TE Vwgh Erkenntnis 2007/8/22 2006/01/0610

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Veröffentlicht am 22.08.2007
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §15;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
AVG §62 Abs4;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 lita;
VwGG §58 Abs2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2007/01/0387

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die

1. zur hg. Zl. 2006/01/0610 protokollierte Beschwerde des A S in U, vertreten durch Mag. Markus Heller, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Pfarrplatz 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 21. Juni 2006, Zl. 229.257/0-II/06/02, betreffend Asylgesetz 1997, und

2.  über die zur hg. Zl.  2007/01/0387 protokollierte Beschwerde des Beschwerdeführers zu 1.) gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 4. Dezember 2006, Zl. 235.104/18-II/06/06, betreffend Berichtigung des erstangefochtenen Bescheides

(jeweils weitere Partei: Bundesminister für Inneres),

Spruch

I. zu Recht erkannt:

Der zur hg. Zl. 2006/01/0610 (nur insoweit) erstangefochtene Bescheid wird in seinem ersten Spruchabschnitt (betreffend die gemäß § 7 AsylG erfolgte Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 30. Jänner 2003) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. den Beschluss gefasst:

Die zur hg. Zl.  2007/01/0387 protokollierte Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

Aufwandersatz wird nicht zuerkannt.

Begründung

I.

1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von (nunmehr) Serbien, stammt aus dem Kosovo und gehört der goranischen Volksgruppe an. Er stellte am 10. Dezember 2002 einen Antrag auf Gewährung von Asyl.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 30. Jänner 2003 wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) abgewiesen (Spruchpunkt I.) und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach "Jugoslawien, Provinz Kosovo" gemäß § 8 AsylG für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.).

Mit dem erstangefochtenen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 21. Juni 2006 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid des Bundesasylamtes gemäß § 7 AsylG abgewiesen (erster Spruchabschnitt) und gemäß § 8 AsylG festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien und Montenegro, einschließlich dem Kosovo, nicht zulässig sei und dem Beschwerdeführer gemäß § 15 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung gültig bis 21. Dezember 2006 erteilt (zweiter und dritter Spruchabschnitt).

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur hg. Zl.  2006/01/0610 protokollierte Beschwerde, in der im Wesentlichen vorgebracht wird, der erstangefochtene Bescheid enthalte offensichtlich keine nachvollziehbare Begründung. Die Begründung des erstangefochtenen Bescheides bestehe überwiegend aus Textbausteinen und sei offensichtlich von anderen Verwaltungsakten entnommen.

So stamme offenbar schon der erste Absatz der Begründung aus einem anderen Akt, da es nicht richtig sei, dass der Beschwerdeführer am 4. Juni 2001 die Gewährung von Asyl beantragt habe, auch sei der Beschwerdeführer nicht am 26. Juli 2001 vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen worden, sondern am 23. Dezember 2002. Zudem sei der Asylantrag des Beschwerdeführers nicht mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 3. Juni 2002, sondern vom 30. Jänner 2003 abgewiesen worden. Im zweiten Absatz der Begründung werde der textbausteinartige Aufbau des erstangefochtenen Bescheides offensichtlich, da ganze Absätze zweimal hintereinander angeführt seien und wortwörtlich gleich lauteten. Bei den Ausführungen von Seiten 26 bis 39 tauche plötzlich der Name "F G" auf, welcher nicht der Name des Beschwerdeführers sei. Weiters werde plötzlich davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer zur Volksgruppe der Albaner gehöre, im Dorf Brezna geboren und verheiratet sei und vier Kinder habe. Alle diese Angaben seien jedoch unrichtig. Weiters werde ein Sachverständigengutachten sowie Unterlagen angeführt, die nicht dem Beschwerdeführer, sondern wiederum F G beträfen. Dies zeige, dass die belangte Behörde im erstangefochtenen Bescheid von einem komplett anderen Sachverhalt ausgegangen sei. Die Beweiswürdigung auf Seite 36 des erstangefochtenen Bescheides zeige, dass die belangte Behörde offenbar von einem dritten Verwaltungsakt ausgegangen sei, da von einer Heimatregion des Beschwerdeführers in Bangladesch die Rede und angeführt sei, dass der Beschwerdeführer befürchte im Falle einer Rückkehr nach Bangladesch einer ihm drohenden Gefahr ausgesetzt zu sein.

Dies zeige insgesamt, dass die Begründung im erstangefochtenen Bescheid weder schlüssig noch nachvollziehbar sei und insbesondere nicht dem Beschwerdeführer beträfe.

3. Nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof im Verfahren zu Zl. 2006/01/0610 wurde durch die belangte Behörde der im Verfahren zur Zl.  2007/01/0387 zweitangefochtene Bescheid erlassen, mit dem - wie aus dem Zusammenhang von Spruch und Begründung (gerade noch) erkennbar ist - der erstangefochtene Bescheid gemäß § 62 Abs. 4 AVG berichtigt wurde. Konkret wurde das Datum der erstinstanzlichen Einvernahme des Beschwerdeführers, sein Heimatort, die doppelte Anführung von Absätzen auf Seite 33 des erstangefochtenen Bescheides sowie die Heimatregion des Beschwerdeführers (von Bangladesh auf Serbien, Kosovo) berichtigt.

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur hg. Zl.  2007/01/0387 protokollierte Beschwerde.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat (zu 1. in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat) erwogen:

Zu 1.:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss die Begründung eines Bescheides erkennen lassen, welchen Sachverhalt die Behörde ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt hat, aus welchen Erwägungen sie zur Ansicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einem bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Des Weiteren muss aus der Begründung hervorgehen, ob die Behörde die Grundlage ihrer Entscheidung in einem einwandfreien Verfahren gewonnen hat und ob die von ihr gezogenen Schlüsse den Gesetzen folgerichtigen Denkens entsprechen (vgl. hiezu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I, 2. Auflage 1998, 1044, wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Der Verwaltungsgerichtshof hat seiner Überprüfung den angefochtenen Bescheid in der Fassung, die er durch den Berichtigungsbescheid erhalten hat, zu Grunde zu legen (vgl. hiezu bei Walter/Thienel, aaO, 1141, wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Im Beschwerdefall erweisen sich die in der Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid vorgebrachten Bedenken trotz Zugrundelegung jener Fassung, die er durch den zweitangefochtenen Berichtigungsbescheid erhalten hat, berechtigt, zumal die belangte Behörde mit dem zweitangefochtenen Bescheid nur einen kleinen Teil der oben angeführten offenkundigen Unrichtigkeiten berichtigt hat. Alleine die weiterhin gegebene unrichtige Anführung eines (offenbar) anderen Asylwerbers begründet eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Aktenwidrigkeit, sodass der erstangefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. a VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Zu 2.:

Im Hinblick auf die Aufhebung des mit dem zweitangefochtenen Bescheid berichtigten erstangefochtenen Bescheides ist das Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführerin an der Prüfung des angefochtenen Bescheides weggefallen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es zu einer Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, wenn weder die Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Beschwerde noch für eine Sachentscheidung oder Klaglosstellung in formellen Sinn (nach Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch eine Verwaltungsbehörde oder durch den Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshof) vorliegen (vgl. zu allem den hg. Beschluss vom 27. Mai 2004, 2002/03/0174, mwN).

Die Beschwerde war daher für gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Da die Klärung der Frage, wer als obsiegende Partei anzusehen wäre, im vorliegenden Fall mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre, wird nach § 58 Abs. 2 VwGG kein Kostenersatz zuerkannt.

Wien, am 22. August 2007

Schlagworte

Kein Zuspruch KeinZuspruch von Aufwandersatz gemäß §58 Abs2 VwGG idF BGBl 1997/I/088

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006010610.X00

Im RIS seit

20.09.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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