TE OGH 2001/2/26 3Ob95/00t

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Veröffentlicht am 26.02.2001
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer sowie durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Manfred E*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Wolfgang L*****, gegen die beklagte Partei A***** GesmbH, ***** vertreten durch Rechtsanwälte Müller & Partner in Salzburg, wegen S 260.000 sA und Feststellung (Revisionsinteresse S 170.000), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 24. Jänner 2000, GZ 3 R 203/98p-35, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 30. Juli 1998, GZ 9 Cg 296/96x-22, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Kläger hat mit Kaufvertrag vom 2./8. 10. 1992 ein von der beklagten Partei errichtetes Reihenhaus um einen Kaufpreis von S 3,375.000 erworben, das am 15. 12. 1993 übergeben wurde.

Anlässlich der Kaufvertragsverhandlungen wünschte der Kläger in Anbetracht der Größe seiner Familie (vier Kinder) unbedingt, dass das Dachgeschoß ausgebaut werden könnte. Aus diesem Grund war eine Hebung des gesamten Bauobjektes notwendig. Der Kläger hätte das Reihenhaus nicht gekauft, wäre der Ausbau des Dachgeschosses nicht möglich gewesen, weil es für ihn zu klein gewesen wäre. Bereits von Anfang an war nicht klar, ob grundsätzlich die als Reihenhausanlage konzipierte Anlage auch vollständig als solche verkauft werden könnte. Es wurden beispielsweise innerhalb der Anlage mehrfach Reihenhäuser geschoßweise aufgeteilt, wobei so vorgegangen wurde, dass beide Wohnungen, also sowohl die im Erdgeschoß als auch die im Obergeschoß liegende, über Gartenanteile verfügten und die oberen Wohnungen zum Gartenanteil in den außenliegenden Reihenhäusern über eine Innenstiege verbunden wurden. Bei den beiden mittleren Reihenhausobjekten erfolgte die Verbindung durch eine Außenstiege. Dies ist auch auf dem Prospekt, der der Vermittlerin zur Verfügung stand, ersichtlich. In dem Reihenhausbereich, in dem der Kläger sein Haus gekauft hat, ist im Prospekt jedoch keine Außentreppe eingezeichnet. Die Anlageform der Reihenhäuser unterscheidet sich von jenem Objekt, in dem die Treppen bereits eingezeichnet sind, auch dadurch, dass der Baukörper in einer Reihe verläuft, im anderen Fall jedoch hier Rücksprünge in der Fassade vorhanden sind, weshalb die Treppe nicht so ins Auge fällt.

Seitens der beklagten Partei wurde von Anfang an vermutet, dass das an das klägerische Objekt anreihende Reihenhaus eher als Wohnungen verkaufbar sein würde, weil ansonsten der Finanzbedarf für einen Reihenhauserwerber zu hoch sein würde. Man wusste jedoch lange nicht, wie sich das Ganze tatsächlich gestalten und verkaufen lassen würde. Während der Kaufvertragsverhandlungen wurde grundsätzlich über die Möglichkeit gesprochen, dass das anrainende Objekt nicht als Reihenhaus, sondern in zwei Wohnungen aufgeteilt verkauft werden würde. Dem Geschäftsführer der beklagten Partei, der diese Möglichkeit auch schon mit der Baubehörde abgesprochen hatte, war klar, dass in einem derartigen Fall hier eine Außenstiege errichtet werden müsste. Dies war jedoch dem Kläger und seiner Familie nicht bewusst. Ausdrücklich darüber gesprochen wurde nicht. Der Kläger und seine Gattin wussten zwar von der Möglichkeit, dass hier eine Aufteilung in Wohnungen erfolgen würde, leiteten jedoch aus dieser Tatsache nicht ab, dass eine Außenstiege an ihrer Grundgrenze errichtet werden würde. Sie wurden auch niemals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dies der Fall sein könnte. Die beklagte Partei hatte im Hinblick auf die noch unklare Verkaufssituation offengelassen, ob hier ein Verkauf eines Gesamtreihenhauses oder von geteilten Wohnungen erfolgen würde. Mit der Gemeinde war vereinbart, dass eine Austauschplanung hinsichtlich Wohnungen genehmigt werden würde. Auch die baulichen Voraussetzungen der Unterteilungen waren insofern geschaffen worden, als die statischen Ansatzvorrichtungen für die Errichtung einer Außentreppe anlässlich des Rohbaues bereits mitgefertigt wurden. Die Außenstiege wurde allerdings zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt, jedenfalls aber nach Vertragsunterzeichnung, errichtet. Als der Kläger bemerkte, dass eine Außentreppe errichtet wird, bemängelte er dies sofort; es gab auch diesbezüglich Auseinandersetzungen mit dem Geschäftsführer der beklagten Partei, wobei beide Teile ursprünglich versuchten, eine einvernehmliche, ästhetisch tragbare Lösung zu finden.

Die Außenstiege ist relativ massiv ausgebildet. Von ihr hat man Sicht in den Garten, in den Terrassenbereich, in den Wohnbereich und in das Schlafzimmer des Klägers. Der Kläger und seine Familie fühlten sich dadurch massiv beeinträchtigt. So kommt es beispielsweise dazu, dass es dann, wenn die Gattin des Klägers krank ist und tagsüber beispielsweise im Schlafzimmer im Bett liegt, notwendig ist, dass sie einen Sichtschutz in Form von Vorhängen oder Jalousien benützt.

Der Kläger brachte vor, ein Preisminderungsanspruch von S 180.000 sei gegeben, weil aus den ihm bei Vertragsabschluss übergebenen Bauunterlagen und Plänen ersichtlich gewesen sei, es werde sich um ein Reihenhaus in einer Reihe gleichartiger Häuser handeln. Erst später habe er feststellen müssen, dass das angrenzende Reihenhaus umgeplant und zwei Wohnungen errichtet worden seien, wobei die im ersten Stock gelegene Wohnung durch eine Treppe direkt an der Grundstücksgrenze zum Objekt des Klägers mit ihrem Garten verbunden worden sei. Die Benutzbarkeit von Garten, Terrasse und Wohnräumlichkeiten sei nur noch eingeschränkt und beeinträchtigt möglich, weil von dieser Stiege aus uneingeschränkte Einsicht in diese Bereiche vorhanden sei.

Neben der Forderung auf Preisminderung in Höhe von S 180.000 begehrte der Kläger als Deckungskapital für die Behebung weiterer Schäden S 80.000 und erhob ein Begehren auf Feststellung der Haftung der beklagten Partei für alle Folgeschäden aus dem Eintritt von Feuchtigkeit im Kellerbereich.

Das Erstgericht gab der Klage teilweise mit dem Begehren auf Zahlung von S 240.896 sA statt, wovon S 170.000 auf den Preisminderungsanspruch entfallen, und wies die Mehrbegehren auf Zahlung von S 19.104 sA, auf Zahlung weiterer Zinsen und auf Feststellung ab. Im klagsabweisenden Teil ist das Ersturteil unangefochten in Rechtskraft erwachsen. Zum Preisminderungsanspruch führte das Erstgericht aus, der Wert des Objektes sei um ca 5 % gegenüber einem Objekt, das keine derartige benachbarte Stiege aufweist, gemindert, weshalb ein Preisminderungsanspruch von S 170.000 gerechtfertigt sei.

Das Berufungsgericht änderte infolge Berufung der beklagten Partei das Ersturteil dahin ab, dass es die beklagte Partei unter Abweisung des Mehrbegehrens zur Zahlung von S 221.954 sA verpflichtete. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zu der hier maßgeblichen Frage, ob die nach einem Verkaufsprospekt nicht zu erwartende starke Einsehbarkeit des Wohnbereiches vom benachbarten Reihenhaus einen Mangel darstellen kann und inwiefern ein Käufer über diesen Umstand aufgeklärt werden muss, eine Judikatur des Obersten Gerichtshofes - soweit für das Berufungsgericht überschaubar - fehle.

Soweit dies für das Revisionsverfahren von Bedeutung ist, führte das Berufungsgericht in rechtlicher Hinsicht aus, die Angaben in dem dem Kaufvertrag zugrundeliegenden Werbeprospekt seien als zugesicherte Eigenschaften der Wohnanlage zu beurteilen. Der Prospekt enthalte aber keinen Hinweis darauf, dass auch dort Treppen in den Garten vorgesehen sind, wo die Häuserfront nicht zurückversetzt ist. Der Kläger habe daher davon ausgehen können, dass zumindest im Bereich der unmittelbaren Nachbarschaft, wo keine zurückgesetzten Fronten vorhanden waren, keine Treppen errichtet werden und daher auch keine Einsicht vom Nachbargrundstück in seinen Wohnbereich zu befürchten ist. Für das Fehlen dieser Eigenschaft habe die beklagte Partei gemäß § 922 ABGB Gewähr zu leisten. Der Kläger habe gemäß § 932 Abs 1 ABGB einen Preisminderungsanspruch in der vom Erstgericht festgestellten Höhe. Derselbe Anspruch stehe dem Kläger aber auch aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes zu, der mit jenem der Gewährleitung konkurriere. Die Errichtung der Gartentreppe widerspreche den Angaben im Prospekt, weshalb die beklagte Partei als Verkäuferin hinsichtlich ihrer allfälligen Absicht, dennoch eine Treppe zu errichten, eine besondere Aufklärungspflicht getroffen habe. Für den durch die Verletzung dieser Aufklärungspflicht entstandenen Schaden habe die beklagte Partei einzustehen. Zu Recht habe das Erstgericht demnach die beklagte Partei zum Ersatz jenes Betrages verpflichtet, um welchen das Haus des Klägers durch die vom Prospekt abweichende bauliche Gestaltung des unmittelbar an die Liegenschaft des Klägers angrenzenden Bereiches an Wert verloren habe.Soweit dies für das Revisionsverfahren von Bedeutung ist, führte das Berufungsgericht in rechtlicher Hinsicht aus, die Angaben in dem dem Kaufvertrag zugrundeliegenden Werbeprospekt seien als zugesicherte Eigenschaften der Wohnanlage zu beurteilen. Der Prospekt enthalte aber keinen Hinweis darauf, dass auch dort Treppen in den Garten vorgesehen sind, wo die Häuserfront nicht zurückversetzt ist. Der Kläger habe daher davon ausgehen können, dass zumindest im Bereich der unmittelbaren Nachbarschaft, wo keine zurückgesetzten Fronten vorhanden waren, keine Treppen errichtet werden und daher auch keine Einsicht vom Nachbargrundstück in seinen Wohnbereich zu befürchten ist. Für das Fehlen dieser Eigenschaft habe die beklagte Partei gemäß Paragraph 922, ABGB Gewähr zu leisten. Der Kläger habe gemäß Paragraph 932, Absatz eins, ABGB einen Preisminderungsanspruch in der vom Erstgericht festgestellten Höhe. Derselbe Anspruch stehe dem Kläger aber auch aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes zu, der mit jenem der Gewährleitung konkurriere. Die Errichtung der Gartentreppe widerspreche den Angaben im Prospekt, weshalb die beklagte Partei als Verkäuferin hinsichtlich ihrer allfälligen Absicht, dennoch eine Treppe zu errichten, eine besondere Aufklärungspflicht getroffen habe. Für den durch die Verletzung dieser Aufklärungspflicht entstandenen Schaden habe die beklagte Partei einzustehen. Zu Recht habe das Erstgericht demnach die beklagte Partei zum Ersatz jenes Betrages verpflichtet, um welchen das Haus des Klägers durch die vom Prospekt abweichende bauliche Gestaltung des unmittelbar an die Liegenschaft des Klägers angrenzenden Bereiches an Wert verloren habe.

Die beklagte Partei ficht dieses Urteil nur an, soweit damit dem Kläger ein Betrag von S 170.000 sA als Preisminderungsanspruch zuerkannt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Partei ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes, an den der Oberste Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht gebunden ist, mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.Die Revision der beklagten Partei ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes, an den der Oberste Gerichtshof gemäß Paragraph 508 a, Absatz eins, ZPO nicht gebunden ist, mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht zulässig.

Das Berufungsgericht folgte mit der rechtlichen Beurteilung, die Angaben in dem dem Kaufvertrag zugrundeliegenden Werbeprospekt seien als zugesicherte Eigenschaften im Sinn des § 922 ABGB zu beurteilen, für deren Fehlen die beklagte Partei Gewähr zu leisten habe (Preisminderung gemäß § 932 ABGB), den Grundsätzen der ständigen Rechtsprechung (Reischauer in Rummel, ABGB3 Rz 5 zu §§ 922, 923 mit Darstellung der Rsp). Eine Beschränkung auf den Zustand des vom Kläger erworbenen Reihenhauses selbst hat dabei nicht zu erfolgen; dass auch für die Wohnqualität aufgrund der Gestaltung der gesamten Anlage Gewähr zu leisten ist, hat der Oberste Gerichtshof bereits in der (auch in der Revision zitierten) Entscheidung MietSlg 35.105/31 erkannt (ebenso SZ 68/34 = WoBl 1995/104 [abl Call], wo ebenfalls von dem grundsätzlichen Einstehenmüssen für derartige Umstände ausgegangen wurde, wobei jedoch das Vorliegen eines Mangels bei der Errichtung einer Arztpraxis in einer benachbarten Wohnung verneint wurde, was von Call in der Entscheidungsglosse und von Reischauer aaO kritisiert wird).Das Berufungsgericht folgte mit der rechtlichen Beurteilung, die Angaben in dem dem Kaufvertrag zugrundeliegenden Werbeprospekt seien als zugesicherte Eigenschaften im Sinn des Paragraph 922, ABGB zu beurteilen, für deren Fehlen die beklagte Partei Gewähr zu leisten habe (Preisminderung gemäß Paragraph 932, ABGB), den Grundsätzen der ständigen Rechtsprechung (Reischauer in Rummel, ABGB3 Rz 5 zu Paragraphen 922,, 923 mit Darstellung der Rsp). Eine Beschränkung auf den Zustand des vom Kläger erworbenen Reihenhauses selbst hat dabei nicht zu erfolgen; dass auch für die Wohnqualität aufgrund der Gestaltung der gesamten Anlage Gewähr zu leisten ist, hat der Oberste Gerichtshof bereits in der (auch in der Revision zitierten) Entscheidung MietSlg 35.105/31 erkannt (ebenso SZ 68/34 = WoBl 1995/104 [abl Call], wo ebenfalls von dem grundsätzlichen Einstehenmüssen für derartige Umstände ausgegangen wurde, wobei jedoch das Vorliegen eines Mangels bei der Errichtung einer Arztpraxis in einer benachbarten Wohnung verneint wurde, was von Call in der Entscheidungsglosse und von Reischauer aaO kritisiert wird).

Die Beurteilung, ob im Einzelfall ein Mangel vorliegt und welche Preisminderung hiefür gerechtfertigt ist, stellt keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dar. Ausgehend von den Tatsachenfeststellungen ist dem Berufungsgericht, das das Vorliegen eines Mangels bejaht hat, auch keine auffallende Fehlbeurteilung im Einzelfall vorzuwerfen.

Der beklagten Partei konnten für die Revisionsbeantwortung keine Kosten zugesprochen werden, weil sie auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat (§§ 41, 50 ZPO).Der beklagten Partei konnten für die Revisionsbeantwortung keine Kosten zugesprochen werden, weil sie auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat (Paragraphen 41,, 50 ZPO).

Anmerkung

E60905 03A00950

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2001:0030OB00095.00T.0226.000

Dokumentnummer

JJT_20010226_OGH0002_0030OB00095_00T0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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