W, vertreten durch Mag. Harald Schuster, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Wickenburggasse 13, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 18. Jänner 2005, Zl. 74/8-DOK/04, betreffend Disziplinarstrafe der Entlassung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stand seit 3. März 1986 als Beamter der Post- und Telegraphenverwaltung (PTV) in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und seit 31. Dezember 1998 (Wirksamkeit der Abspaltung des Unternehmensbereiches Post aus der Post und Telekom Austria AG und dessen Übertragung auf die Österreichische Post AG als Gesamtrechtsnachfolgerin) bei der Österreichischen Post AG bis zu seiner Suspendierung als Zusteller der Zustellbasis W in Verwendung.

Mit Strafurteil des Landesgerichtes Krems an der Donau vom 8. Juni 2004 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe in G und auf dem Weg von dort nach W vorsätzlich gewerbsmäßig die rechtswidrige Einreise von Fremden aus der Tschechischen Republik nach Österreich mit dem Vorsatz gefördert, dass dies gegen einen nicht bloß geringfügigen Vermögensvorteil für ihn geschehe, indem er Personen aus der russischen Förderation, die unmittelbar vorher illegal die Grenze überschritten hatten, in das von ihm gelenkte Auto aufnahm und nach bzw. in Richtung W transportierte. Er habe dadurch das Verbrechen der Schlepperei nach § 104 Abs. 1 und 3 Fremdengesetz begangen. Hiefür wurde er nach § 104 Abs. 3 Fremdengesetz zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 12 Monaten, davon 8 Monate unter Festsetzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen, verurteilt. Dieses Strafurteil erwuchs in Rechtskraft.

Mit Beschluss der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom 23. Juni 2004 wurde gegen den Beschwerdeführer das dieselbe Vorgangsweise betreffende Disziplinarverfahren eingeleitet und die mündliche Verhandlung anberaumt.

Mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom 16. Juli 2004 wurde der Beschwerdeführer nach durchgeführter mündlicher Verhandlung wegen des im Strafurteil festgestellten Verhaltens gemäß § 92 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979 mit einer Geldstrafe in der Höhe EUR 5.000,-- bestraft. Die Behörde erster Instanz begründete dies damit, es könne auf Grund des Strafurteils und des Geständnisses des Beschwerdeführers davon ausgegangen werden, dass dieser die zum Vorwurf gemachten Tathandlungen zwecks Schaffung eines eigenen Vermögensvorteiles begangen habe, obwohl er sich in keiner Notlage befunden habe. Der Beschwerdeführer habe das den Flüchtlingen abgenommene bzw. durch die kriminelle Handlung erworbene Geld als "Körberlgeld" angesehen. Als Bediensteter der Österreichischen Post AG habe er jedoch ständig mit fremden Vermögenswerten zu tun. Die Allgemeinheit müsse darauf vertrauen können, dass ein Beamter der Österreichischen Post AG nicht nur die Gesetze der Republik Österreich befolge, sondern auch Respekt vor fremden Vermögenswerten und Geldern zeige. Keinesfalls sei dies der Fall, wenn sich jemand durch die Begehung strafbarer Handlungen ein "Körberlgeld" dazuverdiene. Als gravierend habe die Behörde auch den Umstand angesehen, dass der Beschwerdeführer offensichtlich eine geringe Hemmschwelle zu kriminellen Handlungen aufweise, wenn diese mit einem Vermögensvorteil für ihn selbst verbunden sei. Aus seinen in der Verhandlung gemachten Äußerungen sei auch zu schließen, dass er ansonsten sein kriminelles Handeln im Falle der Nichtbetretung fortgesetzt hätte. Als besonders verwerflich sei auch anzusehen gewesen, dass er die Notlage der Flüchtlinge (darunter Frauen und Kinder) mit ausgenützt habe. Es sei daher außer Zweifel gestanden, dass er durch seine bewusst illegale und auf einen Vermögensvorteil ausgerichtete mehrmalige Handlungsweise ein Verhalten gesetzt habe, das durchaus geeignet gewesen sei, das Vertrauen der Allgemeinheit in die ordnungsgemäße Erfüllung der Österreichischen Post AG zukommenden Aufgaben zu erschüttern. Gerade das Delikt der Schlepperei werde in der Bevölkerung auch im Hinblick auf die vorhandene Ausländerproblematik nicht als Kavaliersdelikt gesehen. Als Zusteller habe der Beschwerdeführer ständig mit fremden Vermögenswerten zu tun. Da die Hemmschwelle, sich durch kriminelle Handlungen ein "Körberlgeld" zu verdienen, offensichtlich zwei Mal überschritten worden sei und der Beschwerdeführer diese Handlungsweise auch fortgesetzt hätte, sei die Möglichkeit der Ausnützung des Gelegenheitsverhältnisses als Zusteller, sich durch Manipulation Kundengelder bzw. Gelder der Österreichischen Post AG anzueignen, nicht außer Acht zu lassen. Das Vertrauen des Dienstgebers in den Beschwerdeführer sei somit erheblich zerrüttet worden. Allerdings erachte die Behörde erster Instanz die zur Aufrechterhaltung eines Dienstverhältnisses unumgänglich notwendige Vertrauensbasis noch nicht restlos und unwiederbringlich zerstört. Die Verhängung einer empfindlichen Geldstrafe sei daher als ausreichend angesehen worden, um dem Beschwerdeführer das Unrecht und die Verwerflichkeit seiner Tat vor Augen zu führen und ihn von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzung abzuhalten. Als mildernd sei dabei die offensichtliche Naivität des Beschwerdeführers, die bisherige Unbescholtenheit und das Geständnis gewertet worden. Als erschwerend sei die Tatwiederholung gewertet worden.

Gegen dieses Disziplinarerkenntnis erhob die Disziplinaranwältin Berufung.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 18. Jänner 2005 wurde dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 105 BDG 1979 dahingehend Folge gegeben, dass über den Beschwerdeführer gemäß § 126 Abs. 2 in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt wurde. Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges, Zitierung der von ihr angewendeten gesetzlichen Bestimmungen und Darstellung der wesentlichsten vom Verwaltungsgerichtshof dargelegten Grundsätze zu den Fragen des "disziplinären Überhanges" sowie der Rechtmäßigkeit eines Ausspruchs der Entlassung im Falle einer so genannten "Untragbarkeit" führte die belangte Behörde auf den vorliegenden Fall bezogen aus, die Disziplinarkommission sei bei der Prüfung der Frage, ob über den Beschwerdeführer zusätzlich zu der vom Strafgericht verhängten Freiheitsstrafe in der Dauer von 12 Monaten (ein Teil dieser Strafe, nämlich 8 Monate, seien unter Festsetzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen worden) noch eine Disziplinarstrafe zu verhängen gewesen sei, unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Recht zu der Auffassung gelangt, dass wegen der Art des Fehlverhaltens des Beschwerdeführers die Voraussetzungen für die Verhängung einer zusätzlichen Disziplinarstrafe gegeben seien. Der Beschwerdeführer habe sich durch die vom Strafgericht rechtskräftig festgestellten vorsätzlich und wiederholt begangenen Verstöße gegen § 104 Abs. 1 und 3 Fremdengesetz im Hinblick auf insgesamt 15 entgegen den pass- und fremdenrechtlichen Bestimmungen und somit illegal eingereisten ausländischen Staatsbürgern - wenn auch außer Dienst -

schwerstwiegender Dienstpflichtverletzungen gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 schuldig gemacht und ein bedenkliches charakterliches und moralisches Versagen sowie ein unwürdiges Verhalten gezeigt, durch das er nicht nur sein eigenes Ansehen, sondern auch das Ansehen der Beamtenschaft im Allgemeinen und der Österreichischen Post AG im Besonderen in einem hohen Maß herabgesetzt habe. Er habe damit das ihm als Beamten von seinem Dienstgeber entgegen gebrachte Vertrauen gröblichst verletzt und gegen seine ihm auferlegten Dienstpflichten in eklatanter Weise verstoßen. Die Bedeutung der Tathandlungen des Beschwerdeführers sei im vorliegenden Verfahren nicht aus strafrechtlicher, sondern aus disziplinärer Sicht zu beurteilen gewesen. Dabei sei im Sinne des § 43 Abs. 2 BDG das geschützte Rechtsgut die "allgemeine Wertschätzung", die das Beamtentum in der Öffentlichkeit genieße, und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und das dafür erforderliche Ansehen der Beamtenschaft. Neben dem besonderen Funktionsbezug eines Verhaltens, das mit dem Aufgabenbereich des Beamten im konkreten Zusammenhang stehe, könne im Hinblick auf die Pflicht zur Vertrauenswahrung auch ein allgemeiner Bezug zu jenen Aufgaben hergestellt werden, die jedem Beamten zukämen. Insofern stelle § 43 Abs. 2 BDG 1979 auch eine für alle Beamten gemeinsame Verhaltensrichtlinie dar (allgemeiner Funktionsbezug). Dieser allgemeine Funktionsbezug sei in jenen Fällen zu bejahen, in denen Beamte strafbare Handlungen begingen, von denen ohne Bezugnahme auf die besondere Funktion des Beamten eine Schädigung des Vertrauens der Bevölkerung angenommen werde. Bei Rechtsverletzungen, die außer Dienst oder ohne Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit erfolgten, stelle die Judikatur jeweils darauf ab, ob der Schutz des betreffenden Rechtsgutes allgemein zu den Berufspflichten des Beamten gehöre. Damit solle § 43 Abs. 2 BDG 1979 in das außerdienstliche Verhalten des Beamten nur in besonders krassen Fällen eingreifen. Ein solch krasser Fall liege hier aber zweifellos vor. Der Beschwerdeführer habe Schlepperei im Sinne des § 104 Abs. 1 und 3 Fremdengesetz begangen, was hinsichtlich der subjektiven Tatseite sowohl den Vorsatz als auch die Bereicherungsabsicht umfasse. An diese der strafrechtlichen Verurteilung zu Grunde liegenden Feststellungen seien die Disziplinarbehörden gemäß § 95 Abs. 2 BDG 1979 gebunden. Damit habe der Beschwerdeführer aber nicht nur gegen grundlegende sicherheitsbehördliche Vorschriften der Republik Österreich verstoßen, sondern sei auch bereit gewesen, die Notlage bzw. Zwangssituation der von ihm weiter beförderten Fremden um des eigenen finanziellen Vorteils willen skrupellos auszunützen und somit an der materiellen Ausbeutung dieser Menschen mitzuwirken. Das lasse ihn im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis nicht mehr tragbar erscheinen, weil durch derartige Straftaten, die gleichzeitig schwerstwiegende dienstliche Verfehlungen darstellten, nicht nur das für die Erfüllung der Aufgaben der staatlichen Verwaltung (hier: des Unternehmens der Österreichischen Post AG) unerlässliche Vertrauen seiner Vorgesetzten, sondern auch das der Allgemeinheit wesentlich zerstört worden sei. Der Beschwerdeführer habe mit seinen Handlungen gegen die mit seinem Amt verbundenen elementarsten Grundsätze und Pflichten verstoßen und Dienstpflichtverletzungen von besonders schwerem Gewicht und außerordentlicher Tragweite für das Vertrauen der Bevölkerung in seine unverbrüchliche Gesetzestreue begangen. Dies lasse die Fortsetzung des öffentlichrechtlichen Dienstverhältnisses als unzumutbar erscheinen. Daran habe auch der Umstand nichts zu ändern vermocht, dass er bei den in Rede stehenden Schleppungen nicht als federführender Hauptakteur, sondern lediglich als Mittäter in der gesamten Aktion und als letztes Glied in der Kette fungiert habe. Wer als Beamter den Grundinteressen der Gesellschaft an der Bekämpfung der gewerbsmäßigen Schlepperei mehrfach und mit dem Vorsatz regelmäßiger persönlicher Bereicherung zuwiderhandle, zerstöre das erforderliche Vertrauensverhältnis grundlegend und sei für den öffentlichen Dienst untragbar. Besonders verwerflich sei überdies zu werten gewesen, dass diese Tathandlungen auf längere Zeit angelegt und durch Zusammenschluss mit mehr als zwei Personen zweckgerichtet auf die Ermöglichung des gesetzwidrigen Grenzübertritts ausländischer Staatsangehöriger gerichtet gewesen seien; damit stellten diese Handlungen keine bloßen "Kurzschlusshandlungen" dar. Vielmehr habe sich der Beschwerdeführer durch diese Tathandlungen bewusst und vorsätzlich über die absolute Grenze gerade noch tolerierbarer Fehlleistungen eines Beamten weit hinweggesetzt und in massiver Weise in das Recht des Staates auf Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung eingegriffen. Diese vom Beschwerdeführer wiederholt gesetzten Handlungen ließen bei ihm ein bedeutendes Maß an krimineller Energie erkennen. Im Falle einer derart starken nachhaltigen Belastung des Vertrauensverhältnis könne dem Dienstgeber nicht mehr zugemutet werden, das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis weiter aufrecht zu erhalten. Dienstgeber des Beschwerdeführers sei der Bund, lediglich das für die fachliche Abwicklung der Zustellvorgänge maßgebende Unternehmen sei die grundsätzlich nach privatwirtschaftlichen Gesichtspunkten eingerichtete Österreichische Post AG. Habe der Beamte durch sein Verhalten das Vertrauensverhältnis zwischen sich und seinem Dienstgeber zerstört und sei er objektiv untragbar geworden, so sei mit Entlassung vorzugehen. In einem solchen Fall könne die sich aus spezialpräventiven Erwägungen ergebende Warnungs-, Besserungs- und Sicherungsfunktion der Disziplinarstrafe nicht zum Tragen kommen. An dieser Tatsache könne auch das bisherige dienstliche Wohlverhalten und der ordentliche Lebenswandel sowie die straf- und disziplinarrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ebenso wenig ändern, wie sein Wohlverhalten nach Aufdeckung der Taten und eine allfällige günstige Zukunftsprognose. Der Umstand, dass es lediglich aus Unbesonnenheit bzw. Naivität zu einem derartigen Fehlverhalten gekommen sei, könne ebenfalls nicht als strafmildernd gewertet werden, weil die festgestellten Tathandlungen, hinsichtlich derer der Beschwerdeführer ein nur geringes Unrechtsbewusstsein gezeigt habe, einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Beamten auch dadurch nicht nahe liegen könnten und ein Überschreiten der Grenze zu gerichtlich und disziplinarrechtlich strafbarem Verhalten damit weder gerechtfertigt noch entschuldigt werden könne. Auch hätte der Beschwerdeführer die inkriminierten Tathandlungen nicht etwa infolge einer ausweglosen oder drückenden finanziellen Notlage begangen. Im Hinblick auf Art und Schwere käme bei den vorliegenden Dienstpflichtverletzungen daher insgesamt eine andere Disziplinarstrafe als jene der Entlassung von vornherein nicht in Betracht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 hat der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Nach § 91 BDG 1979 ist der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, nach dem 8. Abschnitt (" Disziplinarrecht") zur Verantwortung zu ziehen.

Gemäß § 92 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 ist die schwerste der Disziplinarstrafen jene der Entlassung.

Gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

Nach Abs. 2 dieser Gesetzesbestimmung ist, wenn der Beamte durch eine Tat oder durch mehrere selbstständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen hat und über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt wird, nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind.

Gemäß § 95 Abs. 2 BDG 1979 ist die Disziplinarbehörde an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils zu Grunde gelegte Tatsachenfeststellung eines Strafgerichtes (Straferkenntnis eines Unabhängigen Verwaltungssenates) gebunden. Sie darf auch nicht eine Tatsache als erwiesen annehmen, die das Gericht (der unabhängige Verwaltungssenat) als nicht erweisbar angenommen hat.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides verweist der Beschwerdeführer darauf, die belangte Behörde sei von seiner Untragbarkeit ausgegangen, ohne sich damit auseinander zu setzen, dass er als Postzusteller für die Österreichische Post AG tätig gewesen sei, die seit der privatwirtschaftlichen Umgestaltung in eine juristische Person des Privatrechtes ein nach rein privatwirtschaftlichen Gesichtspunkten geführtes Unternehmen sei. Seit der Umstrukturierung habe sich die Österreichische Post AG zu einem privatwirtschaftlichen Unternehmen entwickelt, welches höchstens nur mehr auf Grund von aufsichtsbehördlichem Druck bereit sei, gewisse Grundversorgungen im Postbereich sicher zu stellen, sich jedoch sonst auf ihre gewinnorientierte Struktur zurückziehe. Wenn nun die belangte Behörde rein beamtendienstrechtliche Bestimmungen anführe und als Verwaltungs- bzw. als Dienstbehörde das Unternehmen der Österreichischen Post AG anführe, so sei dies eigentlich mit den Grundsätzen eines privatwirtschaftlich geführten Unternehmens nur schwer in Einklang zu bringen. Vielmehr komme es darauf an, ob infolge des Verhaltens des Beschwerdeführers für den Arbeitgeber die objektiv gerechtfertigte Befürchtung bestehe, dass seine Interessen und Belange durch den Arbeitnehmer gefährdet seien. Eine außerdienstliche Tat müsse sich auf das Arbeitsverhältnis zumindest mittelbar auswirken. Die belangte Behörde habe sich aber nicht mit der Frage auseinander gesetzt, welche konkrete Gefährdung betrieblicher Interessen durch die Weiterbeschäftigung des Beschwerdeführers zu befürchten sein könnten. Insbesondere werde im angefochtenen Bescheid keine konkrete Belastung der Österreichischen Post AG angeführt, für die der Beschwerdeführer faktisch tätig sei. Anders als jene Beamten, die für ihren Hoheitsträger reine Verwaltungstätigkeiten verrichteten, habe der Beschwerdeführer als Postzusteller eine Tätigkeit verrichtet, die sonst von privatrechtlich Angestellten des Unternehmens durchgeführt würden. Der Beschwerdeführer sei zwar rechtlich noch Beamter, doch hätten die Grundsätze eines privatrechtlichen Dienstverhältnisses in das Kalkül der Disziplinarbehörden miteingebunden werden müssen. Hätte sie dies getan, so hätte sich ergeben, dass die dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Handlungen in keiner Weise rechtfertigen könnten, dass der Beschwerdeführer als Postzusteller für seinen Arbeitgeber - die Österreichische Post AG - nicht mehr tragbar sei, insbesondere da die ihm vorgeworfenen Handlungen in keiner Weise im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Postzusteller gestanden seien.

Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer als Offizial in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stand. Auf sein Dienstverhältnis fanden daher die Vorschriften über das Dienstverhältnis der Beamten, insbesondere jene über die Dienstpflichten (siehe §§ 43, 91 BDG 1979) Anwendung. Dass der Beschwerdeführer der Post AG von Gesetzes wegen (siehe § 17 Abs. 1 und 1a Z. 1 Poststrukturgesetz) zur Dienstleistung zugewiesen war, ändert daran nichts.

Aus der Bestimmung des § 43 Abs. 2 BDG 1979 ist zu entnehmen, dass sich jeder Beamte auch außerhalb seines Dienstes so zu verhalten hat, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes lassen die Worte im § 43 Abs. 2 BDG 1979 "in seinem gesamten Verhalten" den Schluss zu, dass dadurch nicht nur das Verhalten im Dienst, sondern auch außerdienstliches Verhalten gemeint ist, wenn Rückwirkungen auf den Dienst entstehen. Eine Rückwirkung des Verhaltens des Beamten auf den Dienst (Dienstbezug) ist dann gegeben, wenn das Verhalten des Beamten bei objektiver Betrachtung geeignet ist Bedenken auszulösen, dieser werde seine dienstlichen Aufgaben - das sind jene konkreten ihm zur Besorgung übertragenen Aufgaben (besonderer Funktionsbezug), aber auch jene Aufgaben, die jedem Beamten zukommen - nicht in sachlicher (rechtmäßig und korrekt sowie unparteiisch und in uneigennütziger) Weise erfüllen. Dabei ist von einer typischen Durchschnittsbetrachtung auszugehen. Ob das außerdienstliche Verhalten des Beamten an die Öffentlichkeit gedrungen ist oder nicht, spielt bei der Beurteilung des Dienstbezuges keine Rolle. Bei der Prüfung, ob ein außerdienstliches Verhalten des Beamten einen Dienstbezug (Rückwirkung auf den Dienst) aufweist, ist ein strengerer Maßstab (nicht bloß geringfügiges Fehlverhalten) anzulegen als bei dienstlichem Fehlverhalten. Dies folgt aus der mit dem Wortlaut zu vereinbarenden Absicht des Gesetzgebers, die disziplinarrechtliche Verantwortung des Beamten für den außerdienstlichen Bereich (Freizeitverhalten) einzuschränken, was aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 11 Blg NR, 15. GP hervorgehe, wonach nach dem BDG 1979 nur mehr in besonders krassen Fällen auch das außerdienstliche Verhalten zu überprüfen sei, wie etwa bei Trunkenheitsexzessen und Gewalttätigkeiten. Ein besonderer Funktionsbezug kann aber dort dahinstehen, wo durch das Verhalten des Beamten das Vertrauen der Allgemeinheit in die korrekte Erfüllung seiner allgemeinen Dienstpflichten im Sinne des § 43 Abs. 1 BDG 1979 gefährdet erscheint. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass Schutzobjekt der Norm des § 43 Abs. 2 BDG 1979 im weitesten Sinn die Funktionsfähigkeit der Verwaltung ist (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 23. November 2005, Zl. 2004/09/0220, mwN). Dass die wiederholte Beteiligung des Beamten am Verbrechen der Schlepperei geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die korrekte Erfüllung seiner allgemeinen Dienstpflichten zu gefährden, liegt auf der Hand. Den - oben wiedergegebenen - Ausführungen der belangten Behörde ist aus diesem Grund nichts hinzuzufügen.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer die Unterlassung der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung, in welcher sich die Berufungsbehörde ein persönliches Bild von ihm hätte machen können.

Gemäß § 125a Abs. 3 Z. 4 BDG 1979 kann von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der Disziplinaroberkommission ungeachtet eines Parteienantrages Abstand genommen werden, wenn sich die Berufung ausschließlich gegen die Strafbemessung richtet. Ein derartiger Fall liegt hier vor; das Vorbringen des Beschwerdeführers ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des Absehens von der Durchführung der mündlichen Berufungsverhandlung aufzuzeigen.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 26. Juni 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005090041.X00

Im RIS seit

02.08.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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