TE Vwgh Erkenntnis 2008/9/17 2008/23/0886

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Veröffentlicht am 17.09.2008
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs2;
AVG §68 Abs1;
VwGG §33a;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail sowie den Hofrat Dr. Berger und die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des V N in W, geboren am 28. November 1986, vertreten durch Solicitor Edward W. Daigneault in 1170 Wien, Hernalser Gürtel 47/4, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 1. März 2007, Zl. 258.656/0/6E-VIII/23/05, betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres),

Spruch

I. zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit die Berufung gegen die Spruchpunkte I. und II. des erstinstanzlichen Bescheides abgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen (hinsichtlich der - in Abänderung des Spruchpunktes III. des erstinstanzlichen Bescheides ausgesprochenen - Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria) wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Nigeria, gelangte am 28. April 2004 in das österreichische Bundesgebiet und stellte am selben Tag einen Asylantrag.

Mit Bescheid vom 24. Februar 2005 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 Asylgesetz 1997 ab (Spruchpunkt I.). Weiters stellte es gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 in der Fassung der Asylgesetz-Novelle 2003 (AsylG) die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria fest (Spruchpunkt II.) und wies den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG "aus dem österreichischen Bundesgebiet" aus (Spruchpunkt III.).

Mit Bescheid vom 7. April 2005 wies der unabhängige Bundesasylsenat (belangte Behörde) die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid "gemäß §§ 7, 8 AsylG" ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hob diesen Berufungsbescheid infolge einer vom Asylwerber erhobenen Beschwerde mit Erkenntnis vom 17. Oktober 2006, Zl. 2005/20/0329, insoweit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf, als damit Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides (Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet") bestätigt worden war. Im Übrigen (hinsichtlich der Abweisung des Asylantrages gemäß § 7 AsylG und der Feststellung der Zulässigkeit des Refoulements in Bezug auf Nigeria gemäß § 8 Abs. 1 AsylG) wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen (Ersatz-) Bescheid wurde von der belangten Behörde die Berufung des Beschwerdeführers "gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.2.2005, Zahl: 04 09.183-BAE, (...) gemäß §§ 7, 8 Abs 1 und 2 AsylG 1997 mit der Maßgabe abgewiesen, dass Spruchpunkt III zu lauten hat:

III. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG wird (der Beschwerdeführer) aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen."

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Berufungsschrift habe keine Umstände aufzeigen können, warum die rechtliche Beurteilung der Erstbehörde unrichtig sein sollte, weshalb vollinhaltlich auf diese verwiesen werde. Der Berufungswerber habe weder eine asylrelevante Verfolgung im Sinne des § 7 AsylG glaubhaft gemacht noch einen Umstand behauptet, der seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat unzulässig machen würde. Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides begründete die belangte Behörde damit, dass sie die Ausweisungsentscheidung nunmehr zielstaatsbezogen formuliert habe.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Zu I:

Der Beschwerdeführer zeigt zutreffend auf, dass es dem unabhängigen Bundesasylsenat infolge der teilweisen Abweisung der Beschwerde gegen den (im ersten Rechtsgang ergangenen) Bescheid vom 7. April 2005 hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des erstinstanzlichen Bescheides verwehrt gewesen ist, neuerlich über die Berufung gegen die genannten Spruchpunkte zu entscheiden.

In Bezug auf die Spruchpunkte I. und II. des Bescheides des Bundesasylamtes vom 24. Februar 2005 lag bei Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits die rechtskräftige, vom Verwaltungsgerichtshof mit dem Erkenntnis vom 17. Oktober 2006, Zl. 2005/20/0329, insofern nicht aufgehobene Berufungsentscheidung der belangten Behörde vom 7. April 2005 vor. Die belangte Behörde hat daher über eine von ihr bereits rechtskräftig entschiedene Sache eine neuerliche Entscheidung getroffen und damit den Grundsatz des "ne bis in idem" verletzt.

Da sie damit eine ihr nach dem Gesetz nicht zustehende Kompetenz in Anspruch genommen hat, ist ihre Entscheidung mit Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit behaftet. Der angefochtene Bescheid war daher insoweit, als damit die Berufung gegen die Spruchpunkte I. und II. des erstinstanzlichen Bescheides abgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Zu II.:

Gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG und § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wird, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Hinblick auf die zu § 8 Abs. 2 AsylG idF BGBl. I Nr. 101/2003 ergangenen Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 2007, Zl. 2007/01/0479, und 17. Dezember 2007, Zl. 2006/01/0216, wirft die Beschwerde, soweit sie sich auf die - in Abänderung des Spruchpunktes III. des erstinstanzlichen Bescheides ausgesprochene - Ausweisung des Beschwerdeführers nach Nigeria bezieht, keine für die Entscheidung dieses Falles maßgeblichen Rechtsfragen auf, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Gesichtspunkte, die dessen ungeachtet gegen eine Ablehnung der Beschwerdebehandlung in diesem Umfang sprechen würden, liegen nicht vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerde, soweit sie sich gegen den Ausspruch über die Ausweisung des Beschwerdeführers nach Nigeria richtet, abzulehnen.

Wien, am 17. September 2008

Schlagworte

Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeRechtskraft Besondere Rechtsprobleme Verfahren vor dem VwGHIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2008230886.X00

Im RIS seit

21.10.2008

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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