TE Vwgh Erkenntnis 2008/2/22 2007/17/0128

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Veröffentlicht am 22.02.2008
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Index

L34007 Abgabenordnung Tirol;
L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L37167 Kanalabgabe Tirol;
L82007 Bauordnung Tirol;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §209;
BauO Tir 1974 §20;
B-VG Art18 Abs2;
KanalanschlußgebührenO Innsbruck 1960 §3 Abs1;
LAO Tir 1984 §156;
LAO Tir 1984 §50 Abs2;
LAO Tir 1984 §51;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde der B GmbH in Innsbruck, vertreten durch Dr. Markus Heis, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 3, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 6. Juni 2007, Zl. I-Präs-00688e/2006, betreffend Vorschreibung von Kanalanschlussgebühren (Ergänzungsgebühren), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1.1. Mit Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 25. Jänner 2006 (laufende Nummer 1232) wurde der Rechtsvorgängerin der beschwerdeführenden Partei unter Bezugnahme auf die mit Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 1. September 1997 erteilte Baugenehmigung auf Grund der Bestimmungen der Vorschrift über die Erhebung von Kanalanschlussgebühren (Gemeinderatsbeschluss vom 7. Juli 1960 in der geltenden Fassung) eine Kanalanschlussgebühr (Ergänzungsgebühr) in der Höhe von S 834.900,-- (EUR 60.674,55) vorgeschrieben.

1.1.2. Mit dem weiteren Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck gleichfalls vom 25. Jänner 2006 (laufende Nummer 1233) wurde der Rechtsvorgängerin der beschwerdeführenden Partei unter Bezugnahme auf den Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 22. April 1999, mit dem die Baugenehmigung für eine Änderung der mit Bescheid vom 1. September 1997 erteilten Baubewilligung erteilt worden war, gleichfalls auf Grund der Bestimmungen der Vorschrift über die Erhebung von Kanalanschlussgebühren eine Kanalanschlussgebühr (Ergänzungsgebühr) von S 6.968,50 (EUR 506,42) vorgeschrieben.

1.2. In ihrer gegen beide Bescheide erhobenen Berufung brachte die beschwerdeführende Partei unter anderem vor, der Baubewilligungsbescheid vom 1. September 1997 sei dem ausgewiesenen Rechtsvertreter nachweislich am 3. September 1997 zugestellt worden und am 17. September 1997 in Rechtskraft erwachsen. Gemäß § 154 Abs. 2 Tiroler Landesabgabenordnung - TLAO, LGBl. Nr. 34/1984 in der Fassung LGBl. Nr. 112/2001, betrage die Verjährungsfrist fünf Jahre und beginne gemäß § 155 Abs. 1 lit. a TLAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden sei. Der Anspruch auf Kanalanschlussgebühren sei daher mit Ablauf des 31. Dezember 2002 verjährt.

Mit Schreiben vom 6. Dezember 2004 habe die Abgabenbehörde die Bauwerberin (beschwerdeführende Partei) aufgefordert, mitzuteilen, ob mit dem "gegenständlichen" Bau bereits begonnen worden sei. Im Hinblick auf die Bestimmung des § 156 TLAO sei diese die Verjährungsfrist unterbrechende Amtshandlung bereits nach Ablauf der Verjährungsfrist erfolgt und daher unbeachtlich.

Unabhängig davon stehe die beschwerdeführende Partei auf dem Standpunkt, dass mit dem Schreiben vom 6. Dezember 2004 die Verjährung grundsätzlich nicht unterbrochen werden könne; Verjährungsbestimmungen dienten der Rechtssicherheit. "Derartige Schreiben stellen jedoch die Rechtssicherheit grundsätzlich in Frage".

Es sei weiters anzuführen, dass keinerlei Nachweis vorliege, ob das Schreiben vom 6. Dezember 2004 der beschwerdeführenden Partei auch tatsächlich zugekommen sei; die beschwerdeführende Partei sei "im gesamten Verfahren" vom Beschwerdevertreter rechtsfreundlich vertreten gewesen. Diesem sei das Schreiben vom 6. Dezember 2004 jedenfalls nicht zugestellt worden.

Im Übrigen habe die Behörde es unterlassen, bestehende Kubaturen anzurechnen. Es seien alle (auch die hier gegenständlichen) Bescheide mangelhaft, weil die dort angeführten "Ziffern nicht auf Basis der tatsächlichen Kubaturen" aufbauten.

Der Vollständigkeit halber werde noch darauf hingewiesen, dass auch der Bescheidadressat unrichtig angeführt werde; die B GmbH & Co KG gebe es nicht mehr, Rechtsnachfolgerin sei die beschwerdeführende B GmbH. Die Bescheide in der ausgewiesenen Form seien daher nicht vollstreckbar.

Nach der Einführung des Euro als Zahlungsmittel seien die nationalen Gesetz- und Verordnungsgeber verpflichtet gewesen, Schillingbeträge auf die neue Währung umzustellen. Teilweise seien jedoch (nur) "reine Umrechnungsverordnungen" beschlossen worden. Die Stadt Innsbruck habe es offensichtlich unter Außerachtlassung der Verpflichtung für den Verordnungsgeber unterlassen, den Beschluss des Gemeinderates vom 7. Juli 1960 über die Erhebung von Kanalanschlussgebühren entsprechend umzustellen. Es werde nur in den Bescheiden jeweils unter dem Schillinggesamtbetrag in Klammer ein Eurobetrag angeführt. Durch dieses rechtswidrige Unterbleiben der Euroumstellung in den jeweiligen Verordnungen "belaste" der Gemeinderat die vorgenannten Verordnungen bzw. Beschlüsse des Gemeinderates mit Rechtswidrigkeit. Die Bescheide bezögen sich daher auf "Nichtzahlungsmittel" und seien deshalb mit Rechtswidrigkeit belastet. Schillingbeträge könnten nicht mehr einbezahlt werden.

1.3. Der Stadtmagistrat der Landeshauptstadt Innsbruck gab dieser Berufung der beschwerdeführenden Partei mit Berufungsvorentscheidung vom 31. August 2006 keine Folge.

Soweit die beschwerdeführende Partei Verjährung vorbringe, sei auf das Schreiben der Abgabenbehörde vom 11. November 2002, gerichtet an die Rechtsvorgängerin der beschwerdeführenden Partei, zu verweisen. Dieses Schreiben sei am 14. November 2002 zugestellt worden und habe die Verjährung unterbrochen. Diese habe somit mit 1. Jänner 2003 neu zu laufen begonnen und würde erst mit dem 31. Dezember 2007 enden.

Was die mit Baubescheid vom 22. April 1999 bewilligten Änderungen betreffe, so sei diesbezüglich mit Schreiben der Abgabenbehörde vom 6. Dezember 2004, gerichtet an die Rechtsvorgängerin der beschwerdeführenden Partei, ebenfalls eine Unterbrechungshandlung im Sinne des § 156 Abs. 1 TLAO gesetzt worden. Dieses Schriftstück sei nachweislich am 10. Dezember 2004 zugestellt worden. Die Verjährungsfrist habe daher mit 1. Jänner 2005 neu zu laufen begonnen und würde erst mit dem 31. Dezember 2009 enden.

Die Abgabenvorschreibungen seien daher eindeutig vor Ablauf der Verjährungsfristen erfolgt. Daran vermöge auch der Hinweis auf die Vertretungsbefugnis durch den einschreitenden Rechtsanwalt nichts zu ändern, zumal diese (entgegen § 63 TLAO) der Abgabenbehörde gegenüber nie namhaft gemacht worden sei.

Was die Frage des Bescheidadressaten betreffe, sei den Berufungsausführungen zu erwidern, dass gemäß § 17 Abs. 1 TLAO bei Gesamtrechtsnachfolge ohnedies die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger übergingen, weshalb auch dieser Einwand versage. Da die Rechtsvorgängerin der beschwerdeführenden Partei nach wie vor im Grundbuch als Miteigentümerin angeführt werde, habe die Abgabenbehörde bis zum Zeitpunkt der Berufung durch die beschwerdeführende Partei keinerlei Kenntnis der Rechtsnachfolge gehabt, weshalb die Bescheide (zu Recht) an die Rechtsvorgängerin gerichtet gewesen seien.

Die Verpflichtung zur Festsetzung der Tarife in Schilling und Euro habe erstmals für das Rechnungsjahr 2001 bestanden. Tarife, die für Vorjahre anzuwenden seien, seien von dieser Verpflichtung nicht erfasst worden. Die rechtskonforme Festsetzung der in Innsbruck anzuwendenden Tarife sei in den jährlichen Haushaltssatzungen (Verordnungen des Gemeinderates) bis zum Jahre 2000 in Schilling, für 2001 in Schilling und in Klammer in Euro, für 2002 in Euro und in Klammer in Schilling und ab 2003 nur mehr in Euro erfolgt. Eine Einzahlung der Abgaben sei sehr wohl möglich gewesen, weil die Schillingendbeträge unter Anwendung des amtlichen Umrechnungsfaktors zusätzlich als Eurobeträge angeführt worden seien.

Was die behauptete Nichtberücksichtigung von bestehenden Kubaturen betreffe, werde darauf verwiesen, dass für die mit Baubescheid vom 1. September 1997 bewilligten Baumaßnahmen eine Neubaumasse von 72.410 m3 ermittelt worden sei, wovon auf Grund der anzuwendenden Anrechnungsbestimmungen bei der Festsetzung der Kanalanschlussgebühr (laufende Nummer 1232) eine Abbruchkubatur von 49.410 m3 in Abzug gebracht worden sei.

Für die mit Baubescheid vom 22. April 1999 genehmigten Änderungsmaßnahmen sei eine Neubaumasse von 181 m3 von der Baubehörde bekannt gegeben worden, wobei hier keinerlei Abbruchkubatur entstanden sei, weshalb ein Eingehen darauf unterbleiben könne.

1.4. Die belangte Behörde wies mit ihrem Bescheid vom 6. Juni 2007 die Berufung - nach Stellung eines Vorlageantrages durch die beschwerdeführende Partei - als unbegründet ab.

Nach Wiedergabe des Parteienvorbringens verwies die Berufungsbehörde zunächst zur Begründung ihres Bescheides auf die Begründung der Berufungsvorentscheidung. Sie teile diese sowohl in der Frage des ermittelten Tatbestandes wie auch der rechtlichen Beurteilung. Im Vorlageantrag sei weder neues Tatsachenvorbringen erstattet worden, noch seien neue rechtliche Argumente angeführt worden.

Soweit eine mangelhafte Berechnung der Kubatur gerügt werde, sei nach den im Einzelnen angeführten einschlägigen Bestimmungen der Vorschrift über die Erhebung von Kanalanschlussgebühren die Abbruchkubatur von 49.410 m3 von der Neubaumasse in Abzug gebracht worden und die Ergänzungsgebühr auf Basis der anrechenbaren Baumasse von 23.000 m3 vorgeschrieben worden.

Zur Frage der Verjährung werde darauf hingewiesen, dass hier unterbrechend nicht nur ein verfahrensnotwendiges Handeln, sondern schlechthin ein Organhandeln wirke, das auf die Feststellung eines Abgabenanspruches oder des Abgabepflichtigen gerichtet sei, wenn das Organhandeln der sachlich zuständigen Behörde zuzurechnen sei (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1987, Zl. 85/15/0131). Ausgehend von der im Einzelnen näher dargelegten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wirkten sowohl das Schreiben vom 11. November 2002 wie auch das Schreiben vom 6. Dezember 2004 als Unterbrechungshandlungen im Sinne des § 156 Abs. 1 TLAO.

Auch hinsichtlich der prozessualen Auswirkungen der Gesamtrechtsnachfolge sowie der Angabe des Schilling bzw. des Euro als Zahlungsmittel teilte die belangte Behörde mit im wesentlichen gleich lautenden Argumenten die Ansicht der Behörde erster Instanz in der Berufungsvorentscheidung.

1.5. Die beschwerdeführende Partei macht in ihrer dagegen erhobenen Beschwerde Rechtswidrigkeit des Inhaltes des bekämpften Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Die Beschwerde rügt zunächst die Zusammensetzung der Berufungskommission; es widerspreche dem Grundsatz der Gewaltenteilung, wenn die selben Organe, die an der Erlassung von Verordnungen beteiligt seien, an Entscheidungen über jene Verordnungen mitwirkten, die sie selbst erlassen haben. In der Berufungskommission seien zwei Gemeinderäte, zu deren Aufgabenbereich die Erlassung von Verordnungen gehöre. Die Zusammensetzung des Berufungssenates sei deshalb bedenklich.

Verfassungsrechtliche Bedenken in der in der Beschwerde angedeuteten, jedoch nicht näher ausgeführten Hinsicht sind in diesem Zusammenhang beim Verwaltungsgerichtshof aber nicht entstanden (vgl. schon Art. 18 Abs. 2 B-VG).

2.2.1. Die beschwerdeführende Partei bringt des Weiteren - zusammengefasst - vor, die Abgabenbehörden hätten eine falsche Rechtsgrundlage angenommen: Am 25. Jänner 2006, als die Bescheide laufende Nummer 1232 und laufende Nummer 1233 über die Vorschreibung von Kanalanschlussgebühren (Ergänzungsgebühren) erlassen worden seien, sei die diesen Bescheiden zu Grunde liegende Gebührenordnung (Vorschrift über die Erhebung von Kanalanschlussgebühren entsprechend dem Gemeinderatsbeschluss vom 7. Juli 1960 in der geltenden Fassung) bereits außer Kraft getreten gewesen. Die genannten Bescheide hätten sich somit auf die Kanalanschlussgebührenordnung entsprechend dem Gemeinderatsbeschluss vom 21. Juni 2001 stützen müssen.

Die beschwerdeführende Partei übersieht damit § 9 Abs. 3 der erwähnten Kanalanschlussgebührenordnung der Landeshauptstadt Innsbruck 2001, wonach auf Kanalanschlussgebühren, bei denen der Abgabenanspruch vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung entstanden ist, die bisher in Geltung gestandenen Rechtsvorschriften (sohin die gemäß § 9 Abs. 2 leg. cit. außer Kraft tretende Vorschrift über die Erhebung von Kanalanschlussgebühren, Gemeinderatsbeschluss vom 7. Juli 1960) weiterhin anzuwenden sind. Die Abgabenbehörden haben die Abgabenvorschreibung auf den Tatbestand des § 4 der Vorschrift über die Erhebung von Kanalanschlussgebühren der Stadtgemeinde Innsbruck 1960 gestützt, dem zu Folge es auf den Zeitpunkt der Rechtskraft des Bewilligungsbescheides ankommt. Da dieser Zeitpunkt vor dem Inkrafttreten der Kanalanschlussgebührenordnung der Landeshauptstadt Innsbruck 2001 mit 1. Juli 2001 (vgl. § 9 Abs. 1 der Kanalanschlussgebührenordnung) liegt, ist für die Beurteilung der Rechtsrichtigkeit des angefochtenen Bescheides daher die Vorschrift über die Erhebung von Kanalanschlussgebühren der Stadtgemeinde Innsbruck 1960 heranzuziehen.

2.2.2. Die Vorschrift über die Erhebung von Kanalanschlussgebühren der Stadtgemeinde Innsbruck (in der Folge: KanalanschlussgebührenVO), Gemeinderatsbeschluss vom 7. Juli 1960 (in der Fassung vor der teilweisen Aufhebung durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Oktober 2004, V 40/04), lautet:

"§ 1

Allgemeines

Die Stadtgemeinde Innsbruck erhebt zu ihrem Kostenaufwand für die Herstellung der öffentlichen Kanalanlagen von allen Anwesen, welche an diese Anlagen angeschlossen werden, eine einmalige Gebühr (Kanalanschlussgebühr).

§ 2

Bemessungsgrundlage und Höhe der Gebühr

(1) Die Kanalanschlussgebühr setzt sich aus einem Bauplatzanteil und einem Baumassenanteil zusammen; die Höhe der Gebühr wird durch Zusammenzählen beider Bestandteile ermittelt.

...

(8) Wird der Bauplatz oder die Baumasse einer baulichen Anlage nach Vorschreibung der Abgabe vergrößert, ist für die Erweiterung eine nach den obigen Absätzen zu ermittelnde Ergänzungsgebühr zu entrichten.

(9) Wird ein Gebäude abgebrochen und an der selben Stelle ein Neubau errichtet, ist nur die den früheren Bestand übersteigende Kubatur der Abgabenerhebung zugrunde zu legen.

(10) Der Einheitssatz ist vom Gemeinderat jährlich für das gesamte Stadtgebiet einheitlich festzusetzen. ...

§ 3

Baumasse

(1) Die Baumasse ist nach den Bestimmungen des § 20 der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 42/1974, in der jeweils geltenden Fassung zu ermitteln.

...

§ 4

Gebührenpflicht

Die Gebührenpflicht entsteht bei Bauten, welche nach dem 26.6.1969 baubehördlich bewilligt wurden, mit dem Eintritt der Rechtskraft des Bewilligungsbescheides; in allen übrigen Fällen mit dem Eintritt der Rechtskraft des Bewilligungsbescheides zur Herstellung des Kanalanschlusses."

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 13. Oktober 2004, V 40/04 = VfSlg. 17.335, in § 3 Abs. 1 der KanalanschlussgebührenVO die Wortfolge "in der jeweils geltenden Fassung" mit der Begründung als gesetzwidrig aufgehoben, dass es sich dabei um eine - die verfassungsgesetzlich gewährleistete Gemeindeautonomie in unzulässiger Weise einschränkende - unzulässige dynamische Verweisung handle. In dem selben Erkenntnis hob der Verfassungsgerichtshof unter anderem auch in § 4 der KanalanschlussgebührenVO die Wortfolge "bei Bauten, welche nach dem 26.6.1969 baubehördlich bewilligt wurden, mit dem Eintritt der Rechtskraft des Bewilligungsbescheides; in allen übrigen Fällen" als gesetzwidrig auf. Die Aufhebung trat mit 31. März 2005 in Kraft.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20. März 2007, Zl. 2004/17/0209, ausgesprochen hat, ist die KanalanschlussgebührenVO auf die vor diesem Zeitpunkt verwirklichten Tatbestände in der Fassung vor der Aufhebung - mit Ausnahme des Anlassfalles - weiter anzuwenden. Da der Beschwerdefall kein Anlassfall war, hat der Verwaltungsgerichtshof der Prüfung des angefochtenen Bescheides die Rechtslage vor der Aufhebung der genannten Wortfolgen zu Grunde zu legen.

2.3.1. Ausgehend von der anzuwendenden Rechtslage haben die Abgabenbehörden zutreffend die Verwirklichung des Abgabenanspruches mit den bereits mehrfach genannten Bescheiden aus den Jahren 1997 und 1999 angenommen.

Soweit die Beschwerde eine unzutreffende Berechnung der Kubatur rügt, geht sie insoferne von falschen rechtlichen Voraussetzungen, nämlich von der Anwendung der Kanalanschlussgebührenordnung 2001 aus.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach (vgl. seine Erkenntnisse vom 13. Dezember 2004, Zl. 2003/17/0114, vom 1. Juli 2005, Zl. 2004/17/0198, und vom 20. März 2007, Zl. 2004/17/0209) ausgeführt hat, ist der Verweis in der KanalanschlussgebührenVO (1960) als Verweisung auf den im Zeitpunkt der Erlassung der KanalanschlussgebührenVO in Kraft gestandenen Baumassenbegriff des § 20 Tiroler Bauordnung (TBO), LGBl. 42/1974, zu verstehen.

Im Übrigen hat bereits die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid - im Einklang mit der Aktenlage und unter Hinweis auf die Berufungsvorentscheidung - darauf verwiesen, dass für die mit Baubescheid vom 1. September 1997 bewilligten Baumaßnahmen eine Neubaumasse von 72.410 m3 ermittelt worden war, wovon auf Grund der anzuwendenden Anrechnungsbestimmungen bei der Festsetzung der Kanalanschlussgebühr eine Abbruchkubatur von 49.410 m3 in Abzug gebracht worden sei.

Für die mit Baubescheid vom 22. April 1999 genehmigten Änderungsmaßnahmen wurde eine Neubaumasse von 181 m3 von der Baubehörde bekannt gegeben, wobei hier keinerlei Abbruchkubatur entstanden sei.

Dem tritt die Beschwerde inhaltlich nicht entgegen.

2.3.2. Die beschwerdeführende Partei bringt vor dem Verwaltungsgerichtshof weiters vor, zum Zeitpunkt der Vorschreibung der verfahrensgegenständlichen Abgabenbeträge mit den Bescheiden vom 25. Jänner 2006 sei bereits Verjährung eingetreten gewesen. Die belangte Behörde habe eine Unterbrechung der Verjährung auf jene inhaltlich identen Schreiben gestützt, die am 11. November 2002 und am 6. Dezember 2004 an die Bauwerberin gerichtet worden seien; mit diesen Schreiben sei "die Beschwerdeführerin" aufgefordert worden, bekannt zu geben, ob mit dem gegenständlichen Bau bereits begonnen worden sei. Diese Anfragen seien jedoch keine nach Außen erkennbaren Amtshandlungen im Sinne des § 156 TLAO, die geeignet seien, die Verjährungsfrist zu unterbrechen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 24. April 2007, Zlen. 2007/17/0029, 0030 und 0031, (auf welches auch hinsichtlich der anzuwendenden Rechtslage verwiesen wird) unter anderem ausgeführt:

"Wie der Verwaltungsgerichtshof zur inhaltsgleichen Bestimmung des § 209 BAO (in der Fassung vor BGBl. I Nr. 180/2004) ausgeführt hat, setzt eine Unterbrechungshandlung voraus, dass die Abgabenbehörde in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise etwas zur Feststellung des Steueranspruches unternimmt (vgl. bereits das hg. Erkenntnis vom 1. Dezember 1987, Zl. 85/16/0111). Die bloße Ankündigung einer Unterbrechungshandlung genügt allerdings noch nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1991, Zl. 89/17/0183).

Bei der Abgrenzung einer Unterbrechungshandlung von der bloßen Ankündigung einer Unterbrechungshandlung kommt es entscheidend darauf an, ob dem Schritt der Abgabenbehörde - über den bloßen Selbstzweck der angestrebten Unterbrechung der Verjährungsfrist hinausgehend - eine Funktion im Hinblick auf die Geltendmachung des Steueranspruches zukommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Juli 2006, Zl. 2006/15/0046, mwN).

In den Beschwerdefällen ist allerdings nicht zu erkennen, dass dem Schreiben vom 5. Dezember 2005 eine Funktion im Zusammenhang mit der Geltendmachung der Abgabenansprüche zugekommen wäre, welche über die beabsichtigte Unterbrechung der Verjährung hinausgeht. Das Schreiben enthält nämlich im Wesentlichen die Ankündigung, dass die Abgaben voraussichtlich im Jahr 2006 zur Vorschreibung gelangen werden. Darüber wurden mit diesem Schreiben keine Schritte zur Geltendmachung es Abgabenanspruches gesetzt, sondern solche Schritte erst angekündigt. Das Schreiben war somit nicht geeignet, eine im Lauf befindliche Verjährungsfirst zu unterbrechen. ..."

Zum Unterschied von dem dem soeben zitierten hg. Erkenntnis vom 24. April 2007 zu Grunde liegenden Schreiben vom 5. Dezember 2005 enthalten die vorliegenden Schreiben eine Frage nach dem Baubeginn, die auf die Absicht der Abgabenbehörde, einen Ermittlungsschritt für die Erhebung der Abgabe zu setzen, schließen lässt. Es kann daher der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie von einer Unterbrechungswirkung ausgeht. Darauf, ob die behördlichen Erhebungen zweckmäßig waren - was von der Beschwerde bezweifelt wird -, kommt es nämlich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht an, wonach sogar nicht notwendige bzw. gesetzwidrige Verwaltungsakte Unterbrechungswirkung entfalten könne (vgl.  Ritz, Bundesabgabenordnung3 Rz 7 zu § 209 BAO mit weiteren Nachweisen aus der hg. Rechtsprechung).

2.3.3. Soweit die Beschwerde schließlich noch darauf verweist, der beschwerdeführenden Partei sei in erster Instanz das rechtliche Gehör versagt worden, genügt schon der Hinweis, dass sie in der Berufung jedenfalls Gelegenheit hatte, diesem behaupteten Mangel des Verfahrens Abhilfe zu schaffen. Dass ihr aber rechtliches Gehör im Berufungsverfahren versagt worden wäre, behauptete die beschwerdeführende Partei nicht.

Wenn schließlich die Beschwerde (wiederum) darauf hinweist, dass der beschwerdeführenden Partei zu Unrecht Schillingbeträge mit den Abgabenbescheiden vorgeschrieben worden seien, ist zu bemerken, dass die Erfüllbarkeit der Abgabenverbindlichkeit durch die von der Behörde vorgenommene Umrechnung in Euro jedenfalls gegeben war. Eine Beeinträchtigung der beschwerdeführenden Partei in ihren subjektiven Rechten ist dem Verwaltungsgerichtshof insoweit nicht ersichtlich.

2.4. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 22. Februar 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007170128.X00

Im RIS seit

21.04.2008

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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