TE OGH 2002/9/19 36R287/02b

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Veröffentlicht am 19.09.2002
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Das Landesgericht St. Pölten hat durch die Richter des Landesgerichtes Dr. Schramm (Vorsitzender), Dr. Hintermeier und Dr. Steger (Mitglieder) in der Rechtssache der klagenden Partei O***** V***** GesmbH., ***** Graz, *****, vertreten durch Dr. Karl Grigkar, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Elisabeth H*****, Arbeitnehmerin, ***** Opponitz, *****, wegen € 129,74 s.A., über den Rekurs der klagenden Partei (Rekursinteresse an Nebengebühren € 246,63) gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Waidhofen/Ybbs vom 5.8.2002, 2 C 755/02w-2, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird F o l g e gegeben.

Der erstgerichtliche Beschluss, der in seinem klagsstattgebenden Teil (Zahlungsbefehl) mangels Anfechtung unberührt bleibt, wird im übrigen (Klagszurückweisung) aufgehoben und dem Erstgericht insoweit die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über den zurückgewiesenen Teil des Klagsanspruches unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten erster Instanz.

Der Revisionsrekurs ist j e d e n f a l l s u n z u l ä s s i g .

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrte in ihrer Mahnklage vom 2.8.2002 einen Betrag von € 129,74 s.A. aus dem Titel Lieferung/Kaufpreis (Code 01, Rechnung vom 29.6.2001) sowie eine Nebenforderung von € 246,63, welche sich in Kosten des Inkassoinstitutes von € 195,54 und in Mahnkosten "des Klägers" von € 51,09 (Code jeweils 12A) aufgliedert. Hinsichtlich der verzeichneten Inkassospesen bestehe mit der Schuldnerin die Vereinbarung, dass die aufgelaufenen Inkassokosten zu bezahlen seien; diese würden zusätzlich aus dem Titel des Schadenersatzes geltend gemacht. Letztlich enthält das Klagsvorbringen noch eine Aufschlüsselung der Inkassospesen gemäß § 448a ZPO.Die Klägerin begehrte in ihrer Mahnklage vom 2.8.2002 einen Betrag von € 129,74 s.A. aus dem Titel Lieferung/Kaufpreis (Code 01, Rechnung vom 29.6.2001) sowie eine Nebenforderung von € 246,63, welche sich in Kosten des Inkassoinstitutes von € 195,54 und in Mahnkosten "des Klägers" von € 51,09 (Code jeweils 12A) aufgliedert. Hinsichtlich der verzeichneten Inkassospesen bestehe mit der Schuldnerin die Vereinbarung, dass die aufgelaufenen Inkassokosten zu bezahlen seien; diese würden zusätzlich aus dem Titel des Schadenersatzes geltend gemacht. Letztlich enthält das Klagsvorbringen noch eine Aufschlüsselung der Inkassospesen gemäß Paragraph 448 a, ZPO.

Das Erstgericht erließ den Zahlungsbefehl über € 129,74 s.A. antragsgemäß, wies hingegen das Klagebegehren hinsichtlich der Inkassokostenforderung von € 246,63 s.A. mit der Begründung zurück, vorprozessuale Kosten könnten nicht gesondert mit Klage geltend gemacht werden, diesbezüglich sei der Rechtsweg unzulässig. Gegen die Klagszurückweisung richtet sich der Rekurs der Klägerin, die unter Geltendmachung des Rekursgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung beantragt, den angefochtenen Beschluss-Teil aufzuheben und dem Erstgericht die Fortsetzung des gesetzmäßigen Verfahrens aufzutragen.

Dem Rekurs kommt Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Das Erstgericht hat bei seiner Entscheidung außer Acht gelassen, dass mit 1.8.2002 das Zinsenrechts-Änderungsgesetz - ZinsRÄG, BGBl I 2002/118, in Kraft trat. Nach dessen Art I Z 2 bestimmt jetzt § 1333 Abs 3 ABGB, dass der Gläubiger außer den gesetzlichen Zinsen auch den Ersatz anderer, vom Schuldner verschuldeter und ihm erwachsener Schäden geltend machen kann, insbesondere "die notwendigen Kosten zweckentsprechender außergerichtlicher Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen, soweit diese in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen", dies alles aus dem Titel des Schadenersatzes. Somit wird die umstrittene Frage der Ersatzfähigkeit von Inkassospesen nunmehr allgemein gelöst; sie sollen ab 1.8.2002 als Schadenersatzanspruch behandelt werden. Diese Regelung geht, anders als die bisherige überwiegende Rechtsprechung der zweitinstanzlichen Gerichte, von einem materiell-rechtlichen und nicht von einem prozessualen Ansatz aus. Dies ergibt sich einerseits aus den Erläuterungen der Regierungsvorlage und andererseits vor allem daraus, dass der Gesetzgeber die neue Bestimmung nicht etwa im Kostenersatzrecht der ZPO, sondern in den materiell-rechtlichen Schadenersatzbestimmungen des ABGB ansiedelt. Durch diese "Übersiedlung" der Inkassospesen vom formellen ins materielle Recht ist aber auch die bisherige Rechtsprechung zur Frage der Inkassokosten obsolet geworden und steht somit der erstgerichtliche Beschluss mit der geltenden Rechtslage im Widerspruch. Außergerichtliche Mahn- und Inkassokosten sind jetzt vielmehr im ordentlichen Rechtsweg - als Nebenforderungen im Sinne des § 54 Abs 2 JN - geltend zu machen (1167 Blg NR 21. GP, 12/13; ARD 5316/3/2002; hg. 36 R 274/02s). Zutreffend hat die Rekurswerberin in ihrem Rechtsmittel auf diese Änderung der Rechtslage hingewiesen, die hier bereits im Zeitpunkt der Klagseinbringung (2.8.2002) gegeben war. In welchen Zeiträumen die einzelnen Mahn- und Inkassoschritte gesetzt, also die diesbezüglichen Aufwendungen getätigt wurden, bleibt in diesem Zusammenhang irrelevant, weil die Rechtswegzulässigkeit jedenfalls zurückwirkende Anwendung entfaltet (hg. 36 R 274/02s). Die in § 1333 Abs 3 ABGB normierte Beschränkung (Verhältnismäßigkeit) hat ausschließlich materiell-rechtliche Bedeutung (1167 Blg NR 21. GP, 13).Das Erstgericht hat bei seiner Entscheidung außer Acht gelassen, dass mit 1.8.2002 das Zinsenrechts-Änderungsgesetz - ZinsRÄG, BGBl römisch eins 2002/118, in Kraft trat. Nach dessen Art römisch eins Ziffer 2, bestimmt jetzt Paragraph 1333, Absatz 3, ABGB, dass der Gläubiger außer den gesetzlichen Zinsen auch den Ersatz anderer, vom Schuldner verschuldeter und ihm erwachsener Schäden geltend machen kann, insbesondere "die notwendigen Kosten zweckentsprechender außergerichtlicher Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen, soweit diese in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen", dies alles aus dem Titel des Schadenersatzes. Somit wird die umstrittene Frage der Ersatzfähigkeit von Inkassospesen nunmehr allgemein gelöst; sie sollen ab 1.8.2002 als Schadenersatzanspruch behandelt werden. Diese Regelung geht, anders als die bisherige überwiegende Rechtsprechung der zweitinstanzlichen Gerichte, von einem materiell-rechtlichen und nicht von einem prozessualen Ansatz aus. Dies ergibt sich einerseits aus den Erläuterungen der Regierungsvorlage und andererseits vor allem daraus, dass der Gesetzgeber die neue Bestimmung nicht etwa im Kostenersatzrecht der ZPO, sondern in den materiell-rechtlichen Schadenersatzbestimmungen des ABGB ansiedelt. Durch diese "Übersiedlung" der Inkassospesen vom formellen ins materielle Recht ist aber auch die bisherige Rechtsprechung zur Frage der Inkassokosten obsolet geworden und steht somit der erstgerichtliche Beschluss mit der geltenden Rechtslage im Widerspruch. Außergerichtliche Mahn- und Inkassokosten sind jetzt vielmehr im ordentlichen Rechtsweg - als Nebenforderungen im Sinne des Paragraph 54, Absatz 2, JN - geltend zu machen (1167 Blg NR 21. GP, 12/13; ARD 5316/3/2002; hg. 36 R 274/02s). Zutreffend hat die Rekurswerberin in ihrem Rechtsmittel auf diese Änderung der Rechtslage hingewiesen, die hier bereits im Zeitpunkt der Klagseinbringung (2.8.2002) gegeben war. In welchen Zeiträumen die einzelnen Mahn- und Inkassoschritte gesetzt, also die diesbezüglichen Aufwendungen getätigt wurden, bleibt in diesem Zusammenhang irrelevant, weil die Rechtswegzulässigkeit jedenfalls zurückwirkende Anwendung entfaltet (hg. 36 R 274/02s). Die in Paragraph 1333, Absatz 3, ABGB normierte Beschränkung (Verhältnismäßigkeit) hat ausschließlich materiell-rechtliche Bedeutung (1167 Blg NR 21. GP, 13).

Hinsichtlich der Klagszurückweisung war der angefochtene Beschluss daher aufzuheben und dem Erstgericht die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens über die Klage aufzutragen. Weitere Details der neuen gesetzlichen Regelung müssen im derzeitigen Verfahrensstadium noch nicht erörtert werden.

Das Erstgericht wird gemäß § 52 Abs 1 ZPO auch auf die Kosten des Rekursverfahrens Bedacht zu nehmen haben.Das Erstgericht wird gemäß Paragraph 52, Absatz eins, ZPO auch auf die Kosten des Rekursverfahrens Bedacht zu nehmen haben.

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 1 ZPO jedenfallsDer Revisionsrekurs ist gemäß Paragraph 528, Absatz 2, Ziffer eins, ZPO jedenfalls

unzulässig.

Landesgericht St. Pölten

3100 St. Pölten, Schießstattring 6

Anmerkung

ESP00016 36R287.02b

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00199:2002:03600R00287.02B.0919.000

Dokumentnummer

JJT_20020919_LG00199_03600R00287_02B0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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