TE Vwgh Erkenntnis 2008/6/26 2007/20/0886

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Veröffentlicht am 26.06.2008
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs2;
AVG §37;
AVG §52;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2007/20/0887

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak sowie die Hofrätin Dr. Pollak, die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hahnl, über die Beschwerde des Bundesministers für Inneres, 1014 Wien, Herrengasse 7, gegen die Bescheide des unabhängigen Bundesasylsenates jeweils vom 16. April 2007, Zlen. 307.392-3/3E-II/04/07 und 307.399-3/3E-II/04/07, betreffend Behebung von auf §§ 3, 8 und 10 Asylgesetz 2005 gestützten Bescheiden gemäß § 66 Abs. 2 AVG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Die Asylwerber (Vater und Sohn) sind Staatsangehörige der Russischen Föderation tschetschenischer Volksgruppenzugehörigkeit. Sie reisten gemeinsam mit ihrer Ehefrau bzw. Mutter (zu dieser siehe das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2007/20/0983) und ihrem Sohn bzw. Bruder (zu diesem siehe das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2007/20/0984) am 6. Oktober 2006 in das Bundesgebiet ein und beantragten an diesem Tag internationalen Schutz.

Das Bundesasylamt wies die Anträge auf internationalen Schutz mit Bescheiden jeweils vom 1. März 2007 im Familienverfahren (vgl. § 34 Asylgesetz 2005 - AsylG 2005) gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte den Asylwerbern gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 den Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf die Russische Föderation nicht zu (Spruchpunkt II.) und wies sie gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation aus (Spruchpunkt III.)

In Erledigung der gegen diese Entscheidungen erhobenen Berufung hob die belangte Behörde mit den angefochtenen Bescheiden die erstinstanzlichen Bescheide auf und verwies die Angelegenheiten gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und zur Erlassung neuer Bescheide an das Bundesasylamt zurück.

Gegen diese Bescheide wendet sich die vorliegende Amtsbeschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1. zum erstangefochtenen Bescheid (den Vater betreffend):

Mit dem angefochtenen Bescheid trug die belangte Behörde der erstinstanzlichen Behörde auf, sich mit dem "Ermittlungsstand" auseinander zu setzen, der in einer Vielzahl gleichartiger Verfahren vor der belangten Behörde erhoben worden sei. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19. Dezember 2007, Zl. 2006/20/0771, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, dargelegt hat, sind die gutachterlichen Äußerungen der Sachverständigen, welche in den Verfahren, auf die in dem angefochtenen Bescheid pauschal verwiesen wird, erstattet wurden (also der im angefochtenen Bescheid bezeichnete "Ermittlungsstand"), nicht nachvollziehbar. Sie sind in sich widersprüchlich und insgesamt nicht geeignet, die zusammenfassende Behauptung der Sachverständigen hinsichtlich der Verfolgungswahrscheinlichkeit eines beliebigen Tschetschenen zu tragen.

Mangelhafte Gutachten bilden aber keinen "Ermittlungsstand", der vom Bundesasylamt zu beachten und zu dessen Behandlung eine mündliche Verhandlung unvermeidlich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2007, Zlen. 2007/20/0210, 0211 und 0228).

2. zum zweitangefochtenen Bescheid (den Sohn betreffend):

Im angefochtenen Bescheid verwies die belangte Behörde darauf, dass mit dem erstangefochtenen Bescheid sowie mit einem weiteren Bescheid der belangten Behörde vom gleichen Tag in Erledigung der Berufung der Eltern des Asylwerbers die diese betreffenden erstinstanzlichen Bescheide behoben und die Angelegenheiten zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung neuer Bescheide an das Bundesasylamt zurückverwiesen worden seien. Verfahren betreffend Anträge von Familienangehörigen seien unter einem zu führen. Da somit die Verfahren über die Anträge der Eltern wieder beim Bundesasylamt anhängig seien, sei auch der erstinstanzliche Bescheid den Asylwerber betreffend zu beheben gewesen.

Mit dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zlen. 2007/20/0983, 0984, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, wurden die Bescheide der belangten Behörde, mit welchen in Erledigung der Berufung der Mutter und des Bruders des Asylwerbers die diese betreffenden erstinstanzlichen Bescheide behoben und die Angelegenheiten zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung neuer Bescheide an das Bundesasylamt zurückverwiesen worden waren, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

In Anbetracht der Aufhebung der die Eltern und den Bruder des Asylwerbers betreffenden Bescheide und infolge der dieser Aufhebung inne wohnenden ex tunc-Wirkung (§ 42 Abs. 3 VwGG) erweist sich der zweitangefochtene Bescheid als verfehlt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2007, Zl. 2007/20/0281 mwN).

Da die angefochtenen Bescheide keine anderen Gründe aufzeigen, aus denen die Behebung der erstinstanzlichen Bescheide gemäß § 66 Abs. 2 AVG gerechtfertigt gewesen wäre, waren sie gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Wien, am 26. Juni 2008

Schlagworte

Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche Entscheidungen Gutachten Verwertung aus anderen Verfahren Besondere Rechtsgebiete Anforderung an ein Gutachten Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Rechtsmittelverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007200886.X00

Im RIS seit

26.08.2008

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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