TE OGH 2002/10/10 36R321/02b

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Veröffentlicht am 10.10.2002
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Kopf

Das Landesgericht St. Pölten hat durch die Richter des Landesgerichtes Dr. Schramm (Vorsitzender), Dr. Steger und Dr. Brenner (Mitglieder) in der Rechtssache der klagenden Partei YVES R*****GmbH, Naturkosmetik, *****, 5020 Salzburg, vertreten durch Dr. Gerhard Lebitsch, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Marion G*****, Angestellte, *****, 3263 Randegg, wegen € 26,63 s.A., über den Rekurs der klagenden Partei (Rekursinteresse an Nebengebühren € 30,13 s.A.) gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Scheibbs vom 9.9.2002, 2 C 1345/02k-2, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird   F o l g e   gegeben.

Der erstgerichtliche Beschluss, der in seinem klagsstattgebenden Teil

(Zahlungsbefehl) mangels Anfechtung unberührt bleibt, wird im übrigen

(Klagszurückweisung)  a u f g e h o b e n  und dem Erstgericht

insoweit die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über den

zurückgewiesenen Teil des Klagsanspruches unter Abstandnahme vom

gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Der Revisionsrekurs ist   j e d e n f a l l s u n z u l ä s s i g  .

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrte in ihrer Mahnklage vom 5.9.2002 einen Betrag von € 26,63 s.A. aus dem Titel Lieferung/Kaufpreis (Code 01, Beleg Nr. 712984251 vom 7.3.2001) sowie eine Nebenforderung von € 30,13 s. A. aus dem Titel "sonstiger Anspruch/Inkassospesen". Die klagende Partei bringt dazu weiters vor, die geltend gemachten Inkassospesen seien tatsächlich angefallen und entsprächen § 3 der Verordnung über die Inkassogebühren BGBl 141/1996; zwischen den nunmehrigen Streitteilen seien die geltend gemachten Inkassogebühren gemäß der angeführten Verordnung, begrenzt auf drei Interventionen, ausdrücklich vereinbart worden. Diese Vereinbarung sei in den allgemeinen Geschäftsbedingungen (Katalogen) der klagenden Partei enthalten und sei von der beklagten Partei auch akzeptiert worden. Der Klagevertreter erkläre unter Berufung auf sein Gelöbnis, dass sich die Höhe der geltend gemachten Inkassospesen aus dem ihm vorliegenden Leistungsnachweis ergebe und lediglich die gesetzlich zulässigen Kosten für drei Mahnungen seitens des zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigerweise eingeschalteten Inkassobüros verzeichnet worden seien.Die Klägerin begehrte in ihrer Mahnklage vom 5.9.2002 einen Betrag von € 26,63 s.A. aus dem Titel Lieferung/Kaufpreis (Code 01, Beleg Nr. 712984251 vom 7.3.2001) sowie eine Nebenforderung von € 30,13 s. A. aus dem Titel "sonstiger Anspruch/Inkassospesen". Die klagende Partei bringt dazu weiters vor, die geltend gemachten Inkassospesen seien tatsächlich angefallen und entsprächen Paragraph 3, der Verordnung über die Inkassogebühren BGBl 141/1996; zwischen den nunmehrigen Streitteilen seien die geltend gemachten Inkassogebühren gemäß der angeführten Verordnung, begrenzt auf drei Interventionen, ausdrücklich vereinbart worden. Diese Vereinbarung sei in den allgemeinen Geschäftsbedingungen (Katalogen) der klagenden Partei enthalten und sei von der beklagten Partei auch akzeptiert worden. Der Klagevertreter erkläre unter Berufung auf sein Gelöbnis, dass sich die Höhe der geltend gemachten Inkassospesen aus dem ihm vorliegenden Leistungsnachweis ergebe und lediglich die gesetzlich zulässigen Kosten für drei Mahnungen seitens des zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigerweise eingeschalteten Inkassobüros verzeichnet worden seien.

Das Erstgericht erließ den Zahlungsbefehl über den Betrag von € 26,63 s. A. antragsgemäß, wies hingegen das Klagebegehren hinsichtlich der Inkassokostenforderung von € 30,13 (ohne Zinsen) mit der Begründung zurück, gemäß § 1333 Abs 3 ABGB könne der Gläubiger außer den gesetzlichen Zinsen vom Schuldner verschuldete und ihm erwachsene Schäden nur dann geltend machen, soweit diese in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stünden. Dies sei hier nicht der Fall, die Mahnkosten der Klägerin seien darüber hinaus bereits im Einheitssatz abgegolten.Das Erstgericht erließ den Zahlungsbefehl über den Betrag von € 26,63 s. A. antragsgemäß, wies hingegen das Klagebegehren hinsichtlich der Inkassokostenforderung von € 30,13 (ohne Zinsen) mit der Begründung zurück, gemäß Paragraph 1333, Absatz 3, ABGB könne der Gläubiger außer den gesetzlichen Zinsen vom Schuldner verschuldete und ihm erwachsene Schäden nur dann geltend machen, soweit diese in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stünden. Dies sei hier nicht der Fall, die Mahnkosten der Klägerin seien darüber hinaus bereits im Einheitssatz abgegolten.

Gegen die Klagszurückweisung richtet sich der rechtzeitige Rekurs der Klägerin. Geltend gemacht wird der Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Die Rekurswerberin beantragt die Aufhebung der Klagszurückweisung und die Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses dahingehend, dass der Klage vollinhaltlich stattgegeben werde.

Dem Rekurs kommt Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Das Erstgericht hat bei seiner Entscheidung bereits die Bestimmung des § 1333 ABGB idF des Zinsenrechts-Änderungsgesetzes-ZinsRÄG,BGBl I 2002/118, angewandt. Gemäß § 1333 Abs 3 ABGB kann der Gläubiger außer den gesetzlichen Zinsen auch den Ersatz anderer, vom Schuldner verschuldeter und ihm erwachsener Schäden geltend machen, insbesondere die notwendigen Kosten zweckentsprechender außergerichtlicher Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen, soweit diese in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen.Das Erstgericht hat bei seiner Entscheidung bereits die Bestimmung des Paragraph 1333, ABGB in der Fassung des Zinsenrechts-Änderungsgesetzes-ZinsRÄG,BGBl römisch eins 2002/118, angewandt. Gemäß Paragraph 1333, Absatz 3, ABGB kann der Gläubiger außer den gesetzlichen Zinsen auch den Ersatz anderer, vom Schuldner verschuldeter und ihm erwachsener Schäden geltend machen, insbesondere die notwendigen Kosten zweckentsprechender außergerichtlicher Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen, soweit diese in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen.

Aus den erläuternden Bemerkungen des ZinsRÄG (1167 Blg NR 21. GP, 12/13) ergibt sich die Absicht des Gesetzgebers, hinsichtlich der Frage der Ersatzfähigkeit von Inkassokosten von einem materiell-rechtlichen und nicht, wie bisher von der überwiegenden Rechtsprechung vertreten, von einem prozessualen Ansatz auszugehen. Aus diesem Grund wurde die Bestimmung im Schadenersatzrecht und nicht etwa im Kostenersatzrecht der ZPO angesiedelt. Den Ausschlag dafür gab die Überlegung, dass "vorprozessuale Kosten" solche Aufwendungen sind, die der spätere Kläger tatsächlich zur Vorbereitung eines in Aussicht stehenden Prozesses aufgewendet hat. Bei außergerichtlichen Betreibungs- und Einbringungsmaßnahmen komme es dem Gläubiger hingegen nicht auf eine aktuelle Prozessvorbereitung an, vielmehr möchte er seine Forderung auch außergerichtlich realisieren, also einen Prozess gerade vermeiden. Der Betreibungsaufwand sei daher ein Schaden, den der Schuldner durch seine Säumigkeit dem Gläubiger schuldhaft zugefügt habe. Die Inkassokosten könnten aber als "Nebenforderungen" dem gerichtlichen Streitwert nicht hinzugerechnet werden (unter Berufung auf § 54 Abs 2 JN).Aus den erläuternden Bemerkungen des ZinsRÄG (1167 Blg NR 21. GP, 12/13) ergibt sich die Absicht des Gesetzgebers, hinsichtlich der Frage der Ersatzfähigkeit von Inkassokosten von einem materiell-rechtlichen und nicht, wie bisher von der überwiegenden Rechtsprechung vertreten, von einem prozessualen Ansatz auszugehen. Aus diesem Grund wurde die Bestimmung im Schadenersatzrecht und nicht etwa im Kostenersatzrecht der ZPO angesiedelt. Den Ausschlag dafür gab die Überlegung, dass "vorprozessuale Kosten" solche Aufwendungen sind, die der spätere Kläger tatsächlich zur Vorbereitung eines in Aussicht stehenden Prozesses aufgewendet hat. Bei außergerichtlichen Betreibungs- und Einbringungsmaßnahmen komme es dem Gläubiger hingegen nicht auf eine aktuelle Prozessvorbereitung an, vielmehr möchte er seine Forderung auch außergerichtlich realisieren, also einen Prozess gerade vermeiden. Der Betreibungsaufwand sei daher ein Schaden, den der Schuldner durch seine Säumigkeit dem Gläubiger schuldhaft zugefügt habe. Die Inkassokosten könnten aber als "Nebenforderungen" dem gerichtlichen Streitwert nicht hinzugerechnet werden (unter Berufung auf Paragraph 54, Absatz 2, JN).

Das Erstgericht hat die Bestimmung des § 1333 Abs 3 ABGB offenbar so verstanden, dass die Inkassospesen nur insoweit einen materiell-rechtlichen Schadenersatzanspruch darstellen, als sie in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen, und hat im vorliegenden Fall diese Angemessenheit (gänzlich) im Hinblick darauf verneint, dass die Inkassospesen den geltend gemachten Hauptanspruch übersteigen.Das Erstgericht hat die Bestimmung des Paragraph 1333, Absatz 3, ABGB offenbar so verstanden, dass die Inkassospesen nur insoweit einen materiell-rechtlichen Schadenersatzanspruch darstellen, als sie in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen, und hat im vorliegenden Fall diese Angemessenheit (gänzlich) im Hinblick darauf verneint, dass die Inkassospesen den geltend gemachten Hauptanspruch übersteigen.

Dieser Auffassung kann sich das Rekursgericht jedoch nicht anschließen. Es kann nicht von der Angemessenheit der Forderung abhängen, ob es sich dabei um einen materiell-rechtlichen Schadenersatzanspruch oder um einen prozessualen Kostenersatzanspruch handelt. Die Frage der Angemessenheit selbst ist ausschließlich eine solche der materiell-rechtlichen Beurteilung (vgl. hg. 36 R 287/02b). Dies ergibt sich schon daraus, dass im Schadenersatzrecht auch in anderen Bestimmungen der Begriff der Angemessenheit verwendet wird. Gemäß § 1325 ABGB besteht etwa Anspruch auf ein den Umständen angemessenes Schmerzengeld. Auch hier ist die Frage der Angemessenheit lediglich eine solche der materiell-rechtlichen Prüfung, es ginge nicht an, etwa eine überhöhte Schmerzengeldforderung zurückzuweisen, weil der nicht mehr angemessene Teil im materiellen Recht keine Deckung finde. Abgesehen davon, ob die Angemessenheit der betriebenen Inkassospesen gegeben erscheint (die zitierten erläuternden Bemerkungen führen auf Seite 13 Mitte aus, dass für den Zuspruch von Inkassoforderungen, die an die betriebene Forderung heranreichen oder diese übersteigen, der vorgeschlagene § 1333 Abs 3 ABGB insbesondere bei höheren Forderungen im Allgemeinen keine Grundlage biete; bei niedrigeren Forderungen erachtet der Gesetzgeber daher offenbar das Erreichen oder Übersteigen der betriebenen Forderung noch nicht als unbedingtes Unangemessenheitskriterium), wird es auf Grund der Ansiedlung der Bestimmung im materiellen Recht künftig primär beim Schuldner liegen, die vom Gläubiger - schlüssig - in Rechnung gestellten Inkassobeträge zu prüfen und, wenn er Bedenken gegen die Höhe oder gegen die Zweckmäßigkeit der einzelnen Inkassoschritte hat, dagegen Einwendungen zu erheben.Dieser Auffassung kann sich das Rekursgericht jedoch nicht anschließen. Es kann nicht von der Angemessenheit der Forderung abhängen, ob es sich dabei um einen materiell-rechtlichen Schadenersatzanspruch oder um einen prozessualen Kostenersatzanspruch handelt. Die Frage der Angemessenheit selbst ist ausschließlich eine solche der materiell-rechtlichen Beurteilung vergleiche hg. 36 R 287/02b). Dies ergibt sich schon daraus, dass im Schadenersatzrecht auch in anderen Bestimmungen der Begriff der Angemessenheit verwendet wird. Gemäß Paragraph 1325, ABGB besteht etwa Anspruch auf ein den Umständen angemessenes Schmerzengeld. Auch hier ist die Frage der Angemessenheit lediglich eine solche der materiell-rechtlichen Prüfung, es ginge nicht an, etwa eine überhöhte Schmerzengeldforderung zurückzuweisen, weil der nicht mehr angemessene Teil im materiellen Recht keine Deckung finde. Abgesehen davon, ob die Angemessenheit der betriebenen Inkassospesen gegeben erscheint (die zitierten erläuternden Bemerkungen führen auf Seite 13 Mitte aus, dass für den Zuspruch von Inkassoforderungen, die an die betriebene Forderung heranreichen oder diese übersteigen, der vorgeschlagene Paragraph 1333, Absatz 3, ABGB insbesondere bei höheren Forderungen im Allgemeinen keine Grundlage biete; bei niedrigeren Forderungen erachtet der Gesetzgeber daher offenbar das Erreichen oder Übersteigen der betriebenen Forderung noch nicht als unbedingtes Unangemessenheitskriterium), wird es auf Grund der Ansiedlung der Bestimmung im materiellen Recht künftig primär beim Schuldner liegen, die vom Gläubiger - schlüssig - in Rechnung gestellten Inkassobeträge zu prüfen und, wenn er Bedenken gegen die Höhe oder gegen die Zweckmäßigkeit der einzelnen Inkassoschritte hat, dagegen Einwendungen zu erheben.

Sollte das Erstgericht meinen, die geltend gemachte Nebenforderung sei nicht ausreichend schlüssig gestellt, so kommt ein Vorgehen gemäß § 448 a Abs 2 und 3 ZPO in Betracht; eine Zurückweisung eines Teils der Klage wäre jedoch nur dann zulässig, wenn den ergehenden Aufträgen im Rahmen des § 448 a ZPO nicht entsprochen wird, nicht aber bereits a limine. Außerhalb des Anwendungsbereiches des § 448 a ZPO müsste im Fall endgültig nicht ausreichender Schlüssigkeit allerdings jedenfalls eine Sachentscheidung ergehen (hg 36 R 288/02z, 36 R 316/02t, 36 R 320/02f).Sollte das Erstgericht meinen, die geltend gemachte Nebenforderung sei nicht ausreichend schlüssig gestellt, so kommt ein Vorgehen gemäß Paragraph 448, a Absatz 2 und 3 ZPO in Betracht; eine Zurückweisung eines Teils der Klage wäre jedoch nur dann zulässig, wenn den ergehenden Aufträgen im Rahmen des Paragraph 448, a ZPO nicht entsprochen wird, nicht aber bereits a limine. Außerhalb des Anwendungsbereiches des Paragraph 448, a ZPO müsste im Fall endgültig nicht ausreichender Schlüssigkeit allerdings jedenfalls eine Sachentscheidung ergehen (hg 36 R 288/02z, 36 R 316/02t, 36 R 320/02f).

Dem Rekurs war daher Folge zu geben, der angefochtene Beschluss hinsichtlich der Klagszurückweisung aufzuheben und dem Erstgericht die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens über die Klage aufzutragen.

Kosten des Rekursverfahrens wurden nicht verzeichnet. Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 1 ZPO jedenfalls unzulässig.Kosten des Rekursverfahrens wurden nicht verzeichnet. Der Revisionsrekurs ist gemäß Paragraph 528, Absatz 2, Ziffer eins, ZPO jedenfalls unzulässig.

Landesgericht St. Pölten

3100 St. Pölten, Schießstattring 6

Anmerkung

ESP00023 36R321.02b

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00199:2002:03600R00321.02B.1010.000

Dokumentnummer

JJT_20021010_LG00199_03600R00321_02B0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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