TE OGH 2007/6/22 1R176/07p

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Veröffentlicht am 22.06.2007
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Spruch

Das Landesgericht Klagenfurt hat als Rekursgericht durch die Richter Dr. Joham (Vorsitz), Dr. Mikulan und Dr. Steflitsch in der Rechtssache der klagenden Partei *****, vertreten durch Dr. Georg Gorton, DDr. Birgit Gorton, Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei *****, vertreten durch Dr. Wilhelm Duregger, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Besitzstörung, über den Rekurs des Beklagten gegen den Endbeschluss des Bezirksgerichtes ***** vom 18. Jänner 2007 (datiert mit 8. Februar 2007), *****, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Text

1.) Die Bezeichnung der klagenden Partei wird von „*****" auf „*****" von Amts wegen berichtigt.

2.) Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte hat der Klägerin die mit € 166,66 (davon € 27,78 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist nach § 528 Abs 2 Z 6 ZPO jedenfallsDer Revisionsrekurs ist nach Paragraph 528, Absatz 2, Ziffer 6, ZPO jedenfalls

unzulässig.

Begründung:

Die Klägerin ist Eigentümerin der Liegenschaft ***** in ***** mit dem darauf befindlichen Wohn- und Geschäftshaus samt den dazu gehörenden Parkplätzen. Am 16. November 2006 stellte der Beklagte um ca. 12.50 Uhr seinen PKW auf dem Grundstück der Klägerin ab.

Mit der am 13. Dezember 2006 beim Erstgericht eingebrachten Besitzstörungsklage begehrt nun die Klägerin die Feststellung, der Beklagte habe sie dadurch, dass er sein Fahrzeug am 16. November 2006 auf dem Privatgrund der Klägerin abgestellt hat oder abstellen hat lassen, im ruhigen Besitz gestört und die Unterlassung weiterer derartiger Störungen.

Der Beklagte wandte im Wesentlichen ein, der Privatgrund der Klägerin sei keinesfalls ausreichend gekennzeichnet gewesen. Er sei daher davon ausgegangen, dass es sich um einen öffentlichen Parkplatz gehandelt habe.

Mit dem angefochtenen Endbeschluss gab die Erstrichterin dem Klagebegehren statt. Aus den auf Seite 3 bis 4 der Beschlussausfertigung (AS 41 bis 42) wiedergegebenen Feststellungen folgerte sie rechtlich, der Beklagte habe unberechtigterweise in den Sachbesitz der Klägerin eingegriffen. Auch der irrtümliche oder ungewollte Eingriff bleibe immer unbefugt, es gebe daher keinen zielführenden Einwand des guten Glaubens.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs des Beklagten mit dem Antrag, sie dahin abzuändern, dass das Klagebegehren abgewiesen werde. In eventu wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt in der erstatteten Berufungsbeantwortung, dem Rechtsmittel keine Folge zu geben.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zu 1.):

Die Entscheidung über die Änderung der Parteibezeichnung der Klägerin beruht auf § 235 Abs 5 ZPO und dem offenen Firmenbuch (FN: 22344i).Die Entscheidung über die Änderung der Parteibezeichnung der Klägerin beruht auf Paragraph 235, Absatz 5, ZPO und dem offenen Firmenbuch (FN: 22344i).

ZU 2.):

Es ist einhellige Auffassung, dass das unberechtigte Abstellen eines Fahrzeuges auf einem fremden Grundstück als Besitzstörung zu qualifizieren ist, unabhängig von der Dauer der Störung oder davon, ob dem rechtmäßigen Besitzer die Ausübung seines Rechtes verhindert oder erschwert wird (ÖJZ 1998, 607 mwN).

Auf das Vorbringen, die Klägerin sei zur gegenständlichen Besitzstörungsklage nicht aktiv legitimiert gewesen, weil der Beklagte sein Fahrzeug auf vermietete Parkplätze abgestellt habe, ist wegen des im Rekursverfahren geltenden Neuerungsverbotes nicht näher einzugehen. Im Übrigen ist der Besitzbegriff im ABGB ein einheitlicher, in dessen Umfang die beiden Unterarten des Sach- und Rechtsbesitzes bestehen. Damit gelangt man dazu, dass dort, wo die Ausübung eines beschränkteren Rechtes naturgemäß die Innehabung einer körperlichen Sache eines anderen mit sich bringt (Mieter, Pächter, Pfandgläubiger), die Sache als zwei Personen "zugehörig" anzusehen ist, weshalb doppelter Besitz an derselben Sache vorliegt (vgl. Klang² II 61). Daraus hat bereits das Landesgericht Wien den Schluss gezogen, dass der Liegenschaftseigentümer ebenso zur Klagsführung legitimiert ist wie der Mieter des Parkplatzes als Rechtsbesitzer, wenn ein Dritter eigenmächtig den Parkplatz benützt (vgl. MietSlg 35.020).Auf das Vorbringen, die Klägerin sei zur gegenständlichen Besitzstörungsklage nicht aktiv legitimiert gewesen, weil der Beklagte sein Fahrzeug auf vermietete Parkplätze abgestellt habe, ist wegen des im Rekursverfahren geltenden Neuerungsverbotes nicht näher einzugehen. Im Übrigen ist der Besitzbegriff im ABGB ein einheitlicher, in dessen Umfang die beiden Unterarten des Sach- und Rechtsbesitzes bestehen. Damit gelangt man dazu, dass dort, wo die Ausübung eines beschränkteren Rechtes naturgemäß die Innehabung einer körperlichen Sache eines anderen mit sich bringt (Mieter, Pächter, Pfandgläubiger), die Sache als zwei Personen "zugehörig" anzusehen ist, weshalb doppelter Besitz an derselben Sache vorliegt vergleiche Klang² römisch II 61). Daraus hat bereits das Landesgericht Wien den Schluss gezogen, dass der Liegenschaftseigentümer ebenso zur Klagsführung legitimiert ist wie der Mieter des Parkplatzes als Rechtsbesitzer, wenn ein Dritter eigenmächtig den Parkplatz benützt vergleiche MietSlg 35.020).

Auch in der Auffassung der Erstrichterin, dass selbst der irrtümliche oder ungewollte Eingriff immer unbefugt bleibt und dass es daher keinen zielführenden Einwand des guten Glaubens gebe, kann kein Rechtsirrtum gesehen werden. Dem Eingreifer eine Haftung aufzuerlegen, obwohl er auch bei noch so großer Sorgfalt nicht erkennen konnte, in fremden Besitz einzugreifen, erscheint vielleicht zunächst unbillig. Der Störer hatte ja auch nicht den geringsten Anlass, sich anders zu verhalten. Ausgehend vom Zweck des Besitzschutzes ist jedoch primär auf die Auswirkung der Handlung auf den Geschädigten abzustellen. Warum sollte der Besitzer einen Eingriff hinnehmen müssen, bloß weil der Eingreifer sich dafür - objektiv zu Unrecht - für berechtigt hielt? Mit dem Vorliegen einer Störung hat der Kenntnisstand bzw. die Willensrichtung des Eingreifers jedenfalls nichts zu tun. Ohne Zweifel kann der Besitzer dem Störer zukünftige Eingriffe auch dann untersagen, wenn der Störer sich zunächst für zum Eingriff berechtigt hielt oder gar nicht erkannte, dass er überhaupt in fremden Besitz eingriff. Auch die grundsätzliche Verpflichtung zur Beseitigung der Störungsquelle kann keinem Zweifel unterliegen. Der Störer muss ja trotz § 339 S 2 ABGB keine Schäden ersetzen, sondern ist nur zur Unterlassung und Wiederherstellung (im Sinne einer Beseitigung der Störungsquelle) verpflichtet. Diese Argumentation gilt in gleicher Weise für das Störungsbewusstsein ( Kodek, Besitzstörung, 2002, S 280f). In diesem Sinne halten Peter Bydlinski (Die Eigenmacht im Besitzstörungsrecht, RZ 1998, 97 [98]) und Kodek in aaO übereinstimmend fest, dass das Störungsbewusstsein bei der Vornahme der Eingriffshandlung im Rahmen des § 339 ABGB entgegen häufig verwendeter Rechtsprechungsformeln keine Rolle spielt. Die wirkliche Besonderheit der objektiven Nichterkennbarkeit der Fremdheit des Besitzes und - wenngleich im geringeren Umfang - der fahrlässigen Unkenntnis dieses Umstandes liegt nicht darin, dass in derartigen Fällen keine Störung vorliegt, sondern dass hier im Regelfall die Wiederholungsgefahr fehlt. Steht nämlich fest, dass der Störer aufgrund eines - näher zu konkretisierenden - Irrtums gehandelt hat, so liegt es regelmäßig nahe anzunehmen, dass Derartiges nach Aufklärung des Irrtums nicht mehr geschieht (vgl. Kodek aaO S 281 mwN). Nach der Rechtsprechung muss der Störer in einem derartigen Fall in Anlehnung an die wettbewerbsrechtliche Judikatur einen vollstreckbaren Unerlassungsvergleich anbieten (vgl. SZ 81/87). Den Abschluss eines solchen hat der Beklagte aber ausdrücklich abgelehnt. Dem Rekurs war somit insgesamt ein Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Auch in der Auffassung der Erstrichterin, dass selbst der irrtümliche oder ungewollte Eingriff immer unbefugt bleibt und dass es daher keinen zielführenden Einwand des guten Glaubens gebe, kann kein Rechtsirrtum gesehen werden. Dem Eingreifer eine Haftung aufzuerlegen, obwohl er auch bei noch so großer Sorgfalt nicht erkennen konnte, in fremden Besitz einzugreifen, erscheint vielleicht zunächst unbillig. Der Störer hatte ja auch nicht den geringsten Anlass, sich anders zu verhalten. Ausgehend vom Zweck des Besitzschutzes ist jedoch primär auf die Auswirkung der Handlung auf den Geschädigten abzustellen. Warum sollte der Besitzer einen Eingriff hinnehmen müssen, bloß weil der Eingreifer sich dafür - objektiv zu Unrecht - für berechtigt hielt? Mit dem Vorliegen einer Störung hat der Kenntnisstand bzw. die Willensrichtung des Eingreifers jedenfalls nichts zu tun. Ohne Zweifel kann der Besitzer dem Störer zukünftige Eingriffe auch dann untersagen, wenn der Störer sich zunächst für zum Eingriff berechtigt hielt oder gar nicht erkannte, dass er überhaupt in fremden Besitz eingriff. Auch die grundsätzliche Verpflichtung zur Beseitigung der Störungsquelle kann keinem Zweifel unterliegen. Der Störer muss ja trotz Paragraph 339, S 2 ABGB keine Schäden ersetzen, sondern ist nur zur Unterlassung und Wiederherstellung (im Sinne einer Beseitigung der Störungsquelle) verpflichtet. Diese Argumentation gilt in gleicher Weise für das Störungsbewusstsein ( Kodek, Besitzstörung, 2002, S 280f). In diesem Sinne halten Peter Bydlinski (Die Eigenmacht im Besitzstörungsrecht, RZ 1998, 97 [98]) und Kodek in aaO übereinstimmend fest, dass das Störungsbewusstsein bei der Vornahme der Eingriffshandlung im Rahmen des Paragraph 339, ABGB entgegen häufig verwendeter Rechtsprechungsformeln keine Rolle spielt. Die wirkliche Besonderheit der objektiven Nichterkennbarkeit der Fremdheit des Besitzes und - wenngleich im geringeren Umfang - der fahrlässigen Unkenntnis dieses Umstandes liegt nicht darin, dass in derartigen Fällen keine Störung vorliegt, sondern dass hier im Regelfall die Wiederholungsgefahr fehlt. Steht nämlich fest, dass der Störer aufgrund eines - näher zu konkretisierenden - Irrtums gehandelt hat, so liegt es regelmäßig nahe anzunehmen, dass Derartiges nach Aufklärung des Irrtums nicht mehr geschieht vergleiche Kodek aaO S 281 mwN). Nach der Rechtsprechung muss der Störer in einem derartigen Fall in Anlehnung an die wettbewerbsrechtliche Judikatur einen vollstreckbaren Unerlassungsvergleich anbieten vergleiche SZ 81/87). Den Abschluss eines solchen hat der Beklagte aber ausdrücklich abgelehnt. Dem Rekurs war somit insgesamt ein Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf die Paragraphen 41,, 50 ZPO.

Landesgericht Klagenfurt

als Rekursgericht

Anmerkung

EKL00034 1R176.07p

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LGKL729:2007:00100R00176.07P.0622.000

Dokumentnummer

JJT_20070622_LGKL729_00100R00176_07P0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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