TE Vwgh Erkenntnis 2008/2/20 2007/08/0221

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Veröffentlicht am 20.02.2008
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §14;
AlVG 1977 §66a;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des T A in Wien, vertreten durch Solicitor Edward W. Daigneault in 1170 Wien, Hernalser Gürtel 47/4, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 8. August 2007, Zl. LGSW/Abt. 3-AlV/05661/2007-1496, betreffend Zuerkennung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der am 31. Juli 1964 geborene Beschwerdeführer stellte am 7. Mai 2007 einen Antrag auf Arbeitslosengeld, welcher mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien, Regionale Geschäftsstelle Hietzinger Kai, vom 11. Mai 2007 abgewiesen wurde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung und führte dazu im Wesentlichen aus, dass er schon länger über eine Aufenthaltsbewilligung gemäß § 19 AsylG 1997 verfüge.

Im Verwaltungsakt findet sich die Kopie einer "Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 36b AsylG" vom 7. Dezember 2005, lautend auf den Beschwerdeführer, sowie eine Bestätigung gemäß § 66a AlVG über in der vom 26. August 2006 bis zum 26. April 2007 andauernden Strafhaft erworbene Versicherungszeiten in der Arbeitslosenversicherung im Zeitraum vom 18. September 2006 bis zum 26. April 2007.

In einer Stellungnahme vom 17. Juli 2007 brachte der Beschwerdeführer ergänzend im Wesentlichen vor, dass er nach seiner Einreise in Österreich Asyl beantragt habe. Das Asylverfahren sei noch nicht abgeschlossen; gegen den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes habe er Berufung erhoben, welche beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sei. Die Bundespolizeidirektion (BPD) Wien habe gegen ihn ein unbefristetes Rückkehrverbot verhängt. Ein Berufungsverfahren dagegen sei anhängig, das Rückkehrverbot daher nicht rechtskräftig. Da er Asylwerber sei, über dessen Antrag seit drei Monaten nicht rechtskräftig abgesprochen worden sei, sei er gemäß § 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG iVm § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG berechtigt, eine Beschäftigung aufzunehmen.

In einem E-Mail vom 25. Juli 2007 gab das Fremdenpolizeiliche Büro der BPD Wien der belangten Behörde bekannt, dass das gegen den Beschwerdeführer am 19. April 2005 erlassene Aufenthaltsverbot seit 6. Juni 2005 rechtskräftig ist.

Die Berufung des Beschwerdeführers wurde von der belangten Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid abgewiesen. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass das gegen den Beschwerdeführer erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 125 Abs. 3 FPG 2005 als Rückkehrverbot gelte, was zur Folge habe, dass ihm das vorläufige Aufenthaltsrecht als Asylwerber entzogen werde und ihm bis zur Beendigung des Asylverfahrens nur faktischer Abschiebeschutz zukomme. Er besitze auch keinen Aufenthaltstitel auf Grund anderer Bundesgesetze. Somit stehe er dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung, da ihm in Ermangelung eines Aufenthaltstitels keine Beschäftigungsbewilligung erteilt werden könne. Darüber hinaus erfülle er die Anwartschaft mangels ausreichender Beschäftigungszeiten nicht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtwidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 7 AlVG idF BGBl. I Nr. 102/2005 lautet auszugsweise:

"(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, wer

1.

der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht,

2.

die Anwartschaft erfüllt und

3.

die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat.

(2) Der Arbeitsvermittlung steht zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs. 3) und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist.

(3) Eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf eine Person,

1. die sich zur Aufnahme und Ausübung einer auf dem Arbeitsmarkt üblicherweise angebotenen, den gesetzlichen und kollektivvertraglichen Vorschriften entsprechenden zumutbaren versicherungspflichtigen Beschäftigung bereithält,

2. die sich berechtigt im Bundesgebiet aufhält, um eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen und auszuüben, und

3. die nicht den Tatbestand des § 34 Abs. 3 Z 2 des Fremdengesetzes 1997 (FrG), BGBl. I Nr. 75, unter Berücksichtigung des § 34 Abs. 4 FrG erfüllt.

..."

§ 14 AlVG lautet auszugsweise:

"(1) Bei der erstmaligen Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes ist die Anwartschaft erfüllt, wenn der Arbeitslose in den letzten 24 Monaten vor Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) insgesamt 52 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war. Handelt es sich jedoch um einen Arbeitslosen, der das Arbeitslosengeld vor Vollendung des 25. Lebensjahres beantragt, ist die Anwartschaft erfüllt, wenn

...

(4) Auf die Anwartschaft sind folgende im Inland zurückgelegte oder auf Grund inländischer Rechtsvorschriften erworbene Zeiten anzurechnen:

a) Zeiten, die der Arbeitslosenversicherungspflicht unterlagen, sowie Zeiten der Selbstversicherung in der Arbeitslosenversicherung;

..."

Die Rahmenfrist kann sich um bestimmte, in § 15 AlVG genannte Zeiträume (deren Voraussetzungen hier nicht vorliegen) verlängern.

§ 66a AlVG lautet auszugsweise:

"(1) Personen, die sich auf Grund eines gerichtlichen Urteils in Strafhaft oder in einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme nach den §§ 21 Abs. 2, 22 und 23 des Strafgesetzbuches befinden und ihrer Arbeitspflicht gemäß § 44 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, in der jeweils geltenden Fassung nachkommen, sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen für den Fall der Arbeitslosigkeit versichert.

(2) Die Versicherungspflicht beginnt mit dem Tag, an dem der Strafgefangene oder Untergebrachte seiner Arbeitspflicht nachkommt, und endet mit dem Tag, an dem er seiner Arbeitspflicht letztmalig nachkommt. Die Arbeitspflicht gilt insbesondere auch dann als erfüllt, wenn der Strafgefangene oder Untergebrachte wegen des Besuches eines Lehrganges zur Berufsausbildung oder - fortbildung oder wegen Krankheit nicht gearbeitet hat.

...

(4) Die Bestätigung gemäß § 46 Abs. 4 ist von der Justizanstalt auszustellen und hat die Dauer der Freiheitsstrafe, die Dauer der Arbeitslosenversicherungspflicht und die Höhe der Beitragsgrundlage zu enthalten. Die Justizanstalt ist zur Ausstellung dieser Bestätigung verpflichtet. Die näheren Bestimmungen hierüber erlässt der Bundesminister für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Justiz durch Verordnung.

..."

Der Beschwerdeführer hat zwar in der Strafhaft gemäß § 66a AlVG - nach seinem eigenen Vorbringen und auch nach dem Inhalt des Verwaltungsaktes erstmals -Versicherungszeiten in der Arbeitslosenversicherung erworben. Diese reichen jedoch - wie er in der Beschwerde selbst zugesteht - nicht aus, um die Anwartschaft für den Bezug von Arbeitslosengeld zu erfüllen. Schon aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid nicht rechtswidrig.

Soweit der Beschwerdeführer ausdrücklich geltend macht, dass der angefochtene Bescheid ihn in seinem "Recht auf Vormerkung beim Arbeitsmarktservice als arbeitssuchend zum Zwecke der Arbeitsvermittlung" verletze, ist ihm entgegenzuhalten, dass Gegenstand des Verfahrens vor der belangten Behörde ausschließlich die Gebührlichkeit von Arbeitslosengeld war. Soweit dem Beschwerdeführer ein subjektiv-öffentliches "Recht auf Vormerkung beim Arbeitsmarktservice als arbeitssuchend zum Zwecke der Arbeitsvermittlung" durch eine Gesetzesbestimmung überhaupt eingeräumt wird (was im Übrigen dahingestellt bleiben kann), wurde im angefochtenen Bescheid nicht über ein solches abgesprochen. Es ist somit gar nicht möglich, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in diesem von ihm geltend gemachten Recht (allenfalls) verletzt worden sein kann.

Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 20. Februar 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007080221.X00

Im RIS seit

15.04.2008

Zuletzt aktualisiert am

12.07.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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