TE Vwgh Erkenntnis 2007/3/27 2006/11/0273

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Veröffentlicht am 27.03.2007
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
90/02 Führerscheingesetz;

Norm

FSG 1997 §25 Abs3;
FSG 1997 §26 Abs3;
FSG 1997 §7 Abs1;
FSG 1997 §7 Abs3;
FSG 1997 §7 Abs4;
FSG 1997 §7;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des A in L, vertreten durch Winkler - Heinzle Rechtsanwaltspartnerschaft in 6900 Bregenz, Gerberstraße 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 6. Dezember 2006, Zl. 3-79-69/03/E4, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Vorstellungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 24. Juli 2003 wurde die Lenkberechtigung des Beschwerdeführers gemäß § 7 Abs. 1 und 3, § 24 Abs. 1 und § 25 Abs. 1 und 3 FSG für die Dauer von zwölf Monaten, gerechnet ab der Zustellung des Mandatsbescheides am 15. Juli 2003, entzogen. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Verbüßung einer allfälligen Strafhaft in die Entziehungsdauer nicht miteinzurechnen sei.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 15. Oktober 2003 wurde der gegen den Erstbescheid erhobenen Berufung "insoweit" Folge gegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung auf neun Monate, gerechnet ab der Zustellung des Mandatsbescheides am 15. Juli 2003, herabgesetzt wurde. Nach den Feststellungen in diesem Berufungsbescheid sei der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 24. September 2003 nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4 und 129 Z. 1 StGB einerseits wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch, welches er zusammen mit einem Mittäter in der Nacht zum 19. April 2003 in Dornbirn bei einem näher genannten Tankstellengebäude verübt habe, und andererseits wegen des von ihm als Alleintäter im April 2003 am vorgenannten Tatort verübten Verbrechens des schweren Diebstahls sowie nach § 164 Abs. 2 StGB wegen des Vergehens der Hehlerei zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, die unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden sei, rechtskräftig verurteilt worden. Zu dem diesem Urteil zu Grunde liegenden strafbaren Verhalten führte die belangte Behörde u. a. aus, der Beschwerdeführer habe in der Nacht vom 18. auf den 19. April 2003 bei einer Tankstelle gemeinsam mit einer dritten Person mittels eines Brecheisens die Türe aufgebrochen und insgesamt 508 Stangen Zigaretten verschiedener Marken mit einem Verkaufswert von ca. EUR 12.000,-- gestohlen. Der Abtransport der Zigaretten sei mit einem speziell für den Einbruchsdiebstahl angemieteten Kleintransporter erfolgt. Außerdem habe der Beschwerdeführer (in einer anderen Nacht) in einer Tankstelle weitere Zigaretten gestohlen.

Das genannte Verhalten des Beschwerdeführers subsumierte die belangte Behörde unter die demonstrative Aufzählung des § 7 Abs. 3 FSG. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu Z. 11 (nunmehr Z. 10) dieser Bestimmung könnten nämlich auch andere Diebstähle als der in der letztgenannten Bestimmung genannte räuberische Diebstahl als bestimmte Tatsache beurteilt werden. Im vorliegenden Fall sei als bestimmte Tatsache anzusehen, dass einer der vom Beschwerdeführer begangenen Diebstähle ein Einbruchsdiebstahl gewesen sei. Zur Wertung des strafbaren Verhaltens gemäß § 7 Abs. 4 FSG meinte die belangte Behörde, dass der Einbruchsdiebstahl vom Beschwerdeführer gut geplant gewesen sei, habe dieser doch speziell für die Begehung der Straftat ein Kraftfahrzeug angemietet. Auf die Sinnesart des Beschwerdeführers lasse auch schließen, dass dieser sich von seinem Vorhaben nicht habe abhalten lassen, obwohl ein potenzieller Mittäter das Mitwirken an der Tat verweigert habe. Im Hinblick auf die Kürze der seit der Begehung der Straftaten verstrichenen Zeit könne noch nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer zwischenzeitig einen Sinneswandel vollzogen habe. Sein Wohlverhalten seit Begehung der Straftaten sei auch unter dem Gesichtspunkt zu sehen, dass der Beschwerdeführer ein gerichtliches Strafverfahren erwartet habe und dass ihm das anhängige Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung bekannt gewesen sei. Insgesamt sei aus der Sicht der belangten Behörde daher "nicht auszuschließen", dass sich der Beschwerdeführer wegen der erleichternden Umstände, welche beim Lenken eines Kraftfahrzeuges gegeben seien, auch in Zukunft sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen werde. Bei der Bemessung der Entziehungsdauer berücksichtigte die belangte Behörde das Geständnis im Strafverfahren und die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers vor Begehung der in Rede stehenden Straftaten und vertrat sodann die Ansicht, dass von einer Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers für "rund 12 Monate" ab dem Tatzeitpunkt 19. April 2003 ausgegangen werden müsse. Daraus ergebe sich die im Spruch des angefochtenen Bescheides festgesetzte Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung von neun Monaten, gerechnet ab dem 15. Juli 2003. Nach Ablauf der Entziehungsdauer bestehe, sofern der Beschwerdeführer zwischenzeitig nicht Anlass für eine gegenteilige Annahme biete, kein Grund mehr, an der weiteren Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Dieser Bescheid wurde mit hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 2006, Zl. 2003/11/0281, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof bejahte das Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 11 FSG. Die Aufhebung wurde wie folgt begründet:

"Für die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit nach § 7 Abs. 1 Z. 2 FSG genügt nämlich nicht schon das Vorliegen einer bestimmten Tatsache, sondern es muss auf Grund der gemäß § 7 Abs. 4 FSG vorzunehmenden Wertung anzunehmen sein, der Betreffende werde sich wegen seiner Sinnesart weiterer schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen, die durch das Lenken von Kraftfahrzeugen erleichtert werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zum FSG bereits mehrfach betont, dass die bedingte Strafnachsicht zwar noch nicht zwingend dazu führe, dass der Betreffende bereits als verkehrszuverlässig anzusehen sei, und dies damit begründet, dass sich die bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit zu berücksichtigenden Gesichtspunkte nicht zur Gänze mit jenen decken, die für das Gericht bei der Entscheidung betreffend die bedingte Strafnachsicht gemäß § 43 Abs. 1 StGB von Bedeutung sind. Gleichzeitig hat der Verwaltungsgerichtshof aber darauf hingewiesen, dass nach dieser Gesetzesstelle die Art der Tat, die Person des Rechtsbrechers, der Grad seiner Schuld, sein Vorleben und sein Verhalten nach der Tat zu berücksichtigen sind und es sich dabei im Einzelfall durchwegs um Umstände handeln könnte, die für die in § 7 Abs. 4 FSG genannten Wertungskriterien von Bedeutung sein können (vgl. aus vielen das bereits zitierte hg. Erkenntnis, Zl. 2004/11/0018, mwN).

Im vorliegenden Beschwerdefall hat das Strafgericht die Freiheitsstrafe des Beschwerdeführers unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen und ist demnach davon ausgegangen, dass beim Beschwerdeführer nach § 43 Abs. 1 StGB anzunehmen sei, dass die bloße Androhung der Vollziehung allein oder in Verbindung mit anderen Maßnahmen genügen werde, um den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten. Mit den diesbezüglichen Erwägungen des Strafgerichts hat sich die belangte Behörde, worauf die Beschwerde zutreffend hinweist, in Verkennung der Rechtslage nicht auseinander gesetzt und ist daher im Gegensatz zum Strafgericht zur Ansicht gelangt, erst nach Ablauf der von ihr festgesetzten Entziehungsdauer könne angenommen werden, dass der Beschwerdeführer keine schweren strafbaren Handlungen mehr begehen werde. Hinsichtlich der Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung ist aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides außerdem nicht zu erkennen, ob die von der belangten Behörde herabgesetzte Entziehungszeit auch allfällige Haftzeiten einschließt oder ob diese, wie im Erstbescheid ausgesprochen wurde, in die Entziehungszeit nicht einzurechnen sind.

Zutreffend rügt die Beschwerde im Übrigen, dass es für die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit nach § 7 Abs. 1 Z. 2 FSG nicht genügt, dass die Begehung weiterer strafbarer Handlungen bloß 'nicht ausgeschlossen' werden kann. Vielmehr muss, worauf der Verwaltungsgerichtshof beispielsweise schon im Erkenntnis vom 23. April 2002, Zl. 2002/11/0019, hingewiesen hat, die Annahme begründet sein, dass der Betreffende sich weiterer 'schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird'."

Mit dem nunmehr angefochtenen (Ersatz-)Bescheid vom 6. Dezember 2006 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG insoweit Folge, als die Dauer des Lenkberechtigungsentzugs auf drei Monate, gerechnet ab dem 15. Juli 2003 (Zustellung des Mandatsbescheids), herabgesetzt wurde. Die Verbüßung einer allfälligen Strafhaft sei in die Entziehungsdauer mit einzurechnen. In der Begründung führte sie nach Wiedergabe des bisherigen Geschehens und der einschlägigen Rechtslage aus, sie habe im gegenständlichen Fall die "Mindestentziehungsdauer" ausgesprochen, sodass eine Wertung nach § 7 Abs. 4 FSG zu entfallen habe (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 24. April 2001, Zl. 2001/11/0056). Von einer längeren Entziehungsdauer sei im Hinblick darauf, dass die mit dem Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 24. September 2003 über den Beschwerdeführer verhängte Freiheitsstrafe unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden sei, abzusehen. Es habe auch keine Veranlassung bestanden, allfällige Haftzeiten nicht in die Entziehungsdauer mit einzubeziehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerde zusammengefasst geltend, die belangte Behörde habe im Rahmen der Bemessung der Entziehungsdauer zu Unrecht eine Wertung des genannten Fehlverhaltens unterlassen.

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des FSG lauten

(auszugsweise):

"Verkehrszuverlässigkeit

§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

...

2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

...

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

...

... eine strafbare Handlung gemäß den §§ 102 (erpresserische Entführung), 131 (räuberischer Diebstahl), 142 und 143 (Raub und schwerer Raub) StGB begangen hat;

(4) Für die Wertung der ... in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

...

5. Abschnitt

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung

Allgemeines

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

...

Dauer der Entziehung

§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. ...

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen. ..."

Die Beschwerde ist begründet.

Die belangte Behörde vertritt im angefochtenen Bescheid die Auffassung, im Hinblick auf die in § 25 Abs. 3 FSG vorgesehene "Mindestentziehungsdauer" von drei Monaten habe eine Wertung nach § 7 Abs. 4 FSG zu entfallen, und beruft sich dabei auf das hg. Erkenntnis vom 24. April 2001, Zl. 2001/11/0056. Damit gibt sie zu erkennen, dass sie die maßgebende Rechtslage - erneut - verkannt hat. Dies wird im Übrigen auch durch die nachstehend wiedergegebenen Ausführungen der Gegenschrift, in der die belangte Behörde die im angefochtenen Bescheid vertretene Rechtsansicht erläutert hat, bestätigt. Der Gesetzgeber habe nach Auffassung der belangten Behörde durch § 25 Abs. 3 erster Satz FSG

"in den Fällen, in denen vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 FSG und damit von einer Verkehrsunzuverlässigkeit auszugehen ist, die Wertung hinsichtlich der Dauer des Bestehens dieser Verkehrsunzuverlässigkeit insoweit vorweggenommen, als er bestimmte, dass die Verkehrsunzuverlässigkeit in einem solchen Fall für mindestens drei Monate gegeben ist" (Unterstreichung im Original). ... Nur dann, wenn die Behörde der Ansicht ist, dass mit der Mindestentziehungsdauer nicht das Auslangen gefunden werden kann, weil bei der betreffenden Person die Verkehrsunzuverlässigkeit über die 3 Monate hinaus andauern wird, hat sie diese längere Entziehungszeit einer entsprechenden Wertung zu unterziehen. Da im gegenständlichen Fall von einer Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers auszugehen war und die belangte Behörde bei der Bemessung der Entziehungsdauer den § 25 Abs. 3 FSG angewendet hat, war aus der Sicht der belangten Behörde für eine Wertung iS des § 7 Abs. 4 FSG kein Raum mehr."

Voranzustellen ist, dass gegenständlich kein Fall des § 26 FSG vorliegt. Daher ist nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Entziehung der Lenkberechtigung mangels Verkehrszuverlässigkeit (§ 7 FSG) zufolge § 25 Abs. 3 FSG nur dann rechtmäßig, wenn die Behörde annehmen durfte, es liege die Verkehrsunzuverlässigkeit des Betroffenen vor und es werde die Verkehrszuverlässigkeit nicht vor Ablauf von drei Monaten wieder eintreten (vgl. aus vielen die hg. Erkenntnisse vom 23. April 2002, Zl. 2001/11/0149, mwN, und vom 17. Oktober 2006, Zl. 2006/11/0120).

Im Beschwerdefall war es Aufgabe der belangten Behörde, über eine Berufung gegen einen Vorstellungsbescheid zu entscheiden, der eine Entziehung der Lenkberechtigung des Beschwerdeführers beginnend mit der Zustellung des Mandatsbescheides verfügt hatte. Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der im angefochtenen Bescheid nunmehr festgesetzten Entziehungsdauer von drei Monaten ab Zustellung des Mandatsbescheides ist daher gemäß § 25 Abs. 3 FSG, dass die belangte Behörde - bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des Mandatsbescheides - die Annahme treffen durfte, der Beschwerdeführer sei noch für einen Zeitraum von drei Monaten verkehrsunzuverlässig gewesen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. September 2004, Zl. 2004/11/0119). Diese Prognose setzt, wie sich schon aus § 7 Abs. 1 FSG (arg. "und ihrer Wertung") ergibt, entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde zwingend die Wertung des Verhaltens des Betroffenen gemäß § 7 Abs. 4 FSG voraus (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 2006, Zl. 2003/11/0228, und - zur Rechtslage vor der Novelle BGBl. I Nr. 81/2002 - das Erkenntnis vom 25. Februar 2003, Zl. 2001/11/0357).

Gemäß § 25 Abs. 3 FSG darf eine Entziehungsdauer von weniger als drei Monaten nicht festgesetzt werden. Trifft daher die Annahme, der Betroffene werde für einen Zeitraum von mindestens drei Monaten verkehrsunzuverlässig sein, nicht (mehr) zu, so darf eine Entziehung der Lenkberechtigung nicht ausgesprochen bzw. von der Berufungsbehörde nicht bestätigt werden. Unzutreffend ist daher die Auffassung der belangten Behörde, § 25 Abs. 3 FSG sehe eine "Mindestentziehungsdauer" in dem Sinne vor, dass schon die Verwirklichung einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 FSG zu einer Entziehung der Lenkberechtigung für diese bestimmte Dauer führen müsse. Letzteres gilt nämlich nur für jene Fälle, für die bereits im Gesetz (vgl. § 26 Abs. 3 FSG) eine fixe Entziehungsdauer normiert ist und in denen daher die Wertung der bestimmten Tatsache tatsächlich zu entfallen hat. Ein solcher Fall, auf den sich auch das von der belangten Behörde zitierte hg. Erkenntnis vom 24. April 2001, Zl. 2001/11/0056, bezieht, liegt gegenständlich aber, wie bereits eingangs erwähnt, nicht vor.

Nach dem Gesagten hätte die belangte Behörde daher im Rahmen der Prognose und der darauf aufbauenden Bemessung der Entziehungsdauer gemäß § 25 FSG eine Wertung des Fehlverhaltens des Beschwerdeführers (der bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 1 und 3 FSG) vornehmen müssen. Dabei hätte sie, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im zitierten Vorerkenntnis, Zl. 2003/11/0281, ausgesprochen hat, auch darlegen müssen, ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen sie bei Anwendung der Kriterien des § 7 Abs. 4 FSG - entgegen der dem Strafurteil vom 24. September 2003 zu Grunde liegenden Prognose über das künftige Verhalten des Beschwerdeführers - zur Auffassung gelangt, die Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers hätte bis drei Monate nach Erlassung des Mandatsbescheides, somit bis 15. Oktober 2003 gedauert. Fehlten im Beschwerdefall Gründe für diese Annahme (dafür spricht, dass der Beschwerdeführer nach dem Inhalt eines Aktenvermerkes seit den Vorfällen vom April 2003 strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung getreten ist), und war daher nicht davon auszugehen, dass die Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers nach Erlassung des Mandatsbescheides noch drei Monate andauern werde, so hätte die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid ersatzlos aufheben müssen. Durch diese Aufhebung des Erstbescheides wäre, anders als die belangte Behörde in der Gegenschrift meint, keineswegs zum Ausdruck gebracht worden, der Beschwerdeführer habe "noch nie ein Verhalten gesetzt, das eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 FSG darstellt", sondern lediglich, dass auf Grund der entscheidungsrelevanten Sachlage bei Erlassung des angefochtenen Bescheides (und damit unter Berücksichtigung der erst nach der Erlassung des Erstbescheides getroffenen Prognose des Strafgerichtes) die Annahme der Erstbehörde über die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers und damit die Entziehung der Lenkberechtigung nicht aufrechterhalten werden kann.

Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Von der Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 27. März 2007

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006110273.X00

Im RIS seit

03.05.2007

Zuletzt aktualisiert am

31.03.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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