TE Vwgh Erkenntnis 2008/5/20 2005/11/0091

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Veröffentlicht am 20.05.2008
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
90/02 Führerscheingesetz;

Norm

FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §25 Abs3;
FSG 1997 §26 Abs3;
FSG 1997 §34;
FSG 1997 §7 Abs3 Z13;
FSG 1997 §7 Abs3 Z14;
FSG 1997 §7 Abs3;
FSG 1997 §7 Abs4;
FSG 1997 §7 Abs6;
FSG 1997 §8 Abs3;
FSG 1997 §8 Abs6;
FSG-GV 1997 §1 Abs1 Z1;
FSG-GV 1997 §1 Abs1 Z4;
FSG-GV 1997 §1 Abs1 Z5;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des E in M, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich vom 14. März 2005, Zl. VwSen-520897/2/Bi/Da, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und Lenkverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Anfechtung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Parteien des Beschwerdeverfahrens gehen übereinstimmend davon aus, dass mit - in Rechtskraft erwachsenem - Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 6. Juli 2004 die dem Beschwerdeführer erteilte Lenkberechtigung u.a. derart eingeschränkt worden war, dass diese bis 6. Juli 2005 befristet und dem Beschwerdeführer die Auflage erteilt wurde, alle drei Monate (am 6. Oktober 2004, 6. Jänner 2005, 6. April 2005 und 6. Juli 2005) einen "normwertigen CD-Tect-Wert" vorzulegen.

Die Vorlage dieses Befundes zum 6. Jänner 2005 unterblieb zunächst und erfolgte erst verspätet, am 18. oder 19. Jänner 2005 (nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers sei die Vorlage am 18. Jänner erfolgt, nach den Annahmen der belangten Behörde, die dazu aber keine nachvollziehbar begründeten Feststellungen getroffen hat, am 19. Jänner).

Am 17. Jänner 2005 wurde der Beschwerdeführer beim Lenken eines PKW betreten, was zur Einleitung des beschwerdegegenständlichen Verwaltungsverfahrens führte:

Mit Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 28. Jänner 2005 (dem Beschwerdeführer zugestellt am 1. Februar 2005) wurde die dem Beschwerdeführer erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen (Spruchpunkt I), ausgesprochen, dass für die Dauer von zwölf Monaten ab Zustellung des Bescheides keine Lenkberechtigung mehr erteilt werden darf (Spruchpunkt II), und das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen für denselben Zeitraum verboten (Spruchpunkt III).

Mit Vorstellungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 24. Februar 2005 wurde die Entziehung der Lenkberechtigung bestätigt (Spruchpunkt I), ausgesprochen, dass dem Beschwerdeführer für die Dauer von drei Monaten, gerechnet ab 1. Februar 2005, keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf (Spruchpunkt II), das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen für den selben Zeitraum verboten (Spruchpunkt III), und die aufschiebende Wirkung einer gegen den Bescheid allenfalls eingebrachten Berufung ausgeschlossen (Spruchpunkt IV).

Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 14. März 2005 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Vorstellungsbescheid dahin Folge gegeben, dass das Lenkverbot behoben wurde; im Übrigen wurde die Berufung abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen Folgendes aus:

Gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 FSG sei Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 FSG dürfe eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig seien.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 FSG gelte eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden müsse, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen unter anderem die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden werde. Als bestimmte Tatsache habe gemäß § 7 Abs. 3 Z 13 FSG insbesondere zu gelten, wenn jemand die Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen als Lenker eines Kraftfahrzeuges nicht eingehalten habe.

Gemäß § 7 Abs. 6 letzter Satz FSG gelte die Auflage der ärztlichen Kontrolluntersuchung gemäß Abs. 3 Z 13 als nicht eingehalten, wenn der Befund oder das ärztliche Gutachten nicht innerhalb von einer Woche nach Ablauf der festgesetzten Frist der Behörde vorgelegt wird.

Nach der Begriffsbestimmung des § 1 Abs. 1 Z 5 FSG-GV bilde die "ärztliche Kontrolluntersuchung" die Grundlage für eine fachärztliche Stellungnahme auf Grund bestimmter Leiden, die im Hinblick auf eine Befristung der Lenkberechtigung regelmäßig durchzuführen sei und für die amtsärztliche Nachuntersuchung erforderlich sei.

Im Gegensatz dazu sei unter dem Begriff "amtsärztliche Nachuntersuchung" gemäß § 1 Abs. 1 Z 4 FSG-GV die Grundlage für ein von einem Amtsarzt zu erstellendes ärztliches Gutachten über die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen zu verstehen.

Demnach sei unter "Kontrolluntersuchung" die amtsärztliche Untersuchung des Inhabers einer unter der Auflage der regelmäßigen Beibringung bestimmter Befunde erteilten Lenkberechtigung zu verstehen, die dazu diene festzustellen, inwieweit z.B. die vorgelegten Facharztbefunde oder auch Leber-Laborwerte der Auflage entsprechen, also "normwertig" seien. Im Beschwerdefall habe der Beschwerdeführer alle drei Monate einen "normwertigen CD-Tect-Wert" sowie die Bestätigung über eine absolvierte Psychotherapie vorzulegen. Den Termin 6. Jänner 2005 habe der Beschwerdeführer unbestritten versäumt, indem er den genannten Befund betreffend den Leberwert nicht vorgelegt habe, sodass auch keine Kontrolluntersuchung durch den Amtsarzt habe erfolgen können. Wenn der Beschwerdeführer geltend mache, er habe einen schlechten Wert auf Grund der wegen seines Hörsturzes eingenommenen Medikamente befürchtet, "hätte er zumindest seine Überlegungen der Erstinstanz mitteilen müssen", welche die Frist hätte verlängern können. Der Beschwerdeführer habe dennoch am 17. Jänner 2005 einen PKW auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt, sodass er zweifellos eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 Z 13 FSG verwirklicht habe.

Gemäß § 25 Abs. 3 FSG sei bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Die Erstinstanz habe eben diese Mindestentziehungsdauer, gerechnet ab dem Tag der Zustellung des Mandatsbescheids, dem 1. Februar 2005, ausgesprochen, "sodass eine Wertung im Sinne des § 7 Abs. 4 FSG zu keinem günstigeren Ergebnis führen könne", auch wenn zu bedenken sei, dass der Beschwerdeführer eine Bestätigung der Beratungsstelle E. vom 3. Dezember 2004 über seine Teilnahme an den Gruppenterminen vom 4. November und 2. Dezember 2004 vorgelegt habe, die bereits Gegenstand der Kontrolluntersuchung vom 15. Dezember 2004 gewesen seien.

Gegen diesen Bescheid - soweit mit ihm die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen wurde - richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Im Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Führerscheingesetzes (FSG) und der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung (FSG-GV) von Bedeutung:

1.1. FSG:

"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:

...

2. verkehrszuverlässig sind (§ 7),

...

(2) Personen, denen eine Lenkberechtigung mangels Verkehrszuverlässigkeit entzogen wurde, darf vor Ablauf der Entziehungsdauer keine Lenkberechtigung erteilt werden.

...

Verkehrszuverlässigkeit

§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

...

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

...

13. die Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen als Lenker eines Kraftfahrzeuges nicht eingehalten hat;

14. sonstige vorgeschriebene Auflagen als Lenker eines Kraftfahrzeuges wiederholt nicht eingehalten hat;

...

(4) Für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

...

(6) ... Die Auflage der ärztlichen Kontrolluntersuchungen gemäß Abs. 3 Z 12 gilt als nicht eingehalten, wenn der Befund oder das ärztliche Gutachten nicht innerhalb einer Woche nach Ablauf der festgesetzten Frist der Behörde vorgelegt wird.

(7) Wurde ein Verstoß gegen Auflagen gemäß Abs. 3 Z 13 oder 14 begangen, so hat die Behörde, in deren Sprengel die Übertretung begangen wurde, die Wohnsitzbehörde unverzüglich von diesem Umstand zu verständigen.

...

Gesundheitliche Eignung

§ 8. (1) Vor der Erteilung einer Lenkberechtigung hat der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, daß er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Klassen von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als ein Jahr sein und ist von einem im örtlichen Wirkungsbereich der Behörde, die das Verfahren zur Erteilung der Lenkberechtigung durchführt, in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen.

...

(3) Das ärztliche Gutachten hat abschließend auszusprechen:

'geeignet', 'bedingt geeignet', 'beschränkt geeignet' oder 'nicht geeignet'. Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund

...

2. zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er ... sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten "bedingt geeignet" für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind;

...

(4) Wenn das ärztliche Gutachten die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen von der Erfüllung bestimmter Auflagen, wie insbesondere die Verwendung von bestimmten Behelfen oder die regelmäßige Beibringung einer fachärztlichen Stellungnahme abhängig macht, so sind diese Auflagen beim Lenken von Kraftfahrzeugen zu befolgen.

...

(6) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat nach den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit, dem jeweiligen Stand der medizinischen und psychologischen Wissenschaft und der Technik entsprechend, durch Verordnung die näheren Bestimmungen festzusetzen über:

1. die ärztliche Untersuchung und die Erstellung des ärztlichen Gutachtens (Abs. 1 und 2); hiebei ist auch festzusetzen, unter welchen Auflagen oder Beschränkungen Personen, bei denen bestimmte gesundheitliche Beeinträchtigungen vorliegen, als zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeignet zu gelten haben (Abs. 3 Z 2 und 3);

...

5. Abschnitt

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung

Allgemeines

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.

die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2.

die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken....

Dauer der Entziehung

§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Endet die Gültigkeit der Lenkberechtigung vor dem Ende der von der Behörde prognostizierten Entziehungsdauer, so hat die Behörde auch auszusprechen, für welche Zeit nach Ablauf der Gültigkeit der Lenkberechtigung keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf.

...

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen.

..."

1.2. FSG-GV:

"Begriffsbestimmungen

§ 1. (1) Im Sinne dieser Verordnung bedeutet:

1. ärztliches Gutachten: ein von einem Amtsarzt oder von einem gemäß § 34 FSG bestellten sachverständigen Arzt für Allgemeinmedizin gemäß der Anlage erstelltes Gutachten, das in begründeten Fällen auch fachärztliche Stellungnahmen, gegebenenfalls eine Beobachtungsfahrt gemäß § 9 FSG oder erforderlichenfalls auch eine verkehrspsychologische Stellungnahme zu umfassen hat.

2. fachärztliche Stellungnahme: diese hat ein Krankheitsbild zu beschreiben und dessen Auswirkungen auf das Lenken von Kraftfahrzeugen zu beurteilen und ist von einem Facharzt des entsprechenden Sonderfaches abzugeben. In dieser ist gegebenenfalls auch die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit mitzubeurteilen.

...

4. amtsärztliche Nachuntersuchung: Grundlage für ein von einem Amtsarzt erstelltes ärztliches Gutachten über die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen eines Besitzers einer Lenkberechtigung; sie umfaßt sowohl das Aktenstudium als auch die Beurteilung allfälliger fachärztlicher oder verkehrspsychologischer Stellungnahmen sowie gegebenenfalls eine Beobachtungsfahrt und hat sich auf die gesundheitlichen Mängel zu beschränken, auf Grund derer die Nachuntersuchung vorgeschrieben wurde, es sei denn, anläßlich der Nachuntersuchung treten andere Auffälligkeiten auf.

5. ärztliche Kontrolluntersuchung: Grundlage für eine fachärztliche Stellungnahme, auf Grund bestimmter Leiden, die im Hinblick auf eine Befristung der Lenkberechtigung regelmäßig durchzuführen ist und für die amtsärztliche Nachuntersuchung erforderlich ist.

...

Allgemeines

§ 2. (1) Das ärztliche Gutachten hat gegebenenfalls auszusprechen:

1. ob und nach welchem Zeitraum eine amtsärztliche Nachuntersuchung erforderlich ist,

2. ob und in welchen Zeitabständen ärztliche Kontrolluntersuchungen erforderlich sind,

...

Ärztliche Kontrolluntersuchungen können in den Fällen der §§ 5 bis 16 als Auflage gemäß § 8 Abs. 3 FSG im Zusammenhang mit einer Befristung als Voraussetzung für die amtsärztliche Nachuntersuchung vorgeschrieben werden.

...

(3) Im Falle, daß das ärztliche Gutachten eine amtsärztliche Nachuntersuchung oder ärztliche Kontrolluntersuchungen oder die Verwendung von bestimmten Körperersatzstücken oder Behelfen vorschreibt, ist die Lenkberechtigung nur bis zu dem Zeitpunkt der nächsten amtsärztlichen Nachuntersuchung befristet, erforderlichenfalls unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen, oder unter der Auflage der Verwendung dieser Körperersatzstücke oder Behelfe zu erteilen. Die Befristung oder Auflage ist gemäß § 13 Abs. 2 FSG in den Führerschein einzutragen. Werden ärztliche Kontrolluntersuchungen als Auflage vorgeschrieben, so ist der Befund oder das Gutachten in den vorgeschriebenen Zeitabständen gemeinsam mit dem Führerschein der Behörde vorzulegen."

2.1. Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, der Umstand, dass er entgegen dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 6. Juli 2004 den geforderten "CD-Tect-Wert" (Befund über Leberfunktionsparameter) erst verspätet am 18. Jänner 2005 vorgelegt habe, könne keine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 Z 13 FSG begründen, handle es sich doch dabei nicht um eine "ärztliche Kontrolluntersuchung" im Sinne dieser Bestimmung, vielmehr um eine "sonstige vorgeschriebene Auflage" im Sinne der Z 14. Diesfalls liege erst bei einem wiederholten Verstoß (was dem Beschwerdeführer aber nicht angelastet worden sei) eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 FSG vor.

2.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend:

Eine Legaldefinition des Begriffs "ärztliche Kontrolluntersuchung" findet sich im FSG zwar nicht. In § 1 Abs. 1 Z 5 der - auf der Grundlage des § 8 Abs. 6 FSG erlassenen - FSG-GV wird die "ärztliche Kontrolluntersuchung" definiert als "Grundlage für eine fachärztliche Stellungnahme..., die im Hinblick auf eine Befristung der Lenkberechtigung regelmäßig durchzuführen ist und für die amtsärztliche Nachuntersuchung erforderlich ist".

Die "amtsärztliche Nachuntersuchung" wiederum wird in § 1 Abs. 1 Z 4 FSG-GV definiert als "Grundlage für ein von einem Amtsarzt erstelltes ärztliches Gutachten ...".

Das "ärztliche Gutachten", das nach § 1 Abs. 1 Z 1 FSG-GV von einem Amtsarzt oder von einem gemäß § 34 FSG bestellten sachverständigen Arzt für Allgemeinmedizin zu erstellen ist, hat in begründeten Fällen auch fachärztliche Stellungnahmen zu umfassen.

Daraus wird jedenfalls deutlich, dass die "ärztliche Kontrolluntersuchung" Basis für eine "amtsärztliche Nachuntersuchung" ist, die wiederum dem "amtsärztlichen Gutachten" vorauszugehen hat (gemäß § 8 Abs. 3 FSG können ärztliche Kontrolluntersuchungen als Auflage im Zusammenhang mit einer Befristung als Voraussetzung für die amtsärztliche Nachuntersuchung vorgeschrieben werden).

Es ist deshalb kein Grund ersichtlich, warum die "ärztliche Kontrolluntersuchung" im Sinne des § 7 Abs. 3 Z 13 FSG, so wie der Beschwerdeführer meint, nur die ihm zum Ende der Befristung (6. Juli 2005) vorgeschriebene Nachuntersuchung durch den Amtsarzt, nicht aber (auch) die quartalsweise zu erbringenden Befunde umfassen soll: Dies wird auch deutlich aus der Bestimmung des § 7 Abs. 6 letzter Satz FSG, wäre doch sonst unverständlich, dass auch die nicht fristgerechte Vorlage eines hier explizit genannten "Befundes" als Nichteinhaltung der genannten Auflage gilt.

Als Zwischenergebnis kann daher festgehalten werden, dass die dem Beschwerdeführer mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 6. Juli 2004 als Auflage vorgeschriebene Vorlage von "CD-Tect-Werten" im Fall ihrer Nichterfüllung der Z 13 des § 7 Abs. 3 FSG zuzuordnen ist, sodass schon ein einmaliger Verstoß - im Gegensatz zu Z 14 - eine bestimmte Tatsache bilden kann.

2.3. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer am 18. oder 19. Jänner 2005, also jedenfalls noch vor Erlassung des Mandatsbescheids, einen "normwertigen CD-Tect-Wert" vorgelegt hat, ändert nichts mehr daran, dass die Behörde vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 Z 13 FSG ausgehen konnte: § 7 Abs. 6 letzter Satz FSG legt nämlich fest, dass die in Rede stehende Auflage dann als nicht eingehalten gilt, wenn der Befund oder das ärztliche Gutachten nicht innerhalb einer einwöchigen Nachfrist der Behörde vorgelegt wird, sodass kein Raum für die dem Beschwerdeführer vorschwebende gegenteilige Annahme (es reiche aus, wenn die Vorlage vor Erlassung des Entziehungsbescheides erfolge) bleibt.

3. Dennoch ist die Beschwerde begründet:

Die Auffassung der belangten Behörde, der Umstand, dass die erstinstanzliche Behörde eine Entziehungsdauer von drei Monaten, also die Mindestentziehungsdauer gemäß § 25 Abs. 3 FSG, festgesetzt habe, mache eine Wertung im Sinne des § 7 Abs. 4 FSG entbehrlich ("sodass eine Wertung im Sinne des § 7 Abs. 4 FSG zu keinem günstigeren Ergebnis führen kann"), ist verfehlt:

Gemäß § 25 Abs. 3 FSG 1997 darf bei Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit eine Entziehungsdauer von weniger als drei Monaten nicht festgesetzt werden. Trifft daher die Annahme, der Betroffene werde für einen Zeitraum von mindestens drei Monaten verkehrsunzuverlässig sein, nicht (mehr) zu, so darf eine Entziehung der Lenkberechtigung nicht ausgesprochen bzw. von der Berufungsbehörde nicht bestätigt werden. Unzutreffend ist daher die Auffassung der belangten Behörde, § 25 Abs. 3 FSG 1997 sehe eine "Mindestentziehungsdauer" in dem Sinne vor, dass schon die Verwirklichung einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 FSG 1997 jedenfalls zu einer Entziehung der Lenkberechtigung für diese bestimmte Dauer führen müsse. Letzteres gilt nämlich nur für jene Fälle, für die bereits im Gesetz (vgl. § 26 Abs. 3 FSG 1997) eine fixe Entziehungsdauer normiert ist und in denen daher die Wertung der bestimmten Tatsache tatsächlich zu entfallen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. März 2007, Zl. 2006/11/0273).

Da die belangte Behörde ausgehend von einer unrichtigen Rechtsansicht die gemäß § 7 Abs. 4 FSG erforderliche Wertung unterlassen hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Er war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 20. Mai 2008

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2005110091.X00

Im RIS seit

27.06.2008

Zuletzt aktualisiert am

26.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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