TE Vwgh Beschluss 2007/12/17 2004/03/0017

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Veröffentlicht am 17.12.2007
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §31 Abs1 Z4;
VwGG §31 Abs1 Z5;
VwGG §31 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Anträge von Dr. B S, p.A. Dr. Reinhard Burghofer, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Köstlergasse 1/30, auf Ablehnung des Hofrates des Verwaltungsgerichtshofes Dr. X 1.) vom 27. Jänner 2004 in den Verfahren betreffend die zu den Zlen 2004/03/0013, 0014 protokollierten Wiederaufnahmeanträge, und

2.) vom 5. Juni 2005 im Verfahren betreffend die zur Zl 2005/03/0093 protokollierte Beschwerde gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom 16. Februar 2004, betreffend Zurückweisung von Anträgen betreffend Frequenzzuteilungen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Ablehnung wird keine Folge gegeben.

Begründung

1.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 15. Dezember 2003, Zl 2001/03/0219, die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 6. März 2001, betreffend Nutzbewilligung für Frequenzen, als unbegründet abgewiesen. Mit Schriftsatz vom 23. Jänner 2004, protokolliert zu Zl 2004/03/0014, begehrte die Antragstellerin die Wiederaufnahme dieses mit Erkenntnis abgeschlossenen Verfahrens mit dem wesentlichen Vorbringen, dass sie während des Verfahrens über die Beschwerde mangels Parteiengehör keine Möglichkeit gehabt habe, das Mitglied des Verwaltungsgerichtshofes Hofrat Dr. X wegen Befangenheit abzulehnen und das Erkenntnis vermutlich durch eine gerichtlich strafbare Handlung (vgl § 45 Abs 1 Z 1 VwGG) herbeigeführt worden sei.

Mit Erkenntnis vom 15. Dezember 2003, Zl 2002/03/0102, wurde die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 31. Oktober 2001 betreffend Ausnahmebewilligung für die Errichtung und den Betrieb von Funkanlagen und Endgeräten sowie die Erbringung eines Telekommunikationsdienstes, als unbegründet abgewiesen. Mit Schriftsatz vom 23. Jänner 2004 brachte die Antragstellerin den zur Zl 2004/03/0013 protokollierten Wiederaufnahmeantrag ein, der in seiner Begründung dem bereits genannten Wiederaufnahmeantrag folgt. Mit Schriftsatz vom 27. Jänner 2004 wurde der in Rede stehende, beide Wiederaufnahmeverfahren betreffende Ablehnungsantrag gestellt.

1.2. Mit Beschluss vom 3. Dezember 2004, B 450/04-13, lehnte der Verfassungsgerichtshof (ua) die Behandlung der Beschwerde der Antragstellerin gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom 16. Februar 2004, Zl S 19/03-6, betreffend Zurückweisung von Anträgen betreffend Frequenzzuteilungen, ab, und trat mit Beschluss vom 11. Februar 2005, B 450/04-15, die Behandlung dieser Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art 144 Abs 3 B-VG ab. Mit Schriftsatz vom 5. Juni 2005 beantragte die Antragstellerin - protokolliert zu Zl 2005/03/0144 - im abgetretenen Beschwerdeverfahren Zl 2005/03/0093 die Ablehnung des genannten Richters und verwies dabei auf ihr Vorbringen im Verfahren Zl 2004/03/0017.

2. Mit Beschluss vom 19. Mai 2004, Zl 2004/03/0017-13, wurde dem Antrag der Antragstellerin, ihr betreffend ihren Antrag vom 27. Jänner 2004 auf Ablehnung des Hofrats des Verwaltungsgerichtshofes Dr. X Verfahrenshilfe zu gewähren, nicht stattgegeben. In ihrem Antrag begehrte die Antragstellerin die Einräumung der Verfahrenshilfe in vollem Umfang, wobei sie insbesondere darauf hinwies, dass sie sich bisher vergeblich um eine (vorläufige) rechtliche Vertretung und um die Finanzierung einer tragfähigen und fortdauernden rechtlichen Vertretung bemüht habe. In der Begründung des genannten Beschlusses wurde insbesondere ausgeführt, dass ein beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachter Ablehnungsantrag nicht mit der Unterschrift eines Rechtsanwalts versehen sein müsse und daher bezüglich dieses Antrags die Beigebung eines Rechtsanwalt nicht gesetzlich geboten sei, und dass für das Vorbringen der Antragstellerin keine besonderen rechtlichen Kenntnisse, sondern vielmehr ihr Faktenwissen betreffend Gang und Gestaltung sie betreffender bereits abgeschlossener Verwaltungsverfahren erforderlich sei.

3. In seinen ausführlichen Stellungnahmen vom 16. und 26. Februar 2004 ging das abgelehnte Mitglied des Verwaltungsgerichtshofes auf das Vorbringen der Antragstellerin detailliert ein und erklärte, nicht befangen zu sein. Er hielt unter anderem ausdrücklich fest, dass er der Antragstellerin weder in seiner früheren Tätigkeit als Mitarbeiter der Geschäftsstelle der Telekom-Control-Kommission noch als Mitglied des Verwaltungsgerichtshofs voreingenommen gegenübergetreten sei.

Er sei vom 1. Februar 1998 bis zum 31. Mai 2001 als Leiter der Rechtsabteilung der Telekom-Control GmbH (ab 1. April 2001: Rundfunk und Telekom Regulierungs GmbH) tätig gewesen. Diese GmbH sei auch Geschäftsstelle der Telekom-Control-Kommission und als solche in die von der Kommission geführten Verfahren betreffend die Zuteilung von Frequenzen und die Erteilung von Konzessionen für Mobilfunkdienste eingebunden gewesen. Gemäß § 110 Abs 2 TKG 1997 sei das Personal der GmbH im Rahmen der Tätigkeit für die Telekom-Control-Kommission an die Weisung des Vorsitzenden und des in der Geschäftsordnung bezeichneten Mitglieds der Telekom-Control-Kommission gebunden gewesen. Im Rahmen dieser Tätigkeit habe der abgelehnte Richter beruflichen Kontakt mit der Antragstellerin gehabt, wobei der erste Kontakt (seiner Erinnerung nach) so zustande gekommen sei, dass er anlässlich einer Sitzung der Telekom-Control-Kommission von einem Kommissionsmitglied, das von der Antragstellerin bereits kontaktiert worden sei, ersucht worden sei, ein Gespräch mit der Antragstellerin zu führen, um nähere Informationen über ihr Anliegen zu erhalten. In diesem Gespräch habe die Antragstellerin sehr allgemein mitgeteilt, dass sie planen würde, mit einer angeblich streng geheimen Technologie unter Nutzung von Funkfrequenzen bis zu 3 GHz ein Kommunikationsnetz zu errichten und Kommunikationsdienste anzubieten. Genauere Angaben über die Art des Netzes und der anzubietenden Dienste habe die Antragstellerin nicht machen wollen, weil sie Sorge betreffend der Geheimhaltung gehabt habe. Der abgelehnte Richter habe die Antragstellerin in diesem Gespräch allgemein über die von der Telekom-Control-Kommission zu führenden Verfahren und die diesbezüglichen Rechtsgrundlagen informiert und insbesondere auch darauf hingewiesen, dass für die Teilnahme an Vergabeverfahren der Telekom-Control-Kommission das Vorliegen entsprechender Anträge notwendig sei. Die Antragstellerin habe zu diesem Zeitpunkt auch darauf hingewiesen, dass sie mit dem Verkehrsministerium bereits Gespräche geführt hätte und ihr Anliegen dort bereits bekannt wäre. Über dieses Gespräch sei die Telekom-Control-Kommission vom abgelehnten Richter in einer der nächsten Sitzungen informiert worden, wobei damals die Sachlage mangels konkreter Anträge oder auch eines konkreten benennbaren Anliegens nicht weiter verfolgt worden sei.

In der Folge habe die Antragstellerin mehrere Anträge an die genannte Kommission gestellt, die im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren betreffend Mobilfunkfrequenzen für UMTS gestanden hätten. Der abgelehnte Richter sei mit diesen Anträgen als Mitarbeiter der Geschäftsstelle der Kommission in administrativer Hinsicht befasst gewesen, im Auftrag der Telekom-Control-Kommission habe er seiner Erinnerung nach auch zwei- oder dreimal mit der Antragstellerin telefoniert, wobei es dabei hauptsächlich um Fragen der Zustelladresse bzw der Kontaktmöglichkeiten gegangen sei, weil die Antragstellerin nach ihren Angaben zunächst keine zustellfähige Anschrift in Österreich angegeben gehabt habe. Im Zug des Verfahrens zur Vergabe der UMTS-Frequenzen habe die Antragstellerin die Telekom-Control-Kommission auch aufgefordert, das Verfahren auszusetzen, da sie bereits an das Verkehrsministerium einen Antrag auf die zur Vergabe der durch die Telekom-Control-Kommission vorgesehenen Frequenzen gestellt hätte und das Verkehrsministerium darüber entscheiden müsste. In diesem Zusammenhang habe die Telekom-Control GmbH im Auftrag der Telekom-Control-Kommission das Verkehrsministerium um Informationen über diesen Antrag der Antragstellerin ersucht; das diesbezügliche Schreiben an das Verkehrsministerium habe der abgelehnte Richter unterfertigt. Das im Verkehrsministerium anhängige Verfahren sei jenes gewesen, in dem später der zur Zl 2001/03/0219 angefochtene Bescheid ergangen sei. Inhaltlich sei der abgelehnte Richter über dieses Verfahren zum damaligen Zeitpunkt nicht informiert gewesen, er habe lediglich im Auftrag der Telekom-Control-Kommission mit dem Ministerium abgeklärt, ob sich aus der Sicht des Ministeriums auf Grund der von der Antragstellerin behaupteten Ansprüche Auswirkungen für das UMTS-Vergabeverfahren ergeben würden. In diesem Zeitraum (es sei nicht mehr erinnerlich, ob dies vor oder nach Durchführung der Auktion zur Vergabe der UMTS-Frequenzen erfolgt sei) habe die Antragstellerin auch persönlich bei der Telekom-Control GmbH vorgesprochen und dem abgelehnten Richter dabei auch ein Konvolut von Unterlagen übergeben, das im Zusammenhang mit dem Verfahren vor der Telekom-Control-Kommission gestanden habe. Diese Unterlagen hätten (soweit erinnerlich) umfangreiche Angaben über die von der Antragstellerin beabsichtigten Dienste, allgemeine Ausführungen über die Bedeutung verschiedener Telekommunikationsdienste sowie diverse Zeitungsausschnitte und Fotos enthalten. Dieses Konvolut sei übertitelt gewesen mit "Scheffknecht-Report", und die Antragstellerin habe darauf bestanden, dass dieses Konvolut zunächst nur dem Vorsitzenden der Telekom-Control-Kommission zugänglich gemacht werde. Erst nach dem Hinweis des abgelehnten Richters, dass die Telekom-Control-Kommission Unterlagen, die nur dem Vorsitzenden zugänglich seien, nicht in Verhandlung nehmen könnte, habe der Antragstellerin die Zustimmung erteilt, diese Unterlagen auch an die weiteren Mitglieder der Telekom-Control-Kommission weiter zu geben. Der abgelehnte Richter habe über dieses Gespräch der Telekom-Control-Kommission berichtet und die Unterlagen übergeben. Die Antragstellerin habe im Vergabeverfahren für die UMTS-Frequenzen nicht teilgenommen, wohl aber mehrere Anträge (vor allem betreffend ihre Parteistellung im Vergabeverfahren) gestellt. Die Telekom-Control-Kommission habe in mehreren Bescheiden diese Anträge abgewiesen. Die diesbezüglichen Bescheidentwürfe seien im Auftrag der Telekom-Control-Kommission von einer Mitarbeiterin der Rechtsabteilung der Telekom-Control GmbH vorbereitet worden.

Auf die Entscheidungen der Telekom-Control-Kommission betreffend die Antragstellerin habe der abgelehnte Richter in keiner Weise Einfluss genommen, sondern lediglich die ihm von der Antragstellerin übergebenen Unterlagen weitergeleitet und ihr über die beiden geführten Gespräche berichtet.

4.1. Diese Stellungnahmen wurden der Antragstellerin vom Verwaltungsgerichtshof mit Schreiben vom 19. Mai 2004, Zl 2004/03/0017-14, zur Stellungnahme übermittelt. In ihrer Stellungnahme vom 15. Juni 2004 bekräftigte die Antragstellerin ihr bisheriges Vorbringen und hielt ihren Ablehnungsantrag aufrecht. Ferner hielt sie zur Darlegung ihres Standpunktes eine "erweiterte Stellungnahme" für "unbedingt" notwendig und ersuchte diesbezüglich um Fristerstreckung.

4.2. Der abgelehnte Richter äußerte sich zu dieser Stellungnahme der Antragstellerin am 28. Juni 2004 dahingehend, dass diese keine Neuerungen gegenüber dem bisherigen Vorbringen enthielten. Dies wurde der Antragstellerin mit hg Schreiben vom 2. Juli 2004, Zl 2004/03/0017-16, zur Kenntnis gebracht und ihr gleichzeitig die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme bis zum 30. Juli 2004 eingeräumt.

5. Am 30. Juli 2004 verwies die Antragstellerin auf ein Verfahren, das "die Bank Austria (BA-CA)" gegen sie angestrengt habe und in dem es überraschend und sehr kurzfristig zu einer Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht gekommen sei, was für sie in der letzten Zeit "zeitintensive Aktivitäten" erforderlich gemacht habe, und stellte einen "Antrag auf Fristerstreckung zur Vorlage der unbedingt notwendigen erweiterten Stellungnahme".

6. Seither sind beim Verwaltungsgerichtshof eine ganze Reihe vergleichbarer Fristerstreckungsanträge eingebracht worden, zuletzt am 11. November 2007, in dem die Antragstellerin beantragte, ihr "Fristerstreckung (zur Nachreichung weiterer Unterlagen)" und eine "Verfahrensunterbrechung" bis 12. April 2008 zu gewähren. Auch in diesem Fristerstreckungsantrag wiederholt die Antragstellerin ihre bisherige Darstellung und hält die Fristerstreckung zur Nachreichung weiterer Unterlagen für erforderlich, um (wie bei einzelnen Punkten in diesem Schreiben ausdrücklich angeführt) "die erfolgten Rechtsverletzungen" zu beweisen. Die Antragstellerin machte auch in diesem Fristerstreckungsantrag insbesondere darauf aufmerksam, "nach wie vor in sehr beschränkten finanziellen Verhältnissen" zu leben und durch Verfahren im Bereich der Zivilgerichtsbarkeit sehr in Anspruch genommen zu werden.

7. Da ein aus ihrer Sicht vollständiges Vorbringen der Antragstellerin zur Geltendmachung der Ablehnungsgründe seit dem besagten Fristerstreckungsantrag vom Sommer 2004 trotz des seither verstrichenen - für die Erstattung eines solchen Vorbringens langen - Zeitraums von etwa dreieinhalb (bzw betreffend das Verfahrend zur Zl 2005/03/0144 zweieinhalb) Jahren nicht erfolgte, war ein weiteres Zuwarten des Verwaltungsgerichtshofs - etwa bis zum beantragten Termin im April 2008 - auch unter Berücksichtigung der von der Antragstellerin ins Treffen geführten persönlichen Verhältnisse (beengte finanzielle Situation, Beanspruchung ihrer Aufmerksamkeit durch zivilgerichtliche Verfahren einschließlich der Versteigerung ihres Grundstückes, gesundheitliche Beeinträchtigung wie etwa eine Fußverletzung oder eine fiebrige Erklältung, bzw Probleme mit ihren Unterlagen etwa infolge von Computerproblemen) nicht vertretbar. Dies vor dem Hintergrund, dass die zum Teil umfangreichen (mit Beilagen wie Zeitungsausschnitten und Fotos versehenen) Firsterstreckungsanträge der Antragstellerin, in denen sie ihr schon erstattetes Vorbringen neuerlich aufbereitete, den Schluss zulassen, dass sie in den seit der jeweiligen Antragstellung verstrichenen langen Zeiträumen auf dem Boden ihres Faktenwissens die Ablehnungsgründe vollständig hätte dartun bzw glaubhaft machen können.

8. Nach § 31 Abs 2 VwGG können Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes von Parteien abgelehnt werden. Gemäß dem vorliegend ins Treffen geführten § 31 Abs 1 Z 4 VwGG hat sich (ua) ein Mitglied des Verwaltungsgerichthofes der Ausübung seines Amtes zu enthalten, wenn es in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vorausgegangenen Verfahren mitgewirkt hat. Nach dem ebenfalls geltend gemachten § 31 Abs 1 Z 5 VwGG hat sich (ua) ein Mitglied des Verwaltungsgerichthofes der Ausübung seines Amtes zu enthalten, wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, in seine volle Unbefangenheit Zweifel zu setzen. Gemäß § 31 Abs 2 zweiter Satz hat die Partei wegen Vorliegens des in § 31 Abs 1 Z 5 VwGG genannten Befangenheitsgrundes "die hiefür maßgeblichen Gründe glaubhaft zu machen".

Das Wesen der Befangenheit besteht nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs in der Hemmung einer unparteiischen Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive. Der Befangenheitsgrund des § 31 Abs 1 Z 5 VwGG liegt vor, wenn aus konkreten Umständen der Mangel einer objektiven Einstellung des Richters gefolgert werden kann (vgl etwa den hg Beschluss vom 27. Jänner 2003, Zl 2002/10/0202). Es ist Sache des Ablehnenden, Gründe dafür geltend zu machen, die auf die Möglichkeit des Vorhandenseins solcher unsachlichen psychologischen Motiven hindeuten. Die Glaubhaftmachung muss die persönlichen Umstände und Interessen sowie das persönliche Verhalten des abgelehnten Mitglieds des Verwaltungsgerichtshofs betreffen (vgl etwa den hg Beschluss vom 20. Juni 2002, Zl 2002/18/0131).

Über die Ablehnung entscheidet bei Abwesenheit des Abgelehnten der für die Rechtssache zuständige Senat durch Beschluss.

9. Zunächst zeigen die Fristerstreckungsanträge der Antragstellerin, dass nach ihrer Auffassung die Gründe für die in Rede stehende Ablehnung noch nicht (vollständig) dargetan bzw glaubhaft gemacht wurden. Schon von daher kann den vorliegenden Ablehnungsanträgen - soweit der Befangenheitsgrund des § 31 Abs 1 Z 5 VwGG geltend gemacht wurde - kein Erfolg beschieden sein, zumal (wie dargelegt) ein weiteres Zuwarten des Verwaltungsgerichtshofs für eine vollständige Darlegung bzw Glaubhaftmachung nicht vertretbar war.

10. Dessen ungeachtet vermag auch das schon erstattete Vorbringen der Antragstellerin keine Ablehnung zu rechtfertigen:

10.1. Da die beiden von den in Rede stehenden Wiederaufnahmeanträgen erfassten Bescheide vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie erlassen wurden, der abgelehnte Richter diesem Bundesministerium aber nicht angehörte, konnte er an der Erlassung dieser Bescheide nicht beteiligt sein, weshalb sich das diesbezügliche Vorbringen der Antragstellerin nicht als zielführend erweist.

Was den Ablehnungsantrag zur Zl 2005/03/0144 betreffend den zur Zl 2005/03/0093 angefochtenen Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom 16. Februar 2004 betrifft, ist festzuhalten, dass mit diesem Bescheid über Anträge der Antragstellerin vom 1. September 2003, vom 11. Oktober 2003 und vom 19. Jänner 2004 abgesprochen wurde. Die Tätigkeit des abgelehnten Richters als Abteilungsleiter in der Geschäftsstelle der genannten Behörde endete aber (unstrittig) bereits vor Einbringung dieser Anträge am 31. Mai 2001. Schon deshalb scheidet eine Mitwirkung des abgelehnten Richters in den den Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vorausgegangenen Verwaltungsverfahren iSd § 34 Abs 1 Z 4 VwGG aus. Ungeachtet dessen konnte der Genannte an der Erlassung des besagten Bescheides der Telekom-Control-Kommission vom 16. Februar 2004 ohnehin nicht beteiligt sein. Bei der Telekom-Control-Kommission handelt es sich um eine weisungsfreie Kollegialbehörde (vgl etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 24. Februar 1999, VfSlg 15.427/1999), der die Übertragung ihrer Zuständigkeit zur Entscheidung an andere nicht offen stand. Dieser Behörde gehörte der Genannte nicht an, weshalb er auch an der Entscheidungsfindung dieser Behörde nicht (weder bezüglich des Spruchs noch der Begründung des genannten Bescheides, aber auch nicht bezüglich des von der Behörde bestimmten Ganges des Ermittlungsverfahrens vor Bescheiderlassung) teilnehmen konnte.

Die von der Antragstellerin wiederholt und eingehend angesprochenen Verfahren betreffenden die Vergabe von UMTS-Frequenzen vor der Telekom-Control-Kommission stellen im Übrigen keine den Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof in den von den Wiederaufnahmeanträgen erfassten Beschwerdeverfahren Zl 2001/03/0219 und Zl 2002/03/0102 vorausgegangenen Verfahren iSd § 34 Abs 1 Z 4 VwGG dar. Über von der Antragstellerin erhobene Beschwerden gegen Bescheide der Telekom-Control-Kommission betreffend diese Frequenzvergabe hat der Verwaltungsgerichtshof mit seinen Erkenntnissen vom 11. Juli 2001, Zl 2001/03/0122, vom 30. Jänner 2002, Zl 2001/03/0414, und vom 30. April 2003, Zl 2003/03/0038, und damit bereits zu einem Zeitpunkt entschieden, als der abgelehnte Richter dem Verwaltungsgerichtshof noch nicht angehörte.

Angesichts des Vorgesagten wird auch mit dem Vorbringen, dass dem abgelehnten Richter die der Antragstellerin ihrer Auffassung nach zustehenden Ansprüche nach dem Fernmeldegesetz 1993 bzw nach dem TKG 1997 schon seit November 1999 bekannt gewesen seien (was sich im Übrigen mit der oben wiedergegebenen Stellungnahme des Genannten deckt, vgl oben Pkt 3.), das Vorliegen eines beim abgelehnten Richter vorhandenen unsachlichen psychologischen Motivs iSd § 31 Abs 1 Z 5 VwGG nicht dargetan.

10.2. Schon auf Grund des eben Gesagten erweisen sich für die vorliegend relevanten Ablehnungsanträge auch die verschiedenen und ausführlich gehaltenen Hinweise der Antragstellerin als nicht erfolgreich, wonach (ihrer Beurteilung nach) die UMTS-Vergabeverfahren für Österreich einen "Fiskalschaden" von mehreren Milliarden Euro verursacht und der Entwicklung der Aktienkurse von Telekomunternehmen genützt hätten, und die Telekom-Control-Kommission (zusammengefasst) ein de-facto Kartell der Mobilfunkbetreiber begünstigt hätte. Gleiches gilt für die mehrfachen Hinweise auf von der Antragstellerin (auch unter Verwendung von Zeitungsberichten) offenbar mit dem Vorbringen betreffend den Fiskalschaden in Verbindung gebrachte andere Unternehmungen (etwa die BAWAG oder den Siemens-Konzern).

10.3. Das Vorbringen der Antragstellerin, wonach eine Befangenheit des abgelehnten Richters wegen seiner (behauptetermaßen bestandenen) Beteiligung an der Erlassung der mit 1. Juni 2000 in Kraft getretenen Novelle BGBl I Nr 26/2000 des TKG 1997 gegeben sei, versagt schon deshalb, weil die Erlassung von Bundesgesetzen den Organen der Gesetzgebung des Bundes obliegt (vgl Art 24 ff B-VG), denen der abgelehnte Richter nie angehört hat. Im Übrigen ist anzumerken, dass die von der Antragstellerin kritisierte Regelung des § 49a TKG 1997 - wie die parlamentarischen Gesetzesmaterialien zeigen - in der Regierungsvorlage (61 BlgNR 21.GP, vgl Art 29) noch nicht enthalten war, sondern erst auf Vorschlag des zur Behandlung der Regierungsvorlage zuständigen Ausschusses des Nationalrats als Ergebnis seiner Beratungen in den Gesetzestext aufgenommen wurde (Ausschussbericht 67 BlgNR 21.GP).

10.4. Anders als die Antragstellerin offenbar meint, stand dem abgelehnten Richter auf Grund des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 keine Möglichkeit offen, darauf Einfluss zu nehmen, dass ihm ihre Beschwerden bzw Wiederaufnahmeanträge zugeteilt wurden. Vielmehr erfolgt die Zuteilung von Beschwerden und Anträgen im Sinn des Grundsatzes der festen, im Voraus bestimmten Geschäftsverteilung (vgl Art 135 Abs 2 B-VG) durch den Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes, der jede anfallende Rechtssache dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat zuteilt und ein Mitglied desselben zum Berichter bestellt (vgl § 14 Abs 1 leg cit).

10.5. Sofern die Antragstellerin die Auffassung vertreten sollte, dass der Verwaltungsgerichtshof in dem von den Wiederaufnahmeanträgen erfassten Beschwerdeverfahren eine unrichtige Entscheidung getroffen habe, ist ihr die vom Gesetz geforderte Glaubhaftmachung von wichtigen, gegen die Unbefangenheit des abgelehnten Mitglieds des Verwaltungsgerichtshofs sprechenden Gründen nicht gelungen. Der Umstand, dass die Partei eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ein Erkenntnis des Gerichtshofes für unrichtig hält, bildet nämlich keine hinreichende Grundlage für die Annahme einer Befangenheit der am Zustandekommen dieser Entscheidung mitwirkenden Richter iSd § 31 Abs 1 Z 5 VwGG im Fall der Behandlung einer Eingabe (hier: von Wiederaufnahmenanträgen) derselben Partei (vgl etwa den hg Beschluss vom 28. November 1996, Zl 95/18/1396, mwH).

10.6. Wenn die Antragstellerin den abgelehnten Richter (bzw auch den Verwaltungsgerichtshof) einer strafgesetzwidrigen Handlung bzw des Amtsmissbrauches bezichtigt, handelt es sich dabei (soweit dieses Vorbringen über das schon bisher behandelte Vorbringen der Antragstellerin - mit dem eine Befangenheit des abgelehnten Richters nicht dargetan werden konnte - hinausgeht) um eine nicht weiter substantiierte pauschale Verdächtigung, mit dem die Dartuung einer Befangenheit im Grund des § 31 Abs 2 VwGG (ebenfalls) nicht gelingen kann.

10.7. Insoweit die Antragstellerin ihre Ablehnung darauf stützt, dass sie vom abgelehnten Mitglied des Verwaltungsgerichtshofs in seiner (an seine Tätigkeit bei der Telekom-Control GmbH anschließenden) Funktion als Leiter der KommAustria zur Mitwirkung an der Digitalen Plattform nach dem neuen Privatfernsehgesetz, BGBl I Nr 84/2001, (bzw zu einer Arbeitsgruppe zur Vorbereitung dieser Plattform) unter Hinweis auf Wünsche ihrer Konkurrenten ausdrücklich nicht eingeladen worden sei, obwohl sie schon im Jahr 1996 bei österreichischen Behörden ein Datenübertragungssystem für Fernsehrundfunk eingereicht hätte, so ist ihr ebenfalls kein Erfolg beschieden. Dies schon deshalb, weil die Teilnahme an der "Digitalen Plattform Austria", die zur Unterstützung der Regulierungsbehörde bei der Ausarbeitung eines Konzepts zur Einführung von digitalem Rundfunk in Österreich ("Digitalisierungskonzept") eingerichtet wurde, gemäß § 21 Abs 4 des Privatfernsehgesetzes auf Einladung des Bundeskanzlers, nicht aber auf Einladung des Leiters der KommAustria erfolgt. Abgesehen davon kann aus diesem Vorbringen ein unsachliches psychologisches Motiv auf Seiten des abgelehnten Mitglieds des Verwaltungsgerichtshofs auch deshalb nicht gefolgert werden, weil die besagte Einreichung mehrere Jahre vor dem Inkrafttreten des für die Digitale Plattform Austria maßgeblichen Privatfernsehgesetzes (nach § 69 Abs 1 leg cit mit 1. August 2001) erfolgte, und die Einreichung der Antragstellerin damit offensichtlich nicht auf der Grundlage des Privatfernsehgesetzes, sondern einer älteren - für die besagte Plattform nicht einschlägigen - Rechtslage konzipiert war.

11. Auf dem Boden des Gesagten erweist sich schließlich die von der Antragstellerin angeregte Befassung des EuGH mit einer Vorlage nach Art 234 EG auf der Grundlage ihres Vorbringens als nicht erforderlich.

12. Dem Ablehnungsantrag war demnach gemäß § 31 Abs 2 VwGG nicht stattzugeben.

Wien, am 17. Dezember 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2004030017.X00

Im RIS seit

30.04.2008

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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