TE Vwgh Beschluss 2007/1/26 AW 2006/06/0070

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Veröffentlicht am 26.01.2007
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
20/05 Wohnrecht Mietrecht;

Norm

ABGB §1323 Abs1;
MRG §30 Abs2 Z15;
VwGG §30 Abs2 idF 1976/316;
VwGG §30 Abs2 idF 1984/298;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des Ing. P, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 29. Juni 2006, Zl. MA 16 - 31/Mi/2006, betreffend Interessensbescheid gemäß § 30 Abs. 2 Z. 15 Mietrechtsgesetz (mitbeteiligte Partei: C AG, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt), erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Mieter eines Geschäftslokales in einem Haus im 3. Wiener Gemeindebezirk und bekämpft einen über Antrag der Mitbeteiligten (die die Durchfahrt des an der Straße gelegenen Gebäudes erweitern und im Hof ein Gebäude mit 26 Wohnungen errichten möchte) erlassenen sog. "Interessensbescheid" gemäß § 30 Abs. 2 Z. 15 MRG. Er beantragt, seiner zur Zl. 2006/06/0232 protokollierten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Die belangte Behörde hat dazu vorgetragen, dass kein zwingendes Erfordernis einer sofortigen Vollstreckung des angefochtenen Bescheides bestehe. Die Mitbeteiligte führte zum Antrag aus, dass dem Beschwerdeführer - selbst wenn er im Zeitpunkt eines aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes das Bestandsobjekt im Hinblick auf eine bereits rechtskräftig ergangene Entscheidung im Kündigungsverfahren schon geräumt hätte - kein unwiederbringlicher Nachteil entstünde. Der Beschwerdeführer könnte einen allfälligen Schaden mit einer Schadensersatzklage liquidieren und gestützt auf § 1323 Abs. 1 ABGB könnte er die Wieder-Zur-Verfügung-Stellung des Bestandsobjektes erreichen, sofern dies zu diesem Zeitpunkt noch möglich sei. Im Übrigen sei der Antrag verspätet.

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem zwingende öffentliche Interessen nicht entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Bescheides für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Zwar wäre das Bestandobjekt des Beschwerdeführers nicht "ersatzlos aufzugeben", weil ein entsprechender Ersatz anzubieten ist (vgl. den von der belangten Behörde genannten hg. Beschluss vom 13. August 1997, Zl. AW 97/06/0026, wonach deshalb der Einwand der damaligen Beschwerdeführer, ihnen drohe die Obdachlosigkeit, unzutreffend sei). Allerdings ist zu bedenken, dass der angefochtene Bescheid die Grundlage für das gerichtliche Verfahren darstellt, somit - auch dann, wenn die aufschiebende Wirkung nicht gewährt wird - allein durch den Umstand, dass das Beschwerdeverfahren anhängig ist, ein gewisser faktischer Schwebezustand eintritt, wobei der Verwaltungsgerichtshof davon ausgeht, dass ein Erfolg der Beschwerde gleichsam den "Zusammenbruch" des gerichtlichen Verfahrens zur Folge hätte (vgl. den hg. Beschluss vom 20. September 2004, Zl. AW 2004/06/0032-7). Die Möglichkeit des Beschwerdeführers, die Wieder-Zur-Verfügung-Stellung des Objektes über eine Klage gemäß § 1323 Abs. 1 ABGB zu erreichen, setzt voraus, worauf die Mitbeteiligte selbst verweist, dass dies im Zeitpunkt der Zustellung des allenfalls aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes noch möglich ist, d.h. dass die geplanten Änderungen noch nicht durchgeführt wurden. Wird im vorliegenden Fall keine aufschiebende Wirkung gewährt, so droht dem Beschwerdeführer, um den allfälligen Erfolg seiner Beschwerde, mit der er anstrebt, die maßgebliche Grundlage für ein mietrechtliches Kündigungsverfahren zu beseitigen, allenfalls gebracht zu werden. Die im § 30 Abs. 2 VwGG i. d.F. BGBl. Nr. 316/1976 enthalten gewesene Regelung, dass der Antrag auf aufschiebende Wirkung gleichzeitig mit der Beschwerde einzubringen ist (was der Verwaltungsgerichtshof bereits aus der Bestimmung in der Stammfassung abgeleitet hat), hob der Verfassungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 4. Oktober 1979, VfSlg. 8635, als verfassungswidrig auf. § 30 VwGG in der anzuwendenden Fassung (zuletzt geändert mit BGBl. Nr. 298/1984) enthält keine derartige Regelung mehr. Der Antrag auf aufschiebende Wirkung ist daher nicht an die Beschwerdefrist gebunden (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 1987, S 39, FN 4 zu § 30 VwGG).

Vor diesem Hintergrund war dem Antrag daher stattzugeben.

Wien, am 26. Jänner 2007

Schlagworte

Entscheidung über den AnspruchAnspruch auf Zuerkennung Rechtzeitigkeit VfGHBegriff der aufschiebenden WirkungBesondere Rechtsgebiete Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:AW2006060070.A00

Im RIS seit

13.04.2007

Zuletzt aktualisiert am

09.09.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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