TE Vwgh Erkenntnis 2008/2/20 2007/08/0301

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Veröffentlicht am 20.02.2008
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §7 Abs3 Z2 idF 2003/I/071;
AlVG 1977 §7 Abs3 Z2 idF 2005/I/102;
AlVG 1977 §7 Abs3 Z2;
B-VG Art140 Abs1;
FrPolG 2005 §62 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des F T in Wien, vertreten durch Mag. Georg Bürstmayr, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hahngasse 25, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 29. August 2007, Zl. LGSW/Abt. 3-AlV/05661/2007-11419, betreffend Einstellung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 5. Juni 2007 des Arbeitsmarktservice Wien für Jugendliche wurde dem Beschwerdeführer der Bezug von Arbeitslosengeld mit Wirksamkeit vom 1. Mai 2007 eingestellt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer laut Auskunft der Bundespolizeidirektion (BPD) Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, nicht berechtigt im Bundesgebiet aufhalte und daher dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung ab. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer ab 21. November 2006 während einer Schulungsmaßnahme Arbeitslosengeld bezogen habe. Die Anwartschaft auf Arbeitslosengeld habe er während eines Haftaufenthaltes erworben. Auf Grund einer Mitteilung der BPD Wien vom 29. Mai 2007 sei festgestellt worden, dass gegen den Beschwerdeführer auf Grund einer rechtskräftigen Verurteilung ein unbefristetes Rückkehrverbot gemäß § 62 FPG 2005 erlassen worden sei. Dieses sei seit 6. April 2006 rechtskräftig. Da die Auszahlung jeweils für einen Monat im Nachhinein erfolge, sei die Einstellung des Arbeitslosengeldes ab dem 1. Mai 2007 erfolgt. Da dem Beschwerdeführer auf Grund des Rückkehrverbots das vorläufige Aufenthaltsrecht als Asylwerber entzogen worden sei, ihm daher bis zur rechtskräftigen Beendigung des Asylverfahrens nur faktischer Abschiebeschutz zukomme und er auch keinen Aufenthaltstitel auf Grund eines anderen Bundesgesetzes besitze, verfüge er über keine ausreichende aufenthaltsrechtliche Position zur Aufnahme einer unselbständigen Beschäftigung und stehe dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtwidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 7 Abs. 3 AlVG idF BGBl. I Nr. 102/2005 lautet:

"(3) Eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf eine Person,

1. die sich zur Aufnahme und Ausübung einer auf dem Arbeitsmarkt üblicherweise angebotenen, den gesetzlichen und kollektivvertraglichen Vorschriften entsprechenden zumutbaren versicherungspflichtigen Beschäftigung bereithält,

2. die sich berechtigt im Bundesgebiet aufhält, um eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen und auszuüben, und

3. die nicht den Tatbestand des § 34 Abs. 3 Z 2 des Fremdengesetzes 1997 (FrG), BGBl. I Nr. 75, unter Berücksichtigung des § 34 Abs. 4 FrG erfüllt."

Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, dass § 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG verfassungskonform dahingehend auszulegen sei, dass er trotz des gegen ihn rechtskräftig erlassenen Rückkehrverbots dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehe.

Der Gesetzgeber hat durch die mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 71/2003 erfolgte Novellierung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes eine eindeutige Verknüpfung zwischen der Berechtigung zum Aufenthalt zum Zweck der Aufnahme und Ausübung einer unselbständigen Beschäftigung und der Leistungsverpflichtung der Arbeitslosenversicherung vorgenommen. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 1. Oktober 2005, Zl. G 61/05, die vom Verwaltungsgerichtshof vorgebrachten Bedenken gegen die Neufassung dieser Bestimmung verworfen und ausgeführt, dass durch die Bestimmung des § 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG idF BGBl. I Nr. 71/2003 das versicherte Risiko jedenfalls sachlich abgegrenzt sei (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2006, Zl. 2005/08/0211, mwN).

Durch die Neufassung des § 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG durch die Novelle BGBl. I Nr. 102/2005 wurde die Verknüpfung zwischen der Aufenthaltsberechtigung zum Zweck der Aufnahme und Ausübung einer unselbständigen Beschäftigung mit der Leistungsverpflichtung der Arbeitslosenversicherung nicht aufgegeben. Auch nach dieser Neufassung kommt es nicht auf die subjektive Absicht des Betroffenen an, im Inland eine Beschäftigung aufnehmen zu wollen, sondern darauf, dass seine Berechtigung zum Aufenthalt die Möglichkeit einer Beschäftigungsaufnahme in rechtlicher Hinsicht abdeckt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2006, Zl. 2006/08/0020).

Vor diesem Hintergrund erweist sich daher die von der belangten Behörde vorgenommene Beurteilung, der Beschwerdeführer sei mangels eines entsprechenden Aufenthaltstitels nicht verfügbar, als zutreffend: Gemäß § 62 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 gilt ein gegen einen Asylwerber verhängtes Rückkehrverbot als Entzug des Aufenthaltsrechtes. Wird über einen Asylwerber daher ein Rückkehrverbot (rechtskräftig) erlassen, hält er sich - ungeachtet eines bestehenden faktischen Abschiebeschutzes - im Sinne der Bestimmung des § 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG, welche materiell auf die jeweils geltenden, den Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet regelnden Bestimmungen verweist, nicht berechtigt im Bundesgebiet auf, um eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen und auszuüben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 2008, Zl. 2007/08/0342).

Soweit der Beschwerdeführer grundrechtliche Erwägungen im Hinblick auf Art. 1 1. ZP EMRK und die Gleichbehandlung für die von ihm vertretene Auslegung ins Treffen führt, ist er darauf das zu verweisen, dass der Verfassungsgerichtshof in seinem schon zitierten Erkenntnis vom 1. Oktober 2005 gerade unter dem Blickwinkel der diesbezüglichen Verfassungsnormen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Beschränkung des Anspruches auf Arbeitslosengeld auf Personen mit aufenthaltsrechtlicher Berechtigung zur Aufnahme einer unselbständigen Beschäftigung gehabt hat.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 20. Februar 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007080301.X00

Im RIS seit

15.04.2008

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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